Persönliche Erklärung: Antifaschistischen Widerstand leistet man auf der Straße

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Der Landtag NRW hat die Immunität eines Kollegen aufgehoben, dem ein Verstoß im Zusammenhang mit der Blockade einer Nazi-Demonstration vorgeworfen wird. Ich bin gegen eine solche Aufhebung, und möchte mich mit meinem Kollegen solidarisch erklären. Ich habe dazu die nachfolgende Erklärung zum Abstimmverhalten abgegeben:


Daniel Schwerd: Persönliche Erklärung zum Abstimmverhalten,
Top 25 am 30. September 2015,
Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten

Sehr geehrter Herr Präsident/Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

Bei der Abstimmung zur Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten konnte ich der Abstimmempfehlung des Rechtsausschusses nicht folgen.

Wenn wir eines aus dem dunklen Kapitel der Nazi-Diktatur gelernt haben sollten, dann jenes: Es ist dringend notwendig, sich der braunen Brut frühzeitig und entschlossen entgegenzustellen! Wenn rechte Demagogen Arm in Arm mit Rechtsextremen und Rechtsterroristen kommen, muss sich jeder Demokrat ihnen entgegenstellen und sagen: Nicht in unserer Stadt! Nicht durch unsere Straße! Unsere Nachbarn bedrohst Du nicht!

Allenthalben fordert man mehr Zivilcourage – und dann schützt man braune Horden, die Hitlergrußzeigend durch unsere Straßen ziehen, während Gegendemonstranten mit Mitteln des Strafrechts verfolgt werden. Welch fatale Fehleinschätzung der Gefahren!

Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut, doch was ist mit der Meinungsfreiheit der Menschen im Land, die das Nazigift in ihrer Nachbarschaft nicht verbreitet sehen wollen? Zählt das automatisch weniger? Was ist mit der wehrhaften Demokratie, die sich den Antidemokraten in den Weg stellt, gilt das nicht mehr?

Verstehen Sie mich nicht falsch: Hier geht es nicht darum, einen Kollegen vor der Durchsetzung einer gerechten Strafe zu schützen – hier geht es darum, alle Menschen zu schützen, die sich Nazis in den Weg stellen – egal ob sie als Abgeordneter privilegiert sind oder nicht. Denn antifaschistischen Widerstand leistet man nicht mit Lichterketten oder Online-Petitionen – Widerstand leistet man aktiv auf der Straße.

Und nachher soll bitte keiner erzählen, er habe von nichts gewusst.

Danke für die Aufmerksamkeit.

Flüchtlingen in NRW ein festes Dach über den Kopf!

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„Ein Haus ist eine Arche, um der Flut zu entrinnen.“ – Katherine Mansfield

Die zahlreichen flüchtenden Menschen, die zur Zeit zu uns nach Nordrhein-Westfalen kommen, werden teils notdürftig in Turnhallen, teils in Zelten unter freiem Himmel untergebracht. Beides kann nur eine Notlösung sein, und der Winter naht. Unter den Flüchtlingen sind Kinder, Kranke und alte Leute, denen solche Provisorien nicht zugemutet werden dürfen.

Langfristig ist die dezentrale Unterbringung in Wohnungen „mitten im Leben“ die beste Lösung, damit geflohene Menschen möglichst schnell zur Ruhe finden, und sich in die Gesellschaft einfügen können. Aber auch eine kurzfristige Unterbringung muss in einer sicheren und angemessenen Wohnstätte sein.

Die Landesregierung NRW ist aufgefordert, alle eigenen Möglichkeiten zur menschenwürdigen Unterbringung auszuschöpfen. Dazu eignen sich grundsätzlich auch eigene Immobilien, sowie die des Bundes in NRW, mindestens jedenfalls, wenn sie derzeit ungenutzt sind. Dazu sind insbesondere auch leerstehende Kasernen des Bundes ins Auge zu fassen, die Baumärkten und Turnhallen sowie Zeltstädten vorzuziehen wären, zumindest soweit damit aus Kriegsgebieten geflohene Menschen nicht zusätzlich traumatisiert werden können.

Auch in Gästewohnungen des Landes, seiner Behörden und landeseigener Betriebe können Flüchtlingsfamilien wohnen. Solche Wohnungen des Bundes in NRW sind dafür ebenfalls geeignet. Die Unterbringung von Flüchtlingen hat dabei sicher Vorrang vor der von solchen Gästen, die sich auch eine Hotelunterbringung leisten könnten.

Gleichzeitig stehen in NRW zahlreiche Gewerbeimmobilien, Büroetagen und –Gebäude leer. Die Leerstände ziehen sich oft schon seit Jahren hin, und eine Unterbringung unter einem festen Dach ist allemal besser als in einem zugigen Zelt. Wasseranschlüsse und Elektrizität sind vorhanden, sanitäre Einrichtungen lassen sich schneller hinzufügen.

Ich habe drei kleine Anfragen gestellt, die das Land auffordern, die beschriebenen Formen der Unterbringung zu prüfen und stärker zu nutzen. Diese findet ihr hier:

Damit ist diese kleine Serie von Anfragen sicher nicht abgeschlossen, da gibt es gewiss noch sehr viel mehr geeignete, tolle Ideen. Gerne nehme ich weitere Anregungen entgegen.

Wie sollte der WDR-Rundfunkrat künftig arbeiten?

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Wie sollte der WDR-Rundfunkrat künftig arbeiten?
Ein Gastbeitrag für das „Meinungsbarometer Digitaler Rundfunk“.

Aktuelle Ereignisse wie der Skandal um den Vertrag zu „Gottschalk live“ und die Löschung der Hart-aber-fair-Sendung „Nieder mit den Ampelmännchen“ aus der WDR-Mediathek haben die Arbeit des Rundfunkrates in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Diese beiden Ereignisse sind unterschiedlich zu bewerten und betreffen verschiedene Bereiche der Kompetenzen des Rundfunkrates.

Gerade das Zustandekommen des Vertrages mit Thomas Gottschalk und die Diskussion im Anschluss an die Absetzung der Sendung zeigen, wie wichtig und sinnvoll die Arbeit des WDR-Rundfunkrates sein könnte. An dieser Stelle benutze ich ganz bewusst den Konjunktiv, da diese Verträge am Rundfunkrat vorbei geschlossen worden sind und damit die Kontrollfunktion des Rundfunkrates ausgehebelt wurde. Man sollte also eher dafür plädieren, die Befugnisse des Rundfunkrates auszubauen, statt seine Arbeit in Frage zu stellen. Bis zur Gottschalk-Affäre musste von den Gremien keine Zustimmung eingeholt werden, wenn es sich um werbefinanzierte Produktionen gehandelt hat. Hier ist die Sachlage mittlerweile eine andere, denn in der Folge wurde mit den ARD-Intendanten eine Ausweitung der Kompetenzen vereinbart, so dass solche Geschehnisse in Zukunft vermieden werden sollen. Das ist begrüßenswert.

Die Verbannung der Plasberg-Sendung aus der WDR-Mediathek dagegen zeigt ein Defizit anderer Art auf. Die mediale Kritik, die im Anschluss an die Löschung losgetreten wurde, und die dem Rundfunkrat eine Form der Zensur vorgeworfen hat, geht in dieser Hinsicht meiner Meinung nach ins Leere, sowohl auf struktureller sowie auch auf rein inhaltlicher Ebene. Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass es sich bei der Empfehlung des Rundfunkrates, die Sendung aus der Mediathek zu entfernen, tatsächlich um nichts weiter als eine reine Handlungsempfehlung gehandelt hat. Der Rundfunkrat besitzt keinerlei Befugnis, die Umsetzung seiner Empfehlung zu erzwingen, die Entscheidungsgewalt liegt allein beim Intendanten. Man kann also nicht von einem Eingriff in die Programmhoheit seitens des Rundfunkrates sprechen.

Inhaltlich lässt sich über die Entfernung der Sendung aus der Mediathek streiten. Zwar handelt es sich nicht, wie in einigen Printmedien zu lesen war, um einen Akt der Zensur, trotzdem hat die ARD in dieser Angelegenheit keine gute Figur abgegeben und alles andere als überlegt gehandelt. Das Verhalten des Senders lässt sich als eine Art missglückter, negativer Qualitätssicherung beschreiben. Die Sendung kann man am ehesten, um es freundlich auszudrücken, als qualitativ schlecht bezeichnen. Und diese Einsicht schien sich nach entsprechenden Protesten auch innerhalb des Senders durchzusetzen. Die sicherlich kurzsichtige Entscheidung, die Sendung dann aus der Mediathek zu entfernen, betrachte ich als problematisch. Meines Erachtens wäre das richtige Vorgehen hier gewesen, die Sendung in kommentierter Form und mit einer entsprechenden Gegendarstellung weiterhin für die Zuschauer bereitzustellen. Dies wäre die journalistisch korrekte und dem berufsspezifischen Ethos entsprechende Vorgehensweise gewesen. Auch lässt sich in der heutigen Zeit eine Sendung auch gar nicht mehr einfach „löschen“. Das Internet vergisst nichts: Die Sendung ist weiterhin auf YouTube abrufbar. Die Wirkung der Verbannung aus der Mediathek war somit konträr zu dem, was eigentlich intendiert war. Letztlich zeigt sich an dieser Stelle das Eintreten des sogenannten Streisand-Effekts, also des Phänomens, dass gewisse Informationen und Zusammenhänge gerade dann besondere Aufmerksamkeit erlangen, wenn man sie zu unterdrücken versucht.

Im vorliegenden Fall lag meiner Meinung nach der Rundfunkrat mit seiner Empfehlung falsch, dennoch würde ich weiterhin dafür plädieren, die Kompetenzen und Befugnisse des Gremiums eher zu stärken als zu beschneiden. Allerdings sollte dann auch dafür Sorge getragen werden, dass inhaltliche Expertise angewendet wird. Darum haben wir uns auf politischer Ebene stets dafür eingesetzt, dass die Mitglieder des Rundfunkrates in Zukunft nicht länger aus den Reihen der parlamentarischen Fraktionen generiert, sondern analog zu unserer Vorgehensweise per öffentlicher Ausschreibung möglichst nach qualitativen Gesichtspunkten staatsfern ausgewählt werden.

Neuauflage der HoGeSa-Demo in Köln: Sind anschließend alle wieder überrascht?

Update 29.09.2015

Der WDR berichtet, dass die Hogesa-Demonstration polizeilich verboten worden ist. Die Gegendemonstration ist davon nicht betroffen – wir müssen dennoch Zeichen setzen.

Artikel vom 17.09.2015

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„Du bist wirklich saudumm, darum geht’s dir gut.
Hass ist deine Attitüde, ständig kocht dein Blut.
Alles muss man dir erklären, weil du wirklich gar nichts weißt.
Höchstwahrscheinlich nicht einmal, was Attitüde heißt!“
Die Ärzte: „Schrei nach Liebe“

Zum Jahrestag der gewalttätigen Demonstration mit dem Namen „Hooligans gegen Salafisten“ in Köln ist erneut eine Demonstrationsanmeldung aus dem gleichen politischen Spektrum vorgenommen worden. Für den 25.10.2015 wird mit dem Motto „Der gleiche Ort – Die gleiche Demoroute – Die gleiche Uhrzeit – Köln 2.0“ zu einem Aufmarsch aufgerufen. In Nazi- und Hooligankreisen wird eifrig für eine Wiederholung der Randale des letzten Jahres geworben.

Vergangenes Jahr waren etwa 5000 Holigans und Nazis in der Kölner Innenstadt aufmarschiert und konnten nahezu ungestört randalieren, Menschen bedrohen, Polizeifahrzeuge umwerfen, den Hitlergruß zeigen und rassistische und menschenverachtende Parolen brüllen. Diese Form von Zusammenarbeit von Hooligans und Neonazis hatte eine neue Qualität erreicht. Die Polizei war sichtlich überfordert und unterbesetzt – eine angemessene Aufarbeitung durch Polizei und Landesregierung fand bislang nicht statt.

Die HoGeSa-Demonstration war das Signal für eine bundesweite Kette von Folge-Demonstrationen, aus denen sich Pegida und andere fremdenfeindliche Bewegungen entwickelten. Angriffe auf Flüchtlingsheime wurden zu täglichen Nachrichtenbildern.

Dieses fatale Signal darf sich nicht wiederholen. Die braunen Horden dürfen nicht nahezu ungehindert in den Straßen Kölns randalieren. Die Landesregierung muss rechtzeitig einschreiten und alle angemessenen, möglichen Maßnahmen ergreifen.

Es wäre unerträglich, wenn die Landesregierung erneut von Größe und Aggressivität der Demonstration überrascht wird. Daher habe ich eine kleine Anfrage an die Landesregierung gerichtet, in der ich ihr folgende Fragen stelle:

  1. Auf welche Teilnehmerzahlen der neuen HoGeSa-Demonstration in Köln richtet sich die Landesregierung ein?
  2. Welche konkreten Vorbereitungen ergreift die Landesregierung? Gehen Sie darauf ein, wie Sie konkret Ausschreitungen und volksverhetzende Parolen unterbinden wollen.
  3. Welche Anzeichen sieht die Landesregierung, dass es erneut zu Gewalt kommen wird?
  4. Welche Auflagen werden für die Demonstration erteilt bzw. vorgesehen?
  5. Welche Bedingungen müssen in diesem konkreten Fall eintreten bzw. erfüllt werden, damit diese Demonstration untersagt bzw. aufgelöst werden kann? Gehen Sie darauf ein, inwieweit solche Bedingungen bereits erfüllt sind bzw. bei der Demonstration vergangenes Jahr eingetreten waren.

Hoffen wir, dass die Polizei diesmal besser vorbereitet ist, und dass die Demonstration, sobald sie aus dem Ruder läuft, unterbunden wird. Vielleicht trägt ja meine kleine Anfrage etwas dazu bei.

Selbstverständlich wird es auch wieder Gegendemonstrationen geben! Das Bündnis „Köln gegen Rechts“ mobilisiert unter dem Titel „Kein Comeback von HoGeSa“. Kommt zahlreich!

Wir brauchen eine #Glasfaser-Strategie für unser Land

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Die Versorgung mit schnellem Internet ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Der Bundesgerichtshof hat Breitband-Internet sogar zu den materiellen Lebensgrundlagen gezählt. Doch der Ausbau mit schnellem Internet stockt. Eine staatliche Förderung muss also her, um diese Aufgabe öffentlicher Daseinsvorsorge zu erfüllen. Doch wie macht man das richtig?

Wir hören in der Debatte permanent das Argument von der Technologieneutralität: Breitband-Ausbauförderung müsse technologieneutral sein, heißt es. Das Argument hörte ich zum Beispiel letzte Woche im Wirtschaftsausschuss im Landtag.

Wenn man dem Landwirt das Futter für die Ochsen subventioniert, die der dann vor den Pflug spannt, dann das ist technologieneutral: Auch so ein Ochsengespann erfüllt die vorgesehene Aufgabe, denn damit kann man das Feld umpflügen. Ist das sinnvoll? Sollte es nicht eher bei so einer Förderung – jetzt hier im Beispiel – um moderne Traktoren gehen?

Förderung soll nicht technologieneutral sein, Förderung muss technologiepositiv sein. Es geht nicht darum, etwas zu fördern, was das Ausbauziel gerade so erreicht – es geht um die nachhaltige Erfüllung eines Auftrages, um eine Zukunftsvision. Das stellt aber das Koaxialkupferkabel nicht dar, das ist nun mal die Technologie aus den 90er Jahren.

Uns steht der Sprung in die Gigabit-Gesellschaft bevor. Der Bedarf an Bandbreite wächst exponentiell: Derzeit kann man etwa alle 12 Monate eine Verdoppelung des Bandbreitenbedarfs beobachten. Das ist eine Exponentialfunktion, die wächst dramatisch. Man kennt die Folge: Im ersten Jahr eine Verdoppelung, im Jahr danach eine Vervierfachung, dann 8, 16, 32, 64, 128, 256, 512 und so weiter und so weiter.

Eine ganz ähnliche Wachstumskurve gibt es zum Beispiel bei Prozessorleistungen – das sogenannte Moore’sche Gesetz besagt, dass sich Prozessorleistung alle etwa 18 Monate verdoppelt. Diese Beobachtung kann man bereits seit 40 Jahren machen – man sollte also besser nicht davon ausgehen, dass dieses dramatische Wachstum bei den Bandbreiten nicht ebenfalls anhält. An den mathematischen Gesetzmäßigkeiten von Exponentialfunktionen führt nun mal kein Weg vorbei.

Was also stellt ein Ausbauziel von 50 Mbit/s dar, wie es sich die Landesregierung gesetzt hat? Gehen wir von einem Ausbaustand von 4 Mbit/s aus, was bedeutet dann so ein Ziel ganz konkret? 4-8-16-32-64: Nach 4 Jahren reicht ein solcher Ausbau also absehbar nicht mehr aus. Was macht es also für einen Sinn, die Fördermittel der nächsten Jahre in eine Technologie zu stecken, die das Förderende nicht mal überlebt, zum Beispiel in VDSL-Vectoring? Dann stehen wir 2020 wieder genau da, wo wir jetzt sind. So leid mir das tut: Nur Glasfaser ist diejenige Technologie, die diese Zukunftsvision derzeit erfüllt – und wenn wir eine bessere finden, dann fördern wir diese.

Solange brauchen wir eine Glasfaser-Strategie, die zum Ziel hat, Glasfaser bis in jedes Haus, bis in jedes Unternehmen zu legen. In Deutschland ist Schleswig-Holstein mit einer Anschlussquote von 23 % Glasfaser-Vorbild. In NRW sind es dagegen aktuell nur 7 %. Für Einzellagen bieten sich Funklösungen an. Vectoring, das Ausquetschen der letzten Bits aus dem Kupferkabel ist eine Brückentechnologie, das kann der Markt leisten.

Und es macht keinen Sinn, das Geld den Monopolisten hinterherzuwerfen, damit diese sich herablassen, gnädigerweise die Infrastruktur auszubauen: Wenn öffentliche Mittel in diesen Summen in die Hand genommen werden, dann gehört das Ergebnis, gehört das damit geschaffene Netz, die damit geschaffenen langfristigen Infrastrukturwerte auch in Bürgerhand. Daher bevorzugen wir entsprechende Betreibermodelle. Am besten durch OpenAccess-Modelle, die sich langfristig selbst refinanzieren.

An sinnvollen Lösungen mangelte es also nicht: Sie sind technisch ausgereift und es gibt genügend überzeugende Referenzmodelle. Sie sind finanzierbar und fürs Gemeinwesen weitaus vorteilhafter als alles, was der politische Wettbewerb so vorschlägt.

Bei Politik geht es um Visionen, und nicht um Verwaltung des Status Quo. Technologie kann unser Leben zum Besseren wenden – wenn man sie denn gestaltet, und nicht nur reagiert. Doch leider verweigert sich die Realpolitik, angesichts der vorgebrachten Kritik steckt man den Kopf lieber in den Sand. Doch noch ist es nicht zu spät, ich hoffe, dass man sich von den besseren Argumenten leiten lässt.

Wir haben für das aktuelle Plenum einen Antrag eingereicht:
Ohne Glasfaser-Strategie verhindert die Landesregierung den Sprung in die Gigabit-Gesellschaft

Wer kümmert sich um Netzneutralität im Land NRW?

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Seit dem lezten Landesmediengesetz NRW (LMG NRW), das die Piraten mit Rot-Grün gemeinsam beschlossen haben, gehört es zu den Aufgaben der Landesanstalt für Medien in NRW, sich mit den relevanten Fragen der Netzneutralität in unserem Land zu befassen. Sie soll dazu forschen, und sie kann sogar „Maßnahmen zur Sicherstellung der Netzneutralität treffen“, so §88 (3) Satz 4 des LMG.

Die Landesanstalt für Medien (LfM) ist die unabhängige Aufsichtsinstitution für den privaten Rundfunk, mittlerweile aber auch für die sogenannten Telemediendienste, damit sind dann Angebote im Internet gemeint. Dazu gehört zum Beispiel der Jugendschutz und die Impressumspflicht, aber auch die Förderung der Medienkompetenz. Hier leistet sie wertvolle Arbeit in einer Fülle von Projekten und Angeboten, ein Blick auf die Webseite der LfM lohnt sich. Deswegen machte es Sinn, die Fragestellung der Netzneutralität, soweit es medienpolitische Betrachtungen betrifft (und nicht alleine das Wettbewerbsrecht), auch bei der LfM anzusiedeln.

Die LfM selbst wird durch die Rundfunkbeiträge finanziert und ist staatsfern. Sie wird gesteuert durch die Medienkommission, ein Gremium, in welchem (ähnlich wie beim Rundfunkrat beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk) gesellschaftliche Gruppen repräsentiert sind – auch die Parteien, aber nur in einer geringen Anzahl. Für die Piratenpartei bin ich das entsandte Mitglied.

Im „Ausschuss für Medienentwicklung und Medienordnung“ wurde eine Resolution zur Netzneutralität entwickelt. Ich bin Mitglied dieses Ausschusses, und konnte dort eine Verschärfung der Ablehnung von Zero-Rating und Spezialdiensten erreichen.

Netzneutralität ist der Grundsatz, dass alle Daten im Internet durch den Provider gleich behandelt werden müssen. Der Internet-Provider ist nämlich in einer Monopolsituation: Er kann im Grunde entscheiden, welche Daten durchgelassen werden, und welche nicht durchgelassen bzw. welche verlangsamt werden. So könnte er Einfluss auf die Meinungsbildung nehmen, oder den Wettbewerb der Anbieter im Netz beeinflussen – damit er das nicht tut, gilt der Grundsatz der Netzneutralität. Man stelle sich vor, die Deutsche Post dürfte die Zustellung der einen Zeitung beschleunigen, die der anderen verzögern oder gar einstellen, um beispielsweise Zusatzbeiträge zu kassieren. Das wäre wettbewerbswidrig.

Doch auch das sogenannte Zero-Rating ist grundsätzlich problematisch: Gemeint ist ein Dienst, dessen Traffic nicht auf das Internet-Kontingent des Nutzers einer Internetverbindung angerechnet wird. Die Telekom hat beispielsweise einen entsprechenden Vertrag mit dem Musikanbieter Spotify. Dass andere Musikanbieter damit benachteiligt werden, und dass auch die publizistische Freiheit beeinträchtigt sein kann, wenn bestimmte Musikstile bevorzugt sind, ist eigentlich offenbar. Dennoch ist diese Praxis bislang nicht verboten.

Ein weiteres Problem stellen die sogenannten Spezialdienste dar. In der öffentlichen Diskussion wird immer angedeutet, dass es bevorzugte Dienste außerhalb des „freien Internets“ geben solle, die bevorzugt transportiert werden müssen. Als Argument wird Telemedizin, also beispielsweise eine Operation über das Internet angeführt, oder das fahrerlose, sensorgesteuerte Auto, welches seine Kollisionsinformationen über das Internet bekommen können müsse.

Doch das sind Scheindebatten: Ein Auto wird sich stets nur aufgrund der eigenen Sensoren durch den Verkehr bewegen, denn jeder weiß, dass das mobile Internet auch mal abbrechen kann, zum Beispiel in Häuserschluchten, Tunneln, oder in abgelegenen Gegenden. Und dann darf auch so ein Auto nicht zur Gefahr im Verkehr werden. Die Verkehrsinformationen sind auf bevorzugte Behandlung nicht angewiesen, da kommt es auf einige Sekunden nicht an. Auch eine Tele-Operation kann man über das freie Internet nicht ausführen. Dafür braucht es nämlich spezielle, ausfallgesicherte Verbindungen – alles andere wäre fahrlässige Körperverletzung.

Dennoch wird an diesen Spezialdiensten festgehalten, obwohl es kein überzeugendes Beispiel für die Notwendigkeit einer solchen Bevorzugung gibt. Auf europäischer Ebene, wo die Netzneutralität gerade diskutiert wird, sind daher Ausnahmen für Spezialdienste vorgesehen, und es ist das Zero-Rating nicht verboten. Wir sehen das kritisch, und auch die LfM hat eine entsprechende Positionierung in ihrer Resolution zur Netzneutralität getroffen. Ich konnte im Ausschuss dafür sorgen, dass sie deutlich formuliert wurde.

Das Positionspapier zur Netzneutralität findet man hier:

Die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) setzt sich für die gesetzliche Sicherung von Netzneutralität ein. Netzneutralität muss umfassend gewährleistet werden, um den diskriminierungsfreien Zugang zu meinungsbildenden Inhalten und eine plurale Medienlandschaft zu garantieren. Die LfM fordert die Überarbeitung der Verordnung zur Netzneutralität und seiner Erwägungsgründe in folgenden Punkten:

a) Spezialdienste müssen noch klarer und enger definiert werden, um zu vermeiden, dass sich finanzstarke Anbieter Überholspuren im Internet kaufen können. Ausnahmen für Notdienste sind vorstellbar, aber nicht für Luxusangebote. Es muss eine noch klarere Abgrenzung zum offenen Internet erfolgen. Dafür sollten insbesondere in den Erwägungsgründen unmissverständliche Auslegungsgrenzen für die Begriffe „notwendig“ und „generell“ in Art. 3 Abs. 5 vorgesehen werden.

b) Das Best Effort-Prinzip sowie ausreichende Kapazitäten (in Abgrenzung zu den Spezialdiensten) müssen bei der Übertragung von Inhalten im offenen Internet garantiert und überwacht werden, um zu vermeiden, dass Provider einen zu großen Einfluss auf das Verkehrsmanagement nehmen können. Datenverkehrsmanagement darf außerdem nur aus technischen und nicht aus kommerziellen Gründen erfolgen.

c) Zero Rating ist grundsätzlich problematisch. Soweit es telekommunikationsrechtlich zulässig ist, darf es allerdings nicht in den publizistischen Wettbewerb eingreifen. Daher müssen alle publizistischen Angebote vom technischen Anbieter gleich behandelt werden. Für alle Inhalteanbieter müssen die Nutzungsbedingungen von Zero Rating transparent sein; die wirtschaftlichen Bedingungen dürfen nicht ausschließen, dass auch kleinere Anbieter dabei partizipieren können.

d) Inhalteregulierer, in Deutschland also die Landesmedienanstalten, sollten neben der Bundesnetzagentur Mitspracherechte bei der Regelung und Sicherung von Netzneutralität erhalten, um zu vermeiden, dass Netzneutralität ein rein technisches Thema bleibt. Dies sollte staatsvertraglich abgesichert werden.

Ich hätte mir die Resolution gerne eindeutiger gewünscht: Für mich ist klar, dass Zero-Rating gegen die Netzneutralität verstößt, und daher untersagt werden sollte, und dass es Spezialdienste ebenfalls nicht geben kann, ohne dass damit ebenfalls die Netzneutralität umgangen wird. Doch diese Formulierung ist schon recht deutlich gegenüber der laxen Haltung der EU-Kommission. Durch die geforderte Konkretisierung der Anforderungen an Spezialdienste wird hoffentlich deutlich, dass dies kein Dienst erfüllen kann.

Und ja, eine Regelung der Netzneutralität auf Bundeslandebene ist natürlich auch keine Lösung, sowas muss mindestens auf Europaebene wirksam geregelt werden. Aber da die Zeichen derzeit nicht auf eine zufriedenstellende Regelung in Europa stehen, ist das bei uns in NRW wenigstens ein Anfang.

Passend dazu gibt es einen Antrag für das Plenum im Landtag NRW: Netzneutralität ist zum Abschuss freigegeben: Pläne von EU-Kommissar Oettinger lassen das freie und offene Internet sterben. Der Antrag wird am 3. September gegen 19 Uhr im Plenum NRW beraten.