Sondersitzung des Landtags zu Übergriffen am Kölner Bahnhof in der Silvesternacht – Video und Redetext

BahnhofKoeln

Anlässlich der Ereignisse am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht, wo hunderte Frauen beraubt und sexuell belästigt worden sind, hat der Landtag am 14. Januar eine Sondersitzung veranstaltet. Zuerst hat die Landesregierung informiert, anschließend gab es eine Aussprache. Meinen Redebeitrag kann man hier nachsehen:


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und an den Bildschirmen!

Die Ereignisse der Silvesternacht und des Neujahrsmorgens am Kölner Hauptbahnhof haben uns alle entsetzt. Massenhaft waren Frauen sexualisierter Gewalt ausgesetzt, wurden begrapscht, beraubt und bestohlen.

Wir sind uns alle in dem Abscheu über diese Taten und in dem Wunsch einig, dass all das restlos aufgeklärt werden und den Opfern alle erdenkliche Hilfe zukommen muss.

Unzulässig ist allerdings die Vermischung der Ereignisse mit der Frage, wie wir in Zukunft mit geflüchteten Menschen umgehen wollen.

Natürlich gibt es unter Geflüchteten auch Kriminelle. Alles andere wäre realitätsfremd. Sind damit aber auch alle anderen nach Deutschland geflohenen Menschen Täter? Asylrecht ist ein Menschenrecht und kein Gastrecht. Das kann man nicht entziehen.

Unzulässig ist auch der Ruf nach härteren Strafen. Das, was da am Kölner Hauptbahnhof passiert ist, ist bereits jetzt strafbar. Doch gibt es zum Beispiel im Bereich „sexuelle Belästigung in der Öffentlichkeit“ noch Schutzlücken. Das sollte dann aber bitte unabhängig von der Nationalität der Täter geregelt werden; das soll dann bitte auch in der U-Bahn, im Karneval und beim Oktoberfest gelten. Nein heißt nein – ausnahmslos.

Unzulässig hingegen ist der Ruf nach harter Antwort des Rechtsstaats. Sollen Muslime jetzt härter bestraft werden? Das ist Quatsch. Der Rechtsstaat soll nicht hart sein, er soll konsequent sein. Die Strafe soll der Tat und den Tatumständen angemessen sein, dann aber bitte für alle Täter gleichermaßen. Das Asylrecht zum Beispiel ist gerade erst zum 1. Januar 2016 verschärft worden.

Überhaupt ist dieser ganze Diskurs meiner Meinung nach unzulässig; denn er soll vom eigentlichen Problem ablenken: dem totalen Staatsversagen in dieser Nacht. Der eigentliche Skandal ist, dass diese Taten unter den Augen der Polizisten geschahen – stundenlang.

Lassen Sie mich das klarstellen: Ich bin davon überzeugt, dass die Beamten vor Ort absolut alles getan haben, was in ihrer Macht lag. Das ändert aber nichts daran, dass es offensichtlich viel zu wenige waren. Das ändert nichts daran, dass sie unzureichend ausgerüstet waren, dass die Kommunikation nicht funktionierte. Das ist nicht die Schuld der einzelnen Beamten.

Wenn an Polizeibeamten, an deren Ausrüstung und Organisation, gespart wird, dann werden wir es irgendwann erleben, dass sie ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen können. Und wenn so etwas bereits in einer alkoholgeschwängerten Silvesternacht passiert, wie wäre es dann erst bei einer Umweltkatastrophe oder bei einem Anschlag?

Stattdessen setzt man auf esoterische Überwachungstechnik. Sagen Sie mir: Wie sollen mehr Kameras, wie sollen neue Strafen die Frauen schützen? Das ist doch Verhöhnung der Opfer! Das ist eine Illusion von Sicherheit. Natürlich muss man Täter fangen und überführen. Das ist eine ganz klassische Aufgabe der Polizei. Aber wenn bereits der Schutz zu kurz kommt, hilft das auch nichts mehr.

Die Verantwortung dafür liegt bei der Polizeiführung. Es ist ein starkes Stück, dass der Herr Minister jetzt so tut, als sei er nicht Teil dieser Polizeiführung, dass er die Verantwortung an eine untergeordnete Behörde abschiebt. Dabei ist er deren Dienstherr und damit in vollem Umfang dafür verantwortlich. Wer denn sonst?

(Beifall von Michele Marsching [PIRATEN])

Ein gleiches Versagen trifft übrigens auch die Führung der Bundespolizei, die für den Bereich des Bahnhofs zuständig ist. Auch hier waren viel zu wenige Beamte vor Ort. Auch hier war die Situation vollkommen außer Kontrolle. Auch hier sitzt der dafür Verantwortliche auf einer Regierungsbank, nämlich in Berlin: Bundesinnenminister de Maizière.

Wollen wir No-go-Areas in unserem Land? Wollen wir in unseren Straßen weitere Treibjagden auf Ausländer unter den Augen der Polizei? Vergessen wir nicht die erste HoGeSa-Demo: Betrunkene Hooligans und Nazis randalieren stundenlang in der Stadt. Auch hier war die Kölner Polizei überfordert.

Verehrter Herr Minister Jäger, vielleicht erinnern Sie sich an den Satz, den Sie hier damals sagten: „Mit dieser massiven Gewalt haben die Sicherheitsbehörden und hat auch das Polizeipräsidium Köln nicht gerechnet.“ – Das war 2014. Wird das jetzt zur Standardausrede?

Die Bürger dieses Landes haben ein Recht darauf, dass der Staat sie vor Gewalt beschützt. Wenn man sich darauf nicht verlassen kann, dann hat der Staat versagt. So ein Versagen muss Konsequenzen haben, und zwar keine Bauernopfer.

Der Innenminister des Landes NRW und der Innenminister des Bundes müssen gehen. Herr Jäger, Herr de Maizière, packen Sie Ihre Sachen! Und wir brauchen hier einen Untersuchungsausschuss.

Vielen herzlichen Dank.

43266 Leser.

6 Gedanken zu „Sondersitzung des Landtags zu Übergriffen am Kölner Bahnhof in der Silvesternacht – Video und Redetext

  • 17. Januar 2016 um 23:26 Uhr
    Permalink

    Also sollen auch für Herrn Schwerd die Grenzen unkontrolliert bleiben und jeder Kriminelle hier reinspazieren können, gerne zu Millionen und bis zum Ende aller Tage. Und zwar einfach weil. Ich als Ü30-jähriger darf mich auch nicht über die einwandernde Konkurrenz beschweren, ich habe das toll zu finden, denn das ist alles nur positiv und schön und toll für alle.

    Um die weiterhin laufende Masseneinwanderung zu bewältigen, sollen ein bisschen mehr Polizisten eingestellt werden.

    Die Frage eines kulturellen Desasters, dass sich dort ebenfalls gezeigt hat, wird gleich ganz umgangen, so als ob das überhaupt keine Bedeutung hätte. Weil darf ja nicht. Das passt nicht in den Katechismus.

    Auch Herr Schwerd braucht noch etwas Zeit, bis er sich traut, Dinge beim Namen zu nennen.

    Er hätte aber wissen können, warum die Bundespolizei so fatal unterbesetzt war am Bahnhof: weil sie an der Grenze Deutschland-Österreich die Flüchtlinge weiterzuleiten hatte. Auch ein Herrn Jäger und ein Herrn Maiziere – für die ich hier keine Lanze brechen will – können jeden Polizisten zum Zeitpunkt x nur an einem Ort und nicht an mehreren gleichzeitig einsetzen und das Flüchtlingshilfe gerade Vorrang hat, das wird auch Herr Schwerd kaum verneinen können. Insofern wurde die Bahnhofspolizei im Sinne der politischen Räson verwendet und diese ist damit die Ursache, nicht die Minister.

    Die Frage eines offenbaren Vertuschungsversuches dieser Ereignisse und die Frage nach der Motivation dazu, wird immerhin noch pflichtschuldig mit dem U-Ausschuss angesprochen, auch wenn – mutlos wie es bekannt ist – nicht deutlich, sondern schüchtern. Dabei ist auch das ein wesentlicher Schaden, der mit Köln angerichtet wurde, allerdings mit den Flüchtlingen ebenso wenig zu tun hat, wie mit den Tätern. Dieser Vertuschungsversuch ist eine ganz innerdeutsche Geschichte und betrifft auch nur Deutschland. Was hier aber nicht erkannt wird: wenn man als Deutscher Angst hat, irgendwas an zu Integrierenden zu kritisieren, weil man dann ins Rechte Eck gestellt wird, dann kritisiert man eben nichts mehr. Nur findet dadurch eben auch keine Mitwirkung an Integration statt, sondern an Bildung von Parallelgesellschaften. Dieses Problem habe sogar ich als Sozialarbeiter in einem bekannten Brennpunktviertel. Ich gucke bei vielen Dingen schon länger ganz einfach weg, weil ich vor der Antifa inzwischen so eine Furcht habe wie vor den Neonazis (Sie können sich darüber gerne belustigen, aber ich weiß, das ich lange nicht der einzige Sozarbeiter bin, bei dem das so ist). Nur Integration findet so eben überhaupt nicht statt. Denn man muss sich hüten, irgendwas zu kritisieren, es ist ja alles nur kulturell positiv, es gibt nichts negatives und wenn doch, ist das sowieso meine Schuld als deutscher Staatsbürger. In diesem Land hier ist man schon rechts, wenn man es doch strange findet, daß hier nicht wenige nach 20 Jahren noch immer ein extrem schlechtes Deutsch reden und zwar weit schlechter, als das dem Hauptschüler mit einer 4- in Deutsch überhaupt möglich wäre. Und wenn man hier erwähnt, das auffällig häufig die verschleierten Frauen besonders schlecht sprechen (deren Männer können es besser, aber auch nicht unbedingt auf hohem Niveau), dann ist man ja schon ganz dubios. Darüber soll nicht geredet werden. Gleichwohl der Preis dafür eben Ghettobildung ist.

    Als Bürger dieses Landes habe ich auch ein Recht darauf, vor unkontrollierter Masseneinwanderung und deren Folgen geschützt zu werden, da Grenzschutz Staatsaufgabe ist, so wie es im GG steht (und nicht etwa in „mein Kampf“). Da kann Herr Schwerd anderer Meinung sein, aber dann ist das auch nur eine weitere Meinung, die mit dem GG allerdings nicht konform wäre. Denn „Grenzschutz ist pippifax und buh!“ steht nicht im GG und „zugunsten des Asylrechtes müssen alle anderen staatlichen Aufgaben zurückstehen“ steht da nicht nur nicht drin, es wäre verfassungswidrig, da andere Verfassungsorgane dadurch billigend beschädigt werden würden, wozu aber kein Verfassungsorgan – auch nicht die Bundesregierung – ein Recht hat.

    Mit der Diskurs-Verweigerungs-Haltung wird Integration genauso wenig zu machen sein, wie die gegenwärtige Asylpraxis zu halten sein wird. Wer das Asylrecht für Masseneinwanderung missbraucht – und genau das passiert gerade – wird am Ende das Asylrecht völlig zerstören. Man sieht genau das auch jetzt schon.

    Die ewigen Warnungen vor den Rechten hängen einem zum Halse raus. Es sind sich hier sehr viele, die mit Merkels Politik nicht zufrieden sind, sehr bewusst über den Umstand, daß man den Rechten in die Hände spielen könnte. Wie man das aber verhindert, wird man nicht dadurch rausfinden, daß man ihnen jedes schwierige Thema gleich kampflos überlässt. So wird man auch niemals Lösungen für die Probleme der Integration finden, denn die dürfen ja nicht besprochen werden, da das ja den Rechten dienen könnte. In diesem Punkt würde ich mir auch einfach weniger Feigheit wünschen. Dumme Trittbrettfahrer hat jede Idee, damit muss man ebenso leben wie damit, daß jeder Mensch seine Feinde hat.

    Diskursverweigerung wegen politischer Paranoia dürfte jedenfalls der gefährlichste Weg sein und auch der, der das Asylrecht am schnellsten töten wird. Das Diskussionsbedürfniss ist da und es ist wie der Mensch selbst wie Wasser: sich den Weg des geringsten Widerstandes suchend. Diskursverweigerung ist aber der höchste Widerstand und er ist auch schlicht infantil. Man kann Probleme nicht wegschweigen, schon gar nicht jene, die einem echte Angst machen. Und „Angst ist ein schlechter Berater“ ist auch keine Antwort für sämtliche Ängste, wiefern Angst auch schlicht eine sinnvolle Emotion ist und keine geistige Verirrung. Man darf sie ebensowenig Herr im Haus werden lassen, wie man sie in den Keller sperren darf. Die Mitte machts, aber die muss auch der Herr Schwerd erst noch finden.

    Antwort
    • 17. Januar 2016 um 23:34 Uhr
      Permalink

      PS: Ich bin nicht Ü30, sondern U30.

      Antwort

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert