Liberale Hochschulgruppe Köln unter falscher Flagge

Eine bodenlose Frechheit leistet sich gerade die LHG, die Liberale Hochschulgruppe an der Universität Köln. Diese will für die kommenden Wahlen zum Studentenparlament ihren Namen ändern. Sie setzen nämlich Ihrem bisherigen Namen „Die Campus-Piraten“ voran. Die genaue Bezeichnung soll nun „Die Campus-Piraten – Liberale Hochschulgruppe“ lauten.

Bild: Manfred Werner (Tsui), Lizenz: cc-by-sa 3.0
Der Ableger der FDP bei den Kölner Studenten beweist damit zwar, wahre Piraten zu sein, indem sie den Begriff „Piraten“ für sich einfach kapern, und man könnte auch meinen, dass die Bewunderung dieser jungen Liberalen für die Piraten so groß ist, dass sie sogar den Namen übernehmen. „LHG von Piraten beeindruckt“ könnte man titeln. Beides ist im Grunde sogar erfreulich.

Weniger begeistert mich dagegen die Intention der LHG. Sie wollen offensichtlich eine Zuordnungsverwirrung auslösen, indem sie den Anschein erwecken, die Hochschulgruppe der Piraten zu sein, um die Popularität der Piraten (gerade unter den Studenten) für sich abzugreifen. Wer den Stimmzettel unbefangen ansieht, wird diese Zuordnung annehmen.

Aber auch für die informierten Studenten entsteht eine Zuordnungsverwirrung, müssen diese doch vermuten, die Piraten an der Universität Köln, die sich in der Hochschulgruppe der Piratenpartei sowie im hochschulpolitischen Stammtisch Köln organisieren, hätten eine Kooperation bzw. eine Listenkandidatur mit der LHG eingegangen.

Darauf angesprochen, rechtfertigt sich die LHG wie folgt:

Ein Listenname für eine studentische Gremienwahl ist keine juristische Person und in der Wahlordnung von Universität und Studierendenschaft NICHT geregelt. Somit können wir jeden erdenklichen Namen auswählen, solange er nicht dem Namen einer Partei oder HSG oder eines geschützten Namen entspricht. Ich bin nicht darüber informiert, ob der Name PIRATEN oder Pirtatenpartei Deutschland geschützt ist. Campus-Piraten ist es jedenfalls nicht. (…)

1. Wir stehen in keinem offiziellen Zusammenhang mit der Piraten-HSG, die nebenbei nicht in die Matrikel der Universität eingetragen ist.
2. Wir werden diesen Namen weder auf unserer Homepage, noch auf unserem Werbematerial, noch öffentlich verwenden.
3. Sollten wir ins StuPa gewählt werden, werden wir den Namen unserer Fraktion ändern, sodass er nurnoch LHG lautet.

(…) Wir können den Namen der Liste leider nichtmehr ändern, hätten aber auch nicht vermutet, dass es eine so negative Resonanz eurerseits gibt.

(…)juristisch gibt es keine Einwände gegen diesen Listennamen.

Liebe LHG: Sowohl „Piraten“ als „Piratenpartei“ genießt in Deutschland markenrechtlichen und namensrechtlichen Schutz. Ihr wisst zwar, dass die Piratenpartei nicht mit markenrechtlichem Schutz oder „geistigem Eigentum“ argumentieren möchte. Eine Rolle spielt jedoch das Namensrecht, denn hiermit beabsichtigt ihr eine Verwirrung der Zuordnung und eine Ausnutzung des guten Namens der Piratenpartei. Ihr wollt Wähler absichtlich täuschen. Und das können wir nicht gut finden.

Die Dreistigkeit wird sogar noch verstärkt durch die Ankündigung, die Zuordnung zu den „Campus-Piraten“ dadurch zu erschweren, auf dem Wurfmaterial und der Homepage dies nicht aufzuklären, und den Begriff nach der Wahl wieder abzulegen. Nachdem Ihr Euch also die Stimmen erschlichen habt, wollt ihr die Maske fallen lassen. Das empfinde ich als angekündigten Betrug an Euren Wählern.

Ihr habt nicht mit negativer Resonaz gerechnet? Ich vermute, Euch ist unsere Resonanz vollkommen egal – sonst hättet ihr vielleicht im Vorfeld Kontakt zu den Kölner Piraten oder zu der Piraten-Hochschulgruppe aufgenommen. Das Ihr das unterlassen habt, zeigt mir doch eher, dass ihr sehr wohl mit negativer Resonanz gerechnet habt. Juristisch ist diese Namenswahl mit Hinweis auf das Marken- und Namensrecht mindestens fragwürdig. Unmoralisch ist sie in jedem Fall.

Also, hier der ausdrückliche Hinweis an alle Kölner Studenten: Nein, die sog. „Campus-Piraten“ haben mit der Piratenpartei nichts zu tun. Zu den diesjährigen StuPa-Wahlen treten wir noch nicht an.

Die der Piratenpartei verbundenen Studenten organisieren sich an anderem Ort, und alle Studenten sind herzlich eingeladen, sich dort zu beteiligen. Diese Einladung gilt ausdrücklich auch für Mitglieder der LHG – wenn Ihr piratige Hochschulpolitik machen wollt, dann kommt zur Hochschulgruppe der Piraten, aber unterlasst Wählertäuschung und das Segeln unter falscher Flagge.

Der nächste HSG-Stammtisch der Piraten-Hochschulgruppe findet am 29.11.2011 um 20.30 Uhr im Cafe 43, Weyertal 43 in Köln-Sülz statt. Er ist öffentlich und offen für alle!

Danke, Christian, für den Hinweis.

Der Unsinn von Wahlcomputern – wie die SPD ihren kommenden Bundesparteitag schon jetzt sabotiert

Ich dachte, nur die Piraten würden gelegentlich einen Parteitag sinnlos verschwenden (womit ausdrücklich nicht der vergangene in Soest gemeint ist), aber die SPD kann das auch. Und zwar schon im Vorfeld, mit Ansage. Krachend, vor die Wand.

Ich las nämlich im Antragsbuch des kommenden ordentlichen Bundesparteitags der SPD am 4. bis 6. Dezember Erstaunliches. Nein, damit meine ich eben nicht die Anträge zur Vorratsdatenspeicherung, weswegen ich eigentlich im Antragsbuch nachlas – die waren nicht sonderlich überraschend – nein, damit meine ich die „Hinweise zum elektronischen Wahlsystem der SPD“, die ich auf den letzten Seiten 774 und 775 des Antragsbuchs fand.

Dort wird eine Art „Fernbedienung“ vorgestellt, mit der die Delegierten ihre Stimme abgeben können. Per Chipkarte scharfgeschaltet, kann man dort seine Stimme für Einzel- und Listenwahlen elektronisch abgeben.

Wahlcomputer? Meine Stirn runzelte sich, als ich diese Anleitung las. War da nicht mal was?

Zu Wahlcomputern haben wir Piraten ja eine eindeutige Meinung, diese ist bekannt. Wir wollen, dass sie generell verboten werden. Spannend ist aber, das selbst das Bundesverfassungsgericht eine eindeutige Meinung dazu hat. Es legt das Grundgesetz Art. 38 und Art. 20 nämlich dahingehend aus, das elektronische Wahlsysteme eine öffentliche Kontrolle ermöglichen müssen – und hat in dem Urteil vom 3. März 2009 die Verordnung über Wahlgeräte zum Deutschen Bundestag und zum Europäischen Parlament schlicht kassiert. Wahlgeräte dürfen deswegen bei Wahlen nicht verwendet werden, wenn und soweit keine Kontrolle der Wahl mehr möglich ist – und das ist bei allen derzeitigen Wahlsystemen so. Nicht ohne Grund werden keine Wahlcomputer bei Wahlen mehr eingesetzt.

Wahlcomputer sind gerade eben nicht kontrollierbar – wie kann man ohne Kenntnis des Quellcodes, ohne Protokolldruck und Wissen über die genaue Funktionsweise des Automaten eine solche Kontrolle durchführen? Und welcher Bürger kann das ohne Sachkenntnis tun, so wie das Bundesverfassungsgericht das fordert? Mich deucht, eine solche Kontrolle ist bei elektronischen Systemen ohne Fachkenntnis nicht realisierbar. Rein elektronische Wahlsysteme sind daher prinzipbedingt kaum mit der Verfassung vereinbar.

Eine Bundestagswahl wäre mit diesen elektronischen Mitteln, wie sie die SPD bei Ihrem Bundesparteitag verwenden will, jedenfalls verfassungswidrig. Der SPD-Bundesparteitag hat keine allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen, jedenfalls nicht im Sinne des Grundgesetzes.

Ich kenne die Wahlcomputer der SPD nicht, ich kann aber an den Geräten keinen Drucker oder ähnliches erkennen, die einen Quittungsdruck ermöglichen – ich nehme sehr stark an, dass das nicht vorgesehen ist. Korrigiert mich, liebe SPD-Antragskommission, aber kann es sein, dass eine Kontrolle der Wahlergebnisse so nicht möglich ist? Oder habt ihr tatsächlich Wahlcomputer erfunden, die die einfache Kontrolle der Wahl auch für normale Menschen ohne besondere Sachkenntnis ermöglichen?

Nun gut, es kann sein, dass die SPD keine allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen auf ihrem Bundesparteitag benötigt. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es einige Mitglieder der SPD gibt, die auf solche Wahlen Wert legen (ich würde es tun). Und diese werden sicher den §11 der Wahlordnung der SPD studieren, wo es um Wahlanfechtungen geht. Fir0002/Flagstaffotos, GFDL Wahlen können demnach „angefochten werden, wenn die Verletzung von Bestimmungen der Parteisatzung, des Parteiengesetzes, der Wahlgesetze oder des Verfassungsrechts behauptet wird und eine solche Rechtsverletzung zumindest möglich erscheint.“

Liebe SPD-Antragskommission, korrigiert mich, aber das kann man durch den Einsatz der Wahlcomputer doch wohl vermuten? Ich garantiere Euch, dass sich eine Gliederung oder ein Betroffener finden wird, der die Wahlen Eures kommenden Parteitages anfechten wird. Und im übrigen hat er Recht damit. Popcorn!

Bild: Fir0002/Flagstaffotos, Lizenz: GFDL.

Offener Brief: Danksagung an Prof. Dr. Fischer-Lescano

Prof. Fischer-LescanoSehr geehrter Herr Prof. Dr. Fischer-Lescano,

bei der Vorbereitung einer Rezension haben Sie in der Dissertation von Karl-Theodor zu Guttenberg an mehreren Stellen Übernahmen aus anderen Werken entdeckt, ohne dass die Quellen ordnungsgemäß angegeben worden wären. Dies steht in Widerspruch zu Grundsätzen akademischer Arbeit im Allgemeinen, sowie der Bayreuther Studienordnung im Speziellen.

Sie haben diese Funde in der Fachzeitschrift Kritische Justiz veröffentlicht, indem Sie diese Textpassagen aus Guttenbergs Dissertation den Originaltexten gegenüberstellten. Eine Internet-Initiative namens “GuttenPlag” dokumentierte anschließend, dass die ganze Arbeit in großen Teilen auf Plagiaten beruht.

Damit wurde eine Affäre aufgedeckt, in dessen Folge der damalige Verteidigungsminister zu Guttenberg schließlich zurücktreten musste. Seinen Doktortitel führte er aufgrund einer Täuschung. Die Zusicherung, die Arbeit selbstständig erstellt zu haben, ist eine Lüge. Die Bayreuther Universität und seinen Doktorvater hat er betrogen. Auch seine anfänglichen Behauptungen und Vorwürfe, bevor der Betrug nicht mehr zu leugnen war, stellen den Versuch dar, die Öffentlichkeit zu belügen.

Sie haben Ihren Fund öffentlich gemacht, obwohl Sie sich damit gegen den beliebtesten Politiker Deutschlands stellten. Ihnen ist vermutlich klar gewesen, dass Sie mit Leugnung und Verleumdung, übler Nachrede und Anfeindungen rechnen müssen. In mindestens einem anderen Fall soll ein Entdecker von Plagiaten in Guttenbergs Arbeit über seinen Fund geschwiegen haben – dies haben Sie nicht getan.

Für die Piratenpartei ist Transparenz wichtig – öffentliche Daten gehören der Öffentlichkeit. Dazu gehört selbstverständlich auch die Information, ob ein Verteidigungsminister
– auch in seiner Eigenschaft als Dienstherr zweier Bundeswehruniversitäten – zuverlässig und akademisch glaubwürdig ist, und ob er dazu neigt, die Unwahrheit zu sagen. Besonders wichtig für Transparenz sind die sogenannten Whistleblower, also Personen, die Kenntnis über Missstände haben und aus dem inneren Kreis kommen, und diese Missstände dann öffentlich machen.

Herr Prof. Dr. Fischer-Lescano, wir möchten Ihnen für Ihren Einsatz danken. Wir haben Hochachtung für Ihre Aufrechtheit und Ihren Mut, einen Missstand anzuprangern und gegen Widerspruch und Verleumdung öffentlich zu dokumentieren. Dass Sie nun Beleidigungen und übler Nachrede ausgesetzt sind, dass man Ihnen unlautere Motive, Neid oder Missgunst unterstellt bedauern wir. Umso wichtiger ist es, dass es Menschen wie Sie gibt, die trotz dieser Beeinträchtigungen, Risiken und Bedrohungen zu ihren Werten und Überzeugungen stehen. Sie erweisen damit uns und der Öffentlichkeit einen großen Dienst.

Herr Prof. Dr. Fischer-Lescano, vielen Dank,

im Namen des Vorstands der Piratenpartei Köln,

Daniel Schwerd, Vorsitzender des Vorstandes

(Foto: Universität Bremen)

Interview mit “Neues Deutschland” zu Liquid Feedback

Heute ist das Interview erschienen, dass das Zentralorgan der Linken “Neues Deutschland” mit mir zum Thema “Liquid Feedback” geführt hat:

http://www.neues-deutschland.de/artikel/181441.liquidfeedback-das-wahl-tool.html

Für die Kolumne “Linke und Technik” liess sich Marcus Meier, Online-Redakteur der Rubrik, von mir das Tool zeigen und stellte eine Reihe von Fragen. Besonders am Delegationsprinzip von LQFB war er interessiert, da sich hier doch ein Spagat zwischen direkter und delegierter Demokratie zeigt. Aber lest einfach selbst.

Rent-a-Rüttgers

Rent-a-Rüttgers: Wer genug Geld auf den Tisch legt, bekommt ein exklusives persönliches Gespräch mit dem Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rüttgers.

Offensichtlich scheint es Politikern überhaupt kein schlechtes Gewissen zu machen, sich auf diese Weise finanzieren zu lassen. Ganz im Gegenteil wird ganz offensiv um “Sponsoren” dieser Art geworben, als hätte man es mit einer Sportveranstaltung (und nicht mit politischer Arbeit) zu tun.

Auf der anderen Seite stehen die Lobbyisten, die wirtschaftliche und politische Interessen mit Geld in die aktive Politik bringen. Hier bekommen sie von der CDU ein ganz offizielles und vermeintlich legales Instrument angeboten, Gehör für ihre Einflussnahme zu finden.

Das Ganze findet natürlich ausserhalb des parlamentarischen Systems, fern von jeder Transparenz und Kontrolle statt.

Ich finde es furchtbar, wie auf diese Weise Interessenpolitik gemacht wird. Dieses vermeintliche Win-Win-Geschäft zwischen Lobbyisten und Politikern hat nämlich einen großen Verlierer: den Bürger. Und mit ihm all diejenigen, die sich teure Lobbyarbeit und Privataudienzen nicht leisten können.

Und am meisten Übelkeit verursacht mir die Schamlosigkeit, mit der seitens der Politiker dabei zu Werke gegangen wird, offenbar ohne jedes Unrechtsbewusstsein.

Transparenz, Bürgernähe und die Möglichkeit des Mitwirkens sind Kernthemen der Piratenpartei. Mit uns kann man immer reden – und zwar ohne Eintrittsgeld.