Heute möchte ich Euch aus den vergangenen Wochen im Landtag berichten. Auf der Tagesordnung standen, wie immer in der letzten Zeit, der Haushalt für 2012 sowie das Mittelstandsförderungsgesetz, mit dem ich einige Bauchschmerzen habe. Daneben gab es einige interessante Gesprächstermine mit Verbänden und Piraten.
Haushalt
Wir haben unsere fraktionsinternen Haushaltsberatungen für 2012 weitestgehend abgeschlossen. Viele Abgeordnete hatten in den Wochen zuvor zusammen mit den jeweiligen Fachreferenten Vorschläge für Änderungsanträge zum Haushalt gesammelt. Am letzten Dienstag sind wir auf der Fraktionssitzung jeden Vorschlag durchgegangen und haben entschieden, welche davon wir tatsächlich einreichen wollen. In den von mir betreuten Bereichen – Kultur und Medien sowie Wirtschaft – haben wir einen Änderungsantrag gestellt.
Bereich Wirtschaft: Der Etat des Wirtschaftsministeriums (in der NRW-Haushaltssprache: Einzelplan 14) beträgt insgesamt rund 838 Millionen Euro und setzt sich aus zwei großen Blöcken zusammen: Den Kohlesubventionen auf der einen Seite (350 Millionen Euro) und den verschiedenen Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung (bspw. staatlich finanzierte Gründungsberatungen) auf der anderen Seite (382 Millionen Euro). An der Höhe der Kohlesubventionen kann man derzeit nichts ändern – die Kohlesubventionen laufen aus und dieser Auslauf-Prozess ist vertraglich festgelegt. Bis zum Jahr 2018 werden die Subventionen für Kohle kontinuierlich reduziert; nach 2018 wird es keine weiteren Subventionen mehr in diesem Bereich geben.
Es bleibt die Wirtschaftsförderung als größter Anteil des Wirtschaftshaushaltes. Da diese Förderung überwiegend als Gelder an Institute geht, die diese Förderung dann ihrerseits wahrnehmen, kann man kaum sagen, ob und inwieweit das Geld sinnvoll eingesetzt wird und ob die Fördermaßnahmen erfolgreich sind. Im Bereich der Wirtschaftsförderung sollte daher gelten: Qualität vor Quantität. Einfach nur das Budget zu erhöhen oder zu kürzen ist nicht zielführend. Stattdessen wollen wir zunächst herausfinden, welche der verschiedenen Förderprogramme, für die Geld im Haushalt bereitsteht, überhaupt erfolgreich sind.
Einen Änderungsantrag haben wir aber doch gestellt: Wir fordern die Streichung von 150.000 Euro im Wirtschaftsetat für die sogenannte Clearingstelle Mittelstand, die im Zuge des Mittelstandsförderungsgesetz geschaffen werden soll. Da das Gesetz noch gar nicht in Kraft ist und nicht vor Anfang 2013 unter Dach und Fach sein wird, warum soll man Geld für den 2012er-Haushalt einstellen? Zudem wollen wir grundsätzlich in Frage stellen, dass das Land Kosten dieser Clearingstelle trägt.
Bereich Kultur und Medien: Hier haben wir ein ähnliches Problem wie im Wirtschaftsbereich. Die Ausgaben gehen größtenteils an Institute, die die Kultur- und Medienförderung dann ihrerseits wahrnimmt – wir wissen einfach nicht genau, was dann dort mit dem Geld genau geschieht. Zum Glück haben wir inzwischen zwei Referentinnen für die beiden Teilbereiche an Bord, die dabei sind, genau dies rauszufinden. Bei den nächsten Haushaltsberatungen für 2013 wollen wir fundierte Vorschläge machen.
Im Medien-Etat geht der größte Teil für die Film- und Medienstiftung NRW drauf. Sie hat die Aufgabe, Aktivitäten in diesen Bereichen finanziell zu fördern. Die Stiftung hieß bis zum Jahr 2010 nur Filmstiftung NRW – jetzt kommen also Medien dazu. Das ist aus unserer Sicht ein Schritt in die richtige Richtung, schließlich gibt es neben Filmen viele weitere Medien, die aus kultureller Sicht wichtig sind und mit genauso viel Recht gefördert werden sollten. Ich habe die Landesregierung aufgefordert, darzustellen, wie sich diese Förderung in Zukunft zwischen Film und den anderen Medien aufteilen soll.
Anhörung Mittelstandsförderungsgesetz
Das Mittelstandsförderungsgesetz ist nach der ersten Lesung im Plenum in den Wirtschafts-Ausschuss überwiesen worden. Dort hat zunächst der Wirtschaftsminister erläutert, warum er das Gesetz wichtig findet. Der zweite Schritt der Bearbeitung des Gesetzes im Ausschuss fand am vergangenen Donnerstag statt: An dem Tag gab es eine öffentliche Anhörung zu dem Gesetz. Eine öffentliche Anhörung findet im NRW-Landtag dann statt, wenn sie von mindestens einer Fraktion im Ausschuss beantragt wird.
Jede Fraktion darf eine gewisse Zahl von Sachverständigen benennen und sich einige Fragen überlegen, die man den Sachverständigen stellt (auch denen, die von anderen Parteien benannt worden sind). Aus den Fragen der verschiedenen Fraktionen wird eine Liste erstellt, die alle Sachverständigen vier Wochen vor der Anhörung per Post bekommen. Sie haben dann einige Wochen Zeit, wiederum schriftlich auf die Fragen zu antworten. Zu der eigentlichen Anhörung werden die Sachverständigen in den Landtag eingeladen. Jeder Abgeordnete kann dann Rückfragen zu den verschiedenen Gutachten stellen.
Wir haben uns unsere Fragen zusammen in diesem Pad hier erstellt. Als Sachverständige hätte ich gerne Transparency International, Lobbycontrol oder Mehr Demokratie e. V. dabeigehabt, leider haben alle drei abgesagt: Bei der einen war es zu kurzfristig, bei der anderen konzentriert man sich ausschließlich auf Bundespolitik und hat entsprechend keine Fachleute für eine Landesanhörung, und die dritte fühlte sich nicht im Thema.
Die anderen Parteien haben es in der Hinsicht leichter, dort existieren fertige Listen von Sachverständigen, meistens Verbandsvertreter, die einfach standardmäßig eingeladen werden. Aus dieser Erfahrung heraus haben wir uns vorgenommen, eine Expertendatenbank aufzubauen, in der wir mögliche Kandidaten für die verschiedenen Themen sammeln, insbesondere verbandsunabhängige Experten.
Die Anhörung selbst habe ich als ausgesprochen konstruktiv und erfolgreich empfunden. Wir hatten schon schriftlich einige Fragen zur Transparenz der geplanten Clearingstelle gestellt und in der Sitzung habe ich an diesem Punkt noch ein paar Mal nachgehakt. Fast alle Anwesenden – von den Sachverständigen bis hin zu den Abgeordneten der Regierungsfraktionen – darüber einig, dass die geplante Clearingstelle möglichst transparent sein soll. Wir werden daher jetzt einige Änderungsanträge für das Gesetz ausarbeiten, mit denen wir Mindestanforderungen in Bezug auf die Transparenz der Clearingstelle im Gesetz verankern wollen. Wenn die anderen Fraktionen sich daran beteiligen werden, wäre das ein großer Erfolg.
Weiter habe ich die explizite Nennung des RAL-Gütesiegels angesprochen sowie die Verpflichtung der betrieblichen Interessenvertretungen auf das Ziel „Wachstum“. Hier bekam ich im Grunde die Antworten, die ich hören wollte: RAL-Siegel nur als Beispiel; „Nachhaltigkeit“ besser als „Wachstum“. Eine schöne Vorlage für Änderungsanträge an das Gesetz.
Der nächste Schritt im Gesetzgebungsverfahren ist die abschließende Behandlung des Mittelstandsförderungsgesetzes im Ausschuss. Das wird vermutlich im November der Fall sein. Hier werden Änderungsanträge eingebracht. Danach spricht der Ausschuss dann eine Empfehlung an das Plenum aus, wie mit dem Gesetzentwurf umgegangen werden sollte. Bspw. könnte der Ausschuss „empfehlen“ (in der Praxis ist es so, dass die Regierungsfraktionen mit ihrer Mehrheit darüber entscheiden, welche Empfehlung der Ausschuss ausspricht), den Gesetzentwurf der Landesregierung ohne Änderungen anzunehmen. In unserem Fall hoffen wir allerdings, dass die Empfehlung lauten könnte, die im Ausschuss (u. a. durch unsere Anträge) geänderte Version des Gesetzes anzunehmen.
Danach geht das Gesetz (bzw. die Beschlussempfehlung) wieder zurück ins Plenum in die sogenannte zweite Lesung. Dort wird noch einmal über den (evtl. veränderten) Entwurf debattiert. Hier kann man auch noch einmal Änderungsanträge einbringen (die den eigentlichen Entwurf, also den Gesetzestext, ändern) oder auch Entschließungsanträge, die, zusätzlich zum Gesetzesentwurf, die Landesregierung auffordern, etwas Bestimmtes zu tun oder sich für eine bestimmte Sache einzusetzen.
Alles, was bisher zu einem Gesetzesentwurf vom Landtag gemacht wurde (Überweisungen, Anhörungen, Abstimmungen etc.), findet man als „Vorgang“ auf der Landtags-Webseite. Hier findet sich die entsprechende Seite für den „Vorgang Mittelstandsförderungsgesetz“.
Anhörung Klimaschutzgesetz
An einer zweiten Anhörung habe ich teilgenommen, der Anhörung zum Klimaschutzgesetz. Da der Wirtschaftsausschuss nicht federführend ist, habe ich mich hier bedeckt gehalten. Die Anhörung fand im Plenarsaal statt, da so viele Zuhörer, Experten und Abgeordneten anwesend waren, dass es jeden anderen Saal gesprengt hätte. Die Anhörung ging bis spät in den Abend, ich empfand sie als ausgesprochen ermüdend, insbesondere im Vergleich zu der anderen Anhörung.
Lobbygespräche
Ich habe mich mit Vertretern von „Presse-Grosso“ getroffen, des Bundesverbands Deutscher Buch-, Zeitungs- und Zeitschriften-Grossisten. Das Thema ist insofern sehr spannend, als der Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften im Zusammenhang mit der Presse- und Meinungsfreiheit sehr sensibel ist. Erwerben große Verlage zu viel Einfluss auf den Vertrieb, können sie damit die Verbreitung unliebsamer Komkurrenz behindern. Umgekehrt ist die Meinungsvielfalt in Gefahr, wenn Verkaufsstellen nur eine Handvoll gängige Zeitschriften anbieten wollen, und vielleicht unrentable Verkaufsstellen nicht mehr beliefert werden.
Derzeit ist der Großhandel de facto monopolisiert, um diese beidseitige Kontraktionspflicht (der Verlage, und der Verkaufsstellen) zu realisieren. Es gibt aber Bestrebungen eines Großverlages, diese Konstruktion aufzubrechen, da sie im Widerspruch zum Kartellrecht steht. Dem soll mit einer Gesetzesinitiative begegnet werden.
Ich war bei der Handwerkskammer Köln, auch ein sehr interessantes Gespräch. Man setzt sich dort von den IHK’n ab, da die Handwerkskammern eine deutlich homogenere Mitgliederstruktur hat als die IHK’n, die ja vom Großkonzern bis zum Einzelunternehmer alle Arten von Pflichtmitgliedern hat. Die Handwerkskammern sind, was Transparenz angeht, auch schon spürbar weiter als die IHK’n. Ich habe den Punkt der Pflichtmitgliedschaft thematisiert – will man diese aufheben, muss man sich aber auch Gedanken darüber machen, wie man die berufliche Ausbildung in Zukunft organisieren will.
Ich mich mit Vertretern des Deutschen Journalisten-Verbands NRW getroffen, die mit mir über das neue Leistungsschutzrecht reden wollten. Wie nicht anders zu erwarten, hatten wir an dieser Stelle durchaus unterschiedliche Meinungen – wir Piraten lehnen das neue Leistungsschutzrecht für Verlage grundsätzlich ab. Im Hinblick auf das geistige Eigentum, welches der Autor an seinem Werk auch nach der Veröffentlichung haben soll, inklusive des Rechts auf digitalen Kopierschutz, kamen wir nicht recht zusammen.
Große Übereinstimmung fand sich aber bei der grundsätzlichen Feststellung, dass Künstler und Autoren von der kommerziellen Nutzung ihrer Werke profitieren sollen, sowie bei der Stärkung der Rechte von Autoren und Journalisten gegenüber ihren Verlagen, samt des Anspruches auf angemessene Vergütung für ihre Arbeit. Ein weiterer diskutierter Punkt waren die Kosten von Anfragen gemäß dem Informationsfreiheitsgesetz, die manche Redakteure teuer zu stehen gekommen sind. Hier werden Piraten weiter ansetzen.
Ein Vertreter der Intendantin des WDR hat sich vorgestellt, der den Kontakt zur Intendantin darstellen will. Wir haben über die Vermischung von Politik und öffentlich-rechtlichem Rundfunk gesprochen und den Umgang mit Inhalten der Mediathek.
Einbindung der Basis
Wir hatten zwischenzeitlich ein erstes Netzwerktreffen zwischen Basis- und Landtagspiraten im Bereich Wirtschaft und Finanzen: Am 16.10. waren einige Mitglieder des AK Wirtschaft und Finanzen der NRW-Piraten im Landtag zu Gast und haben mit Abgeordneten und Referenten darüber gesprochen, wie man die Basis am besten in die inhaltliche Arbeit im Landtag einbinden kann. Wir haben uns geeinigt, dass wir uns ab jetzt regelmäßig im Landtag treffen wollen – zunächst alle vier Wochen – um wichtige Themen direkt miteinander zu besprechen. Zudem halten unsere Fachreferenten in der Zwischenzeit Kontakt mit den Piraten-Arbeitskreisen, stellen dort vor, woran sie gerade arbeiten und holen sich Feedback und Anregungen für neue Themen. Die Details der weiteren Zusammenarbeit werden wir demnächst gemeinsam erarbeiten.
Kleine Anfragen
Eine Antwort bekam ich zu meiner Anfrage „Verwaiste Werke von in der NS-Diktatur verfolgten und ermordeten Künstlern“, die ich als ausweichend empfinde. Hier werde ich sicher noch mal nachhaken, ich finde es unerträglich, dass man sich vor der Verantwortung drückt.
Einiges Interesse bei lokaler Presse löste die Antwort zur Anfrage „Kosten der Welterbestätte Zeche Zollverein für die öffentliche Hand“ aus. Diese ist umfangreich ausgefallen, auf den ersten Blick fällt auf, dass das Projekt unglaublich teuer ist.
Die Antwort auf meine Frage „Transparenz und demokratische Verfahren bei den Industrie- und Handelskammern“ ist just hereingekommen, und wird kommende Woche veröffentlicht, wir werden das mit einer Pressemitteilung begleiten, und später wird es hier auch Gesetzesinitiativen geben.
Einen offensichtlichen Widerspruch des Finanzministers in der Antwort auf meine kleine Anfrage zur Steuer-CD und eine am Folgetag herausgegebenen Pressemitteilung des Finanzministeriums habe ich in einer kleinen Anfrage thematisiert, eine Antwort steht noch aus.
Alle kleinen Anfragen von mir findet ihr hier:
http://www.daniel-schwerd.de/glaeserner-mdl/kleine-anfragen/