folgende Themen werden im Wirtschaftsausschuss am 02.Juli2013 im Landtag behandelt:
1) Landesmusikakademie Nordrhein-Westfalen, Heek
Gespräch mit Frau Antje Valentin, Direktorin der Landesmusikakademie
2) Kulturelle Bildung allen Kindern und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen ermöglichen – Landesregierung muss halten, was sie verspricht: Kein Kind zurücklassen
Am 7. September 2013 werden wir in Berlin wieder für unsere Bürgerrechte auf die Straße gehen. Das ist aktueller denn je, die Angriffe auf unsere Privatsphäre, unsere Bürgerrechte und unsere Freiheit nehmen zu und werden immer umfassender.
Wir wehren uns gegen die totale Überwachung durch #Prism, #Tempora, #Vorratsdatenspeicherung, gegen Drohnen, Klarnamenspflicht und vieles weitere mehr.
Dagegen tun wir wieder etwas! Es wäre toll, wenn Ihr teilnehmen könnt:
Samstag, 7. September 2013, 13.00 Uhr am Potsdamer Platz Update 21.08: Alexanderplatz!! in Berlin. (Wegen des großen Andrags verlegt zum Alexanderplatz.)
Aber auch im Vorfeld könnt ihr helfen: Mobilisiert über Twitter unter dem Hashtag #fsa13 und #fsa, sagt allen Bescheid, bloggt was das Zeug hält, hängt Plakate auf etc. Es ist wichtig!
Die Telekom hat heute angekündigt, ihre Drosselung ab 2016 nicht ganz so gravierend ausfallen zu lassen wie zunächst gemeldet – so soll es nur auf das Niveau der 90er Jahre gedrosselt werden, nicht direkt zurück in die 80er. Es bleibt aber natürlich dabei, dass es eine Drosselung ist und ein Verstoß gegen das Gebot der Netzneutralität. Dazu habe ich heute die folgende Pressemitteilung veröffentlicht.
Diese Entscheidung ist nichts als Augenwischerei nach der altbekannten Taktik „zwei Schritte vor, einer zurück“. Sie zeigt, dass die Telekom sich des Kerns des Problems nicht im Mindesten annehmen will. Eine Drosselung ist auch dann eine Drosselung, wenn sie nicht ganz so stark abschwächt wie zunächst angekündigt. Es bleibt dabei, dass die Telekom den Anschluss ohne technische Notwendigkeit künstlich kaputt machen will.
Aus Gesichtspunkten des Verbraucherschutzes muss eine Flatrate ungedrosselt sein – alles andere ist ein Volumentarif und damit Verbrauchertäuschung. Nach wie vor ist die angekündigte Drossel unsozial. Sie benachteiligt Familien und Wohngemeinschaften sowie Menschen, die das Internet intensiv für Bildung benötigen, wie Schüler, Lehrer, Studenten oder Auszubildende.
Die Telekom wirft unsere Gesellschaft im Bemühen zu einer Wissens- und Informationsgesellschaft zu werden um Jahre zurück. Die Partizipation an Bildung, Kultur, Politik und Gesellschaft im Internet wird unnötig behindert. Bis zum Jahr 2016 – dem Jahr, in dem die Drosselung greifen soll – wird sich der Bedarf an Information und deren Nutzung mit Sicherheit noch deutlich erhöhen.
Es bleibt beim Verstoß gegen die Netzneutralität. Den eigenen Fernsehdienst „Entertain“ von der Drossel auszunehmen, stellt immer noch eine Benachteiligung anderer TV-Dienstleister dar. Ihn als „Managed Service“ und damit nicht als Bestandteil des normalen Internetanschlusses bezeichnen zu wollen, ist Etikettenschwindel. Dieses Vorgehen benachteiligt insbesondere neue und innovative Unternehmen.
Wir fordern nach wie vor die gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität und den Verzicht der Telekom auf die Drosselungspläne.
Liebe Telekom, die Volumengrenze meines Kontos ist für diesen Monat erreicht. Sie erhalten die Bezahlung Ihrer Leistung jetzt mit gedrosselter Geschwindigkeit…
Mario Sixtus und Alexander Lehmann haben ein tolles Video produziert, welches anschaulich erklärt, wohin die Drosselpläne der Telekom wirklich führen werden. Viel Spaß!
Buch und Stimme: Mario Sixtus
Animation: Alexander Lehmann
Musik: Alexander Blu
Lizenz: CC-BY
Am Donnerstag, den 16. Mai 2013, sprach ich darüber, dass die Netzneutralität gesetzlich verankert und die Drosselung von Netzzugängen verhindert werden muss. Hierzu haben wir einen Antrag eingereicht, und die Regierungsfraktionen haben einen eigenen Antrag eingereicht, der uns aber nicht weit genug geht – daher haben wir dazu wiederrum einen Änderungsantrag eingereicht. Alle diese Anträge wurden in einer gemeinsamen Debatte behandelt, und in die Ausschüsse überwiesen.
Diese Pressemitteilung haben wir dazu rausgegeben:
Schwerd: „Das heutige freie, offene und gleichberechtigte Internet wird von den Drosselungsplänen der Telekom akut bedroht.“
Die Piratenfraktion im Landtag NRW unterstützt die heutige Demonstration gegen die Drosselpläne der Deutschen Telekom AG vor der Lanxess Arena in Köln. Piratenpartei, Chaos Computer Club, der Arbeitskreis „Vorrat“ und die Aktivistengruppe Anonymus sowie viele weitere Organisationen initiierten die Demo anlässlich der Telekom-Hauptversammlung.
Auf www.change.org wurden 185.000 Unterschriften für eine Petition gesammelt, die sich gegen das Vorhaben der Telekomspitze richtet. Heute besteht auf der Hauptver-sammlung die Möglichkeit, dass die Aktionäre sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst werden und den Telekom-Vorstand zum Umlenken bewegen.
Die Telekom-Pläne Volumentarife einzuführen, bei denen bestimmte Dienstleistungen (z. B. Produkte wie Spotify, Entertain) nicht angerechnet werden, sind der Anfang vom Ende der Netzneutralität, sagt Daniel Schwerd, Netz- und Medienpolitischer Sprecher der Piratenfraktion: „Zugang zum Netz und die Gleichstellung aller Datenpakete ist eine Frage der Teilhabegerechtigkeit. Die Nutzung des Internets darf nicht vom Einkommen der Bürger abhängig sein. Bisher ist die Chance auf Innovationen bei Internet-Inhalten, Diensten und Anwendungen deshalb so groß, weil alle User solche Innovationen entwickeln konnten.“
Die Piraten im Landtag NRW haben einen entsprechenden politischen Antrag verfasst, der parallel zur Demo heute im Landtag NRW behandelt und in die zuständigen Ausschüsse zur weiteren Beratung verwiesen wurde. Schwerd: „Die Drosselung zerstört den freien Wettbewerb im Internet, würgt Innovationen ab und benachteiligt Internetnutzer. Durch das Quasi-Monopol der Telekom bei der Netzinfrastruktur und als ehemaliges Staatsunternehmen gewinnen die Drosselungspläne besonderes Gewicht. Wir brauchen sofort eine gesetzliche Regelung zum Schutz der Netzneutralität. Die Freiheit des Internets steht auf dem Spiel. Deswegen fordern wir, die Netzneutralität fest in der Verfassung zu verankern.“
Hintergrundinfos zur Demo
Lanxess Arena, Willy-Brandt-Platz 2, 50679 Köln / Deutz, 16.05.13 / 16.00 Uhr
Das Wortprotokoll zu dieser Rede (Achtung, es gilt das gesprochene Wort):
Daniel Schwerd (PIRATEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrtes Publikum! Liebe Netzbürger! Einen besonderen Gruß möchte ich an die Drosselkom-Demonstranten vor der Telekom-Hauptversammlung richten, die uns in diesem Moment zuschauen, die die Kölner Piraten angemeldet haben.
Achtung!! Achtung!! Es steht nichts weniger als die Freiheit im Internet auf dem Spiel …
Die Freiheit des Internets steht auf dem Spiel. Ein ehemaliger Staatskonzern und aktueller Quasi-Monopolist der Netzinfrastruktur hat sich daran gemacht, das freie, offene und gleichberechtigte Internet, so wie wir das heute kennen, schlichtweg abzuschaffen.
Die gesamte Problematik der Telekom-Drossel lässt sich unter dem Begriff Netzneutralität zusammenfassen. Netzneutralität ist das zentrale Prinzip, nachdem das Internet bislang funktioniert. Alle Datenpakete im Internet sollen gleich behandelt werden.
Das hört sich jetzt nicht so problematisch an? Ich möchte deshalb gern veranschaulichen, was passiert, wenn dieses Prinzip verletzt wird.
Übrigens: Danke an Herrn Vogt für den Vergleich mit der Autobahn. Ich meine, mich dunkel zu erinnern, das in einem Blog eines Fraktionskollegen schon gelesen zu haben. Na ja, ab 1. August kostet es dank des Leistungsschutzrechtes Geld.
Zurück zu dem Beispiel: Stellen Sie sich vor, Ihr Stromversorger schließt einen Vertrag mit RTL II ab. Sie können diesen Sender solange sehen, wie Sie wollen, aber wenn Sie andere Programme sehen wollen oder das öffentlich-rechtliche Programm, dann wird Ihrem TV-Gerät nach 30 Stunden der Strom abgedreht.
Ihr Stromversorger macht den anderen Sendern großzügig ein Angebot, dass diese nicht ablehnen können. Durch Zahlung eines Schutzgeldes können Sie sich ebenfalls von dieser Sperre befreien.
Das klingt absurd? – Genau das sind aber die Pläne der Deutschen Telekom.
Nach dem Verbrauch eines Inklusivvolumens soll der Netzzugang so weit gedrosselt werden, dass er quasi unbenutzbar wird. Denn da sind ganz wesentliche Dienste der Echtzeitkommunikation, des Videos und des Audio Screenings nicht mehr aufrufbar. Selbst das normale Surfen ist so langsam, dass der Seitenaufbau Minuten in Anspruch nimmt. Damit ist der Netzzugang funktional kaputt.
Das Entscheidende ist: Die Telekom möchte bestimmte Dienste von dieser Drosselung ausnehmen, etwa den firmeneigenen TV-Dienst „Entertain“. Wettbewerber schauen in die Röhre, oder sie sind so genannte Partner, haben also Lösegeld an die Telekom gezahlt. Dann sind sie ebenfalls von dieser Drosselung ausgenommen. Die Folgen sind verheerend: Kleine innovative Anbieter, nichtkommerzielle Projekte und private Webseiten haben das Nachsehen und fallen unter die Drosselung.
Finanziell starke Konzerne können sich von dieser Drosselung freikaufen. Das ist der Einstieg in das Zwei-Klassen-Internet. Google, YouTube und Bild online: immer zu empfangen. Abgeordnetenwatch, netzpolitik.org, der Pottblog oder vielleicht auch einfach die Webseite Ihrer Partei bleiben außen vor.
Die Bevorzugung von Diensten kann aber nur mit der Deep Packet Inspection stattfinden. Und das ist ein eklatanter Bruch des Fernmeldegeheimnisses, meine Damen und Herren. Blicken Sie bitte in § 88 Telekommunikationsgesetz.
Zusätzlich plant die Telekom, ihren Kunden einen Aufpreis von 20 € dafür abzunehmen, einen ungedrosselten Zugang zu bekommen. Das ist keine Lösung des Problems, sondern doppelte Abzocke. Zuerst verkauft man den Privatkunden ein Produkt, das faktisch defekt ist, und kassiert gleichzeitig von denjenigen Diensten ab, die sich von dieser Drosselung freikaufen wollen. Dann verlangt man auch noch einen Aufpreis von den Privatkunden, die ein unzensiertes Internet haben wollen. Das ist ungeheuerlich.
Das Argument der Telekom, die Drosselung sei nötig, um den von sogenannten Vielnutzern verursachten Traffic zu bewältigen, ist falsch und vorgeschoben. Tatsächlich sind Backbone-Kapazitäten immer noch im Überfluss vorhanden und machen für die gesamten kalkulierten Kosten eines Internetzugangs nur wenige Cent aus. Es handelt sich vielmehr um den Versuch der Telekom-Chefetage, Netzbürger, also die Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt im Netz haben, als „Vielnutzer“ gegenüber den vermeintlichen „Normalnutzern“ auszuspielen. Das stellt eine öffentliche Diskriminierung dar. Die Spaltung zwischen Digital Natives und Besuchern im Internet wird so von der falschen Seite her geschlossen.
Wir Piraten und die Regierungsfraktionen sind uns einig, dass Netzneutralität gesetzlich festgeschrieben werden muss. Unser Antrag geht jedoch noch über den von Rot-Grün hinaus. Wir haben erstens eine Reihe von technischen Anforderungen formuliert, um eine gesetzliche Festlegung der Netzneutralität bürgerfreundlich und effektiv zu gestalten. Zweitens wollen wir das Recht auf netzneutralen Internetzugang in der Verfassung verankern.
Wir hoffen, unsere Änderungsvorschläge finden Ihre Zustimmung. Es geht um viel: Die Freiheit des Internets steht auf dem Spiel. Für ein echtes Netz! – Herzlichen Dank.
Nachdem das NRW-Innenministerium vor der Abstimmung zur Bestandsdatenauskunft im Bundesrat ein Papier mit Warnhinweisen veröffentlicht hat, haben die Piraten im Landtag NRW protestiert: Die Abgeordneten haben während der Plenarsitzung Plakate ausgerollt, die die Aufschrift „Achtung!!“ trugen.
Das interne Papier des Ministeriums sollte mit aufgebauschten Schreckensszenarien die Bundesratsmitglieder beeinflussen: In mehreren frei erfundenen Horrorszenarien schildert das Ministerium, was passieren könnte, wenn das Gesetz blockiert werden würde. Alle enthaltenen völlig überzogenen Beispiele von Terroristen, über Islamisten bis hin zur Kinderpornographie wurden jeweils mit dem Hinweis „Achtung!!“ eingeleitet.
„Wir fordern Innenminister Jäger auf, seine Beweggründe für diese gezielten Falschinformationen und völlig sinnfreien Beispiele näher zu erläutern. Laut Medienberichten soll er sich bereits für das interne Papier entschuldigt haben – Teile seien „unglücklich“ formuliert worden, heißt es. Um ihm die Möglichkeit zu geben, dies den NRW-Parlamentariern zu erklären, hatten wir eine Änderung der Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung beantragt“, sagt Joachim Paul, Fraktionsvorsitzender der Piratenfraktion im Landtag NRW. „Es ist für uns nicht nachvollziehbar und traurig, dass die anderen Fraktionen den Antrag zur Änderung der Tagesordnung nicht angenommen haben. Wenn Tempolimit-Wahlkampf wichtiger ist, als die Auseinandersetzung mit einer Politik, die auf falscher Panikmache beruht, ist diesem Landtag als Kontrollinstrument der Landesregierung nicht mehr zu helfen.“
Frank Herrmann, Sprecher der Piratenfraktion für Privatsphäre und Datenschutz, ergänzt: „Aus Protest haben wir mit unseren Mitteln auf die unsachgemäße Polemik von Herrn Jäger aufmerksam gemacht. Plakate mit der Aufschrift „Achtung!!“, zahlreiche Hinweise in den heutigen Reden, unzählige Tweets und Videobotschaften – unsere Aussagen erreichen schon die Bürger, auch ohne Debatte im Plenum! Ein polemischer Innenminister muss genauso gestoppt werden, wie die Neureglungen zur Bestandsdatenauskunft. Eine entsprechende Verfassungsklage von zahlreichen Piraten ist in Vorbereitung.“
Wer noch irgendeine Hoffnung in den Parlamentarismus legt, wie ihn die „Altparteien“ betreiben, der möge sich bitte die Debatte zum Leistungsschutzrechtsgesetz ansehen. Da ging es um einen Antrag, sich gegen das Verhalten der Landesregierung zum Bundesrats-Abstimmung des Leistungsschutzrechts auszusprechen, den wir eingereicht haben, nachdem uns die Landesregierung mit unserem Grundantrag über den Tisch gezogen hatte. Ich habe dazu Klartext geredet – sogar von Seiten mancher Abgeordneten der Grünen und der SPD kam unter der Hand Zustimmung.
Dass CDU und FDP pro Leistungsschutzrecht sprechen war zu erwarten, offenbarten sie jedoch ihre Ahnungslosigkeit zum Thema. Die Verrenkungen, die die Sprecher von SPD und den Grünen machen mussten, eine Entscheidung zu verteidigen, die sie selbst nicht mittragen, sind definitiv sehenswert. Alexander Vogt von der SPD musste sichtlich selbst lachen angesichts der Absurdität seiner Argumente – Matthi Bolte war sein körperiches Unwohlsein wegen der Ablenkungsmanöver in seiner Rede anzusehen. Frau Ministerin Schwall-Düren las hölzern vom Blatt ab – sie fühlte sich offensichtlich ebenfalls nicht wohl in ihrer Haut.
Wenn Ihr die halbe Stunde Zeit erübrigen könnt, tut das, es ist sehenswert.
Interessant ist auch das Abstimmungsverhalten. SPD und Grüne haben Einzelabstimmung der Beschlusspunkte beantragt. So kam es, dass unser Antrag in Teilen angenommen wurde (in seiner Gänze dann aber wieder abgelehnt).
Die drei Beschlussaussagen lauteten:
– Der Landtag lehnt das Leitungsschutzrecht für Presseverlage ab
wurde mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, GRÜNEN und PIRATEN gegen die Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP angenommen;
– Der Landtag kritisiert das Verhalten der Landesregierung in der 908. Sitzung des Bundesrats am 22. März 2013, bei der sie ein handwerklich mangelhaftes und unnützes Gesetz, das schädlich für die Meinungs- und Informationsfreiheit ist, entgegen der eigenen Überzeugungen durchgewunken hat. Die Landesregierung beschädigt mit ihrem Verhalten nicht nur ihre eigene politische Glaubwürdigkeit, sondern auch die Position der Abgeordneten des Landtags NRW
wurde abgelehnt, SPD, CDU, GRÜNE und FDP stimmten geschlossen dagegen;
– Der Landtag fordert die Landesregierung auf, in Zukunft Absichtserklärungen und tatsächliches Handeln miteinander in Einklang zu bringen, zu den eigenen Überzeugungen zu stehen und diese in politisches Handeln umzusetzen
wurde ebenfalls abgelehnt, mit der Mehrheit von SPD und GRÜNEN. Neben uns Piraten stimmten auch CDU und FDP für diesen Punkt. Man könnte sagen, die Regierungsfraktionen haben ihrer Regierung einen Freifahrtsschein ausgestellt, in Zukunft die eigenen Überzeugungen vernachlässigen zu können, sowie die eigenen Absichtserklärungen dann im Handeln zu missachten.
Der Gesamtantrag wurde dann allerdings wieder abgelehnt, mit den Stimmen aller Fraktionen ausser den Piraten.
Die Abstimmung ist durchwachsen verlaufen, die Regierungsfraktionen liessen unseren Antrag in drei Teilen abstimmen.
Folgende Pressemitteilung haben wir dazu rausgegeben:
Piraten-Antrag gegen Leitungsschutzrecht teilweise erfolgreich
Die Piratenfraktion hat sich im Plenum des Landtags NRW erneut gegen das neue Leistungsschutzrecht für Presseverleger ausgesprochen und das Verhalten der NRW-Landesregierung scharf kritisiert. „Es ist traurig, dass unser erneuter Antrag überhaupt notwendig ist“, sagt Daniel Schwerd, Netz- und Medienpolitischer Sprecher der Piratenfraktion. „Ministerin Schwall-Düren hat im Kultur- und Medienausschuss erklärt, sie werde im Sinne des Piraten-Antrags alle Möglichkeiten im Bundesrat ausloten, um das Leistungsschutzrecht für Presseverlage zu stoppen.“ In der entscheidenden Abstimmung im Bundesrat ließ die NRW-Landesregierung das Gesetz jedoch einfach passieren.
„Die Ministerin sagt A und tut B. Für uns ist klar, dass es sich hierbei um ein Wahlkampfmanöver handelt: Offensichtlich hatte man in der rot-grünen Landesregierung Angst, sich im Bundestagswahlkampf mit den mächtigen Presseverlagen in NRW anzulegen“, vermutet Schwerd. „Die Ministerin hat die Parlamentarier im Ausschuss auf eine falsche Fährte geführt, um zu verhindern, dass der Landtag die Regierung mit einem klaren Auftrag in die Bundesratssitzung zum Leistungsschutzrecht schickt. Aber wir bleiben dabei: Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage dient nicht der Vielfalt oder Qualität von journalistischen Angeboten, es schränkt die Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet unzulässig ein. Wir lehnen das Gesetz weiterhin ab und setzen uns dafür ein, das Leistungsschutzrecht für Presseverlage wieder abzuschaffen.“
Das Plenum hat den Antrag der Piratenfraktion teilweise angenommen. Damit hat es beschlossen, dass der Landtag NRW das Leitungsschutzrecht für Presseverlage ablehnt.
Das Wortprotokoll zu dieser Rede (Achtung, es gilt das gesprochene Wort):
Daniel Schwerd (PIRATEN): Herr Präsident, vielen Dank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Liebe Leistungsschützer und Leistungsbeschützte!
CDU und FDP haben am 1. März 2013 mit ihrer Mehrheit im Bundestag ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage eingeführt. Dieses Leistungsschutzrecht ist handwerklich schlecht gemacht und schädlich für die Meinungsfreiheit.
(Beifall von den PIRATEN)
Wir Piraten haben daher schon vor Wochen einen Antrag eingebracht, in dem wir die Landesregierung auffordern, das Gesetz im Bundesrat zu stoppen. Sie, Frau Dr. Schwall-Düren, sagten in unserer Sitzung des Ausschusses für Kultur und Medien am 14. März wörtlich – ich zitiere –:
„Die Landesregierung lehnt das Leistungsschutzrecht so, wie es der Bundestag am 1. März beschlossen hat, ab. Mit dieser Ablehnung stehen wir an der Seite der uns tragenden Koalitionsfraktionen, aber auch an der Seite der Piraten.“
Und weiter:
„Das Gesetz, wie es im Bundesrat vorliegt, ist handwerklich mangelhaft. Es vernachlässigt die legitimen Interessen zu vieler Beteiligter und leistet keinen erkennbaren Beitrag zur publizistischen Vielfalt im Netz.“
Und dann sagten Sie noch:
„Die Landesregierung wird im Bundesrat mit den anderen Ländern alle Möglichkeiten ausloten, um ein besseres Ergebnis zu erzielen.“
Ich glaube, Piraten, die Fraktion der SPD, die Fraktion der Grünen und die Landesregierung sind sich im Ausschuss für Kultur und Medien selten so einig gewesen wie bei der Diskussion um das Leistungsschutzrecht für Presseverlage.
(Beifall von den PIRATEN)
Sowohl der Kollege Alexander Vogt von der SPD als auch der Kollege Matthi Bolte von den Grünen werden sich erinnern, wie froh wir alle über die Haltung der Landesregierung waren. Herr Vogt begrüßte die eindeutige Positionierung der Landesregierung. Auch Herr Bolte war dankbar dafür, dass sich die Landesregierung im Bundesrat gegen dieses Gesetz stellen wollte. Hören Sie sich noch einmal den Audiomitschnitt der Ausschusssitzung an!
Wir Piraten haben offenbar einen Fehler gemacht. Wir glaubten, dass bei der Regierungspolitik hier im Land Sachorientierung und Vernunft Vorrang hätten. Doch offensichtlich gibt es hier im Landtag stattdessen nur eine Prämisse, die lautet: Wahlkampftaktik!
(Beifall von den PIRATEN)
Wenn die Landesregierung ankündigt, alle Möglichkeiten zu ergreifen, das sinnlose Leistungsschutzrecht zu stoppen, dann erwarten wir, dass die Landesregierung tatsächlich alle Möglichkeiten ergreift, dieses sinnlose Leistungsschutzrecht zu stoppen.
(Beifall von den PIRATEN)
Nur aus diesem Grund waren wir damit einverstanden, vor der entscheidenden Bundesratssitzung auf ein Votum zu verzichten und stattdessen einer Sachverständigenanhörung zuzustimmen. Entsprechend perplex waren wir, als wir kurz vor der entscheidenden Bundesratssitzung die ersten Berichte hörten, dass die Landesregierung im Bundesrat nun doch nicht für die Einberufung eines Vermittlungsausschusses stimmt. Genau diese Einberufung wäre aber das Mittel der Wahl gewesen, um tatsächlich alle Möglichkeiten für ein besseres Ergebnis im Bundesrat auszuloten.
(Beifall von den PIRATEN)
Stattdessen hat der Bundesrat, in dem Rot-Grün die Mehrheit hat, eine windelweiche Entschließung gefasst, in der die neue Bundesregierung dazu aufgefordert wird, ein neues Leistungsschutzrecht für Presseverlage zu erarbeiten. Da kann ich mir nur an den Kopf fassen: Welche neue Bundesregierung denn?
Frau Dr. Schwall-Düren, glauben Sie etwa, ein schlechtes Gesetz ist besser als gar kein Gesetz? Oder haben Sie kurzfristig von Ihrem Kanzlerkandidaten, dem Herrn Steinbrück, eine neue Marschrichtung vorgegeben bekommen? Könnte es sein, dass Sie sich gerade hier in NRW so kurz vor der Bundestagswahl nicht mit den großen Presseverlagen anlegen wollten?
Frau Ministerin, ich muss feststellen: Sie haben uns veräppelt! Sie haben den Ausschuss und uns Parlamentarier auf eine falsche Fährte geführt. Aber zu welchem Preis? – Sie haben im Bundesrat ein handwerklich mangelhaftes und schädliches Gesetz abgenickt, obwohl Sie wenige Tage vorher signalisierten, das Leistungsschutzrecht aufhalten zu wollen. Sie sind dafür verantwortlich, dass wir in Deutschland ein schlechtes und ungerechtes Gesetz mehr haben.
(Beifall von den PIRATEN)
Ich fasse zusammen: Wir Piraten kritisieren das Verhalten der nordrhein-westfälischen Landesregierung in der 908. Sitzung des Bundesrates scharf. Sie haben mit Ihrem Verhalten die Position dieses Parlamentes geschwächt und unser aller politische Glaubwürdigkeit beschädigt.
Nordrhein-Westfalen lehnt das Leistungsschutzrecht für Presseverlage ab. Nur sind Sie als Landesregierung offenbar zu ängstlich, auch im Bundesrat so zu handeln. Sie sind politisch unglaubwürdig.
(Beifall von den PIRATEN)
Sie sollten sich überlegen, wieso draußen auf der Straße niemand mehr Politikern traut. Wegen solcher politischer Winkelspielchen, weil Sie heute A sagen und morgen B tun! Jedenfalls kann ich dieser Landesregierung nicht mehr glauben. – Vielen Dank!
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Für die SPD-Fraktion spricht als nächster Redner Herr Kollege Vogt.
Bestandsdatenauskunft nennen sie es. Das klingt harmlos, fast lieblich. Das klingt nach der freundlichen Dame von der Auskunft, die Dir weiterhilft, wenn Du mal nicht weiterweißt. Bestandsdaten, das klingt nach harmlosen Informationen, die ohnehin öffentlich sind.
Das ist natürlich Absicht. Das soll verharmlosen, was es wirklich ist: Ein Frontalangriff auf unsere Privatsphäre, auf den Datenschutz und unsere Meinungsfreiheit. Es ist ein feuchter Traum von Sicherheitspolitikern und Terrorparanoikern. Ausgedacht in der Hölle der Überwachungsindustrie. Einen großen Schritt weiter zum transparenten Bürger, zum Schüffelstaat.
Eigentlich müsste es so heißen: Überwachungsschnittstelle.
Denn es ist eben keine Auskunft, sondern eine Schnittstelle, auf die diverse Behörden einfach so zugreifen können, ohne dass eine Kontrolle, eine Schranke vorgesehen ist. Es können Behörden wie Bundesnachrichtendienst, Bundeskriminalamt, Militärischer Abschirmdienst, Verfassungsschutz, Polizei und Zollfahndung ungehemmt Daten abfragen – ohne dass die Betroffenen davon erfahren,
ohne dass ein schwerer Verdacht vorliegen muss, meist ohne Richtervorbehalt und ohne dass ein Mensch davon etwas mitbekommt.
Es reicht schon eine Ordnungswidrigkeit als Begründung, ein geringster Verdacht – einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein, und Du wirst durchleuchtet. Das macht jeden Bürger zum Generalverdächtigen, das stellt die Unschuldsvermutung auf den Kopf.
Eine automatisierte Schnittstelle wird zur Verfügung gestellt – zusammen mit den vielen anderen verknüpften Datenbanken ist die Analyse von Menschen demnächst auf Knopfdruck möglich.
Das INDECT-Projekt zur automatischen Überwachung von Menschen in der Öffentlichkeit bekommt hiermit eine neue Bedeutung. INDECT angeschlossen an die automatisierte Bestandsdatenauskunft führt zu einer ganz neuen Dimension von Überwachung, die sich George Orwell nicht schlimmer hätte ausdenken können. Wer sich in der Öffentlichkeit auffällig im Sinne der INDECT-Parameter bewegt, löst damit den Verdacht automatisch aus, der den Zugriff auf seine digitale Privatsphäre rechtfertigt – wiederrum vollautomatisch.
Und welche Daten da abgefragt werden dürfen hat es in sich. Neben den üblichen Adressdaten, Geburtsdatum, Telefonnummern, Bankkonten auch die PIN Deines Mobiltelefons und die Passwörter von Emailaccounts oder sozialen Netzwerken wie Xing, Facebook, Twitter oder Google.
Wer kommt auf die dämliche Idee, Passwörter herausgeben zu müssen? Passwörter müssen aus Sicherheitsgründen verschlüsselt gespeichert werden. Eine Herausgabe von Passwörtern erfordert aber die Speicherung im Klartext. Damit explodiert das Risiko bei Angriffen von aussen, dass Passwörter von Hackern gelesen werden können. Ein datenschutztechnischer Alptraum.
Auch Passwörter zu Cloud-Diensten können einfach abgefragt werden. Damit ist der Zugriff auf alle Dokumente möglich, die da gesichert sind, egal ob privat oder nicht.
Nutzer von IP-Adressen müssen ebenfalls herausgegeben werden. So ist es in Zukunft automatisch möglich, deine digitale Spur im Internet zu verfolgen und einen Zugriff im Web Dir zuzuordnen.
Ein Richtervorbehalt ist nicht vorgesehen. Eine digitale Privatsphäre gibt es dann nicht mehr.
Das gilt übrigens auch für Telefonnummern: Es kann vollautomatisch jeder identifiziert werden, der irgendwo anruft oder irgendeine Webseite aufruft. Das ist der Todesstoß der Meinungsfreiheit, wenn man sich nicht mehr informieren und äußern kann, ohne sofort automatisch identifiziert zu werden.
So kann dann die jeweilige Behörde dein gesamtes digitales Leben ausschnüffeln: deine Emails, deine Direktnachrichten bei Twitter und Facebook, deine in der Cloud gespeicherten Dokumente, deine SMS auf deinem Telefon, deine gesamte digitale Kommunikation. Und das Ganze ohne dass Du es merkst, ohne dass Du etwas Schlimmes angestellt haben musst.
Damit können Plattfüße und Schlapphüte ihre schmierigen Finger in deine Privatsphäre stecken, so tief in dein digitales Leben wie noch nie zuvor, und so einfach wie nie zuvor. Das ist ungeheuerlich.
Der Verfassungsschutz kann auf die Daten ohne Angabe eines Grundes zugreifen. Wie kann man nur auf die bescheuerte Idee kommen, dem Verfassungsschutz ebenfalls Zugriff zu geben – der Behörde, die in der NSU-Affäre so grandios versagt hat? Warum soll man den Leuten vertrauen, die mit ihrem V-Mann-Geld die rechte Szene finanziert haben? Warum vertraut man einer Behörde, die durch ihre Verstrickungen den Tod vieler Menschen nicht verhindert hat? Das ist absurd. Der Verfassungsschutz unterliegt überhaupt keiner effektiven Kontrolle. Dem Verfassungsschutz soll man nicht noch mehr Rechte geben – den Verfassungsschutz müsste man auflösen!
Und wo wir bei der Verfassung sind: Dieses Gesetz ist verfassungswidrig! Das Bundesverfassungsgericht verlangt, dass Eingriffe in die Telekommunikation dieser Art auf Einzelfälle beschränkt sein sollen. Es muss eine konkrete Gefahr vorliegen. Und es muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.
Darum kümmert der Gesetzgeber sich einen Dreck. Diese Schnittstelle wird massenhaft benutzt werden, bei kleinsten Anlässen und Verdachten. Verhältnismässigkeit? My ass!
Das sogenannte Bestandsdatenauskunftsgesetz wurde im Deutschen Bundestag am 21.03 beschlossen. Die Debatte fand wieder spät in der Nacht statt, nur eine halbe Stunde Zeit nahm man sich dafür, und wieder waren nur wenige Abgeordnete anwesend. Man erinnert sich, das katastrophale Meldegesetz wurde unter ähnlichen Umständen durchgewunken. So wenig Zeit, so wenig Aufmerksamkeit widmet der Bundestag unseren Grundrechten.
Sie opfern unsere Privatsphäre ihrem Sicherheitswahn. Dabei weiß jeder: Freiheit stirbt mit Sicherheit. Freiheit schützt man nicht, indem man sie abschafft.
Wir appellieren an jeden redlichen Politiker: Verhindern sie dieses Gesetz! Widersprechen sie im Bundesrat! Stoppen sie den Ausverkauf unserer Grundrechte!
Wir fordern: Legen Sie diese Überwachungsschnittstelle schnell wieder ad acta. Weg mit der Bestandsdatenauskunft! Weg mit der automatisierten Überwachung! Für ein Recht auf Privatsphäre und Anonymität! Für Freiheit statt Angst!