Der Jugend-Landtag 2016

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Über zweieinhalb Jahre diskutierte eine Landtagskommission unter anderem über die Frage, ob Jugendliche in Nordrhein-Westfalen zukünftig bereits ab 16 Jahren bei Landtagswahlen wählen dürfen. Diese Kommission, besetzt mit Vertretern aller Fraktionen des Landtags, sagte leider: Nein.

Der diesjährige Jugend-Landtag zeigte einmal mehr, weshalb dies eine kolossale Fehlentscheidung ist. Vom 23.-25. Juni öffnete der Landtag seine Pforten und ließ die Jugendlichen an die Macht. Bei diesem Planspiel übernehmen 236 Jugendliche – im Alter von 16-20 Jahren – die Rollen der Abgeordneten. Erst wählten sie Fraktionsvorsitzende, dann Vorsitzende der Fachausschüsse und beschäftigten sich dann mit verschiedenen Themenstellungen. Dazu hörten sich Experten an, gaben eine Pressekonferenz und fanden sich am Samstag zur abschließenden Plenarsitzung ein, deren Entscheidungen zur Anregung für unsere Arbeit genommen werden. Dabei sind die Jugendlichen vielfach progressiver und fortschrittlicher, als es die Abgeordneten sind, befassen sie sich doch zum Beispiel mit dem Wahlrecht, dem Bedingungslosen Grundeinkommen, Kennzeichnungspflicht von Polizisten oder einem gesellschaftswissenschaftlichen Abitur.

Mit dabei war die frisch gebackene Abiturientin Melissa Arweiler, die meine ‚Stellvertretung‘ im Parlament übernahm. Melissa berichtete im Nachgang zu der Veranstaltung von drei intensiven Tagen, welche sie am parlamentarischen Leben eines Abgeordneten schnuppern ließen und sie in ihrem Willen, sich politisch zu engagieren, bekräftigen. Das finde ich toll! Ich bedanke mich bei Melissa für ihr Engagement und wünsche ihr viel Erfolg bei dem Studium der Rechtswissenschaften, welches sie in Kürze beginnt.

Melissa Arweiler
Melissa Arweiler

Der Jugend-Landtag ist eine dreitägige Veranstaltung mit Übernachtung in der Jugendherberge auf der gegenüberliegenden Rheinseite und Verpflegung im Landtagsrestaurant, und findet jedes Jahr statt. Sämtliche Kosten werden vom Landtag übernommen.

Die Beschlüsse des Jugendlandtags.

Global Marijuana March 2016 in Düsseldorf: Zeiten ändern sich!

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Mittlerweile findet er jährlich in hunderten Städten weltweit, und dutzenden Städten in Deutschland statt: Der Global Marijuana March. Es geht dabei um die Entkriminalisierung und Legalisierung von Cananbis: Seine vielfältigen Möglichkeiten als Arznei sollen nutzbar sein, und der Gebrauch als Genuss- und Rauschmittel soll realistisch anhand seines tatsächlichen Schadenpotential bewertet werden – dazu muss die Drogenpolitik neu gestaltet werden. Die Veranstaltung wird vom Deutschen Hanfverband organisiert und gestaltet, DIE LINKEN sind Mitunterstützer, DIE LINKE Düsseldorf hatte einen Stand aufgebaut.

An Samstag, den 14. Mai 2016 fand der diesjährige Global Marijuana March in Düsseldorf statt. Auf dieser Veranstaltung habe ich die folgende Rede gehalten:

(es gilt das gesprochene Wort)

Liebe Patientinnen und Patienten, liebe Genussfreundinnen und –Freunde,

Cannabis ist verboten. Obwohl es keine Todesfälle gibt, obwohl kein nachweisbarer, nennenswerter volkswirtschaftlicher Schaden durch die Nutzung entsteht, obwohl Risiken und Wirkungseise sehr gut erforscht sind, obwohl es viele nützliche Anwendungs-gebiete gibt. Cannabis ist verboten, während andere Substanzen oder Tätigkeiten mit viel größerem Risiko, mit viel größerem Schadenspotential erlaubt sind und legal praktiziert werden. Warum ist das so? Wie kommt es zu dieser irrationalen Entscheidung?

Es gibt viele Stimmen, die die Legalisierung von Cannabis fordern. Das sind Fachleute, das geht von Richtern, Polizisten über Ärzte und Wissenschaftler. Es gibt so viele Argumente, warum dieses Verbot aufgehoben werden muss. Dennoch passiert das nicht. Warum ist das so?

Gegen diese Irrationalität ist schwer anzukommen. Haben wir es hier möglicherweise mit Moralvorstellungen des vorvorigen Jahrhunderts zu tun? Anstrengungslose Freude war bekanntlich im gottesfürchtigen Volk verpönt. Die anregende Wirkung war der Obrigkeit suspekt. Doch warum ist es heute immer noch so?

Ich habe eine möglichen Grund dafür: Wir haben es hier mit Politik der Mitte zu tun. Die Beharrungskräfte sind extrem. Kontroverse Fragestellungen packt man bei den etablierten Parteien lieber nicht an, sondern beschränkt sich auf populäre Themen, in denen man billigen Erfolg und schnelle Popularität gewinnen kann. Lieber lässt man alles so wie es war, bevor man auch nur einen potentiellen Wähler verschreckt. Es ist genau diese Feigheit, die den Fortschritt und die Freiheit behindern!

Die vorgesehenen Erleichterungen für medizinisches Cannabis sind ein winziger, ganz zögerlicher Schritt in die richtige Richtung. Aber warum sind darin immer noch so gravierende, so irrationale Einschränkungen enthalten?
Patienten müssen nämlich erst mal ein ganzes Jahr krank sein, bevor sie Cannabis nehmen dürfen. Dafür gibt es nicht einen objektiven Grund. Ist es etwa in Ordnung, jemandem ein Jahr lang schmerzlindernde Medizin zu verweigern? Ist das OK, einem Patienten ein Jahr eine Behandlung vorzuenthalten, die ihm vielleicht hilft? Für mich ist das vorsätzliche Körperverletzung!

Außerdem, so fordert das die neue Regelung, müssen alle anderen Behandlungsmöglichkeiten vorher ausgeschöpft und erfolglos sein, bevor Cannabis ausprobiert werden darf. Auch das ist total irrational: Mit den härtesten Psychopharmaka, mit den stärksten Opiaten muss man sich also behandeln lassen, bevor man das vielleicht wirksamere, aber sehr viel mildere Cannabis verwenden kann. Das ist doch idiotisch!

Cannabis ist ein medizinisch wirksames Mittel. Kein Stoff ist per se gut oder böse. Cannabis hat Wirkungen und Nebenwirkungen. Es hat Chancen, es hat Risiken, so wie jedes andere Mittel. Ich fordere, dass man seinen Einsatz alleine daran misst, wie das Verhältnis von Wirkungen zu Nebenwirkungen, von Nutzen zu Schaden ist! Daran muss man es messen, und nicht an Moralvorstellungen von vorgestern! Wir fordern einen wissenschaftlichen Umgang mit dem Stoff Cannabis, weg mit Tabus und Stigmatisierung!

Aber gehen wir mal ab von der Medizin Cannabis, hin zum Rausch- und Genussmittel Cannabis. Hier bleibt es beim Verbot. Die Einteilung in verbotene und legale Rausch- und Genussmittel ist aber genauso irrational und nicht nachvollziehbar. Sie orientiert sich nämlich weder an der Gefährlichkeit der Stoffe noch an deren Schadenspotential.

Legale Suchtmittel hingegen werden oft verharmlost und sind gesellschaftlich akzeptiert. Ich frage: Wieviele Tote gibt es jedes Jahr durch Alkohol? Welchen volkswirtschaftlichen Schaden richten Unfälle bei Extremsportarten an, wo es um den Adrenalinkick geht? Wie sieht es mit Abhängigkeit von Medikamenten, von Tabak aus? Wie ist es mit Spielsucht? Keiner kann schlüssig erklären, warum das eine Verhalten legal, das andere aber verboten sein soll.

Natürlich gibt es Menschen, die sind suchtgefährdet. Für die kann der Konsum von Cannabis gefährlich werden. Genauso wie bei allen anderen legalen oder illegalen Drogen. Doch auch hier muss endlich Schluss sein mit der Kriminalisierung. Man kann kranke Menschen nicht mit Gesetzen behandeln! Verbote und Gefängnis heilen keine Abhängigen! Wir brauchen stattdessen eine Entkriminalisierung des Konsums, sowie eine effektive Hilfe für Süchtige und Kranke. Statt Strafverfolgung und Gefängnis brauchen wir Therapieplätze!

Der Zugang dazu muss niedrigschwellig sein, sie müssen in ausreichender Zahl und Qualität vorhanden sein! Und wenn einer fragt, woher man die Mittel dafür nehmen soll – dann soll er das doch einfach von der Strafverfolgung nehmen – dafür ist nämlich genug Geld da. Im Drogenbereich gibt Deutschland nämlich 84% der Mittel für die Strafverfolgung aus. Nicht mal ein Euro von sechs fließt in Prävention und Hilfe. Das ist doch blanker Irrsinn!

Wir brauchen kontrollierte, legale Angebote, bei denen Konsumenten eine garantierte, sichere Qualität der Stoffe erhalten. Wer auf dem Schwarzmarkt kaufen muss, lebt – neben der Illegalität – auch noch in der ständigen Gefahr, vergiftet oder überdosiert zu werden. Die Beschaffungskriminalität würde enden. So wie es jetzt ist, wird die organisierte Kriminalität dadurch direkt subventioniert. Das kann doch nicht so bleiben!

Ich finde, gesunde, erwachsene, verantwortungsbewusste Menschen haben ein Recht auf Rausch. Man hat das Recht, mal etwas Unvernünftiges zu machen, etwas, was gegen hergebrachte gesellschaftliche Konventionen steht, solange man damit niemand anderes einschränkt oder gefährdet: das ist nämlich Freiheit! Und um ein Stück Freiheit geht es hier heute.

Wir fordern: Gebt das Hanf frei! Zeiten ändern sich! Weg mit den alten Dogmen, für eine neue Drogenpolitik!

Vielen Dank.

Pressemitteilung des Kölner Bündnis NO-TTIP

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Pressemitteilung zum ersten paneuropäischen Treffen von ca. 60 Städten aus 9 Ländern gegen CETA & TTIP & TiSA und für Solidarität, Respekt und Freiheit vom 21. bis 22. April 2016 in Barcelona unter der Teilnahme der Stadt Köln

Auf dem ersten „Pan-European Meeting of Local Authorities and the New Generation of Free Trade Agreements“, haben sich über 60 Städte aus 9 Ländern für eine gemeinsame Erklärung, gegen CETA (Handelsabkommen zwischen EU und Kanada) & TTIP (Handelsabkommen zischen EU & USA) & TiSA (Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen) ausgesprochen. Unter den Teilnehmern dieses Netzwerktreffen war auch Herr Frieder Wolf, Leiter – Internationale Angelegenheiten im Amt der Oberbürgermeisterin der Stadt Köln und hat dort Frau Oberbürgermeisterin Reker vertreten.

Die teilnehmenden Bürgermeister und deren anwesende Vertreter sehen Europa an einem Scheideweg. Die Krisen, die die EU gerade erlebt, erfordern eine politische Lösung. Daher sind Sie der Meinung, dass Europa zentrale Werte wie Solidarität, die Achtung von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in den Mittelpunkt seiner Politik stellen muss. Sie zweifeln an, dass diese neue Generation von Handelsabkommen für die Gesellschaft als Ganzes von Nutzen ist. Und heben hervor, dass Europa seine Wirtschaft nicht auf Freihandel aufbauen darf, sondern soziale und ökologische Rechte, ebenso wie Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern stärken muss.

Sie fordern das europäische Parlament und den europäischen Rat auf TTIP und TiSA solange auszusetzen bis ein neues Mandat unter Berücksichtigung der erhobenen Forderungen vorliegt. Für das bereits fertig ausverhandelte Freihandelsabkommen CETA fordern sie einen sofortigen Stopp. CETA, das noch gefährlicher als TTIP ist, darf ihres Erachtens nicht unterschrieben werden.

Allein in Europa wurden bereits in über 1.600 Städten von deren obersten Gremien wie dem Rat oder der Bürgerschaft Resolutionen gegen CETA & TTIP & TiSA verabschiedet von Edinburgh über Glasgow, Oxford und Cambridge, Cork, Clare Country, Amsterdam, Bruxelles, Paris, Strasbourg, Lyon, Lübeck, Bremen, Köln, Leipzig, München, Wien, Bregenz, Linz, Milano, Roma, Firenze, Siena, Corfu, Egaleo, Barcelona, Madrid, Valencia, Évora um nur einige beispielhaft zu nennen. Zu den 1.600 kritischen europäischen Städten kommen noch die in den USA und Kanada CETA & CO kritischen Städte hinzu, wie z.B. New York City, Miami, Pittsburgh, San Francisco, Berkeley, Seattle, City of Toronto, Montreal, Ottawa, Victoria.

Mit jeder Woche wächst diese internationale Liste der Städte mit Resolutionen gegen CETA & TTIP & TiSA.

Für das baldige Folgetreffen haben sich mit Grenoble und Brüssel gleich zwei teilnehmende Städte beworben. Bis zum nächsten Treffen will man möglichst viele Städte als Mitunterzeichner und Mitglied dieses internationalen Bündnis der Kommunen für den Erhalt der demokratischen Strukturen und dem Erhalt und der Weiterentwicklung sozialer und ökologischer Standards gewinnen. Die vom Rat der Stadt Köln im März 2015 verabschiedet Resolution gegen CETA & CO ist für die Stadt Köln die Grundlage eine solche Resolution mit zu unterzeichnen und sich in diesem internationalen Städtenetzwerk zu engagieren, zum Wohle seiner Bürger und der vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in der Wirtschaftsregion Köln. Die KMUs bilden ca. 95 % der Unternehmen im Wirtschaftsraum Köln ab, stellen die meisten Arbeitsplätze und sind fast die einzigen die die wichtigste Einnahmequelle der Stadt, die Gewerbesteuer leisten. Laut ihren Vertretern, der KMU – Bewegung und dem Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft sehen sie sich durch die neuen Freihandelsabkommen, wie CETA in ihrer Existenz bedroht.

Aber auch in der Bevölkerung gibt es keine Mehrheit für diese neue Form der Freihandelsverträge. Dies machen 2,5 Mio. Unterschriften für die europäische Bürgerinitiative gegen CETA & TTIP & CO deutlich und 50 tausend Mitkläger für die eingereichte Verfassungsklage gegen CETA, 250 tausend Besucher bei der Demo im letzten Oktober in Berlin und die spontanen 90 Teilnehmer an der Kundgebung an diesem Wochenende in Hannover. Eine Allianz aus Deutschen Richterbund und weiteren Juristenvereinigungen sprechen sich ebenso wie viele andere zivile Nichtregierungsorganisationen, wie Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände und Bistümer hiergegen aus. In NRW und in Bayern sind Bündnisse in Gründung, die sich z. B. für ein Volksbegehren zum Stopp von CETA einsetzen.

Angelika Link-Wilden Norbert Baumgarten
Bündnis NO TTIP Köln Bündnis NO TTIP Köln


Auf der Webseite http://no-ttip-koeln.de/ finden Sie weitere Informationen des Kölner Bündnis und unter http://www.ttip-free-zones.eu finden Sie Informationen zum europäischen Netzwerktreffen und der verabschiedeten Resolution. Unter den nachfolgenden beiden Links finden Sie die Landkarten mit den Verzeichnissen der Städte mit Freihandelskritischen Resolutionen.
http://www.attac.de/kampagnen/freihandelsfalle-ttip/aktionen/ttip-in-kommunen/
http://www.attac.de/kampagnen/freihandelsfalle-ttip/aktionen/ttip-in-kommunen/international/

Für Rückfragen und Interviews:
• Norbert Baumgarten, Das Kölner Bündnis NO-TTIP, Tel. 0160/66 57 010
• Angelika Link-Wilden, Das Kölner Bündnis NO-TTIP, Tel. 0172/60 29 843

Fortschritt ist die Verwirklichung von Utopien

WirmachenDruck

„Eine Weltkarte, in der das Land Utopia nicht verzeichnet ist, verdient keine Beachtung, denn sie lässt die Küste aus, wo die Menschheit ewig landen wird. Und wenn die Menschheit da angelangt ist, hält sie Ausschau nach einem besseren Land und setzt ihre Segel dahin. Fortschritt ist die Verwirklichung von Utopien.“
Oscar Wilde: Der Sozialismus und die Seele des Menschen

Liebe Blogleserinnen und Blogleser,

ich bin heute im Rahmen einer kleinen Zeremonie in DIE LINKE NRW eingetreten. Das kommt vermutlich nicht so ganz überraschend – in „Aufbruch in Fahrtrichtung Links“ hatte ich die Unterstützung für DIE LINKE schon angekündigt gehabt. Im Rahmen einer Pressekonferenz habe ich heute im Beisein der beiden LandessprecherInnen Özlem Demirel und Ralf Michalowsky meinen Mitgliedsantrag unterschrieben und anschließend einige Fragen der Pressevertreter beantwortet.

Programmatisch ist DIE LINKE meinen Vorstellungen eines Internet der Teilhabe, mit freiem Zugang zu Wissen, Bildung und Information, offenen Formaten, Anwendungen und Standards, demokratisch selbstverwalteten Netzen, dem Recht auf Privatsphäre und Freiheit vor Überwachung einfach am Nähesten. Bei DIE LINKE weiß ich, dass auch die gesamte Gesellschaftspolitik zu diesen Vorstellungen passt, und man sich den neuen sozialen Fragen, die das Internet in seinen Einwirkungen auf die Gesellschaft aufwirft, stellen wird. Nicht nur dass ein faires Internet eine faire Gesellschaft braucht, es bietet sich genau jetzt die Möglichkeit, mit dem Internet die Gesellschaft etwas fairer zu machen, wenn man die Kräfte bündelt. Teilhabe am Netz bedeutet eben auch, die sozialen und finanziellen Hindernisse an der Teilhabe beiseitezuräumen.

Das möchte ich gerne in Zukunft gemeinsam mit DIE LINKE Nordrhein-Westfalen machen, ich freue mich sehr über die vielen freundlichen Willkommensgrüße und all die guten Wünsche. Ich bin mir ganz sicher, dass das eine gute Sache wird.

Und allen anderen Ex-Piraten möchte ich zurufen, nicht aufzugeben, sondern in linken Zusammenhängen weiter Politik zu machen. Nichts zu tun ist keine Option. Wer mit uns in Zukunft gemeinsam wirken möchte, ist herzlich willkommen. Vielen Dank!

Buchvorstellung „Politik aus Notwehr“

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Ein rasanter Aufstieg und ein genauso rasender Zusammenbruch: Die Piratenpartei. Ich schreibe aus sechs Jahren Parteizugehörigkeit über Erfolge, doch auch über die Gründe für das Scheitern – und welche Lehren man aus diesem Experiment ziehen kann. Es geht um politische Mechanismen einer Partei, um komische und traurige Vorkommnisse, flüssige Demokratie, Zombie-Bügeleisen, Netzpolitik, Schwammintelligenz und Lernen durch Schmerz – nur eben ohne Lernen. (Taschenbuch, ca. 248 Seiten, Softcover.)

„Ihr werdet Euch noch wünschen, wir wären politikverdrossen“ schrieb Max Winde „@343max“ 2009 bei Twitter. Und fasste damit den größten Erfolg der Piratenpartei zusammen: Eine Generation von Menschen, nämlich die im Internet sozialisierten, politisiert zu haben.

Doch es zeigte sich, dass die „Netzgemeinde“ nicht homogen ist. Es gab nicht einmal ein gemeinsames Wertegerüst. Und das war die Hauptursache für das Scheitern der Piratenpartei, für die gesellschaftliche und politische Erfolglosigkeit der Internetgemeinde insgesamt. Teil des Internets, Teil der Netzgemeinde zu sein allein macht nämlich niemanden zu einem besseren Menschen.

Die Piratenpartei, wir alle haben es vergeigt. Wir haben das Projekt in den Sand gesetzt. Und das ist eine Affenschande: Es gab ein Zeitfenster, in dem alles möglich schien. Wir trieben die etablierte Politik für einige Monate vor uns her. Beobachter wie Akteure: Alle waren sich einig, dass sich im parlamentarisch-politischen System dringend etwas ändern muss, und eigentlich war das unsere Aufgabe. Niemand (26) hat gesagt, dass es einfach werden würde.

Für die gesammelten Niederlagen der Piratenpartei waren wir alleine verantwortlich: Das desaströse Bild, die gegenseitige, öffentliche, permanente Zerfleischung. Die Abgrenzungsprobleme. Der Punkt, wo aus liebenswertem Dilettantismus unentschuldbare Schlamperei wurde. Wo sich eine Mehrheit der Partei nicht entscheiden konnte, eine politische Partei zu sein, sondern an der Parteisimulation festhielt.

Ich habe aus der Innensicht der Partei und des Parlamentes ein Buch geschrieben und es „Politik aus Notwehr“ genannt. Es geht um Mechanismen und Ereignisse in einer Partei und in der Politik, um komische und traurige Vorkommnisse, flüssige Demokratie, Zombie-Bügeleisen, Netzpolitik, Schwammintelligenz und Lernen durch Schmerz – nur eben ohne Lernen.

Wofür sollte das eigentlich alles gut sein und woran ist es letztlich gescheitert? Und schließlich: Welches sind die Lehren, die man aus dem Experiment „Piratenpartei“ ziehen kann? Wie könnte eine neue, zukünftige Bewegung oder auch eine bereits bestehende von den gewonnenen Erkenntnissen profitieren? Und wie geht es jetzt weiter?

Ich nutze die Crowdfunding-Plattform „Startnext“, um ein wenig Interesse an dem Buch zu erwecken, und das Interesse für eine erste Auflage zu sammeln, die dann im Anschluss in einigen Wochen erscheinen soll. Wer Lust hat, mein Buch zu lesen und zu den ersten gehören möchte, der es bekommt, wechsle bitte zu der Projektseite:

Politik-aus-Notwehr.de/

Vielen Dank für Eure Unterstützung.

Aufbruch in Fahrtrichtung links.

VonHierAus

Eine Erkenntnis des Jahres 2015 ist: Die Piratenpartei ist tot. Als ehemalige Angehörige, Funktionsträger*innen und Mandatsträger*innen der Piratenpartei arbeiten wir seit Jahren an den Fragen für die Politik des 21. Jahrhunderts. Die Unzulänglichkeit gewohnter Vorstellungen von Gesellschaft und Politik in einer immer enger zusammenwachsenden Welt gehört genauso zu diesen Fragen wie die konkreten politischen, ökonomischen und sozialen Umwälzungen durch Migration und Digitalisierung. Klassische Begriffe der deutschen Politik, des sozialen Austauschs und der privatrechtlichen Ordnung – wie Arbeit, Wissen und Sicherheit – funktionieren inzwischen anders und verhalten sich in aktuellen politischen Kontexten völlig unterschiedlich zu unseren politischen Erfahrungswerten. Wir haben erkannt, dass – wenn wir ein offenes und menschliches Europa und einen sozialen und freien Umgang mit neuen Technologien wollen – es unsere Aufgabe ist, ebensolchen Unzulänglichkeiten zu begegnen und neue Antworten zu finden.

Obwohl einst genau zu diesem Zweck angetreten, ist die Piratenpartei dabei keine Hilfe mehr. Dem zum Trotz haben wir uns dazu entschieden, uns weiter für ein sozialeres und offeneres Europa und Berlin einzusetzen. Keine Politik zu machen ist für uns keine Option.

Deutschland hat im Jahr 2015 mehr als 700.000 Geflüchtete aufgenommen und zunächst notdürftig versorgt. Wie sehr die europäische und die bundesrepublikanische Gesellschaft durch diesen Umstand erschüttert worden sind, ist noch nicht erforscht. Die Implikationen können uns noch nicht klar werden, sie beginnen und sie enden sicher nicht mit dem Aufstieg der Deutschen Rechten in Form rechtspopulistischer Bewegungen und der rechtsradikalen AfD. Wie sich unsere Gesellschaft verändern muss und verändern wird mit den Menschen in Not, denen wir die Hand reichen, lässt sich sicher auch nicht im Jahr 2016 beantworten. Das muss in den nächsten Jahrzehnten diskutiert und gestaltet werden. Wir sind überzeugt, dass es eine linke Diskurshoheit bei diesen und allen anderen umwälzenden Prozessen der globalisierten Gesellschaft und Ökonomie braucht, wenn nicht nur der gesellschaftliche Fortschritt der nächsten Jahre vorangetrieben, sondern auch der Fortschritt der letzten Jahrzehnte bewahrt werden soll.

Das 21. Jahrhundert zeichnet sich durch eine technologische und gesellschaftliche Entwicklung aus, die Kommunikation global und somit grenzübergreifend ermöglicht. Primat linker Politik muss es jetzt sein, diese globale Bewegungsfreiheit für alle Menschen zu ermöglichen. Nach der industriellen Revolution bietet sich durch die rasante Digitalisierung der globalen Gesellschaft die nächste Chance, grundlegende Prinzipien neu zu bewerten. Immer stärker automatisierte Produktionsprozesse können es ermöglichen, menschliche Arbeit weitgehend überflüssig zu machen. Damals wie heute liegt es in der Verantwortung der menschlichen Gesellschaft selbst, dafür zu sorgen, diese Entwicklungen zu nutzen. Wenn uns Maschinen noch mehr Arbeit abnehmen können, muss das auf eine Art geschehen, dass Arbeiter*innen nicht schlechter dastehen als zuvor, denn die Befreiung von der Arbeit kann auch befreiend für uns alle sein. Es gilt, dem dystopischen, permanent überwachenden und verwertenden Repressionsapparat eine positive, in Freiheit vernetzte Gesellschaftsvision gegenüberzustellen.

Das Jahr 2016 nimmt dabei nicht nur für uns eine Schlüsselrolle ein, angesichts der Tatsache, dass die Piratenpartei, mit der immer noch viele von uns identifiziert werden, im Herbst des Jahres sehr wahrscheinlich keine Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus mehr stellen wird. Es ist vielmehr das erste Wahljahr, nach dem die Migrationsbewegung nach Europa auch Deutschland erreichte. Es ist das Jahr in dem nach fünf Jahren völligen Versagens einer uneinigen Zweckregierung in Berlin wieder neu gewählt werden muss. Die fehlende linke Diskursmehrheit hat sich in den letzten Jahren der großen Koalition deutlich bemerkbar gemacht. Die Seehofers, die Henkels und die Czajas dieser Republik stören sich nicht an dem etablierten braunen Mob, begründet er doch ihre „besorgte Bürger“-Rhetorik und entschuldigt das Versagen bei Aufklärung und Verhinderung von rechten Gewaltexzessen. Wir halten dagegen. Wir fordern politischen Umschwung und werden dafür kämpfen, dass rechte Parolen und Ressentiments in der Berliner Politik nicht weiter Fuß fassen. Wir treten mit aller Kraft gegen die AfD ein, die droht in das Abgeordnetenhaus einzuziehen. Wir arbeiten daran, die Menschen in der Stadt über den wahren Charakter ihrer rechtsnationalen völkischen Verirrung aufzuklären.

Wir stehen für „Netze in Nutzerhand“ und „Religion privatisieren“. Wir fordern endlich eine transparente und offene Verwaltung und nachvollziehbares Regierungshandeln ein. Das hat sich seit dem Einzug der Berliner Piratenfraktionen in das Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlungen weder geändert, noch ist es heute weniger nötig als 2011. Im Gegenteil, das Parlament der Hauptstadt wird seit fast fünf Jahren kontinuierlich entmachtet und in seinen Kontrollmöglichkeiten behindert. Es ist kein Zufall, dass Untersuchungsausschüsse sprießen, wo eine transparentere Verwaltung und ein handlungsfähiges Parlament gemeinsam mit der Öffentlichkeit Skandale schon in der Entstehung hätten verhindern können. In einem Klima des Filzes und der Handlungsunfähigkeit empfinden wir es als Pflicht, politisch aktiv zu bleiben und zu werden und rufen dazu auf, sich mehr und nicht weniger in demokratische Prozesse und Diskurse einzubringen.

Für uns ist der freie Zugang zu Wissen und Informationen für alle eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Für uns sind Gleichstellung und ein diskriminierungsfreier Zugang zu Sicherheit, Wohlstand und individueller Entfaltung kein Versprechen für eine ferne politische Zukunft, sondern eine Frage der Notwendigkeit. Das Aufbegehren der „technologisierten Jugend“ gegen den Missbrauch von Technologie zur lückenlosen Überwachung aller Menschen ist zum Kampf vieler gesellschaftlicher Gruppen gegen den offen auftretenden Polizei- und Überwachungsstaat geworden. Wir brauchen ein Gesellschaftsbild, das fundamental vom Status quo der Leistungs- und Segregationsgesellschaft abweicht und über den nächsten Wahltermin hinaus reicht. Die organisierte Linke – und damit auch die Partei die LINKE – entwickeln und diskutieren als einzige in Deutschland ein solches Gesellschaftsbild in unserem Sinne. Wir möchten dazu beitragen, diese politische Vision gemeinsam mit der Linken zu entwickeln. Wir haben uns dazu entschieden, die Linke in Berlin im Jahr 2016 und darüber hinaus kritisch und solidarisch zu unterstützen und so an einer solidarischen Alternative zum bürgerlichen Mainstream in Europa mitzuarbeiten.

Wir sehen uns.

Unterstützende

Gerhard Anger, ehem. Landesvorsitzender Piratenpartei Berlin
Monika Belz, Mitglied BVV Treptow-Köpenick
Leonard Bellersen, Generalsekretär Junge Pirat*innen
Benjamin Biel, ehem. Pressesprecher Piratenpartei Berlin
Florian Bokor, ehem. Vorstand Piratenpartei Sachsen
Joachim Bokor, ehem. Justiziar Piratenpartei Deutschland
Frederik Bordfeld, Mitglied BVV Pankow
Marius J. Brey, ehem. Piratenpartei
Steffen Burger, Mitglied BVV Neukölln
Katja Dathe, ehem. Schatzmeisterin Piratenpartei Berlin
Martin Delius, Mitglied des Abgeordnetenhauses
Konstanze Dobberke, ehem. Piratenpartei
Cornelius Engelmann-Strauß, Mitglied BVV Treptow-Köpenick
Anisa Fliegner, Sprecherin BAG Netzpolitik die LINKE
Marcel Geppert, Mitglied BVV Marzahn-Hellersdorf
Björn Glienke, ehem. Direktkandidat BTW13 Piratenpartei Berlin
Anne Helm, Mitglied BVV Neukölln
Oliver Höfinghoff, Mitglied des Abgeordnetenhauses
Michael Karek, ehem. Vorstand Piratenpartei Berlin
Jan Kastner, ehem. Kandidat für die Piratenpartei Deutschland
Steven Kelz, Mitglied BVV Marzahn-Hellersdorf
Martin Kliehm, Stadtverordneter Frankfurt am Main
Fabian Koleckar, ehem. Vorstand Junge Pirat*innen Berlin
Lasse Kosiol, Mitglied BVV Spandau
Matthias Koster, ehem. Vorstand Piratenpartei Trier
Andreas Krämer, ehem. Vorstand Piratenpartei Bremen
Peter Laskowski, Bundeskoordinierungskreis der Ema.Li
Hartmut Liebs, ehem. Piratenpartei
Steffen Ostehr, Mitglied BVV Marzahn-Hellersdorf
Julia Schramm, ehem. Bundesvorstand Piratenpartei Deutschland
Volker Schröder, Mitglied BVV Treptow-Köpenick
Daniel Schwerd, Mitglied des Landtages NRW
Dr. Benedict Ugarte Chacón, ehem. Piratenpartei
Dr. Simon Weiß, Mitglied des Abgeordnetenhauses
Jan Zimmermann, ehem. Vorstand Piratenpartei Berlin

HoGeSa mit Beteiligung des Verfassungsschutzes? Was wusste die Landesregierung?

Bild: Metropolico.org (bei Flickr), Lizenz: CC BY-SA 2.0Foto: Metropolico.org (bei Flickr), Lizenz: CC BY-SA 2.0

Wie die Autonome Antifa Freiburg und später SPIEGEL online berichtete, ist der kürzlich verstorbene Gründer der Bewegung „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) Roland S. mindestens seit dem Jahr 2009 V-Mann des Verfassungsschutzes gewesen.

Vergangenes Jahr waren etwa 5000 Hooligans und Nazis aufgrund eines Demonstrationsaufrufs der HoGeSa in der Kölner Innenstadt aufmarschiert und konnten nahezu ungestört randalieren, Menschen bedrohen, Autos umwerfen, den Hitlergruß zeigen und rassistische und menschenverachtende Parolen brüllen. Die Polizei war sichtlich überfordert und unterbesetzt – eine angemessene Aufarbeitung durch Polizei und Landesregierung fand bislang nicht statt. Diese Demonstration war das Signal für eine bundesweite Kette von Folgedemonstrationen, aus denen sich Pegida und andere fremdenfeindliche Bewegungen entwickelten. Angriffe auf Flüchtlingsheime wurden zu täglichen Nachrichtenbildern.

Offenbar ist bereits die Gründung dieser Bewegung unter der Lupe des Verfassungsschutzes vollzogen worden. Gleichwohl wurde nichts unternommen, die erwartbaren Eskalationen abzuwenden, noch das Ausbreiten der Demonstrationen im ganzen Bundesgebiet zu verhindern. Hat sich der Verfassungsschutz einmal mehr als völlig unfähig erwiesen?

Die Polizei hat sogar die Anwesenheit von Neonazis bei der Demonstration lange bestritten, dabei entstammte der Gründer Roland S. selbst einer bekannten Skinhead-Organisation, auch E-Mails seiner Gesinnungsgenossen legte Roland S. dem Verfassungsschutz vor. Der SPIEGEL berichtet von E-Mails eines NPD-Politikers sowie eines bekannten Hamburger Neonazis, die dem Verfassungsschutz bereits vor der HoGeSa-Demonstration in Köln vorlagen. Diesen kann man entnehmen, wie der V-Mann Roland S. die Bewegung laufend weiter radikalisierte.

Das gipfelt in einer E-Mail des Hamburger Neonazis, in der er seine Verwunderung ausdrückt, dass die Demonstration nicht bereits im Vorfeld durch den Staat verboten wurde. Innenminister Jäger hingegen behauptet bis heute, die Gewaltexplosion sei nicht vorhersehbar gewesen.

Gemeinsam mit meinen Kollegen Torsten Sommer, Frank Herrmann, Daniel Düngel, Birgit Rydlewski und Hanns-Jørg Rohwedder habe ich eine kleine Anfrage (Drucksache Nummer 16/9996) eingereicht, um von der Landesregierung Aufklärung über die folgenden Punkte zu verlangen:

  1. Wurde Roland S. vom Landesverfassungsschutz in NRW geführt?
  2. In welchem Umfang war die Landesregierung bzw. die zuständigen Landesbehörden über Gründung und Entwicklung der HoGeSa informiert? Gehen Sie darauf ein, ob und inwieweit Informationen durch den führenden Verfassungsschutz weitergegeben wurden.
  3. Welche Informationen aus dieser Quelle lagen der Landesregierung bzw. den zuständigen Landesbehörden im Vorfeld der HoGeSa-Demonstration im Oktober 2014 in Köln vor, u.a. Umfang und Gefährlichkeit dieser Demonstration betreffend?
  4. Wie bewertet es die Landesregierung, wenn „ein Verfassungsschutz dabei zuschaut, wie ein V-Mann eine ganze Bewegung gründet und weiter radikalisiert?“ Gehen Sie darauf ein, ob ein solcher Verfassungsschutz seiner Aufgabe gerecht wird.
  5. Bleibt die Landesregierung bei Ihrer Darstellung, die Gewalt bei der HoGeSa Demonstration in Köln sei nicht vorhersehbar gewesen? Gehen Sie darauf ein, wie es zu bewerten ist, wenn trotz der vorliegenden, einschlägigen Informationen die Demonstration nicht im Vorfeld verboten wurde.

Persönliche Erklärung: Antifaschistischen Widerstand leistet man auf der Straße

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Der Landtag NRW hat die Immunität eines Kollegen aufgehoben, dem ein Verstoß im Zusammenhang mit der Blockade einer Nazi-Demonstration vorgeworfen wird. Ich bin gegen eine solche Aufhebung, und möchte mich mit meinem Kollegen solidarisch erklären. Ich habe dazu die nachfolgende Erklärung zum Abstimmverhalten abgegeben:


Daniel Schwerd: Persönliche Erklärung zum Abstimmverhalten,
Top 25 am 30. September 2015,
Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten

Sehr geehrter Herr Präsident/Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

Bei der Abstimmung zur Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten konnte ich der Abstimmempfehlung des Rechtsausschusses nicht folgen.

Wenn wir eines aus dem dunklen Kapitel der Nazi-Diktatur gelernt haben sollten, dann jenes: Es ist dringend notwendig, sich der braunen Brut frühzeitig und entschlossen entgegenzustellen! Wenn rechte Demagogen Arm in Arm mit Rechtsextremen und Rechtsterroristen kommen, muss sich jeder Demokrat ihnen entgegenstellen und sagen: Nicht in unserer Stadt! Nicht durch unsere Straße! Unsere Nachbarn bedrohst Du nicht!

Allenthalben fordert man mehr Zivilcourage – und dann schützt man braune Horden, die Hitlergrußzeigend durch unsere Straßen ziehen, während Gegendemonstranten mit Mitteln des Strafrechts verfolgt werden. Welch fatale Fehleinschätzung der Gefahren!

Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut, doch was ist mit der Meinungsfreiheit der Menschen im Land, die das Nazigift in ihrer Nachbarschaft nicht verbreitet sehen wollen? Zählt das automatisch weniger? Was ist mit der wehrhaften Demokratie, die sich den Antidemokraten in den Weg stellt, gilt das nicht mehr?

Verstehen Sie mich nicht falsch: Hier geht es nicht darum, einen Kollegen vor der Durchsetzung einer gerechten Strafe zu schützen – hier geht es darum, alle Menschen zu schützen, die sich Nazis in den Weg stellen – egal ob sie als Abgeordneter privilegiert sind oder nicht. Denn antifaschistischen Widerstand leistet man nicht mit Lichterketten oder Online-Petitionen – Widerstand leistet man aktiv auf der Straße.

Und nachher soll bitte keiner erzählen, er habe von nichts gewusst.

Danke für die Aufmerksamkeit.

Schwer(d) informiert! Radio-Interviews zur Vorratsdatenspeicherung und Transparenz durch soziale Medien

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Hallo liebe Blogleser_innen,

vor einigen Tagen führte das Campusradio Köln, der Studentensender aus Köln, ein Interview mit mir. Der Redakteur Andreas Jansen vom Campusradio besuchte mich im Landtag und führte mit mir ein Gespräch zum Thema Vorratsdatenspeicherung. Es entwickelte sich ein Dialog, welcher die Pro- und Contraargumente anschaulich darstellt und den vermeintlichen Nutzen der massenhaften Vorratsdatenspeicherung entlarvt. Der Link zur Datei ist unterhalb dieses Textes.

 

Ein weiteres Interviews habe ich mit Hauke van Göns (@hauke_vg) geführt, der für das Campusradio Wilhelmshaven und das unabhängige Münchener Radio Lora 924 das Interview aufgezeichnet hatte. Schwerpunkt war hierbei die Frage, ob und welche Möglichkeiten der Digitale Wandel mit sich bringt um Politik transparenter, responsiver und direkter zu gestalten. Das Interview wurde noch nicht ausgestrahlt, ist aber fertig produziert, ich verlinke es ebenfalls unten.

Piratenpartei: Innerparteiliche Beteiligung am Ende

Piratenpartei 2015: Die innerparteiliche Beteiligung ist am Ende. Politische Willensbildung findet nicht mehr statt. Personenwahlen ersetzen Programmdiskurs. Die Chancen elektronischer Mitwirkungs- und Beteiligungsmöglichkeiten wurden vergeben. Die innerparteiliche Ausrichtungsumfrage ist eine Kapitulationserklärung.

2015-05-25 14_55_37-[Bund] Umfrage zur politischen Ausrichtung der Piratenpartei bis zur BundestagswGestern bekam ich eine E-Mail von der Mitgliederverwaltung der Piratenpartei. Darin fragt der Bundesvorstand, wie sich die Piratenpartei zu den Wahlen 2017 ausrichten soll. So heißt es beispielsweise in der zweiten Frage: „Mit welchen Themen sollen wir PIRATEN die kommenden Wahlkämpfe bestreiten?“. Aufgelistet werden anschließend 27 Punkte, die mit „Unbedingt – Eher Ja – Eher Nein – Auf keinen Fall“ bewertet werden sollen.

Die Auswahl der Punkte – wohl angelehnt an das Grundsatzprogramm – bildet aber kaum das Spektrum politischer Fragen ab. So finden sich die Punkte „Umwelt“ und „Landwirtschaft“ separat, „Europa“ sowie „Außenpolitik“, ebenso „Drogenpolitik“ und „Suchtpolitik“ unmittelbar untereinander. Dahingegen sucht man „Asyl“ oder „Flüchtlinge“ vergeblich. Genauso fehlt „Sozialpolitik“, „Arbeit“, „Medien“ oder schlicht „Netzpolitik“. Gleichstellung der Geschlechter wird mit Familienpolitik zusammengelegt. Den Punkt „Teilhabe“ gibt es nur als „Teilhabe am digitalen Leben“ – Teilhabe am analogen Leben ist nicht vorgesehen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Unter der Überschrift „Statements der Piratenpartei“ finden sich 22 Aussagen, die man mit „1: stimme voll und ganz zu“ bis „4: stimme gar nicht zu“ bewerten soll. Mir erscheinen die Fragen bisweilen suggestiv, so dass man sie eigentlich nur vollkommen bejahen oder verneinen soll. Manche Fragen verbinden sich mit einer Aussage, wie etwa „Wir brauchen ein Demokratie-Update, die repräsentative Demokratie hat sich aber bewährt.“ Was soll ein Nein zu dieser Aussage bedeuten? Dass sich die repräsentative Demokratie nicht bewährt hat, oder dass sie nicht geändert werden muss? Ein politisches Profil erarbeitet man mit solchen Fragen jedenfalls nicht.

Besonders zeigt sich die Suggestion im Kleinod von Frage „Im politischen Kampf sind für uns PIRATEN selbst Straftaten ein zulässiges Mittel“. Wer kann hier mit Ja antworten, ohne sich sofort einem innerparteilichen Shitstorm ausgesetzt zu sehen? Dabei ist hieran schön zu erkennen, dass diese Form politischer Befragung ohne Kontext und Diskurs vollkommen unnütz ist: Was sind die PIRATEN in diesem Zusammenhang? Die Partei als Ganzes? Jedes Mitglied für sich? Auch wenn es dabei nicht als Pirat in Erscheinung tritt? Um welche Art von Straftaten geht es denn? Was ist mit illegalen Tätigkeiten wie dem Verstoß gegen das Urheberrecht, den Hackerparagraphen? Dem Besitz von Cannabis, digitaler DDOS-Blockaden, der Veröffentlichung geheimer Dokumente? Wie sieht es mit dem Blasphemieparagraphen aus? In Vergangenheit wurde durch politische Aktionen das Verbot einst strafbewehrter Handlungen wie Abtreibung oder Homosexualität in Frage gestellt. Und dazu musste gegen diese Strafnormen verstoßen werden.

Diese so formulierte Frage dient alleine der Polarisierung, dem Stich ins Wespennest der Partei. Ich kann dahinter keine produktive Absicht erkennen. Den Diskurs um diese Frage ersetzt eine „Ja-Nein-Vielleicht“-Auswahl nicht. Eine Beteiligungssimulation – dabei haben wir die elektronischen Werkzeuge in der Schublade, einen solchen Diskurs dann auch zu führen.

Geradezu verzweifelt klingt die Bitte von Bundesvorsitzendem Stefan Körner, man solle bitte Kernthemen ankreuzen. „Bedenk bei Deiner Entscheidung, dass es hier einerseits um die Themen geht, die Dir persönlich besonders am Herzen liegen; auf der anderen Seite sollten die Themen unser Alleinstellungsmerkmal aufweisen“ heißt es in der Einladungsmail.

Personenwahlen ersetzen Programmdiskurs

Überhaupt, der Diskurs in der Partei: Seit geraumer Zeit gibt es keine funktionierenden politischen Entscheidungsprozesse in dieser Partei mehr, nicht auf Bundesebene, und in vielen Landesebenen auch nicht, soweit ich das überblicken kann. Der Landesverband Hessen hat im vergangenen Jahr gleich sein ganzes Programm gestrichen, und steht seit der Zeit ohne jede Ausrichtung da. [Siehe auch den neuen Blogpost vom 27.05.2015] Die letzen politisch-programmatischen Entscheidungen der Bundespartei sind im Vorfeld der Europawahlen getroffen worden. Seit dieser Zeit reihen sich Wahlparteitage an Wahlparteitage, gespeist durch Rücktritte und personelle Querelen. Der aktuelle Bundesvorstand hat auf einen inhaltlichen Parteitag gleich ganz verzichtet: Zwischen ihrer putschförmigen Wahl, die aufgrund von mehreren Rücktritten vorzeitig notwendig geworden war im Juni 2014, und jetzt dem Wiederwahltermin im Juli diesen Jahres gab es keine Mitgliederversammlung, die irgendwelche inhaltlichen Abstimmungen vornehmen könnte. Durch den vorzeitigen Rücktritt war schon der programmatische Parteitag 2014 entfallen. Personenwahlen ersetzen Programmdiskurs.

Gleichzeitig sind alle Ansätze, dieses Entscheidungsvakuum zu füllen, torpediert worden: Alle Formen elektronischer Mitbestimmungen wie Liquid Feedback oder die sogenannte „ständige Mitgliederversammlung“ wurden gestoppt oder gar nicht erst ernsthaft in Angriff genommen. Sogar der halbherzige Versuch, mit dem „BEO“, dem Basisentscheid online eine Briefabstimmung zu organisieren, ist gescheitert – die darin befindlichen Anträge schimmeln seit Monaten vor sich hin. Anstrengungen diesbezüglich sind nicht erkennbar.

„Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit“ heißt es in Art. 21 des Grundgesetzes. In §1 des Parteiengesetzes wird diese Willensbildung zur Pflicht von Parteien erklärt. Umfragen mit vorgegebenen Fragen und Antworten stellen für mich keinen politischen Diskurs dar. Insofern verletzt die Piratenpartei seit geraumer Zeit diese Pflicht.

Innerparteiliche Beteiligung galt mal als sehr hohes Gut der Piratenpartei. Gerade die neuen, elektronischen Mitwirkungs- und Beteiligungsmöglichkeiten waren ein Alleinstellungsmerkmal der Partei, eine Vision von politischer und gesellschaftlicher Partizipation im 21. Jahrhundert. Das ist alles kaputt, mittlerweile sind wir von unseren Möglichkeiten weit hinter die anderen Parteien zurückgefallen. Ja-nein-vielleicht-Umfragen statt Liquid Democracy hält man in der Piratenpartei jetzt für Beteiligung. Ein Elend.


Hier der Text der Einladungs-E-Mail in Gänze:

Hallo Daniel ,

wir werden die nächsten Wahlen nur gewinnen, wenn wir mit einem klaren Profil antreten. Mit einem Profil, das uns bestmöglich von anderen Parteien abgrenzt und unterscheidet. Der Wähler muss wissen, was er bekommt, wenn er sein Kreuzchen bei uns PIRATEN macht.
Dieses Profil, das sich in unseren Themenschwerpunkten ausdrückt, wollen wir gemeinsam mit Dir erarbeiten. Mit welchen Schwerpunktthemen sollen wir in die kommenden Wahlkämpfe gehen? Du findest nachstehend einige Fragen sowie einen Reigen von Themen, vor allem aus unserem Grundsatzprogramm. Die Fragen können bis zum 31.05.2015 beantwortet werden.

Bedenk bei Deiner Entscheidung, dass es hier einerseits um die Themen geht, die Dir persönlich besonders am Herzen liegen; auf der anderen Seite sollten die Themen unser Alleinstellungsmerkmal aufweisen.

Deine Meinung ist uns sehr wichtig:
http://limesurvey.piratenpartei.de/index.php?lang=de-informal&sid=177481&token=[$token].

Hinweis: Die Umfrage läuft bis zum Sonntag, den 31.Mai 2015 um 23:59 Uhr.

Stefan Körner
Für den Bundesvorstand

Die Umfrage selbst könnt ihr Euch hier ansehen:
Umfrage zur politischen Ausrichtung der Piratenpartei bis zur Bundestagswahl 2017 [PDF, 796kb]

Lest auch den Follow-Up: Piratenpartei: Desolater Stil innerparteilichen Umgangs