Persönliche Erklärung: Antifaschistischen Widerstand leistet man auf der Straße

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Der Landtag NRW hat die Immunität eines Kollegen aufgehoben, dem ein Verstoß im Zusammenhang mit der Blockade einer Nazi-Demonstration vorgeworfen wird. Ich bin gegen eine solche Aufhebung, und möchte mich mit meinem Kollegen solidarisch erklären. Ich habe dazu die nachfolgende Erklärung zum Abstimmverhalten abgegeben:


Daniel Schwerd: Persönliche Erklärung zum Abstimmverhalten,
Top 25 am 30. September 2015,
Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten

Sehr geehrter Herr Präsident/Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

Bei der Abstimmung zur Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten konnte ich der Abstimmempfehlung des Rechtsausschusses nicht folgen.

Wenn wir eines aus dem dunklen Kapitel der Nazi-Diktatur gelernt haben sollten, dann jenes: Es ist dringend notwendig, sich der braunen Brut frühzeitig und entschlossen entgegenzustellen! Wenn rechte Demagogen Arm in Arm mit Rechtsextremen und Rechtsterroristen kommen, muss sich jeder Demokrat ihnen entgegenstellen und sagen: Nicht in unserer Stadt! Nicht durch unsere Straße! Unsere Nachbarn bedrohst Du nicht!

Allenthalben fordert man mehr Zivilcourage – und dann schützt man braune Horden, die Hitlergrußzeigend durch unsere Straßen ziehen, während Gegendemonstranten mit Mitteln des Strafrechts verfolgt werden. Welch fatale Fehleinschätzung der Gefahren!

Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut, doch was ist mit der Meinungsfreiheit der Menschen im Land, die das Nazigift in ihrer Nachbarschaft nicht verbreitet sehen wollen? Zählt das automatisch weniger? Was ist mit der wehrhaften Demokratie, die sich den Antidemokraten in den Weg stellt, gilt das nicht mehr?

Verstehen Sie mich nicht falsch: Hier geht es nicht darum, einen Kollegen vor der Durchsetzung einer gerechten Strafe zu schützen – hier geht es darum, alle Menschen zu schützen, die sich Nazis in den Weg stellen – egal ob sie als Abgeordneter privilegiert sind oder nicht. Denn antifaschistischen Widerstand leistet man nicht mit Lichterketten oder Online-Petitionen – Widerstand leistet man aktiv auf der Straße.

Und nachher soll bitte keiner erzählen, er habe von nichts gewusst.

Danke für die Aufmerksamkeit.

42980 Leser.

11 Gedanken zu „Persönliche Erklärung: Antifaschistischen Widerstand leistet man auf der Straße

  • 1. Oktober 2015 um 11:00 Uhr
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    Gut, Daniel Schwerd, auch ich bin (z.B.) gegen jede Aufhebung einer Immunität eines Abgeordneten mit politischer Begründung – ob das in diesem Fall gegeben ist, kann ich nicht beurteilen.
    Dein Engagement ehrt dich wieder einmal, sofern du das genau so eben auch meinst.
    Nun wäre es die Gelegenheit, zugleich auch DEINE persönliche Erklärung zur Demokratie, zu deinem Demokratieverständnis und dessen Handhabung in der Praxis, abzugeben: Wer gehört zur Demokratie, wer ist wie (!!) zu berücksichtigen, einzuschließen in der Teilhabe, und wer ist WIE (!!) auszuschliessen, ohne dass genau dadurch sich deine Demokratie damit selber beseitigt, im Absurden endet und DADURCH für die Menschen nicht mehr als solche verstanden werden kann.
    Auch solltest du dich entscheiden, ob du Politik im demokratischen Geist der Argumente und Regelbefolgung ODER als „Kampf auf der Strasse“ verstehen möchtest – beides zugleich schließt sich argumentativ aus, da es genau der Weg ist, den die von Dir abgelehnten Nazis beschreiten – wenn du meinst, du müsstest diese bekannte Nazitour befürworten, dann sage das so und deutlich.
    Auch wäre das die Gelegenheit, selbst zu erklären, WIE und WO aus deiner Sicht, in Übereinstimmung mit dieser deiner persönlichen Erklärung hier, „diese braune Brut“WOHIN von WEM ENTSORGT werden soll – bzw., falls das nicht dein Ansinnen ist, wie du dein hiesiges Vermächtnis anders und „auf der Strasse“ einlösen möchtest: mit Baseballschlägern, Molotowcocktails, brennenden Autos, Messern oder mehr – oder ob das nur verbale Populistik bleiben soll?
    Da ich dich als äußerst intelligenten und engagierten Mitbürger sehe, darf man gespannt sein, welche Intelligenz du einsetzt, um zu einer nachhaltigen Art und Form des Kampfes gegen Nazismus UND Faschismus (oder machst du nur Antifa?) zu kommen, die nicht zugleich die eigene Demokratie öffentlich ernsthaft als scheidendes Modell zur Debatte stellt.
    Wer „A“ sagt, muß auch „B“ sagen (wollen!) rsp. „persönlich erklären“ wollen, sonst wird er unglaubwürdig.

    Man darf also neugierig sein, was dir da so vorschwebt im zweiten Teil deiner persönlichen Erklärung zum nachhaltigen (intelligenten!) „Kampf gegen die braune Brut auf der Strasse“ – denn man muss damit rechnen, dass es sich bei dieser „abscheulichen braunen Brut“ um Menschen, richtige lebendige Menschen, handelt

    Was von Teilhabe ausgeschlossen wird, muss sich zwangsweise immer stärker zum Gegenpol entfalten, da keine andere Wahl …

    Manche aufmerksame Schüler erinnern sich da an die Sache mit den kommunizierenden Röhren oder an die vom Druck, der Gegendruck erzeugt – nicht beseitigt, un d leider hat niemand diese Welt, diese Demokratie nur für sich gepachtet: Jede Lösung muss auch annehmbar sein …
    Soviel zur „Intelligenz“ der Demokratie und zur im Prinzip fehlenden bei deinem „Kampf auf der Strasse“

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  • 26. April 2016 um 18:13 Uhr
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    @Daniel Schwerd
    Es ist völlig gleich, wo „Widerstand geleistet wird“, nur der auf der Strasse scheint mir der profanste und uneffektivste zu sein, da er sich zwangsläufig der Methoden der „Bekämpften“ bedienen muss, da er sonst zur Lachnummer wird.
    Sobald erst Neonazis sich gruppiert haben, ist festzustellen, dass genau DAS das Ergebnis dieser hier lebenden politischen Gesellschaft ist.
    Mitten in dieser ist das entastanden, und nicht auf einem anderen Stern und dann importiert.
    WARUM das so ist, das ist heraus zu finden, und das ist zu „bekämpfen“, was schwerlich „auf der Strasse“ von Erfolg gekrönt sein dürfte.

    Ich kann bei grundsätzlicher thematischer Übereinstimmung derart „antifaschistische“ Erklärungen und Aktivitäten erst dann ernst nehmen, wenn mir unter Wahrung der eigenen gesellschaftlichen Zielwerte plausibel jemand mitteilen kann, WAS denn bitte mit den „Rechtsextremisten“ da zu geschehen hat, wo sie entsorgt werden sollen oder wie sie auf anderem Weg für die Entwicklung der Gesellschaft unschädlich oder sogar nützlich gemacht werden können, sollen.
    Solange diese Frage nicht antifaschistisch (!) geklärt wird, ohne selber dabei Faschismus zu betreiben, solange sind das alles mehr Selbstschüsse der Aktiven, die nachweislich nur das Gegenteil des Bezweckten bewirken.

    Aber eventuell erbarmt sich ein Antifaschist und löst diese Frage mit einem nachvollziehbaren Vorschlag, einer intelligenten machbaren Idee auf, und nicht „wo“ sondern „wie“ solch ein Widerstand zu leisten ist.

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