LANDTAG
NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode
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Drucksache 16/9313
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20.07.2015
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Antwort
der
Landesregierung
auf die Kleine Anfrage 3580 vom 15. Juni 2015
des Abgeordneten Daniel Schwerd PIRATEN
Drucksache 16/9021
WDR und die Gottschalk-Gage: Geld für
den Orkus. Transparenz und Aufklärung?
Die Ministerin für
Bundesangelegenheiten, Europa und Medien hat die Kleine Anfrage 3580 mit Schreiben vom 20. Juli
2015 namens der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
"Man empfindet es oft als
ungerecht, dass Menschen, die Stroh im Kopf haben, auch noch Geld wie Heu
besitzen."
Gerhard Uhlenbruck
Der WDR hat bestätigt, dass Honorarzahlungen an Thomas
Gottschalk auch nach dem vorzeitigen Ende der ARD-Vorabendshow "Gottschalk
live" geflossen sind. In dem Vertrag, den die ARD-Tochter Degeto mit der
Produktionsfirma Grundy Light Entertainment über die Produktion der Sendung
abgeschlossen habe, sei die Fortzahlung des Moderatorenhonorars bis zum
Auslaufen des Vertrags zum Jahresende 2012 enthalten gewesen. Summen nannte der
WDR nicht, offenbar war trotz des Endes aufgrund zu geringer Quoten nach etwa
der Hälfte der vereinbarten Sendungen die gesamte Summe in Höhe von 4,6
Millionen Euro vertraglich fällig, so dass womöglich über 2 Millionen Euro ohne
Gegenleistung gezahlt worden sind.
Der WDR betont, dass die Sendung im von Werbung
getragenen Vorabendprogramm des Ersten ausgestrahlt wurde, diese also
ausschließlich über Werbeeinnahmen und nicht über Gebührengelder finanziert
worden sei. Überdies hält sich der WDR zugute, dass das Honorar für Thomas
Gottschalk an seinem Marktwert und seiner Bekanntheit als einem "der beliebtesten
Moderatoren in Deutschland" orientiert habe. Insofern sei der Vertrag in
branchenüblicher Weise für ein erfolgversprechendes Format abgeschlossen
worden.
Demgegenüber hat die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm
darauf hingewiesen, dass von der WDR-Programmplanung selbst im Vorfeld eine
Marktstudie unternommen worden sei, bei der achthundert Fernsehzuschauer
telefonisch befragt wurden. Diese Studie habe zu dem Ergebnis geführt, dass 39
Prozent der Befragten im Vorhinein angaben, sie würden die geplante Sendung
„wahrscheinlich nicht“ oder „bestimmt nicht“ ansehen, weil ihnen der ausgewählte
Moderator nicht zusagte.
Bei der Programmplanung und den Vertragsverhandlungen
fehlte es an Transparenz und nach Bekanntwerden der Missstände an Aufklärung:
Die Konstruktion der Auftragsvergabe über Tochterfirmen des WDR sorgt für
gezielt beabsichtigte Intransparenz und verunmöglicht demzufolge bewusst die
Kontrolle durch die zuständigen Aufsichtsgremien.
Die Trennung zwischen Gebühren- und Werbegeldern, wie der
WDR argumentiert, erscheint zudem mehr als fragwürdig. Denn Werbezeit ist auf
die Vorabendzeit begrenzt, die dort erzielten Einnahmen sollen bestimmungsgemäß
dem ganzen Sendebetrieb zu Gute kommen.
1. Welche Summen
sind an Thomas Gottschalk aufgrund dieses Vertrages geflossen bzw. fällig geworden?
Schlüsseln Sie die Beträge auf nach Summen, die aufgrund ausgestrahlter Sendungen
fällig waren und Summen, die auch nach dem vorzeitigen Ende der Produktion noch
fällig wurden.
2. Warum hat sich
die Sendeanstalten auf derart hohe Ausfallzahlungen festgelegt, ob-wohl nach
den vorliegenden Erkenntnissen des Controlling aus dem eigenen Haus an
Warnungen über mangelndem Zuspruch nicht gefehlt hat und ein vorzeitiges Ende
der Show daher bereits vorhersehbar war?
Die Fragen 1 und 2 werden
gemeinsam beantwortet.
Der WDR ist Träger der
Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz. Diese schützt alle
Tätigkeiten, die der Informationsbeschaffung, der Programmgestaltung bis zur
Ausstrahlung und Verbreitung des Programms dienen. Auch die Auswahl des
Personals sowie finanzielle und organisatorische Belange sind geschützt, wenn
Rückwirkungen auf die Programmgestaltung bestehen können. Der Vertrag mit Herrn
Gottschalk fällt mithin in den Kernbereich dieses Grundrechts. Daher erfragt
die Landesregierung weder Details des Vertragsschlusses noch Vorgänge innerhalb
des WDR dazu.
3. Sind die Einnahmen aus den Werbeeinahmen des
Vorabendprogramms nach Ansicht der Landesregierung tatsächlich losgelöst vom
allgemeinen Gebührenaufkommen zu betrachten?
Nein. Die Einnahmen aus Werbung
beeinflussen die Höhe des Rundfunkbeitrags.
4. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass die
Aufsichtsgremien und zur Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
verpflichteten und berechtigten Stellen ihrer Aufgabe ausreichend nachkommen
konnten, wenn von Tochterunternehmen des Senders geschlossene Verträge dort
nicht vorgelegt werden bzw. deren Kontrolle nicht unterliegen?
Nein.
5. Seit wann ist die Landesregierung in Kenntnis über den
Vertrag und die Umstände seines Zustandekommens?
Die Landesregierung hat
diesbezüglich Kenntnis seit der entsprechenden öffentlichen Berichterstattung.