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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/8343

 

02.04.2015

 

 

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 3177 vom 24. Februar 2015

des Abgeordneten Daniel Schwerd   PIRATEN

Drucksache 16/8036

 

 

 

"Deutschland hat die erste Halbzeit verloren": Ist Industrie 4.0 hierzulande schon am Ende?

 

 

 

Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 3177 mit Schreiben vom 31. März 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien beantwortet.

 

 

 

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

 

„Deutschland hat die erste Halbzeit verloren.“

Reinhard Clemens

 

Im Mittelpunkt der Industrie 4.0 steht die intelligente Fabrik, die Smart Factory, in der Menschen, unterschiedliche Maschinen und Produkte miteinander kommunizieren. Aber auch Firmen verschiedenster Branchen werden miteinander vernetzt, zum Beispiel der Zulieferer mit dem Logistikunternehmen und dem Hersteller. Damit ein reibungsloser Informationsfluss gewährleistet wird, ist es wichtig, dass alle Akteure und Elemente der Industrie 4.0 dieselbe Sprache sprechen.

 

Das kann nur mit Standards gelingen, die die Mechanismen der Zusammenarbeit festlegen. Zu diesem Zweck hat die Bundesregierung 2013 zusammen mit den Verbänden der deutschen Hightech-Branche und des Anlagenbaus eine Kooperationsgemeinschaft begründet, die als "Plattform Industrie 4.0" bekannt wurde.

 

Reinhard Clemens, der CEO von T-Systems, beschrieb am 10. Februar 2015 in einem Beitrag[1] die mittlerweile aufgetretenen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Akteuren, namentlich dem Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI), dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und dem Verband Bitkom, der Unternehmen der digitalen Wirtschaft vertritt. So sei es nicht gelungen, über Gremienarbeit und Maßnahmenempfehlungen hinaus konkrete Ergebnisse, ein koordiniertes Vorgehen oder verbindliche Standards festzulegen.

 

Der exportorientierten deutschen Industrie drohe, so Reinhard Clemens, durch die fortschreitende de-facto-Standardsetzung des US-amerikanisch dominierten "Industrial Internet Consortiums" (IIC) und anderer internationaler Player ins Hintertreffen zu geraten.

 

"Im Wesentlichen haben wir nichts hinbekommen, um uns pragmatisch schnell auf Standards zu einigen. Das IIC kommt pragmatisch voran, dort wird nicht großartig standardisiert, sondern es werden Quasi-Standards gesetzt. Unsere Gründlichkeit könnte zur Bedrohung für uns werden. Am Ende gewinnt vielleicht nicht der Beste, sondern der Schnellste", äußert Clemens seine Kritik an der bisherigen Arbeit der Plattform Industrie 4.0.

 

Offenbar teilt die die Bundesregierung diese kritische Einschätzung, denn sie plant die bisherige Form der Zusammenarbeit der deutschen Industrieverbände in der Plattform Industrie 4.0 auf eine neue Grundlage zu stellen, nunmehr unter direkter Aufsicht des Wirtschaftsministeriums. T-Systems und das Fraunhofer-Institut starten derzeit gleichfalls eine neue gemeinsame Initiative, offenbar auf Anraten der Bundesregierung. Die neue Strategie scheint es zu sein, so schnell wie möglich eigene Inhalte den fortwährenden de-facto-Standardsetzungen der US-Amerikaner gegenüberzustellen.

 

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens hat sich Industrie 4.0 auf die Agenda gesetzt. Es stellt sich die Frage, inwieweit die Landesregierung in diesen Prozessen der Koordinierung und Standardisierung tätig ist.

 

 

1.         In welcher Form nimmt die Landesregierung an gemeinsamen Plattformen zu Industrie 4.0-Standards und –Koordinierungen bundesweit und weltweit teil?

 

Die Landesregierung nimmt in Form der Landescluster Produktion.NRW und IKT.NRW und in Kooperation mit den Exzellenzclustern LogistikRuhr und it’s owl und den darin zusammengeschlossenen Unternehmen und Forschungseinrichtungen an den o.g. Plattformen teil. Die Landesregierung wird sich darüber hinaus an den seitens des Bundeswirtschaftsministeriums geplanten Aktivitäten an einem Bündnis „Zukunft durch Industrie“ beteiligen.

 

 

2.         Wie stellt die Landesregierung sicher, dass Interessen Nordrhein-Westfalens in den weltweiten und nationalen Standardisierungsbemühungen rund um Industrie 4.0 berücksichtigt werden?

 

Die Landescluster Produktion.NRW und IKT.NRW bringen die Expertise nordrhein-westfälischer Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Spitzencluster in die Arbeit der Informationsplattformen ein.

 

 

3.         Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, auf internationale Standardisierung von Industrie 4.0 einzuwirken?

 

Nordrhein-Westfalen beteiligt sich intensiv an den zehn Plattformen der Digitalen Agenda der Bundesregierung und fördert nordrhein-westfälische Exzellenzen im Rahmen der Leitmarktwettbewerbe (OP EFRE) in den Leitmärkten Informations- und Kommunikationswirtschaft sowie Maschinen- und Anlagenbau/Produktionstechnik.

 

 

4.         Was sind Vor- und Nachteile eigener Standardisierungsbemühungen in NRW oder Deutschland mit jeweiligen Playern vor Ort?

 

Eigene Standardisierungsbemühungen sind von großem – auch standortpolitischem – Vorteil. Bei Industrie 4.0 geht es jetzt vor allem um die neue Weltsprache der Produktion. Für die zahlreichen marktführenden Unternehmen Nordrhein-Westfalens und die starken Forschungseinrichtungen und Spitzencluster unseres Landes bietet das zentral wichtige Feld der Standardisierung eine hervorragende Chance. Die Landesregierung wird Industrie, Dienstleister und Forschungseinrichtungen dabei unterstützen und so die Position Nordrhein-Westfalens als führender Standort für Entwickler und Anwender weiter stärken. Nachteile für den Spitzenstandort NRW ergeben sich daraus nicht.

 

 

5.         Wie kann man eigene de-facto-Standards ohne Beteiligung internationaler Teilnehmer schaffen?

 

De-facto-Standards ohne Beteiligung internationaler Teilnehmer können durch weitere nachhaltige Unterstützung unserer Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Cluster geschaffen werden.

 

 



[1] http://www.elektroniknet.de/elektronikfertigung/strategien-trends/artikel/116855/


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