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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/7900

 

10.02.2015

 

 

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 3024 vom 12. Januar 2015

des Abgeordneten Daniel Schwerd   PIRATEN

Drucksache 16/7722

 

 

 

Datenflut bei den kriminaltechnischen Instituten - kann so angemessen ermittelt werden?

 

 

 

Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3024 mit Schreiben vom 10. Februar 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister beantwortet.

 

 

 

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

 

Vom jüngsten Treffen der Generalstaatsanwälte in Görlitz liegt dem MDR ein internes Dokument vor, aus dem hervorgeht, dass sich die Ermittlungsbehörden der Länder teilweise in einem "Notstand" befinden. Im Dokument heißt es, es seien "die kriminaltechnischen Institute der jeweiligen Landeskriminalämter überlastet und auch im Übrigen kommt es in der Zusammenarbeit mit den jeweiligen Landespolizeibehörden zu Problemen." [1]

 

Hauptgrund dafür seien die wachsenden Datenmengen von Computer-Festplatten, USB-Sticks, DVDs und Handys sowie Daten aus dem Mobilfunkbereich, die für Strafverfahren ausgewertet werden müssen. So habe sich in Brandenburg in fünf Jahren das von den Ermittlungsbehörden zu bewältigende Datenvolumen verdoppelt – auf gegenwärtig mehr als 450 Terabyte.

 

Staatsanwaltschaften seien dazu übergangenen, heißt es, nicht mehr alle sichergestellten Beweise für ein Strafverfahren auszuwerten, sondern lediglich gerade noch so viel, um den ursprünglichen Verdacht zu untermauern, damit das Verfahren so schnell wie möglich beendet werden kann.

 

 

[1] http://www.tagesschau.de/inland/staatsanwaelte-ueberlastung-101.html

Gelingt eine anklagerelevante Auswertung nicht innerhalb von neun Monaten, so müsse das sichergestellte Beweismaterial wieder zurückerstattet werden. Mögliche Verfahren, darauf wird aus Kreisen der Generalstaatsanwaltschaft hingewiesen, seien in der Vergangenheit wegen Überschreitung dieser Neun-Monatsfrist bereits geplatzt.

 

Aufgrund dessen beauftragen Staatsanwälte offenbar verstärkt private Institute, Daten auszuwerten und auf dieser Grundlage Gutachten für Strafverfahren zu erstellen. Dies stelle bei der Weitergabe von Beweismaterialien bei dokumentiertem Kindesmissbrauch ein juristisches Problem dar, wie die Richter bemängelt haben, die darin selber den Tatbestand der Verbreitung pornografischen Materials rügen.

 

 

Vorbemerkungen der Landesregierung

 

Die Sicherung und Auswertung von Beweismitteln erfolgen im Rahmen der Ermittlungsführung durch alle Kreispolizeibehörden (KPB) und das Landeskriminalamt (LKA).

 

Über die Anzahl der in den KPB vorhandenen Beweismittel - so z. B. elektronische Datenträger - können keine Angaben gemacht werden, da entsprechende Statistiken hierzu an zentraler Stelle nicht geführt werden.

 

Im LKA befassen sich Bedienstete verschiedener Abteilungen mit der Sicherung, Aufbereitung und Auswertung von Datenträgern (z. B. Computer, Handys). Datensicherung und -aufbereitung erfolgen im Cybercrime-Kompetenzzentrum. Eine Auswertung gesicherter Datenträger findet in den  Ermittlungsdezernaten des LKA statt.

 

Eine Statistik über die Anzahl der in Ermittlungsverfahren des LKA gesicherten, aufbereiteten und ausgewerteten Datenträger sowie zu Datenmengen wird nicht geführt.

 

Auf den Bericht der Landesregierung zu Tagesordnungspunkt 10 der 52. Sitzung des Innenausschusses vom 22.01.2015 sowie auf den Bericht der Landesregierung zu Tagesordnungspunkt 5 der 40. Sitzung des Rechtsausschusses vom 21.01.2015 weise ich hin.

 

 

1.       Wie haben sich in den letzten fünf Jahren in Nordrhein-Westfalen die Datenmengen von Computer-Festplatten, USB-Sticks, DVDs und Handys wie Daten aus dem Mobilfunkbereich, die für Strafverfahren ausgewertet werden mussten, entwickelt? Schlüsseln Sie die Datenmengen seit 2010 nach Jahren und - soweit vorhanden - nach jeweiligen Datentypen und Strafverfahrensarten auf.

 

Statistische Erhebungen zu den durch die KPB und das LKA gesicherten und ausgewerteten Datenträgern und -mengen werden an zentraler Stelle nicht vorgenommen.

 

Allgemein festzustellen ist, dass - insbesondere aufgrund neuer Informations- und Kommunikationstechnologien - der Umfang auszuwertender Datenträger und -mengen in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich zugenommen hat. So hat sich zum Beispiel der Umfang der durch Ermittlungskommissionen des Cybercrime-Kompetenzzentrums des LKA sichergestellten Datenmengen im Vergleich der Jahre 2011 und 2014 nahezu verdoppelt (2011: ca. 25 Terrabyte/2014: ca. 50 Terrabyte).

 

 

2.       Ist die Landesregierung der Auffassung, dass in zu vielen Fällen Datenträger zur Auswertung sichergestellt worden sind?

 

Der Landesregierung liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass in zu vielen Fällen bzw. in unverhältnismäßiger Form Datenträger zur Auswertung sichergestellt worden sind.

 

 

3.       Besteht laut Landesregierung die Gefahr, dass bei zu oberflächlicher Auswertung entlastende Belege in den Daten übersehen werden können?

 

Datenträger werden beim LKA und den KPB entsprechend der forensischen Anforderungen des jeweiligen Ermittlungsverfahrens ausgewertet, um im Rahmen der Beweisführung sowohl be- als auch entlastende Aspekte zu erheben.

 

Über die Auswertetiefe entscheidet unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalles die sachleitende Staatsanwaltschaft.

 

 

4.       Wie viele Fälle von Gutachtenvergaben an private Institute hat es, aufgeschlüsselt nach Jahren, seit 2010 gegeben? Schlüsseln Sie zusätzlich nach jeweiligen Datentypen und Strafverfahrensarten auf sowie markieren Sie besonders die Straftaten des Bereichs dokumentierten Kindesmissbrauchs.

 

Durch das LKA sind bislang keine privaten Institute mit der Erstellung von Gutachten beauftragt worden. Soweit KPB im Einzelfall ggf. externe Institute beauftragen, erfolgt dies ausschließlich auf Grundlage einer Entscheidung der sachleitenden Staatsanwaltschaft. Statistische Daten dazu liegen nicht vor.

 

 

5.       Wie viele Fälle von Verfahrenseinstellungen hat es seit 2010 bis heute, aufgeschlüsselt seit Jahren, Datentypen und Strafverfahrensarten, gegeben, in denen die Beweisauswertung nicht innerhalb der Frist von neun Monaten durchgeführt werden konnte? Markieren Sie darin besonders die Straftaten aus den Bereichen des Wirtschafts- und Steuerrechts.

 

In Bezug auf die Auswertung von Beweismitteln sowie die Untersuchung von Spuren durch das LKA und die KPB sind keine Fälle bekannt, in denen aufgrund von Fristverstößen Ermittlungsverfahren nicht weiter bearbeitet bzw. verfolgt werden konnten.

 

Zur in der Fragestellung unterstellten Frist wird auf den Bericht der Landesregierung zu Tagesordnungspunkt 5 der 40. Sitzung des Rechtsausschusses vom 21.01.2015 verwiesen.

 

 


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