LANDTAG
NORDRHEIN-WESTFALEN
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Drucksache 16/7869 |
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03.02.2015 |
Kleine Anfrage 3097
des Abgeordneten Daniel Schwerd PIRATEN
Wie steht die Landesregierung zu Anonymität und Verschlüsselung im Internet?
"Wenn Privatsphäre gesetzlos wird, haben nur Gesetzlose Privatsphäre." Phil Zimmermann, amerikanischer Informatiker und Erfinder von PGP
Ein Grundsatz des Datenschutzes besagt, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig ist, wenn der Betroffene eingewilligt hat oder wenn ein Gesetz die Verarbeitung ausdrücklich erlaubt. Da elektronische Kommunikation naturgemäß Spuren hinterlässt, werden oft mehr Daten hinterlassen, als der Nutzer wünscht. In solchen Fällen kann die Nutzung von anonymen oder anonymisierten elektronischen Kommunikationsformen dem Nutzer die Hoheit über seine eigenen Daten und damit über seine Privatsphäre zurückgeben.
Informationen werden in der Regel offen durch das Internet übertragen. So fällt es Unbefugten leicht, Kommunikation abzufangen und auszuwerten, aber auch versehentlicher Verlust solcher Kommunikation kommt schnell vor und ist folgenreich. Verschlüsselung von Kommunikation, insbesondere wenn sie durchgängig von Nutzer zu Nutzer reicht, schützt die Privatsphäre nachhaltig, da nur der Empfänger die Nachrichten lesen kann. Zudem ist es durch Signierung sofort erkennbar, ob Kommunikation auf dem Transportweg manipuliert worden ist.
Ein Recht auf Anonymität elektronischer Kommunikation gibt es bereits: In § 4 Abs. 6 Teledienstedatenschutzgesetz heißt es: "Der Diensteanbieter hat dem Nutzer die Inanspruchnahme von Telediensten und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Der Nutzer ist über diese Möglichkeit zu informieren". In § 18 Abs. 6 Mediendienstestaatsvertrag ist die gleiche Vorschrift für Anbieter von Mediendiensten niedergelegt.
Das Recht auf Verschlüsselung leitet sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ab, welches in einem Leitsatz festlegte: „Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) umfasst das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme" Verschlüsselung sichert die Integrität von elektronischer Kommunikation gegen ungewünschte Veränderung.
Tatsächlich wird allerdings das Recht auf Anonymität sowie das Recht auf Verschlüsselung immer häufiger in Frage gestellt. Sicherheitspolitiker sehen in verschlüsselter oder anonymer Kommunikation oft eine Gefahr, da sie sich nicht ohne weiteres überwachen lässt. Oft wird die Angst vor Terroranschlägen oder schweren Straftaten zur Argumentation genutzt.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung Verschlüsselung und Anonymität bei elektronischer Kommunikation den Bürgerrechten bei?
2. Welche Unterstützung stellt die Landesregierung, ihre Ministerien und Behörden Bürgern und Unternehmen bereit im Hinblick auf Verschlüsselung und Anonymität elektronischer Kommunikation?
3. Welche TOR-Knoten betreibt oder betrieb die Landesregierung, ihre Ministerien und Behörden oder landeseigene Betriebe? Nennen Sie Ort und Art jedes Knoten.
4. In welchen Fällen wurde gegen Betreiber von Verschlüsselung und Anonymität elektronischer Kommunikation (wie zum Beispiel TOR-Knoten-Betreiber) seit 2010 bis heute rechtliche Maßnahmen ergriffen? Nennen Sie jeden einzelnen Fall, Grund sowie Umfang der Maßnahmen.
5. Welche Folgen wie Festnahmen, Anklagen, Verurteilungen, Haussuchungen in Rechenzentren, in Privatwohnungen oder Beschlagnahmungen von Rechenzentrums-Server- oder Privatinfrastruktur gab es in jedem einzelnen dieser Fälle?
Daniel Schwerd