< Zurück zum Blog
Das Dokument als PDF abrufen: Hier klicken!

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/5190

 

06.03.2014

 

 

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 1946 vom 3. Februar 2014

des Abgeordneten Daniel Schwerd   PIRATEN

Drucksache 16/4928

 

 

 

Klobürstenfreie Zonen: Gefährliche Gebiete in NRW?

 

 

 

Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 1946 mit Schreiben vom 5. März 2014 namens der Landesregierung beantwortet.

 

 

 

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

 

"Verdacht wird gerne aus trüben Quellen geschöpft." (Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger)

 

Das Hamburger Polizeirecht erlaubt es, ein bestimmtes Gebiet als "Gefahrengebiet" auszuweisen. § 4 Absatz 2 Satz 1 des Hamburger Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei (PolDVG) besagt:

 

"Die Polizei darf im öffentlichen Raum in einem bestimmten Gebiet Personen kurzfristig anhalten, befragen, ihre Identität feststellen und mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen, soweit auf Grund von konkreten Lageerkenntnissen anzunehmen ist, dass in diesem Gebiet Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen werden und die Maßnahme zur Verhütung der Straftaten erforderlich ist."

 

Die Hamburger Polizei kann in diesem Gebiet bestimmte polizeiliche Standardmaßnahmen durchführen, ohne im Einzelfall prüfen zu müssen, ob eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorliegt. 

 

In anderen Bundesländern existieren vergleichbare Konstruktionen, die dort beispielsweise als "Gefährlicher Ort", "Kriminalitätsbelasteter Ort" oder "Kriminalitätsbrennpunkt" bezeichnet werden. Die Ausweisung dieses Ortes rechtfertigt einen personenübergreifenden Verdacht und polizeiliche Eingriffe, deren Hürden deutlich geringer sind als an anderen Orten.

 

1.         Bestehen in Nordrhein-Westfalen die rechtlichen Voraussetzungen zur Festlegung von räumlichen Gebieten durch die Polizei, die hinsichtlich der polizeilichen Befugnisse den Hamburger "Gefahrengebieten" vergleichbar wären?

 

Nein.

 

Eine Regelung, die § 4 Absatz 2 des hamburgischen Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei (HmbPolDVG) entspricht, existiert in Nordrhein-Westfalen nicht. Nach dieser Norm darf die Polizei im öffentlichen Raum in einem bestimmten Gebiet Personen kurzfristig anhalten, befragen, ihre Identität feststellen und mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen, soweit auf Grund von konkreten Lageerkenntnissen anzunehmen ist, dass in diesem Gebiet Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen werden und die Maßnahme zur Verhütung der Straftaten erforderlich ist.

 

In Nordrhein-Westfalen erlaubt § 12 Absatz 1 Nummer 2 PolG NRW nur, die Identität einer Person festzustellen, wenn sie sich an einem Ort aufhält, von dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

 

-    dort Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben,

-    sich dort Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen oder

-    sich dort gesuchte Straftäter verbergen.

 

Diese Regelung entspricht in etwa § 4 Absatz 1 Nummer 2 HmbPolDVG.

 

Der wesentliche Unterschied dieser Regelungen zu der hamburgischen Eingriffsbefugnis betreffend sogenannter „Gefahrengebiete“ (§ 4 Absatz 2 HmbPolDVG) ist die Begrenzung durch den engen Ortsbezug.

 

 

2.       Welche Eingriffsmöglichkeiten werden der Polizei in "Gefahrengebieten" bzw. vergleichbare Zonen in Nordrhein-Westfalen ermöglicht?

          Nennen Sie für jede Eingriffsmöglichkeit die jeweilige rechtliche Grundlage.

 

Siehe Antwort zu Frage 1.

 

Nach § 12 Absatz 2 PolG NRW kann die Polizei die zur Feststellung der Identität erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann die betroffene Person insbesondere anhalten, sie nach ihren Personalien befragen und verlangen, dass sie Angaben zur Feststellung ihrer Identität macht und mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Die betroffene Person kann festgehalten werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den für das Festhalten einer Person geltenden Voraussetzungen können die betroffene Person sowie die von ihr mitgeführten Sachen durchsucht werden.

 

 

 

 

 

 

 

3.       Gab oder gibt es in Nordrhein-Westfalen solche den Hamburger "Gefahrengebieten" vergleichbare, von der Polizei festgelegte Zonen?

          Nennen Sie Ort, Zeitraum und Grund und Lageerkenntnis für jeden einzelnen Fall in den letzten 5 Kalenderjahren bis zum heutigen Tag.

 

Siehe Antwort zu Frage 1.

 

Über Maßnahmen, die auf § 12 Absatz 1 Nummer 2 PolG NRW gestützt sind, ist keine Statistik vorhanden.

 

 

4.       Ist in NRW eine ad-hoc-Klassifizierung als "Gefahrengebiet" bzw. vergleichbarer Zone durch die Polizei Nordrhein-Westfalens möglich?

          Nennen Sie, wer dazu berechtigt ist und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen.

 

Siehe Antwort zu Frage 1.

 

 

5.       Wie bewertet die Landesregierung die Einrichtung von "Gefahrengebieten" bzw. vergleichbarer Zonen?

          Gehen Sie auf die Eignung zur Kriminalitätsabwehr, Effektivität und Einfluss auf die Bürgerrechte aufgrund des entfallenen individuellen Verdachts ein.

 

Siehe Antwort zu Frage 1.

 

§ 12 Absatz 1 Nummer 2 PolG NRW hat sich bewährt. Hinweise auf unverhältnismäßige Eingriffe in Grundrechte auf dieser Rechtsgrundlage sind nicht bekannt.

 

 


< Zurück zum Blog
Das Dokument als PDF abrufen: Hier klicken!