LANDTAG
NORDRHEIN-WESTFALEN
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Drucksache 16/3726 |
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05.08.2013 |
Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage 1415 vom 8. Juli 2013
des Abgeordneten Daniel Schwerd PIRATEN
Rückstellungen der nordrhein-westfälischen Industrie- und Handelskammern im Jahr 2012
Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 1415 mit Schreiben vom 2. August 2013 namens der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
In NRW existieren zurzeit 16 Industrie- und Handelskammern. Die Industrie- und Handelskammern sind Körperschaften öffentlichen Rechts und haben laut Bundesgesetz die Aufgabe, „das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirkes wahrzunehmen“.
In der kleinen Anfrage 1099 hatte der Verfasser die Landesregierung nach den Rückstellungen der nordrhein-westfälischen Industrie- und Handelskammern für das Jahr 2012 gefragt. Die Landesregierung teilte in ihrer Antwort (Drucksache 16/3052) mit, dass die Rücklagen zum 31.12.2012 noch nicht abschließend angegeben werden könnten, da noch nicht alle Industrie- und Handelskammern den Jahresabschluss zum 31.12.2012 durch ihre jeweilige Vollversammlung hätten feststellen lassen. Dankenswerterweise teilte die Landesregierung jedoch die Zahlen für das Jahr 2011 mit. Inzwischen ist das erste Halbjahr 2013 verstrichen. Anlass dieser Kleinen Anfrage ist es, abermals nach den Rückstellungen der Industrie- und Handelskammern für das Jahr 2012 zu fragen.
Darüber hinaus teilte die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage 1099 mit: „Ab dem Geschäftsjahr 2014 ist vorgesehen, durch Modifizierungen bei den Rücklagen die Transparenz weiter zu erhöhen. […] Bestehende Liquiditätsrücklagen sind bis spätestens zum 31.12.2018 aufzulösen.“
In einer Vorlage an den Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags (Vorlage 16/928) gibt der Finanzminister eine Einschätzung zum Transparenzgesetz NRW ab, das eine Hinwirkungspflicht zur Offenlegung der Vergütungen bei Unternehmen im öffentlich-rechtlichen Einflussbereich normiert. Laut Finanzminister nehme NRW mit diesem Gesetz „nach wie vor bundesweit eine Vorreiterrolle ein.“
1. Wie setzen sich zum Stichtag 31.12.2012 die Rücklagen (in absoluten Zahlen, unterteilt nach Ausgleichs-, Liquiditäts- und sonstigen Rücklagen) der einzelnen Industrie- und Handelskammern in NRW zusammen?
Aus der nachfolgenden Tabelle ergeben sich die Rücklagen zum 31.12.2012. Nach Auskunft der Industrie- und Handelskammern beschließen die Vollversammlungen in vielen Industrie- und Handelskammern erst im 4. Quartal über die Feststellung des Jahresabschlusses. In der Regel erfolgen dabei keine Abweichungen gegenüber den von der Rechnungsprüfungsstelle testierten Abschlüssen. Dies kann aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
(In T €) |
Rücklagenhöhe zum 31.12.2012 |
davon |
Ausgleichsrücklage |
Liquiditätsrücklage |
Sonstige Rücklagen |
IHK Aachen |
11.550 |
|
6.488 |
3.311 |
1.751 |
IHK Arnsberg |
4.480 |
|
3.255 |
1.025 |
200 |
IHK Ostwestfalen zu Bielefeld |
18.480 |
|
7.895 |
8.285 |
2.300 |
IHK Mittleres Ruhrgebiet |
7.679 |
|
5.207 |
2.472 |
0 |
IHK Bonn/Rhein-Sieg |
6.561 |
|
4.903 |
1.618 |
40 |
IHK Lippe zu Detmold |
4.219 |
|
2.271 |
1.468 |
480 |
IHK zu Dortmund |
13.061 |
|
8.015 |
2.179 |
2.867 |
Niederrheinische IHK Duisburg-Wesel-Kleve zu Duisburg |
11.967 |
|
7.920 |
0 |
4.047 |
IHK zu Düsseldorf |
22.055 |
|
10.595 |
10.598 |
862 |
IHK zu Essen |
12.150 |
|
5.666 |
4.537 |
1.946 |
SIHK Hagen |
27.102 |
|
10.217 |
7.803 |
9.082 |
IHK zu Köln |
38.898 |
|
16.198 |
0 |
22.699 |
IHK Mittlerer Niederrhein |
19.631 |
|
8.905 |
1.100 |
9.626 |
IHK Nord Westfalen |
40.065 |
|
12.400 |
12.529 |
15.136 |
IHK Siegen |
7.065 |
|
3.300 |
3.300 |
465 |
IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid |
4.577 |
|
4.174 |
0 |
403 |
Summe |
249.539 |
|
117.409 |
60.224 |
71.905 |
2. Falls immer noch keine Zahlen für den Stichtag 31.12.2012 vorliegen – wann werden die einzelnen Industrie- und Handelskammern ihre Jahresabschlüsse ordnungsgemäß feststellen lassen?
Satzungsgemäß werden die Jahresabschlüsse im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr aufgestellt. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 1
3. Was für eine Vereinbarung liegt der Aussage der Landesregierung zugrunde, bestehende Liquiditätsrücklagen der Industrie- und Handelskammern seien „bis spätestens 31.12.2018 aufzulösen“?
Im Rahmen der Fortentwicklung des Rechnungswesens der Industrie- und Handelskammern hat die Vollversammlung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) den Industrie- und Handelskammern im November 2012 ein geändertes Finanzstatut auf der Grundlage der Vorgaben gemäß § 3 Abs. 7a Satz 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern – IHKG) zur Beschlussfassung empfohlen. Die Empfehlungen, denen ein Konsultationsprozess auf Bund-Länder-Ebene vorausging, sehen unter anderem vor, dass die noch bestehenden Liquiditätsrücklagen bis spätestens zum 31. Dezember 2018 aufzulösen sind.
4. Aus welchem Grund sieht die Landesregierung einerseits eine „Vorreiterrolle“ NRWs durch die gesetzliche Normierung einer Hinwirkungspflicht zur Offenlegung der Vergütungen bei Unternehmen im öffentlich-rechtlichen Einflussbereich, lehnt andererseits jedoch eine gesetzliche Pflicht zur Offenlegung der Geschäftsführer-Gehälter der nordrhein-westfälischen Industrie- und Handelskammern, die Körperschaften öffentlichen Rechts sind, ab?
Die „Vorreiterrolle“ Nordrhein-Westfalens in Bezug auf die gesetzliche Normierung einer Hinwirkungspflicht zur Offenlegung der Vergütungen bei Unternehmen im öffentlich-rechtlichen Einflussbereich einerseits und die Ablehnung einer gesetzlichen Pflicht zur Offenlegung der Geschäftsführer-Gehälter der nordrhein-westfälischen Industrie- und Handelskammern andererseits stehen nicht im Widerspruch zueinander. Die Industrie- und Handelskammern sind keine Unternehmen sondern bundesrechtlich verfasste Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft. Selbstverwaltung bedeutet, dass die demokratisch legitimierten Vollversammlungen im Rahmen der bundesgesetzlichen Vorgaben über alle maßgeblichen Belange ihrer Kammer bestimmen. Dieses auf Bundesrecht fußende Bestimmungsrecht nehmen die Unternehmerinnen und Unternehmer in ihren Kammern verantwortlich und ehrenamtlich wahr. Es besteht für das Land weder rechtlich noch sachlich ein Grund, diesbezüglich in die Selbstverwaltung einzugreifen.