LANDTAG
NORDRHEIN-WESTFALEN
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Drucksache 16/14484 |
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14.03.2017 |
Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage 5589 vom 13. Februar 2017
des Abgeordneten Daniel Schwerd FRAKTIONSLOS
Belastung der Sozialgerichte in NRW durch fehlerhafte Bescheide der Bundesagentur für Arbeit
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
„Der schlimmste aller Fehler ist, sich keines solchen bewusst zu sein“.
Thomas Carlyle
Nach einem 2013 veröffentlichten Bericht der Internen Revision hat die Bundesagentur für Arbeit zugegeben, dass es zu viele Mängel bei der Berechnung von Hartz-IV-Leistungen und der Genehmigung von Ein-Euro-Jobs gibt.
So wurden im ersten Halbjahr des Jahres 2013 fünf Prozent der Hartz-IV-Leistungen in den untersuchten Jobcentern fehlerhaft berechnet. Weiterhin hätten 44 Prozent der Ein-Euro-Jobs nicht genehmigt werden dürfen, weil sie echte Arbeitsplätze verdrängten. Bei der Bewilligung neuer Ein-Euro-Jobs bestehe daher „dringender Handlungsbedarf“, heißt es in dem internen Dokument.
Die häufigsten Fehlerquellen stellten nach diesem Bericht nicht berücksichtigte Versicherungsbeiträge (41 Prozent), ein Mehrbedarf für Energie (27 Prozent) und Unterhaltsansprüche gegen Ex-Ehepartner (19 Prozent) dar.
Der Revisionsbericht kritisiert außerdem Vorgesetzte und Mitarbeiter der Jobcenter. In jedem zweiten geprüften Fall sei das fachaufsichtliche Handeln „nicht angemessen“ gewesen. Mitarbeitern fehle die Sensibilisierung zum Beispiel für Qualitätsstandards. Die Anforderungen des „Handbuchs Interne Kontrollsysteme“ seien nur in vier von 42 geprüften Jobcentern vollständig erfüllt worden.
Diese Mängel und die sich daraus ergebende Klagewelle Betroffener haben zu einer erheblichen Belastung der Sozialgerichte in NRW geführt. Bis 2015 gab es rund 216.000 Verfahren seit der Einführung von Hartz IV. Die Arbeitsbelastung der Sozialgerichte hat sich dadurch vervielfacht. Sie ist allein durch Klagen mit Bezug zum SGB II um fast zwei Drittel angestiegen. Gut 40 % der Kläger erhielten dabei im Jahr 2013 Recht – das bedeutet, dass die Bescheide tatsächlich fehlerhaft waren.
Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 5589 mit Schreiben vom 13. März 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet.
1. In wie vielen Fällen führten von 2014 bis 2016 fehlerhafte Bescheide der Bundesagentur für Arbeit zu Klagen vor Sozialgerichten in NRW? Schlüsseln Sie diese Zahlen nach Kalenderjahren auf.
2. In wie vielen dieser Fälle erhielten Kläger aus diesen Gründen vor nordrhein-westfälischen Sozialgerichten Recht? Schlüsseln Sie diese Zahlen nach Kalenderjahren auf.
Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet.
Verfahren gegen die Bundesagentur für Arbeit zu Fragen des SGB II, zu denen insbesondere auch die vom Fragesteller angesprochenen Klagen betreffend Leistungsbescheide und Genehmigungen von Ein-Euro-Jobs gehören, werden nach der amtlichen Statistik unter dem Sachgebiet „Angelegenheiten nach dem SGB II“ erfasst. Eine weitergehende Differenzierung wird dort nicht vorgenommen, so dass detaillierte Zahlen zu den angesprochenen Verfahren nicht vorliegen.
In der nachfolgenden Tabelle werden die in dem Sachgebiet „Angelegenheiten nach dem SGB II“ vor den nordrhein-westfälischen Sozialgerichten erledigten Verfahren mit dem jeweiligen Verfahrensausgang aufgeschlüsselt. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Obsiegen und Unterliegen der Versicherten/Leistungsberechtigten nach der amtlichen Statistik nur in den Verfahren erfasst werden, die durch Endurteil oder Gerichtsbescheid enden. Ob und inwieweit die Erledigung in den weiteren Verfahren, z.B. durch Vergleich oder angenommenes Anerkenntnis, als (teilweise) positiver Ausgang für die Versicherten/Leistungsberechtigten zu werten ist, wird statistisch nicht gesondert ausgewiesen.
Klageverfahren vor den Sozialgerichten Angelegenheiten nach dem SGB II |
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2016 |
2015 |
2014 |
erledigte Verfahren insgesamt |
21.884 |
21.374 |
21.383 |
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Art der Erledigung: |
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1. Endurteil ⃰ |
1.204 |
1.241 |
1.233 |
2. instanzbeendender Gerichtsbescheid ⃰ |
743 |
524 |
566 |
3. gerichtlicher Vergleich |
2.559 |
2.692 |
2.609 |
4. übereinstimmende Erledigungserklärung |
898 |
917 |
978 |
5. angenommenes Anerkenntnis |
3.284 |
3.479 |
3.504 |
6. Zurücknahme |
11.947 |
10.887 |
10.629 |
7. Verweisung an ein anderes Sozialgericht |
135 |
162 |
154 |
8. Verweisung an ein Gericht einer anderen Gerichtsbarkeit |
5 |
5 |
5 |
9. Verbindung mit einer anderen Sache |
152 |
134 |
205 |
10. Unterbrechung, Ruhen oder Aussetzung |
412 |
766 |
795 |
11. auf sonstige Art |
545 |
567 |
705 |
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durch Endurteil (Ziffer 1.) oder Gerichtsbescheid (Ziffer 2.) erledigte Verfahren insgesamt ⃰ |
1.943 |
1.759 |
1.789 |
Obsiegen der Versicherten oder Leistungsberechtigten |
352 |
349 |
255 |
teilweises Obsiegen/Unterliegen der Versicherten oder Leistungsberechtigten |
159 |
135 |
130 |
Unterliegen der Versicherten oder Leistungsberechtigten |
1.432 |
1.275 |
1.404 |
⃰ Aufgrund von Fehlerfassungen bestehen geringfügige Zahlenabweichungen.
3. Wie hoch beziffert die Landesregierung die dadurch entstanden Kosten für Verfahrensbeihilfe?
Die Gebühren und Auslagen der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Prozesskostenhilfesachen werden nicht nach Sachgebieten differenziert gebucht.
4. Wie stark hat sich die Arbeitsbelastung der Sozialgerichte in NRW seit Einführung des SGB II erhöht?
Seit dem Inkrafttreten des SGB II am 01.01.2005 hat sich die Anzahl der Verfahrenseingänge in Angelegenheiten nach dem SGB II bei den Sozialgerichten des Landes Nordrhein-Westfalen wie folgt entwickelt:
2005 |
2006 |
2007 |
2008 |
2009 |
2010 |
2011 |
2012 |
2013 |
2014 |
2015 |
2016 |
9.233 |
16.349 |
20.862 |
25.634 |
27.581 |
29.197 |
28.013 |
26.991 |
27.574 |
27.914 |
27.274 |
29.143 |
5. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit eingeleitet, die das Ziel einer geringeren Fehlerhaftigkeit von Bescheiden verfolgen?
Die Bundesagentur für Arbeit ist eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unterliegt. Die Landesregierung kann gegenüber der Bundesagentur für Arbeit aus diesem Grund weder rechts- noch fachaufsichtlich tätig werden.