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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/14228

 

14.02.2017

 

 

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 5511 vom 16. Januar 2017

des Abgeordneten Daniel Schwerd   FRAKTIONSLOS

Drucksache 16/13983

 

 

14 Identitäten des Anis Amri und keine Strafanzeige deswegen?

 

 

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

 

 

Berliner Weihnachtsmarkt verantwortlich ist, reiste zuvor monatelang mit insgesamt 14 Identitäten und entsprechenden gefälschten Identitätsdokumenten durch Deutschland, die den nordrhein-westfälischen Behörden bekannt waren. Gleichwohl behauptete Innenminister Jäger in der Sondersitzung des Landtages, es habe keine ausreichende Grundlage gegeben, Amri als Gefährder in Haft zu nehmen.

 

Wer sich falsche Ausweise verschafft, macht sich strafbar, ihm drohen mehrere Jahre Haft.

 

Anis Amri war als Gefährder bekannt, strafrechtlich bereits in Erscheinung getreten, hatte bereits eine mehrjährige Freiheitsstrafe abgesessen, vor ihm wurde durch den tunesischen Geheimdienst gewarnt, er hatte Sozialhilfebetrug begangen, mit Betäubungsmitteln gehandelt, suchte Kontakte zu Islamisten, googelte Bombenbau­anleitungen und war mehrfach Gegenstand geheimdienstlicher Beratungen gewesen. Eine Abschiebungsanordnung wurde nicht beantragt.

 

Es stellt sich die Frage, ob konsequente Ermittlungen wenigstens in dieser offenkundigen Straftat der Urkundenfälschung auf Basis bestehender Gesetze Amri womöglich hätten stoppen können.

 

Es wurde auch spekuliert, ob ein Amt für Verfassungsschutz seine schützende Hand über Amri gehalten haben könnte, weil er als potentieller V-Mann angesehen wurde oder sogar geführt wurde.

 

 

 

Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 5511 mit Schreiben vom 13. Februar 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister beantwortet.

 

 

Vorbemerkung der Landesregierung

 

Bekannt ist, dass Amri sich bei verschiedenen Behörden innerhalb und außerhalb von Nordrhein-Westfalen mehrfach als Asylsuchender registrieren ließ. Mehrfachregistrierungen waren in der Zeit der sehr hohen Zugänge, insbesondere in der zweiten Hälfte des Jahres 2015 und Anfang 2016, vor folgendem Hintergrund möglich:

 

In der Vergangenheit erfolgte die erkennungsdienstliche Behandlung (ED-Behandlung) mit Abgleich der Fingerabdrücke regelmäßig im Rahmen der Asylantragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die im Jahr 2015 überproportional ansteigenden Flüchtlingszahlen führten dazu, dass Asylsuchende immer länger auf einen Termin zur Asylantragstellung beim BAMF warten mussten, so dass sich die ED-Behandlung der Flüchtlinge verzögerte.

 

Im Frühjahr des Jahres 2016 wurde mit dem Datenaustauschverbesserungsgesetz und der sukzessiven flächendeckenden Einführung der sogenannten Personalisierungsinfra- strukturkomponenten die Grundlage dafür geschaffen, dass ankommende Personen flächendeckend erkennungsdienstlich (inkl. Fingerabdrücke und biometrischem Passbild) behandelt werden können. Die Daten werden seitdem in einer Datenbank des Bundes geführt, so dass nunmehr ein bundesweiter Datenabgleich möglich ist. Auch alle Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes wurden mit diesen Systemen ausgestattet. Für die Einführung hatte sich Nordrhein-Westfalen an einem Pilotverfahren beteiligt und als erstes Flächenland den Rollout organisiert. Alle Asylsuchenden aus dem Jahr 2015 wurden mittlerweile nachregistriert. Die neuen rechtlichen und technischen Grundlagen und die bessere personelle Ausstattung, insbesondere auch des BAMF, schließen es weitestgehend aus, dass Asylsuchende unter verschiedenen Identitäten registriert werden.

 

 

1.       Welchen nordrhein-westfälischen Stellen waren die gefälschten Identitätsdokumente und/oder die falschen Identitäten des Anis Amri bekannt?

 

Der diesbezügliche Erkenntnisstand der Landesregierung ergibt sich aus den Ausschussprotokollen der Sitzungen des Innenausschusses vom 05.01.2017 () und vom 19.01.2017 (). Ergänzend wird auf die Vorbemerkung hingewiesen.

 

 

2.       Warum wurde wegen der falschen Identitäten und/oder der gefälschten Identitätsdokumente keine Strafanzeige gegen Anis Amri erstattet bzw. konkret diesbezüglich Ermittlungen eingeleitet?

          Gehen Sie auch darauf ein, inwieweit ein Verfassungsschutzamt daran beteiligt war, Amri vor Strafverfolgung zu bewahren.

 

3.       Bestehen eine oder mehrere Rechtsverpflichtungen, ab Kenntnis einer solchen Fälschung Anzeige zu erstatten bzw. Ermittlungen einzuleiten?

          Geben Sie an, auf welchen Rechtsvorschriften sie jeweils beruhen.

 

4.       Welche Strafe hätte Anis Amri zu erwarten gehabt?

 

5.       Wäre Anis Amri – wegen dieser Straftat, ggf. in Verbindung mit dem Sozialhilfebetrug und/oder dem Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz – in Untersuchungshaft zu nehmen gewesen?

          Gehen Sie auf das Risiko der Fluchtgefahr bzw. der zu erwartenden Abschiebung ein.

 

Die Fragen 2 bis 5 werden gemeinsam beantwortet.

 

Das Nutzen von mehreren (auch unzutreffenden) Identitäten im Asylverfahren ist nicht strafbewehrt. Das gilt auch für die Erlangung entsprechender Identitätsdokumente. Strafprozessuale Maßnahmen können und dürfen hierauf somit nicht gestützt werden.

 

 

 

 


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