LANDTAG
NORDRHEIN-WESTFALEN
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Drucksache 16/13805 |
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15.12.2016 |
Kleine Anfrage 5441
des Abgeordneten Daniel Schwerd FRAKTIONSLOS
Haftung für Links: Kann die Landesregierung zusichern, dass sämtliche Inhalte auf allen vom Land NRW betriebenen Webseiten rechtmäßig verwendet werden?
Das Landesgericht Hamburg hat in einem aktuellen Fall zu entscheiden gehabt, ob durch das Setzen eines Hyperlinks eine Haftung für eine Urheberrechtsverletzung, die auf der verlinkten Seite besteht, auf den Linksetzer übergeht. Im konkreten Fall ging es um eine bearbeitete Fotografie, die auf der verlinkten Seite eingebunden war, ohne dass die korrekte Lizenzierung eingehalten war. Die Fotografie stand unter einer Creative-Commons-Lizenz unentgeltlich zur Verfügung, allerdings waren bei der Verwendung Autor und Bearbeitung nicht in der im Lizenzmodell vorgesehenen Weise erwähnt worden. Dabei hatte der Linksetzer nicht etwa die Fotografie, sondern die Webseite an sich verlinkt, und das Bild nicht selbst eingebunden.
Das Landgericht Hamburg hat in seinem Urteil (Az. 310 O 402/16) entschieden, dass der Betreiber einer Webseite mit „Gewinnerzielungsabsicht“ selbst zumutbare Nachforschung zur Frage der Rechtmäßigkeit der Zugänglichmachung der Inhalte einer Webseite zu unternehmen habe, wenn er einen Link auf diese setze.
Der Linksetzer hatte vorgetragen, bei der Betreiber der verlinkten Webseite nicht nach der Rechtmäßigkeit der Inhalte nachgefragt zu haben. Das wertete das Landgericht bereits als billigende Inkaufnahme der Rechtsverletzung. Auf eine Kenntnis eines Rechtsverstoßes kommt es nicht an.
Die Prüfpflicht ist im Urteil nicht konkretisiert, was Gegenstand weiterer Abmahnungen und rechtlicher Auseinandersetzungen werden dürfte. Zumindest aber eine Pflicht, beim Betreiber der verlinkten Seite nachzufragen, könnte man dem Urteil entnehmen.
Wie der Linksetzer dynamische Inhalte der Zielseite überprüfen, oder von späteren Änderungen auf der verlinkten Seite Kenntnis erlangen soll ist vollkommen unklar. Auch unklar ist, wie es mit der Haftung für fremde Inhalte auf der Zielseite aussieht, zu der der Betreiber der Zielseite selbst keine eigene Aussage treffen kann.
Erfahrungsgemäß wird Gewerbsmäßigkeit einer Webseite weit ausgelegt, so dass diese Prüfpflicht viele Webseitenbetreiber treffen wird, die mit solchen Folgen nicht rechnen. Das kann schon erfüllt sein, wenn sie zum Beispiel Werbebanner setzen, Produkte mit Affiliate-Links versehen beschreiben, oder auch nur in Teilen ihres Angebotes mit redaktionellen Inhalten auf eigene Leistungen aufmerksam machen. Den Abgemahnten ist oft gar nicht klar und ohne rechtliches Fachwissen kaum nachvollziehbar, ob sie diese Kriterien erfüllen oder nicht. Aber auch offenkundig rein gewerbliche Betreiber stehen vor einer kaum zu erfüllenden Aufgabe.
Diese Prüfpflicht wird auch Betreiber treffen, die Angebote der Webseiten des Landes NRW verlinken. Diese werden also von der Landesregierung die Erklärung benötigen, ob sämtliche Medien und Inhalte den Urheberrechten entsprechend eingebunden sind, oder ob möglicherweise andere Rechtsverletzungen vorliegen. Ohne diese Auskunft bestünde die konkrete Gefahr, für etwaige Rechtsverletzungen mitzuhaften und Opfer von Abmahnungen von Rechtsverstößen zu werden, die irgendwo – auch unabsichtlich – auf Webseiten des Landes gemacht wurden. Eine einzelne solche Verletzung brächte auf einen Schlag sämtliche Linksetzer in Gefahr.
Das Setzen von Hyperlinks ist das Rückgrat des Internets. So werden Inhalte im Internet miteinander verknüpft, was zur netzartigen Struktur und Aggregation von Information und Wissen führt. Suchmaschinen finden neue Inhalte über solche Links, und bewerten deren Relevanz nach der Anzahl und den Ankertexten von Links.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Sind ausnahmslos sämtliche Inhalte sämtlicher Webseiten des Landes NRW dem Urheberrecht genügend eingebunden und lizenziert? Das schließt auch audiovisuelle Medien und die korrekte Verwendung von Lizenzen ein, etwa bei der Namensnennung und Nennung von Bearbeitung.
2. Kann die Landesregierung eine Erklärung zu (1) rechtsverbindlich abgeben, auf die sich Linksetzer auf Angebote des Landes rechtssicher berufen können?
3. Hat die Landesregierung ihrerseits von allen Betreibern aller von Webseiten des Landes verlinkten Seiten entsprechende Erklärungen eingeholt bzw. beabsichtigt sie dies? Gehen Sie ggf. darauf ein, welche sonstigen Nachforschungen die Landesregierung zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit aller Inhalte aller verlinkten, fremden Webseiten unternimmt.
4. Ist die Landesregierung der Ansicht, eine solche Prüfungspflicht für sämtliche Inhalte einer verlinkten Webseite ist durch den Linksetzer realistisch und haftungssicher zu erfüllen?
5. Wie wird es sich auf die Struktur des Internets auswirken, wenn mit dem Setzen von Hyperlinks derartige Haftungsgefahren und Prüfpflichten auf einen Linksetzer übergehen?
Daniel Schwerd