LANDTAG
NORDRHEIN-WESTFALEN
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Drucksache 16/13717 |
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08.12.2016 |
Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage 5309 vom 7. November 2016
des Abgeordneten Daniel Schwerd FRAKTIONSLOS
Umschalten verboten: Will auch NRW ein Verbot von Ad-Blockern?
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
„Bestimme dich aus dir selbst.“
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Im dem im Juni 2016 erschienenen Bericht der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz (BLKM) wird berichtet, dass die Kommission ein gesetzliches Ad-Blocker-Verbot prüft. So heißt es im Bericht: Ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf solle vor dem Hintergrund, „ob im Hinblick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen und damit verbundenen medienpolitischen Risiken ggf. eine gesetzliche Flankierung geboten ist“, geprüft werden (Bericht, S. 6).
Die interne AG Kartellrecht/Vielfaltsicherung ist mit der Prüfung beauftragt worden. Erst nach einer Besprechung zwischen der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder am 3. Dezember 2015 wurde der Prüfauftrag beschlossen (S. 18).
Noch bis in den Oktober 2015 hinein, so berichtete Netzpolitik.org, waren sich das Bundeskanzleramt (BKAmt), das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einig, dass die Einberufung einer Arbeitsgruppe (AG) bezüglich eines Ad-Blocker-Verbotes nicht notwendig sei (Netzpolitik.org, 5. September 2016).
Im Zuge dieses Prüfverfahrens wurde durch die AG am 8. März 2016 ein Workshop zu Mediaagenturen und Ad-Blockern durchgeführt. Laut Bericht wurden verschiedene Medienverbände und ein Wirtschaftsunternehmen OMG e. V. – Organisation der Mediaagenturen, BDZV (Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e. V.), VDZ (Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e. V.), ZAW (Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e. V.), VPRT (Verband Privater Rundfunk und Telemedien e. V.), APR (Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk), die ARD und die ZDF Werbefernsehen GmbH sowie die OMNICOM Media Group Germany GmbH eingeladen (S. 16).
Netzpolitik.org veröffentlichte u. a. das Protokoll des abgehaltenen Workshops: Aus diesem geht hervor, dass die Medienvertreter einstimmig Ad-Blocker als gesetzeswidrig ansehen und eine gesetzliche Lösung fordern (Netzpolitik.org, 5. September 2016). So heißt es dann auch im Bericht wie folgt: „Nach Auffassung der Medienanbieter stellen diese ein Gesamtprodukt zur Verfügung, zu welchem bei kostenlosen Angeboten auch Werbung gehöre, um das journalistische Angebot zu refinanzieren. Dieses Gesamtangebot werde durch den Ad-Blocker faktisch entbündelt. […] Ad-Blocker wurden als existentielle Bedrohung der wirtschaftlichen Basis insbesondere für die digitalen Angebote der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger bezeichnet […]. Die Medienunternehmen forderten vor diesem Hintergrund ein generelles gesetzliches Verbot von Ad-Blockern (S. 20).
Der Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien und Chef der Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage 5309 mit Schreiben vom 7. Dezember 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortetet.
1. Inwieweit teilt die Landesregierung die kritische Sichtweise zu Ad-Blockern, wie sie im Juni 2016 erschienenen Bericht der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz zum Ausdruck kommt?
Der Bericht der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz ist Ausdruck der gemeinsamen Haltung der Bundesregierung und der Landesregierungen. Aus Sicht der Landesregierung Nordrhein-Westfalens ist das Geschäftsmodell von Ad-Blockern differenziert zu betrachten. Aus Verbraucherschutzperspektive können Ad-Blocker möglicherweise mit Blick auf das Unterbinden von z. B. Online-Tracking einen verbraucherschützenden Nutzen entfalten. Medienpolitisch sind sie problematisch, weil sie für Nutzerinnen und Nutzer kostenlose, werbefinanzierte Medienangebote unterbinden und damit die Vielfalt von Medienangeboten insgesamt in ihrer Substanz gefährden.
2. Teilt die Landesregierung die Forderung nach einem Verbot von Ad-Blockern?
Zu der Frage eines gesonderten Verbots von Ad-Blockern besteht noch Prüfbedarf.
3. Welche Position hat die Landesregierung im Vorfeld und während der Besprechung zwischen der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder am 3. Dezember 2015 in Bezug auf Ad-Blocker vertreten?
Die Konferenz der Regierungschefinnen und -chefs der Länder hat am 3. Dezember 2015 einstimmig beschlossen, die Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz zu bitten, ihren Bericht ggf. um die Themen Ad-Blocker, Mediaagenturen und Netzneutralität zu ergänzen.
4. Wie hoch ist ein wirtschaftlicher Schaden für Verleger durch Ad-Blocker konkret zu beziffern?
Hierzu liegen der Landesregierung keine Zahlen vor; die Landesregierung erhebt hierzu auch keine Zahlen. Wirtschaftlicher Schaden durch das Blockieren von Werbung kann indes nicht nur Verlegern, sondern auch anderen Medienunternehmen, deren Internetangebote werbefinanziert bereitgestellt werden, entstehen.
5. Wie bewertet die Landesregierung den Nutzen von Ad-Blockern, zum Beispiel zur Beschleunigung des Seitenaufbaus, zur Beseitigung von Barrieren bei Internetangeboten für Menschen mit Beeinträchtigungen, zur Erhöhung des Datenschutzniveaus durch Vermeidung von Tracking oder zum Schutze vor Malware?
Eine Nutzenbewertung ist Teil der Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen von Ad-Blockern, die derzeit noch nicht abgeschlossen ist, vgl. die Antwort zu Frage 2.