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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/13319

 

31.10.2016

 

 

 

 

Kleine Anfrage 5295

 

des Abgeordneten Daniel Schwerd   FRAKTIONSLOS

 

 

 

Wahrnehmung der Fachaufsicht durch das Ministerium für Arbeit und Soziales im Bereich des SGB II

 

 

 

Die Jobcenter sind verpflichtet, die angemessenen Unterkunftskosten im SGB II durch »bereite Quellen« zu ermitteln. Bereite Quellen können sog. „schlüssige Konzepte“ sein, aber auch einfache, wie qualifizierte Mietspiegel (BSG v. 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R) oder eigene Erhebungen des örtlichen Leistungsträgers. Diese bereiten Quellen müssen die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben.

 

Das Bundessozialgericht (BSG) hat entschieden, dass im Falle des Ausfalls bereiter Quellen zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze von Kosten der Unterkunft auf die tatsächliche Miete abzustellen ist. Begrenzt wird dieser Wert dann durch den Oberwert der Wohngeldtabelle (§ 12 WoGG) zuzüglich 10% Sicherungsaufschlag (BSG v. 17.02.2009 - B 4 AS 50/9 R, BSG v. 20.08.2009 - B 14 AS 65/08 R, BSG v. 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R).

 

In der Stadt Wuppertal existiert seit dem Jahr 2013 keine bereite Quelle zur Ermittlung der Mietpreise mehr, da es seitdem keinerlei offizielle Erhebungen zu Mietpreisen gegeben hat. Beim Wuppertaler Amtsgericht wird in Mietangelegenheiten der Mietpreisspiegel mit einem Aufschlag von 30 % angewendet. Der alte Mietspiegel ist aus dem Jahr 2010 und wurde nur bis einschließlich 2012 als einfacher Mietpreisspiegel fortgeschrieben (SG Düsseldorf 04.07.2016 – S 13 AS 3749/15, S. 7 2. Absatz). http://wuppertal.tacheles-sozialhilfe.de/fa/redakteur/Wuppertal_Kommunales/KdU_2014/SG_DUS_04.07.2016_-_S_13_AS_374915.pdfSpätestens seit Anfang 2013 gab es keine weiteren Ermittlungen zu den Unterkunftskosten in Wuppertal, die auch nur annähernd den Anforderungen der BSG – Rechtsprechung genügen.[1]

 

Bis Ende 2015 wurde vom Jobcenter Wuppertal AöR (JC), entgegen der Rechtsprechung des BSG (v. 19.10.2009 - B 14 AS 50/10 R, vgl. BSG 02.07.2009 - B 14 AS 36/08), als Angemessenheitsgrenze der reine Nettomietpreis berücksichtigt. Das Landessozialgericht (LSG) NRW hat das JC Wuppertal dazu verpflichtet, die Bruttokaltmiete zu berücksichtigen (LSG NRW 29.10.2015 – L 7 AS 1310/11). Die verwaltungstechnische Umsetzung des Urteils des LSG NRW erfolgte erst Monate nach dem Urteil des LSG NRW.

 

Der Wuppertaler Arbeitslosen- und Sozialhilfeverein Tacheles e.V. hat als örtlicher Interessensvertreter erwerbsloser Menschen vielfach die Umsetzung des Urteils des LSG NRW gefordert.[2] Nachdem das JC Wuppertal über drei Monate untätig und nicht bereit war, das Urteil des LSG NRW umzusetzen, hat der Verein Tacheles eine erste Fachaufsichtsbeschwerde eingelegt (FA 31.01.2016).[3]

 

Anfang Februar 2016 wurde vom JC Wuppertal AöR das LSG-Urteil umgesetzt und eine neue Richtlinie zu den Unterkunftskosten erlassen.[4] Da diese nach diesseitiger Ansicht gravierende Rechtsverstöße beinhaltet, hat der Verein Tacheles dann in einer zweiten Fachaufsichtsbeschwerde die dortigen Rechtsverstöße dargestellt und um fachaufsichtsrechtliche Prüfung gebeten (FA 06.02.2016).[5]

 

Nachfolgend sind die ersten rechtswidrigen Handlungen des JC Wuppertal bekannt geworden, was zu einer ergänzenden Fachaufsichtsbeschwerde beim Ministerium für Arbeit und Soziales (MAIS) geführt hat (FA v. 11.03.2016).[6] 

 

Nachdem es vom MAIS zu keiner Bearbeitung der Beschwerden gekommen ist, wurde mit Datum vom 07.05.2016 von Seiten des Vereins Tacheles die fehlende Bearbeitung durch das MAIS angezeigt (Schreiben v. 07.05.2016).[7]

 

Mit Datum vom 11.05.2016 hat das MAIS in Person des Herrn Dr. L. die Beschwerden beantwortet. Darin heißt es wörtlich:

 

"Ihr Anliegen wurde von hier aus geprüft. Diesbezüglich teile ich Ihnen mit, dass die KdU-Handlungshinweise im Hinblick auf die von Ihnen benannten Inhalte nach dem Ergebnis der hiesigen Prüfung zu Beanstandungen keinen Anlass geben." [Hervorhebung durch Fragesteller][8]

 

Mit Datum vom 22.05.2016 wandte sich der Vorsitzende von Tacheles e.V. erneut mit einem Schreiben an das MAIS zu Händen des Herrn Dr. L. und hat in neun Punkten gravirende Rechtsverstöße des JC Wuppertal dargelegt und um erneute Prüfung gebeten (Schreiben Tacheles v. 22.05.2016).

 

Dieses Schreiben ist bis zum heutigen Tage unbeantwortet geblieben.[9]

 

 

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

 

1.           Wie hat nach Ansicht der Landesregierung die korrekte Ausübung der Fachaufsicht auszusehen?

 

2.           Wie sind die fachaufsichtsrechtlichen Strukturen in Bezug auf das SGB II im MAIS ausgestaltet, insbesondere im Hinblick darauf, wie die Fachaufsicht abläuft und welche Person für welche Sachbereiche zuständig ist?

 

3.           Wie bewertet die Landesregierung das Vorgehen des Herrn Dr. L. im vorliegenden Fall, dies insbesondere, da das Sozialgericht ohne Probleme eine Rechtswidrigkeit erkennen kann (SG Düsseldorf 04.07.2016 – S 13 AS 3749/15)? 

 

4.           An wen oder welche Stelle können bzw. sollen sich BürgerInnen oder Institutionen wenden, wenn durch das MAIS die Fachaufsicht nicht wahrgenommen wird?

 

5.           Im Bereich der Grundsicherungsgewährung kommt es immer wieder zu massiven Beschwerden über fachliches Handeln oder Handlungsunterlassungen der Grundsicherungsträger. Wie kann nach Ansicht der Landesregierung die Wahrnehmung der Fachaufsicht für BürgerInnen und Institutionen gestärkt werden?

 

 

 

Daniel Schwerd

 

 



[1] . https://www.wuppertal.de/vv/produkte/105/102370100000364921.php

[2] http://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/aktuelles/d/n/1934/.

[3]http://tachelessozialhilfe.de/fa/redakteur/Wuppertal_Kommunales/Tach.FA_Bezirksregierung_31.01.2016.pdf

[4] http://www.harald-thome.de/media/files/kdu,-ae,-but-rilis/KdU-Wuppertal---31.01.2016.pdf.

[5]http://tachelesozialhilfe.de/fa/redakteur/Wuppertal_Kommunales/2._FA_Tacheles_zu_KdU_an_BzR_06.02.2016.pdf

[6]http://wuppertal.tachelesozialhilfe.de/fa/redakteur/Wuppertal_Kommunales/KdU_2014/FHBeschwerde_11.02.2016.pdf

[7] http://wuppertal.tacheles-sozialhilfe.de/fa/redakteur/Wuppertal_Kommunales/KdU_2014/FHAnmahnung_7.5.2016.pdf

[8] Schreiben MAIS v. 11.Mai 2016) zu finden: http://wuppertal.tacheles-sozialhilfe.de/fa/redakteur/Wuppertal_Kommunales/KdU_2014/FHAnmahnung_7.5.2016.pdf

[9] http://wuppertal.tacheles-sozialhilfe.de/fa/redakteur/Wuppertal_Kommunales/KdU_2014/TaStellungnahme_an_MAIS_22.05.2016.pdf


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