LANDTAG
NORDRHEIN-WESTFALEN
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Drucksache 16/1083 |
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08.10.2012 |
Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage 415 vom 4. September 2012
des Abgeordneten Daniel Schwerd PIRATEN
Vorgesehener Einsatz von De-Mail in Nordrhein-Westfalen
Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 415 mit Schreiben vom 8. Oktober 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin und allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
Die Landesregierung plant ein Gesetz zur Änderung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes NRW sowie zur Anpassung des Landeszustellungsgesetzes an das De-Mail-Gesetz. Mithilfe der De-Mail soll eine rechtssichere Zustellung von Verwaltungsakten per Email ermöglicht werden.
Kritisiert an der De-Mail wird die fehlende End-to-End-Verschlüsselung: Die Kommunikation wird auf den Servern des Betreibers unverschlüsselt abgelegt, welches eine potentielle Sicherheits- und Integritätslücke darstellt. Die Vertraulichkeit der Nachrichten ist damit nicht sichergestellt.
Weiter wird kritisiert, dass der Datenschutz der übermittelten Daten sowie der der Adressdaten nicht denselben Standard wie bei Briefpost haben. Der Zugriff auf diese Informationen ist technisch und juristisch deutlich leichter möglich als mit herkömmlichen Zustellmethoden, der Schutz der Kommunikation durch das Fernmeldegesetz ist faktisch ausgehebelt.
Kritisch zu sehen ist der Umstand, dass in dem De-Mail-Account alle Daten und Kontakte einer Person auf sie zurückführbar zentral gesammelt werden, da eine anonyme oder pseudonyme Nutzung bzw. die Aufteilung auf mehrere Accounts nicht möglich bzw. erlaubt ist. Dies ermöglicht Datenerhebung und Aggregation in ungeahntem Ausmaß. Anonyme Kommunikation ist nicht vorgesehen. Die Daten werden pauschal auf Vorrat gespeichert.
Nicht zuletzt ist die Beweiskraft von De-Mail juristisch ungeklärt. Es ist nicht sicher, ob eine Zustellung rechtswirksam erfolgt bzw. möglich ist. Dokumente im De-Mail-Postfach sollen als zugestellt gelten, auch wenn der Nutzer des Postfaches sie nicht zur Kenntnis genommen hat, welches ihn in eine nachteilige Rechtsposition bringen kann.
Eine Benachteiligung von Bürgern ohne De-Mail-Postfach erfolgt, wenn Kommunikation mit Behörden per De-Mail zum Standard werden sollte. Dies kann Gesellschaftsgruppen ohne Computer, oder Personen mit hohen Ansprüchen an Datenschutz und Integrität und Sicherheit ihrer Kommunikation von der Interaktion mit Behörden ausschließen oder sie unangemessen benachteiligen.
Die Deutsche Telekom hat ein Gebührenmodell für De-Mail vorgestellt, welches – bereits ohne Verschlüsselung – Gebühren vorsieht, die denen normaler Briefpost nahekommt.
1. Welcher Einsatz von De-Mail von Ministerien, sowie Ämtern, Behörden und Dienststellen des Landes NRW und ihrer Ministerien ist vorgesehen?
Bitte spezifizieren Sie die Angaben nach den jeweiligen Dienststellen, Ämtern und Ministerien, nach dem Zweck der Kommunikation, der Adressatengruppe, und dem vorgesehenen, erwarteten De-Email-Volumen pro Zweck und Jahr.
Der künftige Einsatz von De-Mail kann für das Land derzeit nicht konkretisiert werden. Auf der Bundesebene werden aktuell mehrere Gesetzgebungsverfahren betrieben bzw. vorbereitet, die auch den Einsatz von De-Mail betreffen und insoweit für die Planung der Landesregierung zu berücksichtigen sind. Beispielhaft seien hier nur die Entwürfe eines E-Government-Gesetzes, eines E-Justice-Gesetzes und eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Justiz genannt. Die Ergebnisse der Beratungen bleiben abzuwarten und werden in die Strategieplanung der Landesregierung im Jahr 2013 einbezogen werden.
2. Welche Kosten entstehen durch den vorgesehenen Einsatz von De-Mail an Ministerien, sowie Ämtern, Behörden und Dienststellen des Landes NRW und ihrer Ministerien?
Bitte spezifizieren Sie die Angaben nach den jeweiligen Dienststellen, Ämtern und Ministerien, nach dem Zweck der Kommunikation, der Adressatengruppe, sowie nach einmaligen Kosten und laufenden Kosten, gemessen an dem vorgesehenen, erwarteten De-Email-Volumen pro Zweck und Jahr.
Siehe Antwort auf Frage 1.
3. Welche Einsparungen sollen durch den Einsatz von De-Mail an Ministerien, sowie Ämtern, Behörden und Dienststellen des Landes NRW und ihrer Ministerien generiert werden?
Bitte spezifizieren Sie die Angaben nach den jeweiligen Dienststellen, Ämtern und Ministerien, nach dem Zweck der Kommunikation, der Adressatengruppe, sowie nach einmaligen Effekten und laufenden Effekten, gemessen an dem vorgesehenen, erwarteten De-Email-Volumen pro Zweck und Jahr im Vergleich zu den bisherigen Kosten.
Siehe Antwort auf Frage 1.
4. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass Kommunikation der Behörden mit Bürgern per De-Mail nicht denselben Vertrauenstatbestand und Geheimnisschutz genießt wie herkömmliche Kommunikation?
Die Landesregierung teilt die in der Fragestellung enthaltene Auffassung nicht. In den Beratungen um den Einsatz von De-Mail wurde und wird seitens der Landesregierung der Sicherheitsaspekt immer in den Vordergrund gestellt.
De-Mail ist so konzipiert, dass es für die Nutzerin und den Nutzer einfach handhabbar ist und von verschiedenen De-Mail-Anbietern offeriert werden kann. Folge dieser Konzeption ist, dass die Nachrichten stets verschlüsselt zwischen diesen ausgetauscht werden, aber für einen kurzen Moment entschlüsselt beim Anbieter vorliegen. Insbesondere auch deshalb werden an die Akkreditierung von De-Mail-Anbietern umfangreiche Anforderungen gestellt, damit ein Missbrauch der Daten ausgeschlossen werden kann. Der Zeitraum der Entschlüsselung wird zum Schutz der Nutzerinnen und Nutzer dafür verwendet, das Sicherheitsniveau des De-Mail-Systems weiter zu erhöhen, indem eine automatisierte Prüfung auf Schadsoftware stattfindet. Ein vergleichbares Sicherheitsniveau erreicht die herkömmliche Kommunikation nicht.
Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass mit dem Entwurf der Landesregierung zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz die Zustellung per De-Mail an Bürgerinnen und Bürger nur dann möglich ist, wenn sie selbst den Zugang für die Behörde ausdrücklich eröffnen oder die elektronische Abwicklung sogar verlangen. Ziel ist es, eine weitere Möglichkeit der rechtsverbindlichen Kommunikation mit der Behörde zu eröffnen, sofern die Bürgerin oder der Bürger dies wünscht. Zustellungsrechtlich sind sie so gestellt wie bei der herkömmlichen Kommunikation; über die Rechtsfolgen einer Zustellungsfiktion nach § 5a Abs. 4 des Gesetzentwurfs (die wohlgemerkt nur eintritt, wenn die Bürgerin oder der Bürger ausdrücklich nach einer elektronischen Abwicklung verlangt) müssen die Bürgerinnen und Bürger sogar von der Behörde gesondert informiert werden.
5. Wie will die Landesregierung verhindern, dass Bürger ohne De-Mail-Postfach in der Kommunikation mit Ämtern, Behörden und Dienststellen des Landes NRW benachteiligt werden?
Die Gefahr besteht nicht, wie das aktuelle Beispiel des Gesetzentwurfs zur Änderung des Verwaltungszustellungsgesetzes zeigt: Ziel der Landesregierung ist es, zusätzlich zu den herkömmlichen Kommunikationsmöglichkeiten weitere Kommunikationsmöglichkeiten zu eröffnen.