Da kann man leider nichts machen – oder doch? @netnrd telefoniert mit der Landesregierung.

phone-14131_640Am letzten Plenar-Donnerstag, dem 26. September 2013, protestierte der Frauenverband Courage e. V. vor dem Landtag in Düsseldorf. Rund 30 Frauen und Männer waren zum Landtag gezogen, um gegen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Verbands zu demonstrieren. Zu diesem Zweck wollten die Vertreterinnen des Verbands unserer Ministerpräsidentin Hannelore Kraft eine Liste mit Unterschriften gegen die Aberkennung sowie einige Dutzend Protesterklärungen übergeben.

Den Termin hatten die Damen der Landesregierung schon länger angekündigt; nur reagiert hatte bisher offenbar niemand. Jedenfalls erschien niemand, ganz besonders nicht Frau Kraft, um die Unterschriftensammlung entgegenzunehmen oder auch nur dem Anliegen des Vereins zu lauschen.

Der Hintergrund

Dem Frauenverband Courage e. V. wurde Ende 2012 vom Finanzamt Wuppertal mitgeteilt, dass ihm die Gemeinnützigkeit ab 2010 aberkannt werde, weil der Verein seit 2010 im NRW-Verfassungsschutzbericht erwähnt wird. Der Verdacht, der im Verfassungsschutzbericht geäußert wird, lautet: Der Verband sei eine Vorfeldorganisation der MLPD. Die Courage-Frauen selber betonen jedoch ihre politische Unabhängigkeit. Eine solche Aberkennung der Gemeinnützigkeit führt jedenfalls zu großen steuerlichen Nachteilen – der Verein wäre durch eine Aberkennung in seiner Existenz bedroht. Vor allem aber: Die beiläufige Erwähnung in einem Verfassungsschutzbericht ist aus juristischer Sicht keine ausreichende Grundlage zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit. Dies hat die Bundesregierung bereits mehrfach bestätigt. Die Landesregierung von NRW teilt diese Auffassung, wie eine Kleine Anfrage von Birgit Rydlewski und mir im Februar 2013 ergeben hat. Damit dem Verein die Gemeinnützigkeit aberkannt werden könnte, müsste der Verein in einem Verfassungsbericht schon eindeutig als extremistische Organisation eingestuft werden. Das wird er nicht – aus gutem Grund. Dennoch hat das Finanzamt Wuppertal darauf basierend Fakten geschaffen, und dagegen wehrt sich der Verband m.M.n. zurecht.

Zwei Vertreterinnen des Courage e. V. entschieden daraufhin, sich direkt im Landtag umzuschauen, Frau Ministerpräsidentin Kraft, oder alternativ unsere Emanzipations-Ministerin Steffens abzufangen und ihnen die Unterschriften quasi im Handstreich zu überreichen. Die Polizei am Eingang hatte allerdings etwas dagegen – wo kämen wir da hin, wenn der Souverän so mir nichts dir nichts sein Haus betreten könnte? Ich lud die beiden Damen spontan als meine Gäste in den Landtag ein, sehr zum Missfallen der beteiligten Polizei. Dabei wollten die beiden Frauen wirklich nur eines tun: Ihren berechtigten Protest über eine (meiner Meinung nach) rechtswidrige behördliche Maßnahme zum Ausdruck bringen und Protestunterschriften überreichen. Das wollte ich gerne unterstützen.

Da ich freilich nicht der richtige Empfänger für die Unterschriften war, fassten wir den Plan, einfach mal in der Staatskanzlei anzurufen und zu fragen, ob Frau Kraft nicht Zeit habe, die Unterschriften entgegenzunehmen. Immerhin war Plenartag – an solchen sind die Damen und Herren Minister (und -präsidentinnen) normalerweise im Haus.

Runde 1

Erster Anruf in der Telefonzentrale der Staatskanzlei: Ob man mich bitte mit dem Büro der Ministerpräsidentin verbinden könne? *Kurze Wartemelodie.* Und tatsächlich – das Vorzimmer von Frau Kraft ist am Apparat. (Das ging wirklich einfach – ich vermute mal stark, dass das damit zusammenhing, dass ich vom Landtag aus anrief.) Habe kurz unser Anliegen geschildert, am anderen Ende herrscht jedoch Ratlosigkeit: Man könne zu dem Fall nicht sagen, auch nichts zu den Unterschriften und überhaupt wäre es derzeit schwierig, mit Frau Kraft einen Termin zu machen. Aber Moment, man könne mich mit der persönlichen Referentin von Frau Kraft verbinden. *Diesmal längere Wartemelodie.* Dann die Referentin am Telefon: Ein wichtiges Thema! Man wisse nur, leider, gar nichts von einem geplanten Termin und zudem sei die Staatskanzlei auch nicht zuständig. Frau Kraft sei zudem gar nicht im Lande und ohnehin sei es mit Terminen in der Nach-Wahlkampfzeit sehr schwierig, das verstehe man doch sicherlich? In der Sache könne man im Moment gar keinen Termin machen. Ah, na dann, vielen Dank!

Runde 2

So leicht geben wir natürlich nicht auf. Also ein zweiter Anruf, diesmal beim Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen. Frau Ministerin Steffens war als Ersatzempfängerin der Unterschriften vorgesehen, und als Ministerin für Gleichstellung irgendwie auch zuständig. Schönen guten Tag sage ich, man wolle Frau Steffens einige Unterschriften überreichen und daher mit dem Büro der Ministerin verbunden werden, ob das wohl möglich sei? *Wartemelodie.* Dann aus dem Vorzimmer der Ministerin: Man habe von dem Fall gehört. Worum es denn genau gehe? Unterschriften? Oh je, das sehe schlecht aus. Vielleicht könne die persönliche Referentin helfen. *Lange Wartemelodie.* Persönliche Referentin: Oh, der Frauenverband Courage, man nehme das Thema sehr ernst! Frau Steffens sei jedoch, leider, nicht im Land und könne also keine Unterschriften entgegen nehmen. Vor allem sei das Familienministerium gar nicht zuständig! … Moment, man wolle kurz schauen, wo der Vorgang zur Zeit liege. … Ah ja, beim Finanzministerium! Man könne sogar einen Ansprechpartner nennen, der den Fall dort bearbeitet. Dort könnten wir es mal versuchen. Vielen Dank!

Runde 3

Immerhin: Wir haben einen Ansprechpartner Finanzministerium. Ich rufe dort an: Schönen guten Tag, Schwerd hier, ob wohl der Herr Soundso zu sprechen sei? Achso, er ist leider heute nicht da, gerade heute hat er Urlaub. Ob jemand anders helfen könne? Nein, der Herr soundso sei leider der einzige, der mit dem Fall befasst sei, man bedauere außerordentlich.

Runde 3.5

Wenn einem die Sachbearbeiter nicht weiterhelfen können, dann aber vielleicht der Herr Minister Walter-Borjans. Sein Ressort ist offenbar zuständig, also wäre er der richtige Ansprechpartner. Zudem habe ich ihn heute im Plenum gesehen, er ist also da. Also tätige ich einen weiterer Anruf, jetzt in der Telefonzentrale des Finanzministeriums. Das Ministerbüro bitte! *Wartemelodie.* Man wolle fragen ob der Minister Zeit habe, Unterschriften des Frauenverbands Courage entgegenzunehmen? … Schwierig? Ob man gar nichts machen könne? … Die Damen stünden hier im Büro, es wäre wirklich schade, wenn man sie einfach so wieder wegschicken müsste. … Und der persönliche Referent? Meldet sich gleich? Ja, vielen Dank.

Nun gut, da standen wir also im Büro, nach einigen mehr oder weniger ergebnislosen Telefonaten. Immerhin, wir konnten unser Anliegen bis in die Ministerbüros tragen. Aber die Unterschriften waren wir immer noch nicht los. Was sollten wir also machen? Wir warteten noch einige Minuten, ob der persönliche Referent des Finanzministers vielleicht tatsächlich zurückrufen würde. Nach 15 Minuten entschieden wir uns dann aber, unverrichteter Dinge abzuziehen. Ich musste schließlich auch wieder in den Plenarsaal. Auf dem Weg nach unten klingelt dann mein Handy. Diesmal ist _mein_ persönlicher Mitarbeiter am Telefon:

Runde 4

Große Freude: Der persönliche Referent des Finanzministers hat gerade angerufen! Der Minister sei zwar leider nicht mehr im Haus und habe auch keine Zeit, um die Unterschriften entgegenzunehmen, ihm sei das Thema aber sehr wichtig. Darum würden der Minister anbieten wollen, dass sein persönlicher Referent die Unterschriften in seinem Namen entgegennimmt. Wir vereinbaren, uns direkt vor dem Landtag zu treffen.

Wow, zu dem Zeitpunkt hatte ich schon nicht mehr dran geglaubt. Aber tatsächlich taucht der Referent nach wenigen Minuten auf, ist sehr freundlich, nimmt sich einige Minuten Zeit für die Vertreterinnen des Frauenverbandes Courage und bekommt die Unterschriften übergeben. Man wirbt gegenseitig um Verständnis, und alle zufrieden. Die ganze Aktion ist in weniger als 5 Minuten vorbei.

Warum nicht gleich so?

Wochenrückblick 4/2012

Plenartage am 7., 8. und 9. November

Am 7., 8. und 9. November fanden Plenartage statt, der Haushalt für 2012 wurde in zweiter Lesung verhandelt. Am 8. November habe ich zwei Reden im Plenum gehalten, entsprechend der Ausschüsse, in denen ich tätig bin, zum Kultur und Medienhaushalt sowie zum Wirtschaftshaushalt. Die beiden Reden gibt es auf Youtube bzw. hier im Blog zu sehen. Meine inhaltliche Kritik hatte ich im letzten Wochenrückblick zusammengefasst.

Am gleichen Tag war zudem noch eine Rede zu einem Antrag der CDU vorgesehen. Allerdings wurde die Sitzung so lang, dass wir uns darauf geeinigt haben, den Antrag ohne Debatte in den Ausschuss, und von dort zurück ins Plenum zu überweisen. Auf diese Weise haben wir den Punkt auf folgende Plenartage verschoben.

Anträge – oder wie man Politik im Parlament macht

Mitglied des Landtags zu sein bedeutet auch, täglich neues über die Arbeitsweise des Parlaments zu lernen. Ein Beispiel hierfür sind eben die sog. politischen Anträge. In der Geschäftsordnung des Landtags, die für die Arbeitsorganisation im Landtag die wichtigste Grundlage darstellt, heißt es in § 65 Absatz 1: „Jedes Mitglied des Landtags und jede Fraktion hat das Recht, Anträge zu stellen.“

Im Lexikon des Landtags heißt es unter dem Stichwort „Anträge“: „Mit Anträgen wird die Landesregierung aufgefordert, dem Parlament über bestimmte Ereignisse oder Politikbereiche zu berichten oder einen Gesetzentwurf zur Regelung bestimmter Sachverhalte vorzulegen.“

Anträge ermöglichen es dem Landtag, die Landesregierung aufzufordern, etwas Bestimmtes zu tun oder ihre Meinung zu einem bestimmten Thema zu äußern. Anträge gehören zu den wichtigsten Mitteln, die den Abgeordnetem zur Verfügung stehen. Man kann Themen auf die Agenda bzw. auf die Tagesordnung der nächsten Plenarsitzung setzen, um dort seine Meinung zu dem entsprechenden Thema im Plenum zu vertreten. Man kann den Antrag als Antragsteller in einen oder mehrere Ausschüsse überweisen lassen. Dort folgt womöglich eine öffentliche Anhörung und es wird weitergehend über den Antrag diskutiert. Zu jedem dieser Schritte lassen sich Pressemitteilungen herausgeben und auf diese Weise einem Thema öffentlich Gehör verschaffen.

Man kann bspw. Anfragen an die Landesregierung stellen (hier gibt es verschieden Arten: kleine und große Anfragen, Anfragen in Ausschüssen, mündliche Fragen im Plenum), Änderungsanträge für Gesetzesentwürfe erarbeiten oder gleich einen eigenen Gesetzesentwurf vorlegen. Es sind diese verschiedenen parlamentarischen Instrumente, mit denen man im eigentlich Sinn „Politik“ macht.

Die Piratenfraktion hat schon einige Anträge gestellt. Wir fordern bspw. die Landesregierung auf, zusammen mit dem Landtag ein Transparenzgesetz zu erarbeiten („NRW braucht ein Transparenzgesetz“, Drucksache 16/1254), sowie den Gesetzesentwurf der Bundesregierung für die Änderung des Telekommunikationsgesetzes und der Bestandsdatenauskunft im Bundesrat abzulehnen („Zum Schutz der Vertraulichkeit und Anonymität der Telekommunikation“, Drucksache 16/1467).

Anträge werden wie die Gesetzesentwürfe im Plenum, oder aber direkt im Ausschuss abgestimmt (das kann der Antragsteller bestimmen). Ein Antrag wird dann angenommen, wenn er im Plenum oder im Ausschuss die Mehrheit der Stimmen erhält. Wenn ein Antrag auf diese Weise angenommen wird, hat das aber dennoch noch keine Gesetzeskraft. Es handelt sich zunächst um „Aufforderungen“ an die Landesregierung.

Man kann davon ausgehen, dass nur Anträge der Regierungsfraktionen angenommen werden. Oppositionsanträge werden in der Regel abgelehnt. Gibt es einen Oppositionsantrag, den Regierungskoalitionen gut finden, werden sie sich im Vorfeld melden, um den Antrag gemeinsam zu stellen. Dann heißt es nicht mehr „Antrag der PIRATENFRAKTION“, sondern z.B. „Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN“.

Doch auch Anträge, die abgelehnt werden, können „erfolgreich“ sein. Nämlich dann, wenn sie ein Thema in die Öffentlichkeit bringen, zu einer öffentlichen Diskussion führen, und die Positionierung der anderen Fraktionen offenbaren. Und hat man Gelegenheit, eigene politische Initiativen darzustellen. Aus diesem Grund werden sie als „politische Anträge“ bezeichnet.

Änderungsantrag zum Mittelstandsförderungsgesetz

Das Mittelstandsförderungsgesetz begleitet uns schon in den letzten Wochenrückblicken. Die Anhörung verlief sehr positiv; wir konnten unsere Themen Transparenz und Neutralität des Clearingverfahrens gut platzieren (Protokoll der Sitzung). Inzwischen haben wir einen Änderungsantrag vorbereitet, den wir in der Sitzung am 5. Dezember in den Wirtschaftsausschuss einbringen wollen.

Ein Änderungsantrag zielt darauf ab, den Wortlaut eines vorliegenden Gesetzentwurfs vor der endgültigen Annahme zu ändern. Das kann vom Austausch einzelner Worte bis hin zur Ersetzung ganzer Paragrafen reichen. In jedem Fall hat so ein Antrag etwas sehr „juristisches“, da es um die Änderung von Gesetzestexten geht.

Wenn man den zugehörigen Gesetzesentwurf nicht vorliegen hat, kann man den Änderungsantrag nicht verstehen. Er liest sich z.B. so: „§ 1 wird wie folgt geändert: In Absatz 1 werden in Satz 2 nach dem Wort ‚Wasserentnahmeentgelt‘ das Komma und die Wörter ‚sofern das entnommene Wasser einer Nutzung zugeführt wird‘ gestrichen. In Nummer 8 wird der Halbsatz ‚soweit das entnommene Wasser keiner Nutzung zugeführt wird,‘ angefügt.“

Die SPD hat signalisiert, einen gemeinsamen Änderungsantrag zum Mittelstandsfördergesetz zu stellen. Offenbar waren unsere Argumente so schlecht nicht. Ich bin gespannt, wie wir in diesem Thema zusammenfinden. Über das Angebot selbst habe ich mich jedenfalls sehr gefreut.

Tag der Medienkompetenz – Aktion vor Ort

In meiner Funktion als Kölner Landtagsabgeordneter habe ich im Rahmen des „Tags der Medienkompetenz“ des Grimme-Instituts das Institut „Spielraum“ an der FH Köln besucht. Dort habe ich mich über die medienpädagogische Arbeit des Instituts informiert. Das Ganze ist wirklich sehr spannend – besonders positiv finde ich, dass das Institut dabei nicht nur mit erhobenem Zeigefinger vor angeblichen Gefahren des Computerspielens warnt, sondern im Gegenteil mit Gamern zusammenarbeitet. Sie veranstalten bspw. LAN-Partys für Eltern oder leihen ihnen aktuelle Konsolen und Computerspiele, damit die Eltern mal ausprobieren können, was ihre Kinder da eigentlich tun. Das hat mir wirklich gut gefallen.

Das Grimme-Institut hat einen eigenen Beitrag zu der Veranstaltung geschrieben. Und ein „typisches“ Politikerfoto gab es auch noch:

Weitere Veranstaltungen

Ich habe noch an einer Handvoll weiteren Veranstaltungen teilgenommen, darunter den Vortrag „Open Budget 2.0“ mit Prof. Dr. Jörn von Lucke, den man bei Youtube ansehen kann, sowie die Tagung „digital & mobil #1: Offenheit und Regulierung“ der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen.

Wochenrückblick 3/2012

Heute möchte ich Euch aus den vergangenen Wochen im Landtag berichten. Auf der Tagesordnung standen, wie immer in der letzten Zeit, der Haushalt für 2012 sowie das Mittelstandsförderungsgesetz, mit dem ich einige Bauchschmerzen habe. Daneben gab es einige interessante Gesprächstermine mit Verbänden und Piraten.

Haushalt

Wir haben unsere fraktionsinternen Haushaltsberatungen für 2012 weitestgehend abgeschlossen. Viele Abgeordnete hatten in den Wochen zuvor zusammen mit den jeweiligen Fachreferenten Vorschläge für Änderungsanträge zum Haushalt gesammelt. Am letzten Dienstag sind wir auf der Fraktionssitzung jeden Vorschlag durchgegangen und haben entschieden, welche davon wir tatsächlich einreichen wollen. In den von mir betreuten Bereichen ­– Kultur und Medien sowie Wirtschaft – haben wir einen Änderungsantrag gestellt.

Bereich Wirtschaft: Der Etat des Wirtschaftsministeriums (in der NRW-Haushaltssprache: Einzelplan 14) beträgt insgesamt rund 838 Millionen Euro und setzt sich aus zwei großen Blöcken zusammen: Den Kohlesubventionen auf der einen Seite (350 Millionen Euro) und den verschiedenen Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung (bspw. staatlich finanzierte Gründungsberatungen) auf der anderen Seite (382 Millionen Euro). An der Höhe der Kohlesubventionen kann man derzeit nichts ändern – die Kohlesubventionen laufen aus und dieser Auslauf-Prozess ist vertraglich festgelegt. Bis zum Jahr 2018 werden die Subventionen für Kohle kontinuierlich reduziert; nach 2018 wird es keine weiteren Subventionen mehr in diesem Bereich geben.

Es bleibt die Wirtschaftsförderung als größter Anteil des Wirtschaftshaushaltes. Da diese Förderung überwiegend als Gelder an Institute geht, die diese Förderung dann ihrerseits wahrnehmen, kann man kaum sagen, ob und inwieweit das Geld sinnvoll eingesetzt wird und ob die Fördermaßnahmen erfolgreich sind. Im Bereich der Wirtschaftsförderung sollte daher gelten: Qualität vor Quantität. Einfach nur das Budget zu erhöhen oder zu kürzen ist nicht zielführend. Stattdessen wollen wir zunächst herausfinden, welche der verschiedenen Förderprogramme, für die Geld im Haushalt bereitsteht, überhaupt erfolgreich sind.

Einen Änderungsantrag haben wir aber doch gestellt: Wir fordern die Streichung von 150.000 Euro im Wirtschaftsetat für die sogenannte Clearingstelle Mittelstand, die im Zuge des Mittelstandsförderungsgesetz geschaffen werden soll. Da das Gesetz noch gar nicht in Kraft ist und nicht vor Anfang 2013 unter Dach und Fach sein wird, warum soll man Geld für den 2012er-Haushalt einstellen? Zudem wollen wir grundsätzlich in Frage stellen, dass das Land Kosten dieser Clearingstelle trägt.

Bereich Kultur und Medien: Hier haben wir ein ähnliches Problem wie im Wirtschaftsbereich. Die Ausgaben gehen größtenteils an Institute, die die Kultur- und Medienförderung dann ihrerseits wahrnimmt – wir wissen einfach nicht genau, was dann dort mit dem Geld genau geschieht. Zum Glück haben wir inzwischen zwei Referentinnen für die beiden Teilbereiche an Bord, die dabei sind, genau dies rauszufinden. Bei den nächsten Haushaltsberatungen für 2013 wollen wir fundierte Vorschläge machen.

Im Medien-Etat geht der größte Teil für die Film- und Medienstiftung NRW drauf. Sie hat die Aufgabe, Aktivitäten in diesen Bereichen finanziell zu fördern. Die Stiftung hieß bis zum Jahr 2010 nur Filmstiftung NRW – jetzt kommen also Medien dazu. Das ist aus unserer Sicht ein Schritt in die richtige Richtung, schließlich gibt es neben Filmen viele weitere Medien, die aus kultureller Sicht wichtig sind und mit genauso viel Recht gefördert werden sollten. Ich habe die Landesregierung aufgefordert, darzustellen, wie sich diese Förderung in Zukunft zwischen Film und den anderen Medien aufteilen soll.

Anhörung Mittelstandsförderungsgesetz

Das Mittelstandsförderungsgesetz ist nach der ersten Lesung im Plenum in den Wirtschafts-Ausschuss überwiesen worden. Dort hat zunächst der Wirtschaftsminister erläutert, warum er das Gesetz wichtig findet. Der zweite Schritt der Bearbeitung des Gesetzes im Ausschuss fand am vergangenen Donnerstag statt: An dem Tag gab es eine öffentliche Anhörung zu dem Gesetz. Eine öffentliche Anhörung findet im NRW-Landtag dann statt, wenn sie von mindestens einer Fraktion im Ausschuss beantragt wird.

Jede Fraktion darf eine gewisse Zahl von Sachverständigen benennen und sich einige Fragen überlegen, die man den Sachverständigen stellt (auch denen, die von anderen Parteien benannt worden sind). Aus den Fragen der verschiedenen Fraktionen wird eine Liste erstellt, die alle Sachverständigen vier Wochen vor der Anhörung per Post bekommen. Sie haben dann einige Wochen Zeit, wiederum schriftlich auf die Fragen zu antworten. Zu der eigentlichen Anhörung werden die Sachverständigen in den Landtag eingeladen. Jeder Abgeordnete kann dann Rückfragen zu den verschiedenen Gutachten stellen.

Wir haben uns unsere Fragen zusammen in diesem Pad hier erstellt. Als Sachverständige hätte ich gerne Transparency International, Lobbycontrol oder Mehr Demokratie e. V. dabeigehabt, leider haben alle drei abgesagt: Bei der einen war es zu kurzfristig, bei der anderen konzentriert man sich ausschließlich auf Bundespolitik und hat entsprechend keine Fachleute für eine Landesanhörung, und die dritte fühlte sich nicht im Thema.

Die anderen Parteien haben es in der Hinsicht leichter, dort existieren fertige Listen von Sachverständigen, meistens Verbandsvertreter, die einfach standardmäßig eingeladen werden. Aus dieser Erfahrung heraus haben wir uns vorgenommen, eine Expertendatenbank aufzubauen, in der wir mögliche Kandidaten für die verschiedenen Themen sammeln, insbesondere verbandsunabhängige Experten.

Die Anhörung selbst habe ich als ausgesprochen konstruktiv und erfolgreich empfunden. Wir hatten schon schriftlich einige Fragen zur Transparenz der geplanten Clearingstelle gestellt und in der Sitzung habe ich an diesem Punkt noch ein paar Mal nachgehakt. Fast alle Anwesenden – von den Sachverständigen bis hin zu den Abgeordneten der Regierungsfraktionen – darüber einig, dass die geplante Clearingstelle möglichst transparent sein soll. Wir werden daher jetzt einige Änderungsanträge für das Gesetz ausarbeiten, mit denen wir Mindestanforderungen in Bezug auf die Transparenz der Clearingstelle im Gesetz verankern wollen. Wenn die anderen Fraktionen sich daran beteiligen werden, wäre das ein großer Erfolg.

Weiter habe ich die explizite Nennung des RAL-Gütesiegels angesprochen sowie die Verpflichtung der betrieblichen Interessenvertretungen auf das Ziel „Wachstum“. Hier bekam ich im Grunde die Antworten, die ich hören wollte: RAL-Siegel nur als Beispiel; „Nachhaltigkeit“ besser als „Wachstum“. Eine schöne Vorlage für Änderungsanträge an das Gesetz.

Der nächste Schritt im Gesetzgebungsverfahren ist die abschließende Behandlung des Mittelstandsförderungsgesetzes im Ausschuss. Das wird vermutlich im November der Fall sein. Hier werden Änderungsanträge eingebracht. Danach spricht der Ausschuss dann eine Empfehlung an das Plenum aus, wie mit dem Gesetzentwurf umgegangen werden sollte. Bspw. könnte der Ausschuss „empfehlen“ (in der Praxis ist es so, dass die Regierungsfraktionen mit ihrer Mehrheit darüber entscheiden, welche Empfehlung der Ausschuss ausspricht), den Gesetzentwurf der Landesregierung ohne Änderungen anzunehmen. In unserem Fall hoffen wir allerdings, dass die Empfehlung lauten könnte, die im Ausschuss (u. a. durch unsere Anträge) geänderte Version des Gesetzes anzunehmen.

Danach geht das Gesetz (bzw. die Beschlussempfehlung) wieder zurück ins Plenum in die sogenannte zweite Lesung. Dort wird noch einmal über den (evtl. veränderten) Entwurf debattiert. Hier kann man auch noch einmal Änderungsanträge einbringen (die den eigentlichen Entwurf, also den Gesetzestext, ändern) oder auch Entschließungsanträge, die, zusätzlich zum Gesetzesentwurf, die Landesregierung auffordern, etwas Bestimmtes zu tun oder sich für eine bestimmte Sache einzusetzen.

Alles, was bisher zu einem Gesetzesentwurf vom Landtag gemacht wurde (Überweisungen, Anhörungen, Abstimmungen etc.), findet man als „Vorgang“ auf der Landtags-Webseite. Hier findet sich die entsprechende Seite für den „Vorgang Mittelstandsförderungsgesetz“.

Anhörung Klimaschutzgesetz

An einer zweiten Anhörung habe ich teilgenommen, der Anhörung zum Klimaschutzgesetz. Da der Wirtschaftsausschuss nicht federführend ist, habe ich mich hier bedeckt gehalten. Die Anhörung fand im Plenarsaal statt, da so viele Zuhörer, Experten und Abgeordneten anwesend waren, dass es jeden anderen Saal gesprengt hätte. Die Anhörung ging bis spät in den Abend, ich empfand sie als ausgesprochen ermüdend, insbesondere im Vergleich zu der anderen Anhörung.

Lobbygespräche

Ich habe mich mit Vertretern von „Presse-Grosso“ getroffen, des Bundesverbands Deutscher Buch-, Zeitungs- und Zeitschriften-Grossisten. Das Thema ist insofern sehr spannend, als der Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften im Zusammenhang mit der Presse- und Meinungsfreiheit sehr sensibel ist. Erwerben große Verlage zu viel Einfluss auf den Vertrieb, können sie damit die Verbreitung unliebsamer Komkurrenz behindern. Umgekehrt ist die Meinungsvielfalt in Gefahr, wenn Verkaufsstellen nur eine Handvoll gängige Zeitschriften anbieten wollen, und vielleicht unrentable Verkaufsstellen nicht mehr beliefert werden.

Derzeit ist der Großhandel de facto monopolisiert, um diese beidseitige Kontraktionspflicht (der Verlage, und der Verkaufsstellen) zu realisieren. Es gibt aber Bestrebungen eines Großverlages, diese Konstruktion aufzubrechen, da sie im Widerspruch zum Kartellrecht steht. Dem soll mit einer Gesetzesinitiative begegnet werden.

Ich war bei der Handwerkskammer Köln, auch ein sehr interessantes Gespräch. Man setzt sich dort von den IHK’n ab, da die Handwerkskammern eine deutlich homogenere Mitgliederstruktur hat als die IHK’n, die ja vom Großkonzern bis zum Einzelunternehmer alle Arten von Pflichtmitgliedern hat. Die Handwerkskammern sind, was Transparenz angeht, auch schon spürbar weiter als die IHK’n. Ich habe den Punkt der Pflichtmitgliedschaft thematisiert – will man diese aufheben, muss man sich aber auch Gedanken darüber machen, wie man die berufliche Ausbildung in Zukunft organisieren will.

Ich mich mit Vertretern des Deutschen Journalisten-Verbands NRW getroffen, die mit mir über das neue Leistungsschutzrecht reden wollten. Wie nicht anders zu erwarten, hatten wir an dieser Stelle durchaus unterschiedliche Meinungen – wir Piraten lehnen das neue Leistungsschutzrecht für Verlage grundsätzlich ab. Im Hinblick auf das geistige Eigentum, welches der Autor an seinem Werk auch nach der Veröffentlichung haben soll, inklusive des Rechts auf digitalen Kopierschutz, kamen wir nicht recht zusammen.

Große Übereinstimmung fand sich aber bei der grundsätzlichen Feststellung, dass Künstler und Autoren von der kommerziellen Nutzung ihrer Werke profitieren sollen, sowie bei der Stärkung der Rechte von Autoren und Journalisten gegenüber ihren Verlagen, samt des Anspruches auf angemessene Vergütung für ihre Arbeit. Ein weiterer diskutierter Punkt waren die Kosten von Anfragen gemäß dem Informationsfreiheitsgesetz, die manche Redakteure teuer zu stehen gekommen sind. Hier werden Piraten weiter ansetzen.

Ein Vertreter der Intendantin des WDR hat sich vorgestellt, der den Kontakt zur Intendantin darstellen will. Wir haben über die Vermischung von Politik und öffentlich-rechtlichem Rundfunk gesprochen und den Umgang mit Inhalten der Mediathek.

Einbindung der Basis

Wir hatten zwischenzeitlich ein erstes Netzwerktreffen zwischen Basis- und Landtagspiraten im Bereich Wirtschaft und Finanzen: Am 16.10. waren einige Mitglieder des AK Wirtschaft und Finanzen der NRW-Piraten im Landtag zu Gast und haben mit Abgeordneten und Referenten darüber gesprochen, wie man die Basis am besten in die inhaltliche Arbeit im Landtag einbinden kann. Wir haben uns geeinigt, dass wir uns ab jetzt regelmäßig im Landtag treffen wollen – zunächst alle vier Wochen – um wichtige Themen direkt miteinander zu besprechen. Zudem halten unsere Fachreferenten in der Zwischenzeit Kontakt mit den Piraten-Arbeitskreisen, stellen dort vor, woran sie gerade arbeiten und holen sich Feedback und Anregungen für neue Themen. Die Details der weiteren Zusammenarbeit werden wir demnächst gemeinsam erarbeiten.

Kleine Anfragen

Eine Antwort bekam ich zu meiner Anfrage „Verwaiste Werke von in der NS-Diktatur verfolgten und ermordeten Künstlern“, die ich als ausweichend empfinde. Hier werde ich sicher noch mal nachhaken, ich finde es unerträglich, dass man sich vor der Verantwortung drückt.

Einiges Interesse bei lokaler Presse löste die Antwort zur Anfrage „Kosten der Welterbestätte Zeche Zollverein für die öffentliche Hand“ aus. Diese ist umfangreich ausgefallen, auf den ersten Blick fällt auf, dass das Projekt unglaublich teuer ist.

Die Antwort auf meine Frage „Transparenz und demokratische Verfahren bei den Industrie- und Handelskammern“ ist just hereingekommen, und wird kommende Woche veröffentlicht, wir werden das mit einer Pressemitteilung begleiten, und später wird es hier auch Gesetzesinitiativen geben.

Einen offensichtlichen Widerspruch des Finanzministers in der Antwort auf meine kleine Anfrage zur Steuer-CD und eine am Folgetag herausgegebenen Pressemitteilung des Finanzministeriums habe ich in einer kleinen Anfrage thematisiert, eine Antwort steht noch aus.

Alle kleinen Anfragen von mir findet ihr hier:
http://www.daniel-schwerd.de/glaeserner-mdl/kleine-anfragen/

Wochenrückblick 2/2012

Wie schon befürchtet ist Zeit eine der knappsten Ressourcen im Politikalltag. In der sitzungsfreien Zeit war es turbulent – und schneller als erwartet kam die erste Sitzungsperiode. Demnächst möchte ich regelmäßiger über meinen Alltag hier im Landtag zu schreiben – vor allem auch deshalb, weil es spannend wird und die inhaltliche Arbeit überwiegt.

Inhaltliches

Nach vielen organisatorischen Dingen ist in den letzten Wochen die inhaltliche Arbeit in den Vordergrund gerückt. Bei einigen Themen arbeiten wir uns gerade ein, wie beispielsweise den Haushalt 2012. Wir haben eine ganze Reihe von Themen in den parlamentarischen Prozess eingebracht: Darunter zwei Gesetzentwürfe (zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes und zur Änderung der Landesverfassung), ca. 60 Kleine Anfragen, eine Große Anfrage (zu den krankheitsbedingten Fehlzeiten bei der Polizei) sowie einige Anträge. In der Aussprache zur Regierungserklärung von Hannelore Kraft am 12.9. waren wir im Übrigen die einzige Oppositionsfraktion, die erklärt hat, wie sie sich die inhaltliche Arbeit in den nächsten fünf Jahren im Landtag konkret vorstellt (Link zur Rede von Joachim Paul). Von den anderen Oppositionsparteien hörte man die üblichen Vorwürfe in Richtung Regierung – die es dafür in die Presse geschafft haben.

Ich habe eine Rede zum Thema der EFRE-Förderung im Ziel II-Programm gehalten – dabei geht es um Strukturförderung mit EU-Mitteln. Die CDU hat einen Antrag vorgestellt, in dem sie sich mehr Wettbewerb und weniger Großprojekte bei der Mittelvergabe wünscht. Ich habe dazu Stellung genommen – ich hoffe, konstruktiv und nicht im üblichen Politgebashe. Sehen kann man die Rede hier. Anzumerken ist, dass diese Rede eigentlich nur zu Protokoll gegeben werden sollte. Ich finde das unsäglich – eine Debatte, die nur auf Totholz stattfindet, ist keine.

Alle Kleinen Anfragen, die ich stelle, verlinke ich hier im Blog. Oft genug drückt sich die Regierung um eine echte Antwort herum, manchmal sind die Antworten aber sehr interessant. Dann – wie zum Beispiel bei meiner kleinen Anfrage zu der Verwertung von Daten, die sich auf den aufgekauften Steuer-CDs befinden – versuche ich daraus auch medial etwas zu machen. (U. a. berichteten in der Folge Spiegel Online, Focus Online und der WDR.)

Eine weitere kleine Anfrage, die sehr erfreulich verlaufen ist, ist die zu den Kölner Jahnwiesen. Hier stand im Raum, dass dieser Platz dem Deutschen Fußballbund als Leistungszentrum zur Bebauung zur Verfügung gestellt worden. Die Kölner waren nicht erfreut, diesen Platz des Breitensports womöglich zu verlieren, und haben protestiert – die Antwort der Landesregierung liest sich nun so, als sei das Thema vom Tisch. Ich würde mir gerne einbilden, dass es an meiner Anfrage liegt, vermute aber, dass das schon vorher zwischen Landesregierung und Stadt so besprochen war.

Andere Anfragen, die ich gestellt habe, drehten sich um die De-Mail, verwaiste Werke von in der NS-Zeit ermordeten und verfolgten Künstlern, NSU-Aktenvernichtung, Zahlungsmoral öffentlicher Stellen und dem Damoklesschwert von Kassenkrediten der Kommunen. Hier stehen Antworten noch aus.

Einen großen Anteil unserer inhaltlichen Arbeit macht momentan der Haushaltsentwurf für 2012 aus. So ein Haushalt ist ein ganz schöner Brocken Totholz:

Der rechte Stapel besteht aus den Einzelplänen und Erläuterungsbänden derjenigen Ressorts, für die ich zuständig bin ­– also Wirtschaft, Kultur und Medien. Der linke Stapel besteht aus den restlichen Haushaltsplänen. Leider hat die rot-grüne Landesregierung den Haushaltsentwurf sehr spät vorgelegt. Laut Verfassung muss der Haushalt so eingebracht werden, dass er verabschiedet werden kann, bevor das entsprechende Haushaltsjahr beginnt. Der aktuelle Haushalt für 2012 ist erst Ende August eingebracht worden und wird wohl erst im November verabschiedet – wenn das Jahr schon fast rum ist. Direkt im Anschluss kommt dann der Haushalt für 2013 auf den Tisch – bis zu seiner Verabschiedung wird 2013 schon begonnen haben, also im Grunde auch schon zu spät.

Daneben beschäftigt mich das sogenannte Mittelstandsförderungsgesetz. Hier möchte die Landesregierung eine „Clearingstelle Mittelstand“ einrichten, die alle Gesetze der Landesregierung auf Mittelstandsverträglichkeit durchleuchten soll, noch ehe sich das Kabinett mit dem Thema beschäftigt – geschweige denn der demokratisch gewählte Landtag. Das größte Problem an der Sache: Die Clearingstelle soll sich aus bezahlten Interessenvertretern zusammensetzen. Damit würde der Verbandslobbyismus institutionell im Gesetzgebungsprozess verankert (Link zum Pad mit ausführlicher Kritik). Am 25.Oktober findet eine Expertenanhärung im Wirtschaftsausschuss statt, zu dem wir die geeigneten Fragen stellen wollen, um diesen Punkt herauszustellen. Demnächst werde ich euch dann hoffentlich mitteilen können, dass uns das gelungen ist.

Wie man einen Politikalltag organisiert

Wir haben unseren Büro-Umzug bewältigt. Statt des tristen Ausblicks auf die Altglascontainer der Landtags-Kantine schauen wir aus unserem neuen Büro in der obersten Etage jetzt über die Dächer Düsseldorfs und auf das Stadttor, in dem auch die Staatskanzlei untergebracht ist. Wir können als Oppositionsfraktion die Regierung jetzt also nicht nur politisch unter die Lupe nehmen, sondern auch ganz praktisch.

Tatsächlich ist ein Großteil der Sommerpause für organisatorische Dinge draufgegangen. Ich habe eine Vielzahl von Bewerbungsgesprächen geführt – ein Wirtschaftsreferent wurde gefunden und eingestellt, und für Kultur und Medien haben Gespräche auch schon stattgefunden, wenn auch die letzte Entscheidung noch fallen muss.

Inzwischen haben wir als Fraktion einen Großteil der Arbeitsabläufe standardisiert und unsere Arbeitswochen entsprechend durchgeplant. Montags treffen sich die fraktionsinternen Arbeitskreise. Diese sind nach Themenfeldern geordnet und dienen der Vorbereitung für die Fraktionssitzungen. Hier können Themen ausführlich diskutiert werden, während sie in den Fraktionssitzungen aus Zeitgründen oft nur relativ kurz vorgestellt werden können. Wenn ein neues Gesetz bspw. im Wirtschaftsausschuss auf der Tagesordnung steht, stelle ich das in meinem Arbeitskreis vor, um mit den anderen Abgeordneten und Mitarbeitern, die sich mit ähnlichen Themen beschäftigen, darüber zu diskutieren und zu überlegen, wie man sich dazu im Ausschuss und im Plenum verhalten soll.

Mit dem jeweiligen Diskussionsergebnis geht es dann dienstags in die Fraktionssitzung, an der alle Abgeordneten und die Fachreferenten teilnehmen. Hier wird alles besprochen, was die Fraktion insgesamt betrifft: Von der Frage, wer sich um die Technik für die Streams kümmert bis hin zur Diskussion über Gesetze und Anträge. Es werden die Ergebnisse aus den Arbeitskreisen vorgestellt und es wird besprochen, wie man als Fraktion zu einem Vorhaben steht und wer bei der nächsten Plenarsitzung dazu eine Rede halten soll. Alle Fraktionssitzungen und die Arbeitskreissitzungen, werden von uns live ins Internet gestreamt.

Neben diesen Fraktionsterminen gibt es feste Termine für alle Abgeordneten des Landtags: Die Ausschuss- und die Plenarsitzungen (ich habe dazu schon etwas in meinem letzten Wochenrückblick geschrieben). In den Sitzungswochen tagen von dienstags bis freitags die Fachausschüsse, an denen Abgeordnete aller Parteien teilnehmen. Hier wird v.a. über die Details von Gesetzen diskutiert, es werden Änderungen eingearbeitet und bei öffentlichen Anhörungen Experten befragt. Von Juli bis Dezember 2012 gibt es insgesamt fünf Plenarwochen. (Link zu allen Parlamentsterminen)

Findet eine Plenarsitzung statt, wird es in Zukunft bei Bedarf am Freitag davor eine Fraktions-Sondersitzung geben. Hier gehen wir alle Tagesordnungspunkte durch und besprechen, wie wir uns dazu verhalten wollen. Der jeweils mit dem Thema befasste Abgeordnete macht einen Vorschlag, wie man seiner Meinung nach abstimmen soll. Diese Vorschläge haben bei uns keine bindende Wirkung, jeder kann so abstimmen, wie er es für richtig hält. Und das tun wir auch – in den Plenarsitzungen kommt es regelmäßig vor, dass verschiedene Abgeordnete der Piraten unterschiedlich stimmen. In Wochen ohne Plenarsitzung treffe ich mich freitags zudem oft mit den Piratenabgeordneten, mit denen ich im gleichen Ausschuss sitze (Kai Schmalenbach im Wirtschaftsausschuss und Lukas Lamla im Ausschuss für Kultur und Medien), um wiederum die Sitzungen der Arbeitskreise am Montag vorzubereiten.

Termine, Termine

Zwischendrin gibt es eine Vielzahl weiterer Termine, die ich als Abgeordneter wahrnehme, bspw. Veranstaltungen mit Bürgern, Gespräche mit Vertretern von öffentlichen Einrichtungen und Verbänden, Gespräche mit anderen Abgeordneten (alle Termine veröffentliche ich hier auf meiner Webseite). Und schließlich wären da noch die verschiedenen Piraten-Termine, in denen unsere eigenen Inhalte überhaupt erst entstehen: Also Stammtische, Arbeitskreise, Barcamps, Mumble usw.

In der sitzungsfreien Zeit habe ich die Gelegenheit genutzt, durch „meine“ Region zu reisen: Ich habe Piratenstammtische im Rhein-Erft-Kreis, in Düren und Euskirchen besucht und dort Bürgersprechstunden abgehalten. Ich hoffe, dass ich dazu auch in Zukunft regelmässig kommen werde. Mir hat das sehr viel gebracht – Probleme beispielsweise mit dem mangelhaften Netzausbau, die die Piraten „auf dem Land“ haben, verliert man in der Stadt aus den Augen, VDSL-verwöhnt wie man da ist.

Zuletzt noch der Hinweis auf www.piratenfraktion-nrw.de – hier gibt es jeweils auch tagesaktuelle Neuigkeiten. Bei den nächsten Wochenrückblicken wird es dann in die Details der Arbeit gehen.

Wochenrückblick 1/2012

Seit dem 25. Mai 2012 bin ich offiziell Abgeordneter im Landtag von Nordrhein-Westfalen – ganz habe ich mich zwar noch nicht daran gewöhnt, aber so langsam wird es ernst mit der politischen Arbeit: Ich habe meine erste Rede im Plenum gehalten, Kleine Anfragen an die Landesregierung gestellt und zumindest ein vorläufiges Büro im Landtag bezogen (nächste Woche ziehen wir ein paar Etagen höher), die Landtagsausschüsse haben sich konstituiert (und sind dabei terminlich direkt kollidiert) und meine beiden Landtags-Mitarbeiter sind seit dieser Woche ebenfalls an Bord gekommen. Um euch künftig darüber auf dem Laufenden zu halten, was ich hier im Landtag tue und was sonst noch so in der Fraktion passiert, werden wir ab jetzt regelmäßig Wochenrückblicke auf der Webseite einstellen. Heute fange ich direkt damit an – und weil es der erste Rückblick dieser Art ist, wird er auch gleich ein wenig länger.

Ausschüsse

Die konstituierende Sitzung des Landtags, bei der sich die Abgeordneten zum ersten Mal treffen, fand am 31. Mai 2012 statt. Die eigentliche Arbeit, also vor allem der Feinschliff an und die Fachdiskussion über Gesetzesentwürfe, wird in den verschiedenen Fachausschüssen geleistet. In dieser Legislaturperiode wird es insgesamt 26 Ausschüsse geben. Ich werde in den Ausschüssen für Kultur und Medien sowie für Wirtschaft (eigentlich: „Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk“) ordentliches Mitglied sein, sowie in zwei weiteren Ausschüssen Stellvertreter. Donnerstag haben sich die Ausschüsse konstituiert und ich bin dort jetzt also offiziell Mitglied (Details in meinem Landtagsprofil). Allerdings sollen meine beiden Ausschüsse bislang zeitgleich stattfinden – aber ich bin sicher, dass die parlamentarischen Geschäftsführer, die für (solche) organisatorischen Absprachen zwischen den Parteien zuständig sind, eine Lösung finden werden.

Im Kultur und Medien-Ausschuss bin ich übrigens nicht nur Mitglied, sondern auch stellvertretender Vorsitzender – das bedeutet, dass ich dort Sitzungsleiter bin, wenn der Vorsitzende nicht teilnimmt. Die Verteilung der Posten für Vorsitzende und Stellvertretende Vorsitzende in den verschiedenen Ausschüssen orientiert sich an der Stärke der Fraktionen im Landtag. Darum stellen wir Piraten lediglich einen Vorsitzenden – Nico Kern im Europaausschuss – und eben einen Stellvertretenden Vorsitzenden. Wie wichtig diese Posten in der praktischen Arbeit tatsächlich sind, werden wir noch sehen müssen. Ich freue mich jedenfalls sehr, gerade in diesen beiden Ausschüssen zu sitzen, da ich glaube, meinen politischen Interessen hier sehr gut einbringen zu können. Ich bin gespannt und werde berichten, was man dort bewegen kann.

Plenardebatte: Mittelstandsgesetz

Neben der Detailarbeit in den Ausschüssen besteht der andere große Teil der parlamentarischen Arbeit in den Debatten im Plenum. Dies ist die Gelegenheit, öffentlich darzustellen, wie die Fraktionen grundsätzlich zu dem vorliegenden Thema eingestellt sind. Anschließend wird dann über die jeweiligen Vorlagen abgestimmt – in der ersten Lesung geht es bei einer Abstimmung fast immer nur darum, einen Gesetzesentwurf in den zuständigen Fachausschuss zu überweisen (siehe Gesetzgebungsverfahren in NRW).

Obwohl der aktuelle Landtag noch nicht lange besteht, gab es schon einige Gesetzesentwürfe, Entschließungsanträge und andere Vorlagen, über die wir abstimmen mussten. In diesem Zusammenhang habe ich am Donnerstag meine erste Rede im Plenum zu einem recht schwammigen Gesetz gehalten, das vom neuen Wirtschaftsminister Duin eingebracht wurde und das mittelständische Unternehmen in NRW fördern soll (Link zum Gesetzesentwurf). Tatsächlich besteht das Gesetz fast ausschließlich aus Absichtserklärungen und Konjunktiven – die wenigen konkreten Vorhaben haben es dafür in sich: Nach § 6 des Gesetzes soll eine so genannte Clearing-Stelle geschaffen werden, in der verschiedene Interessenvertretungen des Mittelstands (also: Lobbyverbände) das Recht haben sollen, Gesetzesentwürfe zu Gesicht zu bekommen, noch bevor diese auch nur vom Kabinett (also der Landesregierung) diskutiert worden sind. Das entspricht nicht gerade meinen Vorstellungen von Demokratie und Transparenz. Hier das Video von meiner Rede (die Qualität ist grausam; die Landtagsverwaltung will aber demnächst neue Videotechnik anschaffen):

(Auf Youtube gibt es übrigens seit neuestem einen Channel, auf dem sich alle Reden von Mitgliedern der Piratenfraktion als Video finden: http://www.youtube.com/user/PiratenfraktionNRW/videos)

Wir als Piratenfraktion haben am Donnerstag auch einen eigenen Gesetzentwurf ins Plenum eingebracht, bei dem es um die Stärkung der direkten Demokratie bei Verfassungsänderungen geht (Link zum Gesetzesentwurf). Wie nicht anders zu erwarten wurde der Entwurf in den zuständigen Fachausschuss überwiesen.

Außerdem haben wir am Mittwoch die Regierung getrollt: Obwohl es eine Anwesenheitspflicht im Plenum gibt, sind viele Abgeordnete während der Debatten gar nicht im Plenarsaal. Bei einer Abstimmung über einen Gesetzesentwurf waren die Regierungsfraktionen (SPD und Grüne) prompt in der Minderheit, da zu wenig Abgeordnete von ihnen anwesend waren. Antrag mit Oppositionsmehrheit abgelehnt. 🙂 Seither strömen die Abgeordneten von SPD und Grünen zuverlässig kurz vor einer Abstimmung in den Plenarsaal – Zufälle gibt’s…

Kleine Anfragen

Kleine Anfragen sind ein hervorragendes Mittel, um die Regierung auf Trab zu bringen, sie sind das schärfste Schwert des Abgeordneten der Opposition. Jeder Abgeordnete kann sie stellen und die Landesregierung muss innerhalb von vier Wochen darauf antworten. Das habe ich genutzt und drei Anfragen gestellt – unter anderem wollte ich wissen, wie viel das Land NRW im Jahr an die GEMA für Musik in Telefonwarteschleifen und Wartebereichen zahlt. Hier gibt es meine Anfragen in der Übersicht – die Antworten der Regierung stehen noch aus.

Fraktion

Die Abgeordneten der Piraten treffen sich mindestens einmal in der Woche, meistens dienstags, zur Fraktionssitzung, um über Gesetzesentwürfe von uns und den anderen Parteien zu diskutieren, unsere politische Arbeit abzustimmen und allgemeine organisatorische Dinge zu verabreden. Alle Fraktionssitzungen übertragen wir live im Internet.

In dieser Woche haben wir vor allem darüber gesprochen, wer was zu welchem Thema im Plenum sagen wird und ob wir den Überweisungen der verschiedenen Gesetzesentwürfe in die Fachausschüsse zustimmen können. Wir Piraten kennen keinen Fraktionszwang, jeder Abgeordnete stimmt so ab, wie er es für richtig hält, wie es seinem Gewissen entspricht und wie er seiner Meinung nach die Basis am besten repräsentiert. Trotzdem ist es in der Regel sinnvoll, der Überweisung eines Gesetzesentwurfes in den jeweiligen Ausschuss zuzustimmen – selbst wenn wir den Entwurf inhaltlich ablehnen. Denn nur in den Ausschüssen ist es möglich, inhaltlich an den Entwürfen zu arbeiten und sie zu verbessern.

Außerdem werden in der Fraktionssitzung Personalangelegenheiten besprochen (bspw. wer in welchen Ausschuss geht, wer aufgrund seines Mandats als Kuratoriumsmitglied in eine Stiftung entsendet wird, welche Fraktionsreferenten wir einstellen usw.). Ich bin am Freitag zum netz- und medienpolitischen Sprecher der Piratenfraktion gewählt worden. Vielen Dank!

Und sonst?

Seit dieser Woche habe ich ein vorläufiges Büro im Landtag – mit wunderschöner Aussicht, wie man auf diesem Bild sieht. Allerdings werden wir nächste Woche nochmal um- und ein paar Stockwerke höher ziehen. Dann hoffentlich mit schönerem Panorama. Dass dort oben eine geheime Zapfanalage installiert sein soll, weswegen die dort oben untergebrachten CDU-Abgeordneten angeblich nicht ausziehen wollen, halte ich für ein boshaftes Gerücht 😉

Zusammen mit dem Büro wurden übrigens meine neuen Mitarbeiter geliefert – Gabriel Heinzmann und René Gögel werden meine Arbeit künftig inhaltlich und administrativ unterstützen.


Was von dieser Woche bleibt ist jedenfalls die Erkenntnis, dass das Leben als Parlamentarier kein reines Zuckerschlecken ist – im Gegenteil, der Landtag ist ein hartes Pflaster. So hart sogar, dass bereits das erste Paar Schuhe draufgegangen ist. (Das Foto ist unmittelbar nach meiner Rede entstanden.)

Ausblick

Kaum geht die Arbeit im Parlament richtig los, ist auch schon sitzungsfreie Zeit – die nächsten Plenarsitzungen sind erst wieder Mitte September. (Die Ausschüsse gehen allerdings schon vorher los.) Wir werden die Zeit bis dahin nutzen, unser (dann hoffentlich finales) Büro ein- und herzurichten, die IT zum Laufen zu bringen und uns möglichst tief in die politischen Themen einzuarbeiten. Das wird ein Spaß! Außerdem gibt es da noch die Arbeit vor Ort in den Kreisen in Nordrhein-Westfalen.