Berichte sprechen deutliche Sprache: Polizeiführung hat Lage am Hauptbahnhof verharmlost

Polizei

Lageberichte von Polizeibeamten aus der Silvesternacht vom Hauptbahnhof in Köln werfen mehr Fragen auf als sie beantworten. Polizisten berichten in Einsatzberichten, die der Presse vorliegen, von chaotischen Zuständen, weinenden Frauen, denen die Wäsche vom Leibe gerissen war, zahlreichen Festnahmen und ausgebliebener Verstärkung.

Das deckt sich so gar nicht mit der ersten Pressemitteilung der Polizei, wo von einer „ausgelassenen“ und „friedlichen“ Silvesterfeier die Rede war, sowie den Folgeerklärungen des Kölner Polizeipräsidenten, wonach die Polizei erst im Laufe des Folgetages durch die Anzeigen der Gewaltopfer von den Geschehnissen erfahren habe.

Warum wurde die Lage zunächst verharmlost? Warum wurde trotz der vorliegenden Berichte behauptet, erst durch die Anzeigen vom Ausmaß der Straftaten erfahren zu haben? Warum wurde nicht bereits in der Nacht ausreichende Verstärkung bereitgestellt? Wenn man sich vor Augen hält, mit welchem Polizeiaufgebot Demonstranten im RWE-Tagebau begegnet wurde, muss man die Prinzipien der polizeilichen Einsatzplanung mal in Frage stellen.

Am 11. Januar befasst sich der Innenausschuss des Landtages in einer Sondersitzung mit den Vorkommnissen. Ich habe zu diesem Anlass eine Berichterstattung des Innenministers beantragt und ihn aufgefordert, sämtliche Einsatz- und Lageberichte der Silvesternacht vorzulegen. Ich will wissen, was die Polizei vor Ort schon gewusst hat, und ob tatsächlich keine Verstärkung zur Verfügung stand.

Die Polizei in Köln war nicht Herr der Lage – wie schon bei der ersten HoGeSa-Demonstration – und wir wurden darüber belogen. Das muss personelle Konsequenzen haben. Man arbeitet mit einer viel zu dünnen Personaldecke. In wirklichen Gefahrensituationen stehen viel zu wenig Beamte bereit. Da nützen dann auch Überwachungskameras und gute Ratschläge nichts.

Edit 19:05: Meine Kritik richtet sich gegen die Polizeiführung, nicht gegen die einzelnen Beamten vor Ort. Denen meine Hochachtung, sich an einem Feiertag mit einem gefährlichen Mob auseinanderzusetzen. Ich bin sicher, sie haben das ihnen mögliche getan. Sie waren offensichtlich vollkommen unterbesetzt.

Interview WDR 5 Westblick „War Reker-Attentäter V-Mann?“

radio

Heute hat mich die Moderatorin Edda Dammmüller für die Sendung „Westblick“ im Radiosender WDR 5 interviewt. Thema war die Kleine Anfrage, ob es sich bei dem Reker-Attentäter um einen V-Mann des Verfassungsschutzes gehandelt haben könnte, und die Nicht-Antwort unseres Innenministers darauf. Hier kann man das Interview nachhören:

Vielsagend Nichtssagend: Innenminister Jäger möchte nicht verraten, ob Reker-Attentäter ein V-Mann war

Messer

NRWs Innenminister Ralf Jäger möchte nicht beantworten, ob der Mann, der die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker am 17. Oktober mit einem Messer lebensgefährlich verletzt hatte, vom Verfassungsschutz als V-Mann geführt worden ist. Ich hatte ihn vier Tage nach der Tat in einer kleinen Anfrage danach befragt. Eine Führung als Informant oder V-Person durch den Verfassungsschutz NRW werde „aus Gründen des Geheimschutzes weder bestätigt noch verneint“, hieß es jetzt in der Antwort. Erkenntnisse über den Täter lägen beim Verfassungsschutz aus den 90er Jahren, sowie aus 2002 und 2008 jeweils im Zusammenhang mit Veranstaltungen der rechtsextremen Szene vor.

Ungereimtheiten im Lebenslauf und der Arbeitslosengeschichte des Attentäters hatten Spekulationen ausgelöst, ob eine „höhere Behörde“ eine „schützende Hand“ über den Täter halten würde.

Diese Antwort ist vielsagend nichtssagend. Sie sorgt nicht gerade dafür, den Verdacht zu zerstreuen, dass der Verfassungsschutz zuvor über diese Person und ihre Gefährlichkeit genau im Bilde war. Für eine fortgesetzte Geheimhaltung besteht kein Grund: Sollte er V-Person gewesen sein, müssen wir das erfahren, eine Verstrickung des Verfassungsschutzes in diesen Mordversuch muss Konsequenzen haben. Ein weiterer Einsatz des Attentäters als Informant in der Szene wäre ohnehin unvorstellbar. Und wenn Frank S. keine V-Person war, könnte der Minister diesen Verdacht leicht entkräften.

Die Verfassungsschutzbehörden stehen nach zahlreichen Affären, dem Versagen angesichts des NSU-Terrorismus und wegen indirekter Unterstützung der rechten Szene in der Kritik. Ihnen wird vorgeworfen, sich als auf dem rechten Auge blind gezeigt zu haben. Sollte auch der Reker-Attentäter im Vorfeld als Informant des Amtes tätig gewesen sein, wäre das ein neuer Tiefschlag für die Glaubwürdigkeit der Sicherheitsbehörden.

Die Antwort des Innenministers ist nicht ausreichend. Angesichts der Skandale in verschiedenen Verfassungsschutzämtern ist ein gesundes Misstrauen nicht unbegründet. Ich fordere Ralf Jäger auf, rückhaltlos für Klarheit zu sorgen, inwieweit seine Behörden mit dem Attentäter in Verbindung standen. Das Verdecken einer unbequemen Wahrheit rechtfertigt jedenfalls keine Geheimhaltung.

Die kleine Anfrage wurde trotz ihres Einreichens am 21. Oktober 2015 erst fünf Wochen später im Landtagssystem veröffentlicht – eine Verzögerung, für die es ebenfalls keine Erklärung gibt, und die bei diesen Dokumenten absolut unüblich ist.

Unter der Drucksachennummer 16/10321 ist die Anfrage veröffentlicht. Die Antwort des Innenministers wird am 6. Januar unter der Drucksachennummer 16/10628 erscheinen.

Unter anderem haben der Kölner Stadt-Anzeiger und Neues Deutschland berichtet.

2016-01-04 17_40_33-Original Antwort KA 4089.pdf - SumatraPDF

Lobbyeinfallstor Clearingstelle Mittelstand? Mehr Transparenz der Verfahren ist erforderlich

Fabrik
Die Clearingstelle Mittelstand wurde vor zwei Jahren eingerichtet, um Gesetzesvorhaben frühzeitig, vor der Kabinettsbefassung, auf Mittelstands- und Wirtschaftsverträglichkeit zu überprüfen. Ein Schwerpunkt soll auf den Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen liegen. Organisatorisch ist sie bei den Industrie- und Handelskammern angesiedelt, angehört werden in Clearingverfahren Kammern, Wirtschafts- und kommunale Spitzenverbände sowie der DGB.

Durch die außerordentlich frühe Einflussmöglichkeit, noch während der Erarbeitung im Ministerium und vor der Kabinettsbefassung, sowie durch die einseitige Besetzung der Interessengruppen besteht die Gefahr, dass Lobbyinteressen übergewichtet werden. Zudem sind in den Verbänden statt kleinen und mittleren Unternehmen auch oft gerade Großunternehmen einflussstark.

Ich habe das bereits mehrfach seit der Einführung der Clearingstelle Mittelstand kritisiert, zum Beispiel hier: Wirtschaftsminister setzt geheim tagendes Lobbygremium ein

Nachdem dieses Gremium nun schon etwas länger existiert, ist es an der Zeit, nach seiner Beeinflussung von Gesetzesvorhaben zu fragen. Daher habe ich die folgenden Fragen an die Landesregierung gerichtet:

  1. Welche Änderungen an den entsprechenden Gesetzesentwürfen/Referentenentwürfen wurden aufgrund von Feedback der Clearingstelle vorgenommen? Listen Sie für jedes Vorhaben die jeweils veränderten Textstellen auf, wie sie unmittelbar vor dem Clearingverfahren verfasst waren, gegenübergestellt den Versionen derselben Textstellen nach dem Clearingverfahren vor der jeweiligen weiteren Beratung, mit den jeweiligen Zeitpunkten. Unveränderte Textstellen müssen nicht aufgelistet werden.
  2. Auf welche Teile der Stellungnahmen der Clearingstelle bzw. einer der befragten Organisationen bezieht sich jede vorgenommene Veränderung? Markieren sie solche Textstellen, die aus Stellungnahmen wörtlich oder nahezu wörtlich entommen worden, gesondert.
  3. Welche dieser Veränderungen sind Anforderungen, die speziell zur Förderung kleiner Unternehmen und Einzelunternehmern vorgenommen worden sind?
  4. Welche dieser Veränderungen ist im folgenden Verfahren inhaltlich nicht mehr zurückgenommen und somit gültig geworden? Spätere redaktionelle Änderungen an diesen Veränderungen sind damit nicht gemeint.
  5. Wie wurde jeweils sichergestellt, dass andere Anforderungen, u.a. Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Verbraucherschutz und Arbeitnehmerschutz bei jeder dieser Veränderungen gleichwertig sichergestellt wurden.

Die kleine Anfrage wurde mit der Drucksachennummer 16/10535 veröffentlicht.

Rede „Rechtssicherheit für offene WLANs. Bund darf die Wünsche der Bundesländer bezüglich der Störerhaftung nicht ignorieren!“

Im Plenum vom 2. Dezember wurde mein Antrag: „Rechtssicherheit für offene WLANs. Bund darf die Wünsche der Bundesländer bezüglich der Störerhaftung nicht ignorieren!“ debattiert. Die Rede könnt Ihr hier nachsehen und nachlesen.

Daniel Schwerd (fraktionslos) Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Beim vergangenen Plenum lag bereits ein Antrag von mir zur Störerhaftung vor. Damals ging es darum, dass sich die Landesregierung bitte im Bundesrat für den Änderungsvorschlag einsetzen möge, den die zuständigen Ausschüsse des Bundesrates zum Telemediengesetz entwickelt hatten.

Sie werden sich erinnern: Die Bundesregierung hatte einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Störerhaftung bei offenen WLANs abwenden sollte. Die Bundesregierung hat dieses Ziel mit ihrem Entwurf jedenfalls deutlich verfehlt. Zwar haben Sie hier im Landtag meinen Antrag mehrheitlich abgelehnt. Aber egal! Die Begründung, den Antrag abzulehnen, weil man sowieso dafür sei, ist bereits entlarvend genug. Hauptsache, die Landesregierung verhält sich dem Antrag entsprechend! In diesem Zusammenhang sage ich auch vielen Dank an Herrn Minister Lersch-Mense für seine Rede und seine eindeutige Position im Bundesrat.

Leider sieht es jetzt aber so aus, als würde die Bundesregierung die Bedenken des Bundesrates ignorieren. Der Gesetzentwurf wurde nach einer sogenannten „eingehenden Prüfung“ der Bedenken des Bundesrates, die gerade einmal fünf Tage dauerte, zur weiteren Befassung im Bundesrat eingereicht. Die kritisierten Punkte der sinnfreien Belehrungspflicht der Nutzer eines Netzwerkes und der unklaren „angemessenen Sicherungsmaßnahmen“, was auch immer das sein soll, sind nach wie vor darin enthalten.

Es bleibt also dabei: Diese Bundesregierung steht der Verbreitung von freien Internetzugängen und offenen Bürgerdatennetzen im Wege. Sie gefährdet mit diesem Gesetz den Freifunk in unserem Land.

Deutschland ist in Europa Schlusslicht beim Internetausbau und bei freien Internetzugängen. Deutschland hat pro 10.000 Einwohner gerade einmal knapp zwei offene Hotspots. In Großbritannien sind es 28, in Südkorea mehr als 37 freie WLAN-Zugänge, gerechnet auf 10.000 Menschen. Selbst in vietnamesischen Fahrradtaxis kann man freie WLAN-Zugänge benutzen. Und hierzulande wird überlegt, wie man Nutzer belehren muss und wer wann zu haften hat!

Der Rest der Welt nutzt das freie Internet einfach. So etwas wie Störerhaftung gibt es nur in Deutschland. Die politischen Rahmenbedingungen sind hier von gestern. Es ist auch keine Besserung in Sicht. Wir werden abgehängt. Der Abstand wird sogar noch größer.

Meine Damen und Herren, jetzt ist es an den Ländern und damit auch an unserer nordrhein-westfälischen Landesregierung, die Notbremse zu ziehen. Das fordere ich in diesem Antrag.

Ich habe mit Regierungslob nicht gegeizt. Liebe SPD und liebes Bündnis 90/Die Grünen, springen Sie also über Ihren Schatten, und stimmen Sie dem Antrag zu, wenn Sie doch sowieso dafür sind. Damit senden wir dann ein Signal an den Bundestag, der sich mit dem Gesetzentwurf ja auch noch auseinanderzusetzen hat. Selbst die CDU hat sich das letzte Mal freundlich enthalten. Was will man denn noch mehr! – Vielen Dank.

Rede zu „Vectoring-Monopol der Deutschen Telekom verhindern!“

„Vectoring-Monopol der Deutschen Telekom verhindern!“ war das Thema der folgenden Rede. Hierzu lag ein Antrag der Piratenfraktion vor.

Daniel Schwerd (fraktionslos): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne und am Stream! Die Bundesnetzagentur hat angekündigt, die Pläne, die die Deutsche Telekom bezüglich Vectoring vorgelegt hat, weitestgehend zu billigen. Das halte ich für einen gefährlichen Irrweg.

Beim Vectoring geht es darum, aus den Kupferleitungen der letzten Meile einen kleinen Geschwindigkeitszuwachs herauszuquetschen. Dazu werden die Kupferkabel ausgehend von den rund 8.000 Hauptverteilern im Land so gebündelt und so aktiv aufeinander abgestimmt, dass die physikalischen Grenzwerte gewissermaßen ausgetrickst werden und man in der letzten Meile noch einmal etwa eine Verdoppelung der Geschwindigkeit erreichen kann.

Das erkauft man sich allerdings mit gravierenden Nachteilen: Diese Technologie ist aktiv. Das heißt, dass sie mit Rechenleistung und ständig erhöhtem Stromverbrauch erkauft werden muss. Vectoring ist also teurer und ökologisch nachteilig. Der Geschwindigkeitszuwachs steht nicht allen zugleich zur Verfügung. Der vorhandene Draht wird zwar besser ausgenutzt, aber insgesamt gewissermaßen nicht dicker.

Und vor allem: Die Bündelung muss aus technischen Gründen in einer Hand geschehen. Das will die Deutsche Telekom machen. Damit wird sie wieder zum Monopolisten. Dann haben wir wieder eine Bundespost. Das ist schlecht für Markt und Verbraucher. Es führt zu hohen Preisen und zum Innovationsstau.

Vectoring ist ein Irrweg: Er steht dem dringend notwendigen Ausbau durch Glasfaser im Weg; denn er bindet Kapazitäten und Finanzen auf sich. Der Marktdruck entfällt durch den Wegfall von Konkurrenz. Der Geschwindigkeitszuwachs wiederum ist so gering, dass die Kapazität schon bald erneut an ihre Grenzen stoßen wird. Nicht zuletzt ist Glasfaser aufgrund des geringeren Stromverbrauchs langfristig billiger. Durch geringeren Energieverbrauch wird sich das also von selbst bezahlt machen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch an den Klimaschutzplan erinnern. Wollten wir nicht neue stromsparende Technologien fördern und alte Stromfresser abstellen? Meine Damen und Herren, lassen Sie uns der Technologie der 90er-Jahre nicht auch noch gutes Geld in Form von Vectoring-Förderung hinterherwerfen! Glasfaser muss in jedes Haus. Nur das ist zukunftssicher.

Im Wirtschaftsausschuss hatten wir am 10. Juni 2015 eine Anhörung zum Thema „Vectoring“. Jörg Figura vom Verband kommunaler Unternehmen sagte da: „Vectoring im Nahbereich ist absolut schädlich für den Zieleausbau“

Dem ist im Grunde nichts hinzuzufügen.

Auf jeden Fall sollten wir den Bemühungen der Telekom, auf diese Weise wieder ein Monopol über die letzte Meile zu erlangen, einen Riegel vorschieben. – Herzlichen Dank.

Besuch in Geflüchtetenunterkunft in Düsseldorf

Willkommen

Die Unterbringung und Versorgung von geflüchteten Menschen steht zurzeit ganz oben auf der politischen Agenda. Ich besuchte gestern die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge im ehemaligen Mannesmanngebäude in Düsseldorf, unmittelbar neben dem Landtag. Die Gebäude rund um das charakteristische, denkmalgeschützte Hochhaus sind in Landesbesitz und stehen seit geraumer Zeit leer. In diesen einstigen Büroräumen in einem Nebengebäude des Hochhauses sind seit Anfang Oktober die ersten 200 Flüchtlinge untergebracht, weitere Räume werden gerade für die Unterbringung vorbereitet. Die meisten Geflohenen stammen aus Syrien und Afghanistan, darunter viele Familien mit ihren Kindern. In dem Gebäude am Rhein bleiben die Flüchtlinge nicht sehr lange – da es sich um eine Erstaufnahmeeinrichtung handelt, werden die Menschen hier erstmals medizinisch untersucht und ihre Daten erhoben, danach erfolgt (nach einigen Wochen bis längstens Monaten) die Verteilung auf die Kommunen. Der Leiter des Hauses, Gregor Michaux-Vignes, zeigte mir die umgebauten Räumlichkeiten, die Platz für insgesamt 800 Personen bieten werden. Der mitunter schöne Ausblick auf den Rhein wird von den Erlebnissen der Menschen überlagert, die sich hierher gerettet haben. Auch im Kindergarten des Hauses wies die Kindergärtnerin auf Zeichnungen hin, die aus dem Blickwinkel der Kleinsten das Schicksal der Flucht und Vertreibung behandeln. Hier werden auf das Land noch einige Anstrengungen zukommen, die humanitäre Notlage zu lindern. Auf meine Frage, was sich der Leiter des Hauses wünschen würde, musste ich leider passen: Die Kriege zu beenden helfen, welche die Menschen in die Flucht trieben. Hier werden die Grenzen der Landespolitik mehr als deutlich.

Insgesamt ist das eine schöne Einrichtung, in der man sich sichtbar viel Mühe gibt, den Aufenthalt den Menschen den Möglichkeiten nach angenehm zu gestalten – es gibt Deutschkurse und Freizeitgestaltung durch Ehrenamtler und eine 24-Stunden-Betreuung durch Muttersprachler. Ich schätze, die Verhältnisse sind nicht überall so gut.

IMG_9083

L1080028

IMG_9095

IMG_9081

Mister Horst

Flüchtlingsboot

Kinderbild

IMG_9078

Weiter wurde gestern mein Antrag „Grundrecht auf menschenwürdige Wohnverhältnisse für alle, auch für Geflüchtet: Notfalls ungenutzten Wohnraum in Anspruch nehmen“ im Innenausschuss des Landtages abschließend behandelt. Nach der Geschäftsordnung konnte ich als Antragssteller dazu reden. Diese Möglichkeit habe ich genutzt, um ein Expertengespräch zur Frage anzuregen, welche rechtlichen Hindernisse noch im Wege stehen, ungenutzten Wohnraum zu nutzen, um Obdachlosigkeit in NRW zu verhindern, gleich wer auch immer davon bedroht ist. Leider fand ich dafür im Ausschuss keine Unterstützung für mein Anliegen und auch die Piraten stimmten gegen den eingebrachten Antrag. Dieses Ergebnis wird mich sicher nicht davon abhalten, mich weiterhin dafür einzusetzen.

Syrien: Einen weiteren militärischen Alptraum darf es nicht geben

nomorewar

Die Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90 / Die Grünen und FDP haben heute einen gemeinsamen Antrag „Entschlossen und besonnen für die Freiheit und gegen den Terror“ zu den Terroranschlägen in Paris im Plenum des Landtags NRW verabschiedet. Den Antrag kann man hier nachlesen.

Inhaltlich kann ich mich dieser Resolution voll anschließen, ich habe ihr daher zugestimmt. Die Taten in Paris waren abscheulich, die Täter sollen mit allen gebotenen Mitteln verfolgt und bestraft werden. Die Opfer betrauern wir zutiefst, doch dürfen wir uns von den Mördern nicht einschüchtern lassen, deswegen unsere Freiheit einschränken oder die Bereitschaft verringern, Asyl zu gewähren.

Doch eine Sache kommt mir darin deutlich zu kurz: Die meisten Opfer von Terrorismus gibt es im Nahen Osten, im Irak und in Syrien, in Afghanistan oder den Krisengebieten Nordafrikas. Sie dürfen nicht als Opfer zweiter Klasse angesehen werden, wir müssen uns gegen den Terrorismus weltweit wenden, nicht nur, wenn er in Europa stattfindet. Die Getöteten in diesen Ländern sind nicht weniger wert als die im Westen. Daher begrüße ich die ergänzende Resolution der Piratenfraktion, die das klarstellt, auch dieser habe ich zugestimmt.

Am Entstehen und an der Verbreitung von Terrorismus trägt leider auch der Westen Mitschuld. Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, soziale Ungleichheit zwischen Norden und Süden, geostrategische- sowie wirtschaftspolitische Interessen als Grund für Krieg, einseitige Parteinahme gegen die Kurden, nicht zuletzt der völkerrechtlich fragwürdige Irak-Feldzug sowie die illegalen Drohnenangriffe durch die USA sind mit ursächlich dafür. Die Serie an Kriegen im Nahen und Mittleren Osten hat die Situation bislang nur verschärft und verschlimmert. Leidtragende sind immer die Menschen vor Ort.

Daher habe ich große Sorge vor einem weiteren Kriegseinsatz in Syrien. Aus großer Höhe Bomben auf ein Land zu werfen, wird den Terrorismus nicht besiegen. Das ist ein wenig so, als würden sie im Restaurant mit einer Bratpfanne nach einer Fliege werfen: Nur mit viel Glück wird man sie treffen, viel wahrscheinlicher landet die Pfanne in der Vitrine – oder am Kopf eines Gastes.

Wir müssen angesichts der vielen Menschen auf der Flucht Verantwortung für die Fluchtursachen übernehmen. Wir dürfen bei Völkermord und Vertreibung auch nicht einfach wegsehen. Das sind die wahren Gründe, warum wir uns für die Menschen in Syrien und gegen Daesh engagieren müssen. Doch es darf keine nationalen Alleingänge geben, bei denen jedes Land überwiegend seine eigenen, meist wirtschaftlichen oder geostrategischen Interessen verfolgt.

Wenn es einen militärischen Einsatz geben soll, dann nur mit internationalem Mandat und unter internationalem Kommando, mit einem klaren, vorher definiertem Ziel und einem Plan, wie man es erreichen will. Einen weiteren, nicht endend wollenden, militärischen Alptraum darf es nicht geben.