Anhörung zu „Gegen sexualisierte Gewalt. Immer, überall und ausnahmslos“

Landtag Eingang

Heute lief die Anhörung im Landtag NRW im Ausschuss zu Frauen, Gleichstellung und Emanzipation zu den Anträgen, die in der Folge der Silvesternacht gestellt worden waren, auch zu meinem Antrag „Gegen sexualisierte Gewalt und Rassismus. Immer. Überall. Ausnahmslos“. Die Anhörung war sehr spannend und auch erschreckend, sie hat viele Schwachstellen der Betreuung von Opfern dieser Gewalt aufgezeigt. Das Dunkelfeld ist erschreckend, weit über 90% aller Fälle werden nicht angezeigt. Die Auswertung der Anhörung wird sicher sehr umfangreich werden. Wir haben eine gemeinsame Pressemitteilung verfasst:

Gegen sexualisierte Gewalt. Immer, überall und ausnahmslos

Der Ausschuss für Frauen, Gleichstellung und Emanzipation des NRW-Landtags beschäftigte sich heute im Rahmen einer Anhörung mit dem Thema sexualisierter Gewalt. Die NRW-Linke kritisiert, dass viele Übergriffe auf Frauen noch immer nicht aufgearbeitet werden.

„Sexualisierte Gewalt ist für viele Frauen alltäglich, sie werden vergessen, ausgegrenzt und stigmatisiert“, erklärt Özlem Alev Demirel, Landessprecherin der Linken NRW. „Es kann nicht sein, dass über sexualisierte Gewalt und Belästigung nur dann berichtet wird, wenn wie in der Silvesternacht in Köln die Herkunft der Täter nicht deutsch ist. Übergriffe auf Frauen müssen thematisiert werden – egal ob es um die Silvesternacht oder das Oktoberfest geht.“

Die Dunkelziffer sexualisierter Gewalt und Belästigung, das bestätigten die Experten in der Anhörung erneut, ist in Deutschland nach wie vor hoch. Nach Ansicht der Linken ist der Gesetzgeber gefragt wirksame Strukturen zu schaffen, um sexualisierte Gewalt und Belästigung zu verhindern und die Opfer zu schützen.

„Niemand darf Opfer sexualisierter Gewalt werden, und kein Opfer darf damit alleine gelassen werden“, so der Linken-Landtagsabgeordnete Daniel Schwerd. „Das Land muss die Unterstützung von Beratungsstellen und Frauenhäusern und anderer Hilfsangebote gewährleisten und finanziell ausbauen. Polizei und Justiz müssen im sensiblen Umgang mit Opfern intensiver geschult werden. Darüber hinaus ist es dringend notwendig, die immer noch bestehenden Lücken im Strafrecht zu schließen und die von der Bundesregierung bereits unterschriebene Istanbul-Konvention des Europarates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen endlich in geltendes Recht umzusetzen.“

„Realitätsschock“ beim Breitbandausbau in NRW

Glasfaser

Nach aktuellen Presseberichten zieht der zuständige Parlamentarische Staatssekretär Horst Becker die Realisierung der bisherigen Ziele der Landesregierung im Breitbandausbau in Zweifel. Auch beim Breitbandausbau hat Hannelore Kraft offenbar den Mund zu voll genommen.

Ebenso wie Wahlprogramm und Koalitionsvertrag einem Realitätscheck nicht standhalten, muss jetzt auch die Landesregierung beim dringend notwendigen Breitbandausbau in NRW zurückrudern. Seit Jahren weise ich auf Versäumnisse in diesem Bereich hin. Nach wohlfeilen Versprechungen, dass bis 2018 sämtliche Haushalte in NRW mit 50 Mbit pro Sekunde an ein schnelles Internet angeschlossen sein sollen, wird der Realitätscheck in dieser Frage zum Realitätschock.

Staatssekretär Becker und Umweltminister Johannes Remmel (beide Grüne) hatten bei einer Pressekonferenz die Pläne ihres Hauses vorgestellt, das schnelle Netz im ländlichen Raum zu fördern. Dabei gaben sie als neue Zielsetzung an, dass bis 2018 nicht mehr sämtliche Haushalte, sondern nur mehr 85 % aller Haushalte an das schnelle Netz angeschlossen werden sollen.

Mit dem zögerlichen Ausbau des Breitbandnetzes in NRW ist die Landesregierung im Begriff, unsere digitale Zukunft zu verspielen. Dabei war das Ziel nicht hoch gesteckt: Vom Gigabit-Internet war noch nicht einmal die Rede. Die Folge dieses Versagens ist, dass sich die digitale Spaltung der Gesellschaft weiter vertiefen wird. Jeder weiß, dass gerade diese letzten 15% am schwierigsten sein werden. Doch man drückt sich davor, dieses Ziel zeitnah zu bewältigen.


Weitere Informationen:

Plenarrede „Fahrplan Breitbandausbau für NRW“, aus 2013:

Plenarrede „Fahrplan Breitbandausbau für NRW“

Wir brauchen eine #Glasfaser-Strategie für unser Land, aus 2015:

Wir brauchen eine #Glasfaser-Strategie für unser Land

Klares Bekenntnis zu Glasfaser-Breitband fehlt in NRW, aus 2016:

Klares Bekenntnis zu Glasfaser-Breitband fehlt in NRW

Auf den Schultern von Giganten: Die Konsequenzen des Sampling-Urteils

schallplatte

Vergangene Woche hat das Bundesverfassungsgericht sein Urteil in der Frage verkündet, inwieweit Musiker kurze Stücke anderer Künstler für eigene Werke benutzen dürfen. Bislang war das – ohne explizite Einwilligung – nicht möglich. Die Düsseldorfer Elektropioniere von Kraftwerk waren gegen den Musikproduzenten Moses Pelham vorgegangen, weil dieser einen zwei Sekunden langen Schnipsel eines ihrer Songs benutzt hat, um damit einen eigenen Song zu erschaffen. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes gegen ihn musste Pelham das Stück zurückziehen.

Das Verfassungsgericht entschied nun, dass solche Benutzung unter gewissen Voraussetzungen doch erlaubt sein soll – ein Sieg für die Remix-Kultur und die moderne Pop- und Dance-Musik, die stark von Samples lebt. Die Kunstfreiheit sei berührt, durch dieses Verbot sei faktisch eine ganze Musikrichtung behindert, so das Gericht. Das Verfahren wurde an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen, der nun in diesem Sinne entscheiden soll.

Der Urteilstext des Bundesverfassungsgerichts ist hochspannend. Dort heißt es zum Beispiel: Es »gebietet die Eigentumsgarantie … nicht, dem Tonträgerhersteller jede nur denkbare wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit zuzuordnen. Vielmehr ist es Sache des Gesetzgebers, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen; er muss von Verfassungs wegen nur sicherstellen, dass das, was dem Leistungsschutzrechtsinhaber ›unter dem Strich‹ verbleibt, noch als angemessenes Entgelt für seine Leistung anzusehen ist.« Damit stellt das Verfassungsgericht klar, dass ein Künstler nicht pauschal jede Art der Nutzung seines Werks untersagen darf. Es darf sehr wohl erlaubt sein, seine Songs in einer fairen Art und Weise zu nutzen, wenn dem Künstler noch eine angemessene Entlohnung seiner Arbeit verbleibt. Die Grenzen dafür darf der Gesetzgeber festlegen.

Wir alle stehen auf den Schultern von Giganten. Jede Erfindung, jedes Werk bedient sich gewisser Ideen, Teile und Konzepte von Erfindungen und Werken zuvor. Das ist künstlerischer, kultureller, wissenschaftlicher Fortschritt. Eine derartig weite Auslegung des geistigen Eigentumsbegriffs, dass auch kleinste Teile erlaubnis- und vergütungspflichtig sein sollen, behindert diese Fortentwicklung. Man stelle sich vor, der erste Erfinder des Autos hätte den folgenden Autoherstellern die Nutzung des Lenkrades untersagt: Eine Autoindustrie wäre nie entstanden.

Ein Künstler muss in einen künstlerischen Dialog mit vorhandenen Werken treten können, die durch ihre Veröffentlichung nicht mehr dem Urheber alleine gehören, sondern in den gesellschaftlichen Raum getreten seien, urteilt das Gericht. Es muss aber ein ausreichender Abstand zum Ursprungswerk eingehalten werden. Hip-Hop und moderne Dance-Music nutzen Sampling intensiv. Es gibt eine ganze Remix-Kultur, die auf vorhandenen Werken aufbaut und daraus etwas Neues, Eigenständiges schafft. Als Rohmaterial für neue Lieder kann ein Musiker nun Teile von Werken der Künstler vor ihm verwenden, wenn er dies fair tut, also den kommerziellen Erfolg des Vorgängers damit nicht behindert. Damit wird einem Auswuchs des »geistigen Eigentums« Einhalt geboten.

Doch auch ein anderer Auswuchs könnte vom Urteil berührt sein: das Leistungsschutzrecht für Presseverleger. So sagt das Gericht: »Der Grund dafür, dem Tonträgerhersteller ein besonderes gesetzliches Schutzrecht zu gewähren, war nicht, ihm Einnahmen aus Lizenzen für die Übernahme von Ausschnitten in andere Tonaufnahmen zu sichern … Der Schutz kleiner und kleinster Teile durch ein Leistungsschutzrecht, das im Zeitablauf die Nutzung des kulturellen Bestandes weiter erschweren oder unmöglich machen könnte, ist jedenfalls von Verfassungs wegen nicht geboten.« Doch genau das tut das Leistungsschutzrecht für Presseverleger: »Snipplets«, also kleine Textauszüge, die zum Beispiel Suchmaschinen als Textanreißer in ihren News-Suchergebnissen benutzen, sind erlaubnis- und vergütungspflichtig. Die Verleger berufen sich auf ihre verfassungsmäßig garantierten Eigentumsrechte, und der Gesetzgeber hat die Nutzung solcher auch kurzer Textauszüge lizenzpflichtig gemacht. Damit befindet sich aber dieses Leistungsschutzrecht in klarem Widerspruch zum Bundesverfassungsgerichtsurteil: Es darf in Analogie zu diesem Urteil gerade eben nicht um das Generieren von Einnahmen bei Übernahme von Textausschnitten gehen, und die Nutzung dieses kulturellen Bestandes darf dadurch nicht erschwert werden. Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger steht im Lichte dieser Entscheidung auf wackligen Beinen.


Dieser Artikel erschien am 08. Juni 2016 als Gastkommentar im Neuen Deutschland.

Standort für neue Gesamtschule in Köln-Kalk weiterhin unklar: Landesregierung lässt Stadt hängen

Schulklasse

Die Antwort der Landesverwaltung auf eine Kleine Anfrage von mir offenbart wenig Interesse des Landes, die Stadt bei der Ansiedlung einer Gesamtschule in Kalk zu unterstützen.

Die Kölner Stadtverwaltung berichtete mehrfach, sie wolle das Grundstück am Walter-Pauli-Ring/Gummersbacher Straße in Kalk vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes NRW (BLB) kaufen, um dort eine Gesamtschule zu errichten. Dieses Ankaufinteresse, so die Stadt Köln noch im März dieses Jahres, wurde 2014 „bekundet und im Juni 2015 bekräftigt. Bis heute liegt jedoch keine Antwort oder Zusage des BLB vor, mit der Stadt Köln in Kaufverhandlungen einzutreten.“ (Drucksache 0582/2016 im Rat der Stadt Köln)

Die Landesverwaltung räumt zwar ein, die Stadt am 31.7.2014 darüber informiert zu haben, dass das Grundstück für Landeszwecke benötigt wird. Auf das zweite Kaufgesuch 2015 hat es nach eigenen Angaben allerdings keine schriftliche Absage erteilt, sondern sich lediglich in Gesprächen mit Vertretern der Stadt Köln geäußert. Die Stadt wiederum gibt in o.g. Drucksache an, eine mündliche Äußerung der Stellvertretenden Leitung der BLB habe ergeben, dass der Landesbetrieb an einem Verkauf zu Schulzwecken interessiert sei.

Heiner Kockerbeck, bildungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Kölner Rat, ist wütend auf die Landesregierung: „Die Kaufwunsch der Stadt ist berechtigt. Sie braucht das Grundstück dringend für eine Gesamtschule. Im Stadtbezirk sind schon viele Standorte geprüft worden. Keiner ist so geeignet wie der Walter-Pauli-Ring. Wenn das Land mit Verweis auf eigene Bauinteressen nicht verkaufen will, muss es erklären, was dort angesiedelt werden soll. Ein Bauvorhaben, das wichtiger als eine Gesamtschule wäre, ist schwer vorstellbar.“

Ich bin ebenfalls unzufrieden mit der Antwort der Landesverwaltung. Das Tauziehen von Seiten des Landes geht zu Lasten der Kölner Schüler/-innen und ihrer Eltern. Das Finanzministerium behauptet, von der Stadt Köln nicht auf das Grundstück ‘angesprochen’ worden zu sein. Wenn allerdings dem BLB seit 2015 ein Kaufgesuch vorliegt und das Finanzministerium letztlich über den Verkauf entscheiden muss, können diese Abläufe nicht stimmen. Entweder wird im Ministerium gemauert oder Kaufanfragen werden nicht ordnungsgemäß bearbeitet. Das ist besonders bitter für die Kinder, die keinen Platz auf einer Gesamtschule erhalten. Das sind in Köln fast ein Drittel aller Bewerbungen.

Global Marijuana March 2016 in Düsseldorf: Zeiten ändern sich!

cannabis

Mittlerweile findet er jährlich in hunderten Städten weltweit, und dutzenden Städten in Deutschland statt: Der Global Marijuana March. Es geht dabei um die Entkriminalisierung und Legalisierung von Cananbis: Seine vielfältigen Möglichkeiten als Arznei sollen nutzbar sein, und der Gebrauch als Genuss- und Rauschmittel soll realistisch anhand seines tatsächlichen Schadenpotential bewertet werden – dazu muss die Drogenpolitik neu gestaltet werden. Die Veranstaltung wird vom Deutschen Hanfverband organisiert und gestaltet, DIE LINKEN sind Mitunterstützer, DIE LINKE Düsseldorf hatte einen Stand aufgebaut.

An Samstag, den 14. Mai 2016 fand der diesjährige Global Marijuana March in Düsseldorf statt. Auf dieser Veranstaltung habe ich die folgende Rede gehalten:

(es gilt das gesprochene Wort)

Liebe Patientinnen und Patienten, liebe Genussfreundinnen und –Freunde,

Cannabis ist verboten. Obwohl es keine Todesfälle gibt, obwohl kein nachweisbarer, nennenswerter volkswirtschaftlicher Schaden durch die Nutzung entsteht, obwohl Risiken und Wirkungseise sehr gut erforscht sind, obwohl es viele nützliche Anwendungs-gebiete gibt. Cannabis ist verboten, während andere Substanzen oder Tätigkeiten mit viel größerem Risiko, mit viel größerem Schadenspotential erlaubt sind und legal praktiziert werden. Warum ist das so? Wie kommt es zu dieser irrationalen Entscheidung?

Es gibt viele Stimmen, die die Legalisierung von Cannabis fordern. Das sind Fachleute, das geht von Richtern, Polizisten über Ärzte und Wissenschaftler. Es gibt so viele Argumente, warum dieses Verbot aufgehoben werden muss. Dennoch passiert das nicht. Warum ist das so?

Gegen diese Irrationalität ist schwer anzukommen. Haben wir es hier möglicherweise mit Moralvorstellungen des vorvorigen Jahrhunderts zu tun? Anstrengungslose Freude war bekanntlich im gottesfürchtigen Volk verpönt. Die anregende Wirkung war der Obrigkeit suspekt. Doch warum ist es heute immer noch so?

Ich habe eine möglichen Grund dafür: Wir haben es hier mit Politik der Mitte zu tun. Die Beharrungskräfte sind extrem. Kontroverse Fragestellungen packt man bei den etablierten Parteien lieber nicht an, sondern beschränkt sich auf populäre Themen, in denen man billigen Erfolg und schnelle Popularität gewinnen kann. Lieber lässt man alles so wie es war, bevor man auch nur einen potentiellen Wähler verschreckt. Es ist genau diese Feigheit, die den Fortschritt und die Freiheit behindern!

Die vorgesehenen Erleichterungen für medizinisches Cannabis sind ein winziger, ganz zögerlicher Schritt in die richtige Richtung. Aber warum sind darin immer noch so gravierende, so irrationale Einschränkungen enthalten?
Patienten müssen nämlich erst mal ein ganzes Jahr krank sein, bevor sie Cannabis nehmen dürfen. Dafür gibt es nicht einen objektiven Grund. Ist es etwa in Ordnung, jemandem ein Jahr lang schmerzlindernde Medizin zu verweigern? Ist das OK, einem Patienten ein Jahr eine Behandlung vorzuenthalten, die ihm vielleicht hilft? Für mich ist das vorsätzliche Körperverletzung!

Außerdem, so fordert das die neue Regelung, müssen alle anderen Behandlungsmöglichkeiten vorher ausgeschöpft und erfolglos sein, bevor Cannabis ausprobiert werden darf. Auch das ist total irrational: Mit den härtesten Psychopharmaka, mit den stärksten Opiaten muss man sich also behandeln lassen, bevor man das vielleicht wirksamere, aber sehr viel mildere Cannabis verwenden kann. Das ist doch idiotisch!

Cannabis ist ein medizinisch wirksames Mittel. Kein Stoff ist per se gut oder böse. Cannabis hat Wirkungen und Nebenwirkungen. Es hat Chancen, es hat Risiken, so wie jedes andere Mittel. Ich fordere, dass man seinen Einsatz alleine daran misst, wie das Verhältnis von Wirkungen zu Nebenwirkungen, von Nutzen zu Schaden ist! Daran muss man es messen, und nicht an Moralvorstellungen von vorgestern! Wir fordern einen wissenschaftlichen Umgang mit dem Stoff Cannabis, weg mit Tabus und Stigmatisierung!

Aber gehen wir mal ab von der Medizin Cannabis, hin zum Rausch- und Genussmittel Cannabis. Hier bleibt es beim Verbot. Die Einteilung in verbotene und legale Rausch- und Genussmittel ist aber genauso irrational und nicht nachvollziehbar. Sie orientiert sich nämlich weder an der Gefährlichkeit der Stoffe noch an deren Schadenspotential.

Legale Suchtmittel hingegen werden oft verharmlost und sind gesellschaftlich akzeptiert. Ich frage: Wieviele Tote gibt es jedes Jahr durch Alkohol? Welchen volkswirtschaftlichen Schaden richten Unfälle bei Extremsportarten an, wo es um den Adrenalinkick geht? Wie sieht es mit Abhängigkeit von Medikamenten, von Tabak aus? Wie ist es mit Spielsucht? Keiner kann schlüssig erklären, warum das eine Verhalten legal, das andere aber verboten sein soll.

Natürlich gibt es Menschen, die sind suchtgefährdet. Für die kann der Konsum von Cannabis gefährlich werden. Genauso wie bei allen anderen legalen oder illegalen Drogen. Doch auch hier muss endlich Schluss sein mit der Kriminalisierung. Man kann kranke Menschen nicht mit Gesetzen behandeln! Verbote und Gefängnis heilen keine Abhängigen! Wir brauchen stattdessen eine Entkriminalisierung des Konsums, sowie eine effektive Hilfe für Süchtige und Kranke. Statt Strafverfolgung und Gefängnis brauchen wir Therapieplätze!

Der Zugang dazu muss niedrigschwellig sein, sie müssen in ausreichender Zahl und Qualität vorhanden sein! Und wenn einer fragt, woher man die Mittel dafür nehmen soll – dann soll er das doch einfach von der Strafverfolgung nehmen – dafür ist nämlich genug Geld da. Im Drogenbereich gibt Deutschland nämlich 84% der Mittel für die Strafverfolgung aus. Nicht mal ein Euro von sechs fließt in Prävention und Hilfe. Das ist doch blanker Irrsinn!

Wir brauchen kontrollierte, legale Angebote, bei denen Konsumenten eine garantierte, sichere Qualität der Stoffe erhalten. Wer auf dem Schwarzmarkt kaufen muss, lebt – neben der Illegalität – auch noch in der ständigen Gefahr, vergiftet oder überdosiert zu werden. Die Beschaffungskriminalität würde enden. So wie es jetzt ist, wird die organisierte Kriminalität dadurch direkt subventioniert. Das kann doch nicht so bleiben!

Ich finde, gesunde, erwachsene, verantwortungsbewusste Menschen haben ein Recht auf Rausch. Man hat das Recht, mal etwas Unvernünftiges zu machen, etwas, was gegen hergebrachte gesellschaftliche Konventionen steht, solange man damit niemand anderes einschränkt oder gefährdet: das ist nämlich Freiheit! Und um ein Stück Freiheit geht es hier heute.

Wir fordern: Gebt das Hanf frei! Zeiten ändern sich! Weg mit den alten Dogmen, für eine neue Drogenpolitik!

Vielen Dank.

LAG Netzpolitik der LINKEN NRW gegründet

Sprecherinnenrat LAG Netzpolitik NRW

Pfingstsonntag hat sich in Düsseldorf die LAG Netzpolitik der LINKEN NRW gegründet. Dazu haben sich 18 Interessentinnen und Interessenten in der Landes-Geschäftsstelle getroffen, die Formalien geklärt und den Gründungsbeschluss gefasst.

Die LAG Netzpolitik wird sich – neben der klassischen Netzpolitik, wie etwa Breitbandausbau, Netzneutralität oder Websperren – auch mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeits- und Wirtschaftswelt, dem Grenzbereich zur Innenpolitik (wie Vorratsdatenspeicherung, Datenschutz und Privatsphäre), zum Internetrecht und anderen Querschnittsthemen befassen. Wir wollen in Zukunft auch auf Landesebene linke Antworten zu diesen Fragen geben können!

Deswegen werden wir später sicher auch mit anderen LAGs in Kontakt treten, wo diese Querschnittsthemen einander berühren, wir freuen uns auf eine produktive Zusammenarbeit! Natürlich wollen wir uns auch mit der BAG Netzpolitik vernetzen, sowie mit anderen netzpolitischen Organisationen.

Ebenso wurde ein 4köpfiger Sprecherinnenrat gewählt, zur Sprecherin wurde Kirsten Eickler, zu ihrer Stellvertretung Marion Wegscheider gewählt. Sprecher wurde Daniel Schwerd, Stellvertreter Lühr Koch.

Wir freuen uns auch über weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Meldet Euch! Mailinglisten und ähnliche Infrastruktur muss erst noch aufgebaut werden, dahingehend habt bitte noch etwas Geduld.

Auf eine gute Zusammenarbeit,

Euer Sprecherinnenrat der LAG Netzpolitik NRW

Kirsten, Daniel, Marion und Lühr

Sozialismus durch die Hintertür: Einen Oettinger hält weder Ochs noch Esel auf

OchsEselImmer passend zum 1. April stelle ich den Sinn für Humor der Landesregierung auf die Probe und reiche eine nicht allzu ernst gemeinte Kleine Anfrage ein – in der aber ein ernst gemeinter Kern steckt. Im vergangenen Jahr durfte sich die Landesregierung mit der Computerspielbranche befassen und dieses Jahr war es Günther Oettingers „Hintertürsozialismus“ im Zuge der Netzneutralität. Oettinger war nämlich der Meinung, mit der Netzneutralität, also der Gleichbehandlung aller Daten im Internet würde der Sozialismus durch die Hintertür eingeführt. Nachfragen, was er denn damit meine, verwirrten eher noch weiter.

Die Antwort aus dem SPD-geführten Ministerium für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien greift glücklicherweise die humoristische Note auf und zeigt, welche Wellen diese Kleine Anfrage vor sich herschob, schließlich lösten diese „existentiell-philosophischen Fragen“ einen „erheblichen Abstimmungsbedarf“ aus, heißt es dort. Gleichwohl ist sie auch bezeichnend.

Antwort der Landesregierung

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,

namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 4616 im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk, dem Minister für Inneres und Kommunales sowie der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter wie folgt:

Frage 1: Kann der Sozialismus durch die Netzneutralität eingeführt werden?
Frage 2: Bedeutet Sozialismus, dass nicht einmal medizinische und lebensnotwendige Dinge Vorrang haben?
Frage 3: Was könnte Sozialismus nach Ansicht der Landesregierung mit Netzneutralität zu tun haben?
Frage 4: Wie kann die Ministerpräsidentin bzw. die Landesregierung dabei helfen, Herrn Oettinger zu erklären, was Netzneutralität, was Sozialismus ist und was beides miteinander zu tun hat?

Aus Gründen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 bis 4 gemeinsam beantwortet.

Die Anfrage des fraktionslosen Abgeordneten Daniel Schwerd weist, ungeachtet des besonderen Datums der Kleinen Anfrage, existenziell-philosophische Fragen auf und hat innerhalb der Landesregierung erheblichen Abstimmungsbedarf ausgelöst. Die Landesregierung hat die auf europäischer Ebene zwischen Parlament, Rat und Kommission geführte Debatte über Netzneutralität intensiv wie nachhaltig begleitet und damit jedenfalls großen Zuspruch von all jenen erhalten, die verstanden haben, dass das Prinzip der Netzneutralität in unserem digitalen Zeitalter schlicht die Basis ist, um unsere Demokratie, unsere Meinungsfreiheit und den freien Zugang zu vielfältigen Informationen zu sichern.

Die Frage der Gemeinsamkeiten von Netzneutralität und Sozialismus ist in den bisherigen Debatten sträflich vernachlässigt worden. Sie umfassend und mit der erforderlichen philosophischen Tiefe zu beantworten, würde aber einen Aufwand erfordern, der innerhalb einer Frist von vier Wochen nicht zu leisten ist.

Deshalb beschränkt sich die Landesregierung auf zwei grundsätzliche Feststellungen zu den Gemeinsamkeiten:

1. Netzneutralität und Sozialismus sind beide eine ständige Aufgabe.
2. Netzneutralität und Sozialismus in ihrem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.

(Zwischenruf des Autors:) „Lassen wir jetzt den Satz, wie er geht und steht, oder vielmehr hinkt. Was hätte man als Schlussfolgerung erwartet?“, fragte schon Karl Marx in seiner Kritik am Gothaer Programm der SPD. Kann man diese Antwort etwa als ein Bekenntnis der rotgrünen Landesregierung werten, die Netzneutralität als eine Voraussetzung zur Einführung des Sozialismus im 21. Jahrhundert zu begreifen? Und versteht sie den Sozialismus immer noch als ihre Aufgabe?

Die Landesregierung ist zuversichtlich, dass auch Herr EU-Kommissar Oettinger keine weiter reichenden Zusammenhänge von Netzneutralität und Sozialismus finden wird. Auch ist gewiss, dass Spezialdienste weder das Prinzip der Netzneutralität noch den Sozialismus in ihren Grundfesten erschüttern werden.

Frage 5: Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung derzeit, um sich für die Stärkung der Netzneutralität einzusetzen?

Die Landesregierung befürwortet deshalb weiterhin das Prinzip der Netzneutralität. Ein wesentliches Anliegen der Landesregierung ist es dabei, sicherzustellen, dass Netzneutralität nicht nur als rein telekommunikationsrechtliche Frage, sondern auch als Frage der Vielfaltssicherung verstanden wird: Bei Netzneutralität geht es nicht nur um die technische Zugangsdienstleistung, sondern letztlich auch um die Frage, welche Inhalte im Internet verfügbar sind. Für Nutzer wie Inhalteanbieter ist es elementar, sämtliche legalen Inhalte im Internet einerseits bereitstellen und andererseits nutzen zu können. Da den Ländern auch im Internet der Auftrag zur Sicherung inhaltlicher Vielfalt zukommt, setzt sich die Landesregierung hierzu aktiv im Länderkreis wie auch gegenüber dem Bund für ein Vielfaltsmonitoring ein.

(Anmerkung des Autors:) Netzneutralität und Spezialdienste gehen nicht zusammen. Und wie man Vielfalt monitoren will, weiß kein Mensch. „In der Tat ist aber der ganze, stilistisch und inhaltlich verfehlte Paragraph nur da, um das Lassallesche Stichwort vom ‘unverkürzten Arbeitsertrag’ als Losungswort auf die Spitze der Parteifahne zu schreiben“, so sagte es Karl Marx 1875 in seiner Kritik am Gothaer Programms der SPD. Ersetzt man den „unverkürzten Arbeitsertrag“ durch „Netzneutralität“, und Ferdinand Lassalle durch Professor Tim Wu von der Columbia University, welcher den Begriff der Netzneutralität erfand, so würde es beschreiben, was der Sozialdemokratie in der NRW-Regierung zum Thema Netzneutralität einmal einfallen sollte. Und wie immer wird man sagen müssen: Marx hatte ja so Recht gehabt! Manche Dinge ändern sich eben nie.

Klares Bekenntnis zu Glasfaser-Breitband fehlt in NRW

Glasfaser

Die Versorgung mit schnellem Internet wird heutzutage für jeden Menschen immer bedeutsamer. Informationen, soziale Kontakte und Unterhaltung über das Internet, heute für viele Menschen unverzichtbar, aber auch Wirtschaft, Einkaufen, Arbeiten sowie politische und gesellschaftliche Teilhabe findet heute immer häufiger per Internet statt. Diejenigen, die – aus welchen Gründen auch immer – keinen breitbandigen und schnellen Zugang haben, sind effektiv benachteiligt.

Breitband-Internet ist eine materielle Lebensgrundlage

Nicht umsonst hat der Bundesgerichtshof den Zugang zum Breitband-Internet zu einer materiellen Lebensgrundlage erklärt – so wie Strom, Wärme und Wasser. Und diese Bedeutung wird immer wichtiger.

Diese Erkenntnis ist in den Regierungen des Landes und Bundes nur sehr langsam angekommen – in der Umsetzung hapert es aber noch fast überall. Streckenweise wird das Problem zwar erkannt, aber nach wie vor mit den falschen Instrumenten angegangen: Man hofft auf den Markt, dass er von Zauberhand die fehlenden Stücke des Puzzles ergänzt, oder man versucht die marktmächtigen Internetversorger mit finanziellen und politischen Zugeständnissen zum Ausbau zu bewegen. Diese wissen wohl um ihre bequeme Position und lassen sich ihre längst abgeschriebene, einst mit Steuermitteln erstellte Infrastruktur weiter vergolden.

Hier wird insbesondere auf die Vectoring-Technologie gesetzt, die es erlaubt, noch einigen Geschwindigkeitszuwachs aus alten Kupferkabeln herauszuquetschen. Der Preis ist ein Rückbau des Marktes hin zu neuen Monopolstrukturen. Darin investierte Steuermittel werden nur einen kurzfristigen Effekt haben, denn der geringe Leistungszuwachs wird schon in wenigen Jahren nicht mehr ausreichen, und das Geld ist dann weg. Der Übergang zur Gigabit-Gesellschaft wird so nicht gelingen.

Glasfaser bis in jedes Haus

Einzig Glasfaser ist die Technologie, mit der das Wachstum der Nutzung des Internets auch langfristig abgebildet werden kann. Bekenntnisse zur Technologie-Neutralität der Förderung verkennen diesen Umstand – wenn man die Wahl zwischen energieeffizientem Traktor und dem Doppelgespann-Pferdepflug hat, so wäre die Förderung eines zweiten Ackergauls zwar technologieneutral, aber sicher nicht zukunftsweisend.

Und damit Glasfaser seinen Vorteil voll ausspielen kann, muss es lückenlos bis in jedes Haus, bis zu jedem Nutzer reichen, denn der Engpass ist meist die letzte Meile. Doch hier fehlen klare Bekenntnisse der Landes- und Bundespolitik.

In NRW sieht es nicht rosig aus: Einigermaßen gut versorgten Ballungsgebieten stehen anachronistische Geschwindigkeiten in Randlagen und weiße Flecken im ländlichen Raum gegenüber. Hier alleine auf den freien Markt zu hoffen reicht ganz offensichtlich nicht aus.

NRW drückt sich um konkrete Antworten

Ich habe die Landesregierung nach Stand und Zukunft des Breitbandausbaus in den einzelnen Kreisen des Landes NRW gefragt. Insbesondere wollte ich wissen, welche Förderprojekte es gab, wie der Ausbaustand insbesondere mit Glasfaser ist, welche Maßnahmen für erforderlich gehalten werden, um die Lage zu verbessern und welche Maßnahmen konkret geplant sind – jeweils aufgeschlüsselt für sämtliche Städte und Gemeinden des Bundeslandes.

Die Antworten sind ernüchternd. Den Glasfaserausbaustand kennt man nicht, konkrete Projekte auf Kreisebene kann die Landesregierung nicht nennen. Stattdessen betet sie nur die allgemeinen, schon bekannten, wenig erfolgreichen bzw. wenig spezifischen Förderprogramme herunter. Eine Strategie ist genauso wenig erkennbar wie ein Ansatz zur Realisierung.

Die Antworten der Landesregierung können für die Kommunalarbeit wichtiger Anknüpfungspunkt sein. Man kann einzelnen Projekten nachforschen und der Einschätzung der Landesregierung kommunal auf den Zahn fühlen.

Die Antworten der Landesregierung findet ihr – geschlüsselt nach Kommunen – hier:

Aachen (Städteregion): Drucksache 16/11028
Bielefeld: Drucksache 16/11029
Bochum: Drucksache 16/11030
Bonn: Drucksache 16/11031
Borken: Drucksache 16/11032
Bottrop: Drucksache 16/11033
Coesfeld: Drucksache 16/11034
Dortmund: Drucksache 16/11035
Duisburg: Drucksache 16/11036
Düren: Drucksache 16/11037
Düsseldorf: Drucksache 16/11038
Ennepe-Ruhr-Kreis: Drucksache 16/11039
Essen: Drucksache 16/11040
Euskirchen: Drucksache 16/11041
Gelsenkirchen: Drucksache 16/11042
Gütersloh: Drucksache 16/11043
Hagen: Drucksache 16/11044
Hamm: Drucksache 16/11045
Heinsberg: Drucksache 16/11046
Herford: Drucksache 16/11047
Herne: Drucksache 16/11048
Hochsauerlandkreis: Drucksache 16/11049
Höxter: Drucksache 16/11050
Kleve: Drucksache 16/11051
Köln: Drucksache 16/11052
Krefeld: Drucksache 16/11053
Leverkusen: Drucksache 16/11054
Lippe: Drucksache 16/11055
Märkischer Kreis: Drucksache 16/11056
Mettmann: Drucksache 16/11057
Minden-Lübbecke: Drucksache 16/11058
Mönchengladbach: Drucksache 16/11059
Mülheim an der Ruhr: Drucksache 16/11060
Münster: Drucksache 16/11061
Oberbergischer Kreis: Drucksache 16/11062
Oberhausen: Drucksache 16/11063
Olpe: Drucksache 16/11064
Paderborn: Drucksache 16/11065
Recklinghausen: Drucksache 16/11066
Remscheid: Drucksache 16/11067
Rhein-Erft-Kreis: Drucksache 16/11068
Rheinisch-Bergischer Kreis: Drucksache 16/11069
Rhein-Kreis Neuss: Drucksache 16/11070
Rhein-Sieg-Kreis: Drucksache 16/11071
Siegen-Wittgenstein: Drucksache 16/11072
Soest: Drucksache 16/11073
Solingen: Drucksache 16/11074
Steinfurt: Drucksache 16/11075
Unna: Drucksache 16/11076
Viersen: Drucksache 16/11077
Warendorf: Drucksache 16/11078
Wesel: Drucksache 16/11079
Wuppertal: Drucksache 16/11080

Pressemitteilung des Kölner Bündnis NO-TTIP

Zaun

Pressemitteilung zum ersten paneuropäischen Treffen von ca. 60 Städten aus 9 Ländern gegen CETA & TTIP & TiSA und für Solidarität, Respekt und Freiheit vom 21. bis 22. April 2016 in Barcelona unter der Teilnahme der Stadt Köln

Auf dem ersten „Pan-European Meeting of Local Authorities and the New Generation of Free Trade Agreements“, haben sich über 60 Städte aus 9 Ländern für eine gemeinsame Erklärung, gegen CETA (Handelsabkommen zwischen EU und Kanada) & TTIP (Handelsabkommen zischen EU & USA) & TiSA (Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen) ausgesprochen. Unter den Teilnehmern dieses Netzwerktreffen war auch Herr Frieder Wolf, Leiter – Internationale Angelegenheiten im Amt der Oberbürgermeisterin der Stadt Köln und hat dort Frau Oberbürgermeisterin Reker vertreten.

Die teilnehmenden Bürgermeister und deren anwesende Vertreter sehen Europa an einem Scheideweg. Die Krisen, die die EU gerade erlebt, erfordern eine politische Lösung. Daher sind Sie der Meinung, dass Europa zentrale Werte wie Solidarität, die Achtung von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in den Mittelpunkt seiner Politik stellen muss. Sie zweifeln an, dass diese neue Generation von Handelsabkommen für die Gesellschaft als Ganzes von Nutzen ist. Und heben hervor, dass Europa seine Wirtschaft nicht auf Freihandel aufbauen darf, sondern soziale und ökologische Rechte, ebenso wie Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern stärken muss.

Sie fordern das europäische Parlament und den europäischen Rat auf TTIP und TiSA solange auszusetzen bis ein neues Mandat unter Berücksichtigung der erhobenen Forderungen vorliegt. Für das bereits fertig ausverhandelte Freihandelsabkommen CETA fordern sie einen sofortigen Stopp. CETA, das noch gefährlicher als TTIP ist, darf ihres Erachtens nicht unterschrieben werden.

Allein in Europa wurden bereits in über 1.600 Städten von deren obersten Gremien wie dem Rat oder der Bürgerschaft Resolutionen gegen CETA & TTIP & TiSA verabschiedet von Edinburgh über Glasgow, Oxford und Cambridge, Cork, Clare Country, Amsterdam, Bruxelles, Paris, Strasbourg, Lyon, Lübeck, Bremen, Köln, Leipzig, München, Wien, Bregenz, Linz, Milano, Roma, Firenze, Siena, Corfu, Egaleo, Barcelona, Madrid, Valencia, Évora um nur einige beispielhaft zu nennen. Zu den 1.600 kritischen europäischen Städten kommen noch die in den USA und Kanada CETA & CO kritischen Städte hinzu, wie z.B. New York City, Miami, Pittsburgh, San Francisco, Berkeley, Seattle, City of Toronto, Montreal, Ottawa, Victoria.

Mit jeder Woche wächst diese internationale Liste der Städte mit Resolutionen gegen CETA & TTIP & TiSA.

Für das baldige Folgetreffen haben sich mit Grenoble und Brüssel gleich zwei teilnehmende Städte beworben. Bis zum nächsten Treffen will man möglichst viele Städte als Mitunterzeichner und Mitglied dieses internationalen Bündnis der Kommunen für den Erhalt der demokratischen Strukturen und dem Erhalt und der Weiterentwicklung sozialer und ökologischer Standards gewinnen. Die vom Rat der Stadt Köln im März 2015 verabschiedet Resolution gegen CETA & CO ist für die Stadt Köln die Grundlage eine solche Resolution mit zu unterzeichnen und sich in diesem internationalen Städtenetzwerk zu engagieren, zum Wohle seiner Bürger und der vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in der Wirtschaftsregion Köln. Die KMUs bilden ca. 95 % der Unternehmen im Wirtschaftsraum Köln ab, stellen die meisten Arbeitsplätze und sind fast die einzigen die die wichtigste Einnahmequelle der Stadt, die Gewerbesteuer leisten. Laut ihren Vertretern, der KMU – Bewegung und dem Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft sehen sie sich durch die neuen Freihandelsabkommen, wie CETA in ihrer Existenz bedroht.

Aber auch in der Bevölkerung gibt es keine Mehrheit für diese neue Form der Freihandelsverträge. Dies machen 2,5 Mio. Unterschriften für die europäische Bürgerinitiative gegen CETA & TTIP & CO deutlich und 50 tausend Mitkläger für die eingereichte Verfassungsklage gegen CETA, 250 tausend Besucher bei der Demo im letzten Oktober in Berlin und die spontanen 90 Teilnehmer an der Kundgebung an diesem Wochenende in Hannover. Eine Allianz aus Deutschen Richterbund und weiteren Juristenvereinigungen sprechen sich ebenso wie viele andere zivile Nichtregierungsorganisationen, wie Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände und Bistümer hiergegen aus. In NRW und in Bayern sind Bündnisse in Gründung, die sich z. B. für ein Volksbegehren zum Stopp von CETA einsetzen.

Angelika Link-Wilden Norbert Baumgarten
Bündnis NO TTIP Köln Bündnis NO TTIP Köln


Auf der Webseite http://no-ttip-koeln.de/ finden Sie weitere Informationen des Kölner Bündnis und unter http://www.ttip-free-zones.eu finden Sie Informationen zum europäischen Netzwerktreffen und der verabschiedeten Resolution. Unter den nachfolgenden beiden Links finden Sie die Landkarten mit den Verzeichnissen der Städte mit Freihandelskritischen Resolutionen.
http://www.attac.de/kampagnen/freihandelsfalle-ttip/aktionen/ttip-in-kommunen/
http://www.attac.de/kampagnen/freihandelsfalle-ttip/aktionen/ttip-in-kommunen/international/

Für Rückfragen und Interviews:
• Norbert Baumgarten, Das Kölner Bündnis NO-TTIP, Tel. 0160/66 57 010
• Angelika Link-Wilden, Das Kölner Bündnis NO-TTIP, Tel. 0172/60 29 843

Der braune Sumpf: Prozess gegen Reker-Attentäter beginnt

BraunerSchlamm

Am Freitag hat vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf der Prozess gegen den Attentäter Frank S. begonnen, der vergangenes Jahr versucht hat, die jetzige Kölner Oberbürgermeisterin und damalige Kandidatin Henriette Reker mit einem Jagdmesser zu töten.

Frank S. war tief in der Bonner Skinhead- und Neonaziszene verwurzelt und hatte in der Vergangenheit an rechtsextremen Aufmärschen teilgenommen. Er war Sympathisant der später verbotenen „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP). Wegen Straftaten wie Raub und Körperverletzung hat er bereits im Gefängnis gesessen. Beim Verfassungsschutz lagen einschlägige Erkenntnisse über ihn vor.

Das Messerattentat selbst erinnert fatal an ein zuvor aufgetauchtes Video, auf dem Rechtsextreme bei einem sogenannten „identitärem Sommerlager“ im Kölner Umland Angriffe mit Messern üben. Die rechte Aktivistin Melanie D. wurde dabei mit dem als Trainer fungierenden Rainer H. (NPD) beim Messerkampf gefilmt. Wiederholt sind dabei Angriffe auf den Hals geübt worden, Frank S. hatte später einen ähnlichen Angriff auf den Hals von Henriette Reker durchgeführt. Möglicherweise hat sich Frank S. an diesen Techniken orientiert.

Nachdem sich zahlreiche Personen des rechten Spektrums im Nachhinein als Informanten oder V-Personen der Geheimdienste herausgestellt haben, und der Kölner Stadt-Anzeiger über Ungereimtheiten in der Arbeitslosengeschichte von Frank S. berichtet hatte, habe ich vier Tage nach dem Attentat der Landesregierung die Frage gestellt, ob der Attentäter als V-Person für den Verfassungsschutz gearbeitet hat. Diese Frage wollte die Landesregierung nicht beantworten. Ob also eine „höhere Behörde“ eine „schützende Hand“ über diesen Herrn gehalten hat, ist nach wie vor unklar. Eine Beschwerde über die nicht ausreichende Antwort blieb bislang unbeantwortet.

In der Prozesseröffnung hat der Angeklagte zunächst einmal über seine traurige Kindheit gejammert. Ich hoffe sehr, dass sich das Gericht nicht vorschnell auf die Theorie des „verwirrten Einzeltäters“ festlegt, sondern seinen rechtsextremen Hintergrund und Verbindungen zu Nazis aus dem Rheinland einerseits, sowie – möglicherweise – zur Polizei bzw. zum Verfassungsschutz des Landes andererseits beleuchtet. Wir werden den Prozess sorgfältig beobachten. Der Sumpf ist tief und noch nicht mal ansatzweise ausgehoben.