Sind Bürgermeister-Pensionen von nach einer Amtsperiode abgewählten Wahlbeamten ein Geheimnis?

altermann

„Die Altersvorsorge entwickelt sich zur Sorge vor dem Alter.“
Prof. Dr. Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger

Das Transparenzbündnis „NRW blickt durch“ kritisiert, dass nach den vergangenen NRW-Bürgermeisterwahlen mehrere Kommunen die Auskunft über die Pensionen ihrer abgewählten Bürgermeistern verweigert haben. Sieben von acht Städten hätten keine Zahlen herausgegeben.

Der Bund der Steuerzahler hatte nach den Versorgungsansprüchen der abgewählten Bürgermeister gefragt, die zuvor nur lediglich eine Wahlperiode im Amt gewesen waren. Besonderes Augenmerk hatte man darauf legen wollen, ob die großzügigen Anrechnungsmöglichkeiten im Versorgungsrecht für die kommunalen Wahlbeamten völlig ausgeschöpft worden sind.

Dem Grunde nach gibt es einen Versorgungsanspruch nach acht ruhegehaltfähigen Dienstjahren sowie der Vollendung des 45. Lebensjahres. Zusätzlich gibt es zugunsten der kommunalen Wahlbeamten die Möglichkeit, neben Ausbildungs- und Studienzeiten sogenannte „förderliche Dienstzeiten“ wie etwa eine frühere berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit in Höhe von bis zu vier Jahren anzurechnen. Darüber entscheidet Stadtrat mit großem Ermessensspielraum.

Ob und inwieweit diese Regelung in den angefragten Fällen angewendet worden ist, wurde nicht bekanntgegeben. Ob ggf. angerechnete „förderlichen Dienstzeiten“ tatsächlich konkret der Arbeit einer Amtsperiode haben nutzen können, ist also unbekannt. Es wäre nicht zu vermitteln, wenn hier mit Steuermitteln überaus großzügig umgegangen wird, während alle anderen Menschen um Ihre Rente bangen.

Vor diesem Hintergrund habe ich der Landesregierung die folgenden Fragen gestellt:

  1. Welche ehemaligen kommunalen Wahlbeamten im Land NRW, die zuvor maximal eine Amtsperiode im Amt waren, haben nach Ihrer Abwahl in diesem Jahr Versorgungsansprüche unter Verwendung von Anrechnungsmöglichkeiten im Versorgungsrecht angekündigt bzw. zugesagt bekommen?
  2. Welche weiteren ehemaligen kommunalen Wahlbeamten im Land NRW haben nach Ihrer Abwahl in diesem Jahr zusätzliche Ansprüche über ihre reinen Dienstjahre hinaus unter Verwendung von Anrechnungsmöglichkeiten im Versorgungsrecht angekündigt bzw. zugesagt bekommen?
  3. Welche Anrechnungsmöglichkeiten sind in jedem einzelnen Falll angwendet worden? Nennen Sie für jeden einzelnen Fall die jeweils berücksichtigte „förderliche Dienstzeit“ in Art und Dauer, bzw. die angerechneten Ausbildungs- und Studienzeiten.
  4. Zu welchen Erhöhungen der monatlichen Renten führt das voraussichtlich? Geben Sie die jeweilige Erhöung für jeden einzelnen Fall an, ggf. nach heutigem Stand.
  5. In welcher Form überprüft das Land NRW die jeweiligen Ermessenentscheidungen der jeweiligen Räte? Gehen Sie darauf ein, inwieweit Angemessenheit und Sachgerechtheit dieser Entscheidungen geprüft werden.

Diese kleine Anfrage wurde unter der Drucksachennummer 16/10337 veröffentlicht.

Grundrecht auf menschenwürdige Wohnverhältnisse für alle, auch für Geflüchtete: Notfalls ungenutzten Wohnraum in Anspruch nehmen!

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„Ein Haus ist eine Arche, um der Flut zu entrinnen.“ – Katherine Mansfield

Ich habe gestern den folgenden Antrag zur Befassung im Landtag Nordrhein-Westfalens eingereicht:


Grundrecht auf menschenwürdige Wohnverhältnisse für alle, auch für Geflüchtete: Notfalls ungenutzten Wohnraum in Anspruch nehmen!

I. Herausforderung durch eine große Zahl geflüchteter Menschen

Der große Zustrom von Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten stellt unser Land und die Kommunen vor große Herausforderungen. Zahllose Menschen fliehen derzeit vor existentieller Not, Gewalt und Vertreibung aus ihrer Heimat zu uns in der Hoffnung auf Schutz, Frieden und eine bessere Zukunft. Sie mit offenen Armen zu empfangen, ihnen Obdach, Versorgung und eine Perspektive zu schaffen gebietet uns die Menschlichkeit und ist uns durch die Verfassung bestimmte Aufgabe. Für diese humanitäre Pflicht gibt es keine Obergrenzen.

Es ist nicht davon auszugehen, dass die Zahl schutzsuchender Menschen in der nächsten Zeit zurückgeht, vielmehr müssen wir erwarten, dass Flucht und Vertreibung anhalten werden, solange die Ursachen dafür bestehen. Jeder Antrag auf Asyl muss auf den Einzelfall bezogen geprüft und bewertet werden. Die Verpflichtung zur Gewährleistung von Unterkunft und Versorgung der Geflüchteten obliegt derweil den Ländern und Kommunen.

Die Landesregierung hat in ihren Antworten auf die kleinen Anfragen 3911, 3912 und 3913 des Unterzeichners betont, zahlreiche geeignete und durchaus auch kreative Maßnahmen zur Beschaffung von Unterkünften zur Unterbringung dieser Menschen zu ergreifen. So wurden dankenswerterweise zahlreiche ungenutzte Landesimmobilien bereits umgewidmet oder werden dafür vorbereitet. Dennoch ist zu befürchten, dass bald Flüchtlinge obdachlos sein werden, weiterhin in ungeeigneten Massenunterkünften, oder nicht winterfesten, schwer heizbaren Zelten oder Hallen verbleiben müssen, da keine Reserven mehr vorhanden sind. Bestehende Notunterkünfte sind längst überfüllt, und neue Standorte und Gebäude immer schwerer zu finden. Selbst Wohncontainer für Notunterbringung sind vielerorts ausverkauft. Der Städte- und Gemeindebund hat bereits im August vor einer drohenden Obdachlosigkeit für Flüchtlinge in NRW gewarnt.

Unter den Geflüchteten sind zahlreiche Kranke, ältere Menschen, Kinder oder Schwangere, die besonderen Schutz benötigen. Viele Menschen sind aufgrund einer langen und strapaziösen Flucht sowie der belastenden Ereignisse in ihren Herkunftsländern körperlich und seelisch erschöpft. Sie sind damit weniger widerstandsfähig gegenüber den Strapazen einer Obdachlosigkeit bzw. einer Unterbringung in ungeeigneten Massenunterkünften oder Zelten, gerade im Winter. Ein rücksichtsloses Abhalten der Flüchtlinge an Europas Außen- oder Binnengrenzen löst dieses Problem nicht, sondern verlagert es nur in die unübersichtlichen Grenzregionen und missachtet die Menschenrechte der Geflohenen. Die sich verschlechternden winterlichen Wetterbedingungen auf der Fluchtroute verschärfen dieses Problem.

II. Genügend Wohnraum für alle vorhanden

Dabei muss im Grunde ausreichend Platz in Deutschland für Flüchtlinge vorhanden sein: Die Bevölkerungszahl Deutschlands lag laut statistischem Bundesamt noch vor 10 Jahren um über 1,3 Millionen über der heutigen Zahl – auch damals gab es keine Massen-Obdachlosigkeit. Die Bevölkerung NRWs war laut Landesbetrieb für Information und Technik Nordrhein-Westfalen vor 10 Jahren um über 400.000 Personen größer. Laut einer im Juli vorgestellten Studie der Bertelsmann-Stiftung verliert NRW in den nächsten 15 Jahren 480.000 Einwohner, insbesondere auf dem Land.

Die Gesamtzahl der Auswanderer aus Deutschland liegt seit Jahren konstant im Bereich über 600.000 Menschen pro Jahr, 2014 sollen es über 900.000 Menschen gewesen sein. Aus Nordrhein-Westfalen sind 2014 über 180.000 Menschen ausgewandert. Selbst ohne Wohnungsneubau sollte es also rein rechnerisch möglich sein, jährlich eine gleiche Anzahl von Menschen neu unterzubringen – mit Wohnungsneubau sogar eine größere Zahl. Offensichtlich bleibt vorhandener Wohnraum ungenutzt und steht dem Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung. Niemand müsste obdachlos sein.

III. Inanspruchnahme von Wohnraum bei Gefahr für öffentliche Ordnung

Wenn die öffentliche Ordnung in Gefahr ist – etwa durch drohende Obdachlosigkeit einer Vielzahl von Menschen aufgrund von fehlendem Wohnraum – verpflichtet das Ordnungs- und Polizeirecht der Bundesländer die Behörden zum Eingreifen. Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hält eine Beschlagnahme von Wohnungen für diese Zwecke grundsätzlich für erlaubt. Er wird wie folgt zitiert: „In besonderen Fällen ist es schon nach geltendem Recht nicht ausgeschlossen, leerstehende Wohnungen für Flüchtlinge in Anspruch zu nehmen. Die Gesetze der Länder sehen solche sicherheitsrechtlichen Notstandseingriffe vor, um eine gegenwärtige erhebliche Gefahr abzuwehren, die nicht auf andere Weise abgewendet werden kann. Der Eigentümer ist allerdings in vollem Umfang zu entschädigen. Es wäre in der Regel die verkehrsübliche Miete zu erstatten.“ Papier warnte gleichwohl auch, diese Maßnahmen nicht überzustrapazieren: „Ein solches Vorgehen sollten sich die staatlichen Stellen gut überlegen. Die Aufnahmebereitschaft der Bevölkerung könnte rasant auf null sinken.“ Für die Akzeptanz einer solchen Maßnahme ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sich die Behörden mit dem gleichen Einsatz um alle Obdachlose oder von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen kümmern müssen, die bereits in Deutschland leben – ungeachtet ihrer Herkunft oder Nationalität.

Die Bundesländer Hamburg und Bremen sehen Änderungen in ihren Ordnungsgesetzen vor, um solche Maßnahmen zu erleichtern. Hier ist es bereits zu ersten Beschlagnahmungen von Immobilien gekommen. Nordrhein-Westfalen sollte ebenfalls prüfen, ob das bestehende Landesrecht ausreicht, um im Bedarfsfall ohne besondere Verfahrenshindernisse leerstehenden Wohnraum durch Land oder Kommunen zügig in Anspruch nehmen zu können, auch wenn die Zustimmung der Eigentümer nicht vorliegt. Gegebenenfalls sollte die Rechtslage nach Hamburger Vorbild erleichtert und geklärt werden. Alle Arten von Immobilien sollten in Anspruch genommen werden können, die eine zügige Unterbringung von Geflüchteten tatsächlich ermöglichen. Auch sollte ausdrücklich ermöglicht sein, für eine gewerbliche Nutzung bestimmte Immobilien in Anspruch zu nehmen, wenn sie geeignet sind. Teilflächen und Gebäudeteile sollten ebenfalls davon umfasst sein. Damit erhalten Land und Kommunen eine zusätzliche Handlungsoption, um die gegenwärtige Notsituation zu bewältigen.

Es ist allerdings klarzustellen, dass diese Möglichkeit nur in absoluten Ausnahmefällen in Betracht kommt. Keineswegs sollen das Land oder die Kommunen von ihrer Pflicht entbunden sein, zuvor alles zu versuchen, um auf anderem Wege ausreichend angemessenen Wohnraum bereitzustellen. Auch kann eine Inanspruchnahme gegen den Willen der Eigentümer niemals eine Dauerlösung sein, sondern muss von vornherein befristet werden, und die Eigentümer müssen auf Antrag ortsüblich vergleichbar entschädigt werden. Eine eventuelle Erleichterung oder Klarstellung im Gesetz sollte von vornherein nur auf maximal zwei Jahre befristet sein, und dann von selbst wieder außer Kraft treten. Diese Zeit sollte dann genutzt werden, um den Wohnungsneubau und die Umwidmung von Leerstand zu Wohnungen voranzutreiben.

Eventueller Widerspruch der Eigentümer sollte die Nutzung nicht aufschieben dürfen, da sonst der Zweck der kurzfristigen Entlastung verfehlt wird: Ohne Anordnung des gesetzlichen Sofortvollzugs würde die gefahrenrechtliche Maßnahme ins Leere laufen. Alleine durch Zeitablauf beim Ausschöpfen des Rechtsweges würde der Erfolg des Gesetzes bereits faktisch vereitelt werden. Umgehungen der Inanspruchnahme, etwa durch vorgeschobene Überlassungsverträge, ohne dass eine tatsächliche Nutzung erfolgt, sollten ebenfalls verhindert werden: Eine Nutzung zu anderen als zu Wohnzwecken, die ausschließlich oder weit überwiegend den Zweck verfolgt, eine Inanspruchnahme durch Land oder die Kommunen zu vereiteln, soll nicht möglich sein.

IV. Flüchtlinge nicht gegen andere Gruppen ausspielen

Im nordrhein-westfälischen Nieheim hat die Stadtverwaltung langjährigen Mietern eines Wohnhauses wegen „Eigenbedarfs“ gekündigt, um dort Flüchtlinge einzuquartieren. Damit allerdings hat sie den Bogen überspannt: Mieter auf die Straße zu setzen kann nicht die Lösung des Problems sein, wie man geflüchtete Menschen unterbringt. Es darf nicht die eine Gruppe gegen die andere ausgespielt werden, solche Versuche sind zu verurteilen. Die Nutzung des vorhandenen Wohnungsleerstands mit allen gebotenen Mitteln ist auf jeden Fall zu bevorzugen. Es zeigt jedoch, wie beansprucht die Kommunen in unserem Land bereits sind.

Selbstverständlich dürfen das Land und die Kommunen auch keine anderen Personen schutzlos in Obdachlosigkeit belassen, gleichgültig, ob es sich um geflüchtete Menschen handelt, die neu zu uns kommen, oder um andere Menschen, die bereits in unserem Land leben. Langfristig bedarf es eines ehrgeiziges Wohnungsbau- und Sozialprogrammes für alle Menschen in unserem Land ungeachtet ihrer Herkunft, die derartige Unterstützung benötigen. Nur so lässt sich die weitere Zunahme von Extremismus und Rassismus verhindern und Integration auch konkret im Alltag bewerkstelligen. Ebenso muss die konkrete Verantwortung für Fluchtursachen übernommen werden. Export von Kriegs- und Repressionsinstrumenten in solche Gebiete muss unterlassen werden.

V. Der Landtag soll folgendes feststellen:

  1. Flüchtlinge sind willkommen in unserem Land. Forderungen nach Obergrenzen für die Aufnahme geflüchteter Menschen unter Missachtung des individuellen Rechts auf Asyl und den humanitären Geboten der Menschenwürde erteilen wir eine klare Absage.
  2. Ein Aufhalten der Flüchtlinge an Europas Außen- oder Binnengrenzen löst das Problem ihrer Unterbringung nicht, sondern verlagert es lediglich in diese Grenzregionen.
  3. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Zahlen schutzsuchender Menschen kurzfristig wieder abnehmen, solange die Fluchtursachen unverändert weiterbestehen. Wir müssen uns auf weitere Zuwanderung einstellen.
  4. Das rechtliche Handlungsinstrumentarium zur Bewältigung der Unterbringung einer großen Zahl von Flüchtlingen durch Land und Kommunen muss der Herausforderung entsprechen und notfalls erweitert werden.
  5. Land und Kommunen sind weiterhin gefordert, alles zu unternehmen, um ausreichend angemessenen Wohnraum zu schaffen und bereitzustellen. Um Obdachlosigkeit zu vermeiden, muss als allerletzte Option möglich sein, leerstehenden Wohnraum auch ohne Zustimmung der Eigentümer in Anspruch zu nehmen. Von dieser Maßnahme muss im Notfall Gebrauch gemacht werden.
  6. Eine langfristige Lösung kann nur in einem ehrgeizigem Wohnungs- und Sozialprogramm liegen zugunsten aller Menschen in unserem Land, die dieser Hilfe bedürfen, sowie in der Übernahme von Verantwortung für die Bekämpfung der Fluchtursachen.

VI. Der Landtag soll die Landesregierung auffordern,

  1. zu prüfen, ob das bestehende Ordnungs- und Polizeirecht des Landes im Notfall eine ausreichend unkomplizierte Inanspruchnahme von leerstehendem Wohnraum ohne besondere Verfahrenshindernisse durch Land bzw. Kommunen zur Abwendung von Obdachlosigkeit ermöglicht;
  2. das Parlament über das Ergebnis dieser Prüfungen zeitnah zu informieren;
  3. ggf. eine Konkretisierung bzw. Änderung des Rechts nach Hamburger Vorbild vorzunehmen.
    1. Eine Änderung des Rechts ist auf maximal 2 Jahre zu befristen;
    2. für die Eigentümer ist eine Entschädigung auf Antrag in Form ortsüblicher, vergleichbarer Mietzahlung vorzusehen;
    3. sie ist so zu gestalten, dass ein Widerspruch der Eigentümer auf die Unterbringung keine aufschiebende Wirkung hat, damit der kurzfristig entlastende Effekt nicht faktisch vereitelt werden kann;
    4. es ist klarzustellen, dass alle Immobilien und Flächen, Immobilienteile und Teilflächen ungeachtet ihres ursprünglichen Zwecks in Anspruch genommen werden können, wenn sie sich für die Unterbringung tatsächlich eignen;
    5. Nutzungen, deren Sinn alleine oder ganz überwiegend darin besteht, die Inanspruchnahme durch Land oder Kommunen zu verhindern, sollen nicht zugelassen werden.

Beweist ausgerechnet eine von NRW angekaufte „Steuer-CD“ Steuerbetrug der WestLB?

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„Missgeschicke sind wie Messer; sie können uns nützen oder schaden, je nachdem, ob wir sie beim Griff oder bei der Klinge packen.“ – James Russell Lowell (1819 – 1891)

WDR und Handelsblatt berichten, das Daten auf einem Datenträger, den das Land NRW kürzlich für 5 Millionen Euro angekauft haben soll, auf dubiose Cum-Ex-Geschäfte ausgerechnet der WestLB in den Jahren 2006 bis 2008 hinweisen sollen. Hierbei soll die öffentliche Hand womöglich um Kapitalertragssteuern in Millionenhöhe betrogen worden sein. Finanzminister Norbert Walter-Borjans nahm im WDR Stellung zu den Vorwürfen. Er bezeichnete diese Art von Geschäften als „einer der verwerflichsten Arten, sich an Geld des Steuerzahlers heranzumachen“.

Dass nun ausgerechnet eine Steuer-CD, angekauft durch das Land NRW, auf möglichen Steuerbetrug einer Landesbank des Landes NRW hinweist, entbehrt nicht einer gewissen skurrilen Komik.

Vor diesem Hintergrund habe ich daher der Landesregierung folgende Fragen gestellt:

  1. Auf welche Schadenssumme beläuft sich der Verdacht gegen die WestLB?
  2. Welchen Anteil eines Schadens wird das Land zu tragen haben? Nennen Sie prozentuale und absolute Zahlen.
  3. Welche Auswirkungen auf die Finanzen des Landes NRW wird dieser Schaden nach Voraussicht der Landesregierung haben?
  4. Welche Rückstellungen oder andere Vorsorge nimmt das Land dafür vor? Nen-nen Sie ggf. Summen sowie Titel von Rückstellungen.
  5. Gibt es Verdachtsmomente gegen weitere Institutionen oder Betriebe der öffentli-chen Hand? Nennen Sie die verdächtigten bzw. beschuldigten Institutionen.

Die kleine Anfrage wurde mit der Drucksachennummer 10284 veröffentlicht.

Für Meinungsfreiheit – gegen Hetze im Internet

Landesanstalt_für_Medien_NRW_logo.svgAm 20. November haben wir in der Sitzung der Medienkommission der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) gemeinsam mit dem Vorsitzen den LfM einen Appell gegen Diskriminierung und Hetze im Internet verabschiedet.

Diesen Aufruf unterstütze ich gerne persönlich, ich freue mich über sein Zustandekommen sehr. Auch die anderen Mitglieder der Kommission haben dem Text zugestimmt und ihn unterschrieben – er wird jetzt auch in den entsendenden Organisationen verbreitet, vielleicht schließen diese sich ebenfalls an. Ich konnte an der abschließenden Formulierung mitarbeiten, die wir im Rahmen der Sitzung der Medienkommission vornahmen. Der Text ist auf der Webseite der LfM veröffentlicht, und natürlich auch hier:

„Für Meinungsfreiheit – gegen Hetze im Internet“

Appell der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) gegen Diskriminierung und Hetze im Internet
Düsseldorf, 20. November 2015

Ein demokratisches und tolerantes Miteinander ist auch im Internet unverzichtbar. Gegenwärtig werden dort aber Hetze, Hass und Diskriminierung immer wieder und immer mehr verbreitet – besonders in sozialen Netzwerken, Foren und Kommentarspalten. Die Landesanstalt für Medien NRW (LfM) und die in ihre Medienkommission entsandten Mitglieder appellieren daher an alle Nutzer, aber auch an die Anbieter von Internetplattformen:

Rassismus, Antisemitismus, Diskriminierung und Hetze dürfen auch im Internet keinen Raum finden. Diffamierungen sind zu verurteilen und dürfen nicht heruntergespielt oder verharmlost werden. Hasserfüllte Kampagnen im Netz sind Katalysator realer Gewalt. Gerade die aktuellen politischen Debatten und Geschehnisse rund um die Flüchtlingssituation zeigen, dass „Hate Speech“ und reale Gewalt oft nah beieinander liegen.

Die LfM fordert daher insbesondere die Betreiber sozialer Medien auf, ihrer Verantwortung stärker als bisher gerecht zu werden. Internetplattformen wie Facebook oder YouTube haben durch ihre Reichweite eine besondere Bedeutung und damit auch eine besondere Verantwortung. Sie finanzieren sich aus Werbeeinnahmen und anderen Erlösmodellen, die von hohen Nutzungszahlen abhängen. Dies darf aber nicht dazu führen, die Grenzen für zulässige Inhalte zu weit zu fassen, um immer höhere Nutzungszahlen zu generieren.

Zwar ist es unbestritten wichtig, dass sich die Internet-Community durch Meinungen und Argumente im Rahmen von „Social Media“ deutlich positioniert. Aber auch künftig muss es gelingen, eine Diskussionskultur aufrecht zu erhalten, in der Diskriminierung und Hetze von vornherein keinen Platz finden. Daher müssen auch die Anbieter der Internetangebote selbst stärker entsprechend einwirken, Maßnahmen ergreifen und Position beziehen. Diese Verantwortung darf nicht allein auf die Nutzer verlagert werden; die in den sozialen Medien herrschende Kommunikationskultur darf nicht sich selbst überlassen werden.

Immer öfter werden auch Journalisten mit ihrer Berichterstattung zu aktuellen Ereignissen zur Zielscheibe von Angriffen und Verleumdungen. Zeitungen und Zeitschriften, private wie öffentlich-rechtliche Fernseh- und Radiosender erleben auf ihren Internetseiten immer öfter Anfeindungen in zum Teil extremer Form. Auch hier gilt: Hass und Hetze dürfen nicht zur Normalität werden und somit die Chance erhalten, als ein akzeptiertes und gesellschaftsfähiges Mittel der Meinungsäußerung zu gelten. Diskriminierende, hetzerische, rassistische und hasserfüllte Kommentare dürfen nicht als Teil des legitimen Meinungsspektrums bagatellisiert werden; „Hate Speech“ gegen Medien und Medienschaffende darf keinen Raum erhalten und ist nicht zu akzeptieren.

Die LfM ruft alle Betreiber von „Social Media“-Plattformen und alle Nutzer auf, Hass und Hetze zu stoppen. Und sie ruft alle gesellschaftlichen Gruppen dazu auf, sich gemeinsam für die Meinungsfreiheit und gegen die Hetze im Internet zu engagieren.

Rede zum Antrag „Hass und Terror gegen Flüchtlinge, Helfer und Verantwortliche entschieden entgegenstellen“

Hier noch die Rede zu meinem Antrag „Dem Hass und Terror gegen Flüchtlinge, Helfer und Verantwortliche entschieden entgegenstellen!“, die ich am Mittwoch, den 4. November 2015 gehalten habe:


Daniel Schwerd (fraktionslos): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne und an den Bildschirmen.

Transitzonen – das ist ein schönes Beispiel für Politik-Sprech, also die Kunst, etwas mit einem wohlklingenden Namen zu bezeichnen, der von der tatsächlichen Bedeutung ablenken soll.

Transit heißt eigentlich Übergang oder Durchgang. Eine Transitzone ist also ein Bereich, den man durchquert, um in eine andere Gegend zu gelangen.

Doch das ist eine Lüge. Bei den Transitzonen, die wir hier heute Morgen debattiert haben, handelt es sich um das genaue Gegenteil. Diese Zonen sollen Flüchtlinge gerade nicht durchqueren, sondern sie sollen aufgehalten werden; auf engstem Raum eingesperrt und möglichst umgehend wieder zurückgeschickt werden. Das ist keine Transitzone, das ist ein Aussperrlager.

Das ist alles andere als Willkommenskultur. Das ist das Gegenteil von menschenwürdig. Damit beugt man sich den Hetzern und Scharfmachern, den Asylfeinden und Rassisten. Damit ermutigt man die Scharfmacher, die vom Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlinge faseln, die geistigen und die tatsächlichen Brandstifter.

Nacht für Nacht erleben wir einen sich steigernden Terror gegen andere Menschen. Er reicht von Hass und Volksverhetzung auf Plakaten bei den sogenannten Spaziergängen über Bedrohung politisch verantwortlich handelnder verantwortlicher Personen bis hin zu Attentaten auf Flüchtlinge, Helfer und Politiker. Das soll Angst und Schrecken verbreiten, um einen politischen Wandel in der Asylpolitik herbeizuführen. Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, warnt schon vor einem neuen Rechtsterrorismus gegen Flüchtlinge. Was da geschieht, deckt sich nämlich mit der Definition von Terrorismus. Also lassen Sie uns bitte auch davon reden. Wie es aussieht, haben die Terroristen mit ihren terroristischen Taten sogar leider Erfolg.

Lassen Sie uns damit aufhören, solche Taten zu verharmlosen. Wer Häuser anzündet, in denen geflüchtete Menschen schlafen, der handelt nicht aus Angst oder Sorge, der handelt aus Hass. Der will Menschen töten. Lassen Sie uns das bitte auch genauso bezeichnen.

Wer den Boden für solche Gewalttaten bereitet, der ist kein Asylkritiker, der ist ein Rassist. Der ist ein Fremdenfeind, ein Menschenfeind und kein besorgter Bürger. Daran ändert auch nichts, wenn er aus der Mitte unserer Gesellschaft stammt. Wir konnten auf Videos beobachten, wie Nazis aus dem PEGIDA-Umfeld im Umland von Köln Messerangriffe auf Menschen übten. Später dann sehen wir genau einen solchen Angriff auf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Das ist Terrorismus, und der kommt von rechts.

Das Recht auf Asyl ist ein universales. Menschen, die aus existenzieller Not zu uns kommen, die vor Krieg und Vertreibung fliehen, haben einen Anspruch auf unseren Schutz. Für diese humanitäre Pflicht gibt es keine Obergrenze.

Die Diskussionen, die darüber geführt werden, sind brandgefährlich. Sie ermutigen die Rassisten und Attentäter doch nur, noch weiterzumachen. Dem müssen wir uns entschieden entgegenstellen. Und jetzt erst recht! – Vielen Dank.

Grundrechte verteidigen, anlasslose Überwachung stoppen, Vorratsdatenspeicherung kippen

Rede zu den beiden Anträgen „Grundrechte verteidigen, anlasslose Überwachung stoppen, Vorratsdatenspeicherung kippen“ sowie „Mehr politische Widersprüchlichkeit geht nicht. CDU und SPD bejubeln erst die Aufkündigung von Safe Harbor und führen dann die anlasslose Vorratsdatenspeicherung (VDS) wieder ein“ (wurden gemeinsam beraten) vom 05. November 2015:


Daniel Schwerd (fraktionslos): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne und an den Bildschirmen!

Es gibt genau zwei Arten von Datenbanken: solche, die bereits gehackt worden sind und von denen anschließend gespeicherte Daten in den Umlauf geraten sind, und solche, wo das noch nicht bekannt ist.

Es gibt aber keinen Grund, zu glauben, dass irgendwelche Daten tatsächlich sicher sind. Warum glaubt man also jetzt, dass ausgerechnet die Vorratsdaten sicher aufbewahrt werden können? Darauf basiert letztlich das gesamte Gesetz, indem man spitzfindig unterscheidet zwischen der anlasslosen und massenhaften Speicherung und Erfassung von Daten bei den Providern auf der einen Seite und der gezielten Abfrage durch die Ermittlungsbehörden nach richterlichem Vorbehalt auf der anderen Seite. Das soll dann die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs einhalten. Abgesehen davon, dass vollkommen unklar ist, ob die Gerichte das auch so sehen werden:

Wer bringt denn den Bundesgesetzgeber auf das schmale Brett, die Bewohner unseres Landes dem Risiko einer solchen monströsen Datenspeicherung auszusetzen? Jeden Tag liest man von gehackten Daten im freien Umlauf samt Krankenakten, Passwörtern, Kreditkartendaten etc.

Wir hatten hier im Landtag eine Anhörung, in der der befragte Experte erzählt hat, dass er binnen Stunden in jede kommunale Datenbank einbrechen konnte und dort meist sogar Spuren früherer Einbrüche vorgefunden habe. Wie kommt man also jetzt auf die Idee, dass ausgerechnet die Vorratsdaten auf einmal sicher seien? Dass die ein gefundenes Fressen für Geheimdienste sind, die sich bekanntermaßen einen Dreck um Richtervorbehalte kümmern, das muss man wohl nicht extra betonen. Der beste Datenschutz ist nach wie vor, Daten gar nicht erst zu speichern.

Wie man Berufsgeheimnisträger schützt, ist auch immer noch unklar. Schließlich sind an Kommunikation immer zwei Parteien beteiligt. Wie realisiert man den Schutz eines Anwalts, eines Journalisten oder eines Pfarrers, der plötzlich am anderen Ende einer Kommunikation auftaucht? Das ist völlig ungeklärt.

Über die Vorratsdatenspeicherung haben wir tatsächlich schon oft gesprochen. Die Argumente sind unverändert. Bis heute hat noch niemand den Nutzen einer solchen Regelung belegen können. Sehr wohl aber wird vor dem Schaden gewarnt. Das tun Verfassungsrechtler, Technikexperten und selbst die Industrie.

Lassen Sie uns also dieses Gesetz stoppen, bevor es von den Gerichten kassiert werden muss und bevor die 260 Millionen € rausgeworfen sind, die die Einführung der Vorratsdatenspeicherung kosten wird. Die Zeche dafür zahlen nämlich wir alle, auch mit erhöhter Datenunsicherheit.

Vielen herzlichen Dank.

Nach der de facto-Abschaffung der Netzneutralität in Europa

Rede zum Antrag „Nach de facto-Abschaffung der Netzneutralität in Europa. Nordrhein-Westfalen muss freies und offenes Internet für Einwohner und Unternehmen sicherstellen!“ vom 04. November 2015:


Daniel Schwerd (fraktionslos): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne und an den Bildschirmen!

Stellen Sie sich vor, die Stromversorger unseres Landes würden von den Unternehmen eine Umsatzbeteiligung verlangen, sonst könnte es auf einmal passieren, dass die Stromversorgung unverhofft ausfällt oder die Spannung plötzlich absinkt, sodass Maschinen und Geräte nicht mehr betrieben werden können. Klingt nach Erpressung? – Ist es auch!

Aus gutem Grund verlangt das Wettbewerbsrecht, dass sich Betreiber solcher Plattformen wie des Stromnetzes fair verhalten müssen – fair gegenüber den Kunden und auch fair gegenüber den Stromproduzenten. Die verlangten Preise müssen der Leistung angemessen und für alle vergleichbar sein. Das gilt zum Beispiel auch für Telefonanschlüsse oder die Versorgung mit Presseerzeugnissen.

Doch ausgerechnet im Internet ist jetzt das Gegenteil der Fall. Das Europäische Parlament hat eine Regelung beschlossen, die es Netzprovidern erlaubt, umfassende Ausnahmen von der Netzneutralität einzuführen: Überholspuren für finanzstarke Anbieter, Schneckenpost für alle anderen. Die Voraussetzungen sind so schwammig formuliert, dass sich deren Normierung erst im Vollzug des Gesetzes herauskristallisieren wird. Der Markt wird erst mal machen, und dann wird man möglicherweise vor Gericht ausloten müssen, was alles erlaubt ist und was nicht, wenn sich denn ein Kläger findet.

Wie das aussehen wird, hat die Deutsche Telekom umgehend angekündigt. Sie will Spezialdienste für Video, Onlinegaming und die Industrie einführen, die dann extra kosten werden. Wen man sich vor Augen hält, dass in den USA die Streamingdienste Netflix und YouTube streckenweise jetzt schon mehr als 70 % des gesamten Traffics verbrauchen, dann sieht man, wohin der Trend gehen wird: Spezialdienste werden das größere Volumen verbrauchen, das sogenannte freie Internet quetscht sich auf den Rest. – Insofern stimme ich dem Feststellungsteil der Piratenfraktion vollständig zu.

Im Forderungsteil allerdings schießen die Piraten – leider – am Ziel vorbei. Wer sich mit den Positionen der LfM beschäftigt hat, der weiß, dass er mit Netzneutralität bei ihr offene Türen einrennt. Sie hier mit einem Auskunftsverlangen der Landesregierung unter Druck setzen zu wollen, dreht die tatsächlichen Verhältnisse um. Es ist vielmehr die Landesregierung, die wir auffordern müssen, die Landesmedienanstalten als Regulierungsbehörden für die Netzneutralität, zumindest soweit es Internetinhalte angeht, ins Spiel zu bringen. Das ist nämlich kein reines Wettbewerbsthema, in dem sich Telekommunikationsunternehmen durchsetzen, sondern es geht hier um Fragen der Meinungsfreiheit und der Medienvielfalt.

Also, vor dem Antrag bitte mit Forderungen, Positionen und Rechtslage der LfM auseinandersetzen und dann einen dazu passenden Forderungsteil schreiben. Das können wir gern zusammen tun. Dieses Angebot möchte ich ausdrücklich an alle Fraktionen richten. – Vielen Dank.

#Störerhaftung: Die Hoffnung liegt auf dem Bundesrat (Update)

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Update 06.11.: Bundesrat folgt der Empfehlung seiner Ausschüsse!

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung heute den Empfehlungen seiner Ausschüsse entsprochen. So hat beispielsweise der zuständige Minister aus NRW, Lersch-Mense (SPD) sehr eindeutig gegen Störerhaftung Position bezogen. Auch zum Freifunk, und sogar zu Ende-zu-Ende-Verschlüsselung hat er Stellung genommen. Damit folgt die Landesregierung erfreulicherweise meinem gestrigen Antrag zu 100% (obgleich die regierungstragenden Fraktionen dagegen stimmten).

Meine Rede vor dem Landtag ist jetzt auch veröffentlicht, und kann hier nachgesehen werden. Ich freue mich über Feedback!

Text vom 05.11.

Derzeit liegt eine Novelle des Telemediengesetzes vor, welches sich mit der Störerhaftung befasst, also der Haftung der Beteiber drahtloser Netzwerke für Taten ihrer Nutzer. Doch das Gesetz stellt einen Rückschritt dar.

Zur Störerhaftung wie auch zur Bedeutung freier Bürgernetzwerke und freier Internetzugänge in Nordrhein-Westfalen hat der Landtag in NRW eine eindeutige Beschlusslage hergestellt. Man sieht mehrheitlich die Notwendigkeit, die Haftungsfrage von WLAN-Netzwerk-Betreibern gesetzlich zu klären, man weiß um die Wichtigkeit der Verbreitung freier Zugänge zum Netz, zum Beispiel für Tourismus, Wirtschaft und der kulturellen Entwicklung unseres Landes. Uneins ist man sich allerdings in der Wahl der Mittel.

Leider trägt der derzeitig vorliegende Gesetzentwurf zur Störerhaftung auf Bundesebene diesen Anforderungen überhaupt keine Rechnung. Er macht die Freistellung von Störerhaftung von einigen Bedingungen abhängig. Zwar ist die Verschlüsselungspflicht in der letzten Version des Gesetzentwurfes nicht mehr explizit genannt, aber von „angemessenen Sicherheitsmaßnahmen“ ist nach wie vor die Rede, ohne das näher zu klären. Das stellt ein Einfallstor für neue Abmahnnwellen und Quell neuer Rechtsunsicherheit dar.

Der Gesetzgeber fordert von Betreibern eines WLAN-Netzwerkes Kenntnis über die Identität seiner Nutzer, damit die sich auf die Haftungsfreistellung berufen dürfen, was bei offenen Netzwerken schlicht nicht zu bewerkstelligen ist. Damit würde der Freifunk-Bewegung offener drahtloser Bürgernetzwerke der Todesstoß versetzt, es konterkariert alle Bemühungen, bessere Internetversorgung in unserem Land zu schaffen.

Und eine Belehrungspflicht ist vorgesehen, die jeden Zugangspunkt betrifft, und die dem freien Bewegen in einem freien Netz im Wege steht: Stellen Sie sich vor, sie müssten bei ihrem Telefon bei jeder neuen Funkzelle ihre Pin neu eingeben. Das ist schlicht nicht praktikabel. Dass so eine Dauerbelehrung, die Gesetze einzuhalten, keinen sittlichen Nährwert hat, versteht sich von selbst.

Letztlich ist auch vollkommen unbewiesen, dass offene WLAN-Zugänge eine nennenswerte Auswirkung auf illegales Filesharing haben, oder das Belehrungen oder namentliche Kenntnis der Nutzer an Urheberrechtsverletzungen irgendetwas ändern.

Das alles hat glücklicherweise auch der Bundesrat erkannt. In den Fachbefassungen in den Ausschüssen für Wirtschaft, für Recht und für Kulturfragen wurde genau das thematisiert, und man hat eine Alternativformulierung für dieses Gesetz gefunden, die die Haftungsfrage klärt, ohne die beschriebenen Nachteile auszulösen. Ich finde diese Formulierung sehr gut, ich appelliere an die Landesregierungen, sich diesen Vorschlag zu eigen zu machen.

NRW könnte im Bundesrat vorangehen, diesen Vorschlag aufgreifen und eine entsprechende Initiative auf dieser Grundlage starten. Im Landtag NRW habe ich am Donnerstag mit einem Antrag (Drucksachennummer 16/10056) dafür geworben. Damit könnte man auf elegante Weise der Beschlusslage in NRW zur Geltung verhelfen, und hätten in Form der Fachausschüsse direkt wichtige Befürworter.

In der Befassung im Plenum des Landtags haben heute die Fraktionen von SPD, Grüne und FDP meinen Antrag abgelehnt, die CDU hat sich enthalten. Zustimmung erhielt ich erfreulicherweise von den Abgeordneten der Piraten. Wer das jetzt von den ablehnenden Parteien doof findet: So ist das parlamentarische Leben, man kann doch nicht für einen Antrag von jemandem sein, der nicht der richtigen Partei angehört. Aber abseits davon habe ich Lob für den Antrag bekommen – auch aus der Regierung und aus den Regierungsfraktionen. Inhaltlich sei man an meiner Seite.

Am Freitag, den 6.11. ist bereits die Befassung – ich setze meine Hoffnungen auf den Bundesrat. Vielleicht sorgt mein Antrag dann doch auf seine Weise für ein größeres Problembewusstsein dort. Und das wäre doch ein Erfolg.

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Dieser Beitrag ist in ähnlicher Form heute bei Politik-Digital erschienen.

Rechtssicherheit für offene WLANs: Empfehlung der Ausschüsse des Bundesrates folgen!

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Freie drahtlose Internetzugänge sind in Gefahr. Die derzeitige Rechtsprechung bedroht Betreiber: Für illegale Aktionen ihrer Nutzer müssen sie auch ohne eigenes Wissen möglicherweise haften. Die Bundesregierung wollte mit einer Änderung des Telemediengesetz (TMG) „Rechtssicherheit schaffen“, indem sie die Einzelfallrechtslage in das Gesetz goss: Verschlüsselungspflicht, die Forderung, jeden Nutzer namentlich zu kennen und eine nicht praktikable Belehrungspflicht sollten in das Gesetz geschrieben werden. Dies wäre das Ende des Freifunks, und würde der Verbreitung freier und offener Bürgernetze im Wege stehen.

Glücklicherweise hat der Gesetzentwurf massiven Widerspruch geerntet: Nicht nur von Netz-Fachleuten, der Industrie und Juristen, sondern auch von drei Fachausschüssen des Bundesrates: Dem Wirtschaftsausschuss, dem Kultur- und dem Rechtsausschuss. Diese schlugen einen deutlich verbesserten Gesetzentwurf vor.

Am 6. November befasst sich der Bundesrat mit dem TMG-Gesetzentwurf. Ich möchte mit dem unten stehenden Antrag erreichen, dass die Landesregierung mitgeht, und den veränderten Entwurf unterstützt. Mein Antrag mit der Antragsnummer 16/10056 wird am kommenden Donnerstag als letzter Tagesordnungspunkt beraten. Ich bin sehr gespannt, wie sich die anderen Fraktionen dazu positionieren – der Zeitpunkt als letzter Tagesordnungspunkt um ca. 17:30 Uhr ist denkbar ungünstig.

I. Ausgangslage

Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Novelle des Telemediengesetzes (TMG) wurde von Seiten der Fachleute kritisiert. Das Ziel, Rechtssicherheit in Haftungsfragen für die Betreiber von drahtlosen Netzwerken zu schaffen, ist mit diesem Entwurf nach Meinung der Experten verfehlt worden. Insbesondere die Verschlüsselungspflicht, das Einholen von Nutzerdaten und die Belehrungspflicht stehen dem Ziel im Weg, die Verbreitung von offenen Netzwerken in unserem Land zu fördern. Dieses Gesetz würde der Freifunk-Initative in Deutschland den Todesstoß versetzen.

Der federführende Wirtschaftsausschuss des Bundesrates, sowie die beiden mitberatenden Ausschüsse, der Ausschuss für Kulturfragen und der Rechtsausschuss, haben sich in Ihren Sitzungen mit diesem Gesetzentwurf beschäftigt. Sie geben in der Bundesratsdrucksache 440/1/15 in Teil A eine Empfehlung an den Bundesrat für seine Abstimmung am 6.November 2015 ab.

Sie schlagen einen veränderten Gesetzestext vor. Darin werden insbesondere die bisherigen Voraussetzungen der Verschlüsselung und Einholung einer Erklärung gestrichen und durch ein Verbot des kollusiven Zusammenwirkens mit dem Rechtsverletzer ersetzt.

Damit, so die Begründung der Empfehlung, würde die Verbreitung von WLAN im öffentlichen Raum gestärkt und diesbezügliche Rechtssicherheit geschaffen. Das Ziel, die Verbreitung von WLAN im öffentlichen Raum zu stärken, könne nämlich nicht erreicht werden, wenn lediglich versucht werde, die jetzige durch Einzelfallrechtsprechung geschaffene Rechtslage in Gesetzesform zu gießen. Die drei Ausschüsse erwarten auch weder negative Auswirkungen auf die Rechtsverfolgung, noch eine Ausweitung von Rechtsverletzungen, da die Bedeutung von offenen Zugangspunkten dafür gering sei. Weiter heißt es: „Von den im Regierungsentwurf aufgeführten „angemessenen Sicherungsmaßnahmen“ ist keine substanzielle Auswirkung für Strafverfolgung und das Themengebiet Urheberrechtsverletzungen zu erwarten. Jedoch sind gravierende negative Auswirkungen dieser Normierung für die Verbreitung öffentlicher WLAN-Zugangspunkte zu erwarten: Rechtsunsicherheit hat zu der niedrigen Verbreitung solcher Angebote in Deutschland geführt, neue Rechtsunsicherheit wird denselben Effekt haben.“

Das Verbot des kollusiven Zusammenwirkens mit dem Rechtsverletzer erreicht den beabsichtigen Zweck des Gesetzes ohne diese beschriebenen Nachteile.

II. Der Landtag stellt fest:

1. Der Landtag begrüßt das Ziel, Rechtssicherheit für die Betreiber offener drahtloser Netzwerke zu schaffen, um die Verbreitung öffentlicher Hotspots zu stärken.
2. Der Landtag begrüßt die Änderungen im Gesetzentwurf, die die zuständigen Ausschüsse des Bundesrates in Drucksache 440/1/15 Teil A vorgeschlagen haben. Sie sind geeignet, die Ziele des Gesetzes zu erreichen, ohne dass die befürchteten negativen Auswirkungen auf Rechtssicherheit und Verbreitung offener WLANs zu erwarten sind.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

1. sich dem Vorschlag der Ausschüsse zur Novelle des Telemediengesetzes des Bundesrates aus Drucksache 440/1/15 Teil A anzuschließen;
2. in der Bundesratssitzung vom 6.November 2015 den Empfehlungen der Ausschüsse in Drucksache 440/1/15 Teil A zu folgen, entsprechend abzustimmen und dazu notwendige Beschlüsse zu tätigen.