Arbeit 4.0 und das Bedingungslose Grundeinkommen

sonnuntergang

Nicht jede Arbeit wird ausreichend bezahlt. Ein Bataillon Menschen ist dazu gezwungen, niedrigstbezahlte Arbeit anzunehmen, um dann gleich mehrere Jobs erfüllen zu müssen oder auch noch aufzustocken. Das unmenschliche Hartz IV-System zwingt sie in jeden denkbaren Job, egal, wie unsicher und prekär er ist. Und selbst zahlreiche Menschen, die zeitlebens gearbeitet haben, bekommen später keine auskömmlichen Renten.

Nicht jede Arbeit wird überhaupt bezahlt. Die vielen Menschen, die sich ehrenamtlich, sozial oder gesellschaftlich engagieren, die vielen Menschen, die sich um Schwächere kümmern, um Kinder, um pflegebedürftige Angehörige, die können ein Lied davon singen. Das alles ist auch viel Arbeit, und das alles muss auch getan werden. Ebenso notwendig wie der Beitrag zur kulturellen, musischen, künstlerischen Vielfalt, zu Information und Bildung, zu gesellschaftlichem Fortschritt, der in aller Regel ebenfalls nicht bezahlt wird.

Die heutige neoliberale Wirtschaftslogik führt dazu, dass immer weniger Menschen immer mehr arbeiten müssen. Die Erwerbstätigen sollen vorzugsweise rund um die Uhr abrufbar sein, während die anderen dabei zusehen dürfen. Rationalisierung verstärkt dies noch, und mit dem neuen Trend zur Digitalisierung aller Arbeitsprozesse, mit selbstfahrenden Autos, Industrie 4.0 etc. werden in absehbarer Zeit wiederum zahlreiche weitere Jobs entfallen. Die Romantisierung von Industriearbeit, der Wunsch nach Vollbeschäftigung, nach (bezahlten) Arbeitsplätzen für alle hilft da nicht weiter.

Rationalisierung ist nicht automatisch schlecht: Viele der entfallenden Arbeiten sind anstrengend, monoton oder gefährlich. Es ist kein Wert an sich, diese unbedingt von Menschen erledigen zu lassen. Nur tatsächlich erfüllende Arbeit ist es wert, getan zu werden.

Neue Technik erzeugt auch neue Jobs, aber keiner kann sagen, wie viele. Und auf jeden Fall werden die neuen Tätigkeiten ganz andere Qualifikationen erfordern als die zugleich entfallenden. Eine erste Lösung dafür kann also nur das Recht auf lebenslange und kostenlose Bildung und Weiterbildung sein.

Ein weiterer Ansatzpunkt ist Arbeitszeitverkürzung, durch kürzere Wochen- und Lebensarbeitszeiten. Die Rationalisierungsdividende der Digitalisierung sollte dafür Spielräume eröffnen.

Doch ungeachtet aller dieser Maßnahmen wird es dabei bleiben, dass viele Menschen nicht mehr in das System passen. Sie können keine der Jobs erfüllen, die angeboten werden. Sie wollen ihr Leben frei bestimmen, sich frei einer sozialen, gesellschaftlichen, künstlerischen Aufgabe widmen können. Sie wollen ihre Kinder nicht vernachlässigen. Und das alles soll bitte ohne Existenzängste und ohne Repressionen stattfinden.

Jeder Mensch hat das Recht auf eine würdige Existenz und auf gesellschaftliche Teilhabe. Mit Hartz IV ist beides nicht möglich, die Zahlungen reichen dafür nicht aus. Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben ohne Angst und ohne Sanktionen. Das Hartz IV-System ist das Gegenteil davon. Hartz IV muss also weg.

Doch was soll an seine Stelle treten? Es muss ein sanktionsfreies Existenz- und Teilhabeminimum sein. Darauf hat jeder Mensch ein Anrecht: Die unantastbare Würde des Menschen ist eben unter allen Umständen zu garantieren.

Und da kommt ein Bedingungsloses Grundeinkommen ins Spiel. Es sichert die materielle Existenz und ermöglicht Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen. Niemand muss mehr entwürdigende, unsichere oder unzureichend bezahlte Jobs annehmen. Diese Grundsicherung kann man dann steuerlich so gestalten, dass sie – zum Beispiel in Form einer negativen Steuer – nur den tatsächlich Bedürftigen in voller Höhe zukommt, und mit steigenden zu versteuernden Einkommen abnimmt. Sie stellt zugleich das Rentenminimum dar. Trotzdem kostet das alles erstmal viel Geld.

Voraussetzung dafür ist ein faires Steuersystem, welches alle Einkommensarten gleichermaßen besteuert: Arbeit, Unternehmenseinkünfte und Kapitaleinkünfte. Voraussetzung ist eine angemessene Erbschafts- und Vermögenssteuer, die die ständig steigenden Vermögen mit zur Verantwortung zieht. Voraussetzung dafür ist eine angemessene Besteuerung der Wertschöpfung, die internationale Unternehmen erzielen, anstatt Gewinne in Steueroasen zu verschieben.

Roboter und Algorithmen zahlen keine Steuern. Doch wenn sie Arbeit von Menschen übernehmen, sollen sie auch mit für deren Auskommen sorgen. Und nicht zuletzt sparen wir uns eine gigantische Repressionsbürokratie und Verwaltung.

Aber abseits von konkreten Finanzierungsideen und -Vorbehalten: Wer, wenn nicht wir, soll denn eine gesellschaftliche Vision entwickeln? Soll man nicht zuerst die Gesellschaft planen, in der man in Zukunft leben möchte, und dann die nötigen Schritte dahin? Wenn man das Ziel klar definiert hat und sich darüber einig ist, ergeben sich die nächsten Schritte. Und ein Anfang kann darin bestehen, zunächst einen geringen Grundeinkommensbetrag anzusetzen. Weitere wissenschaftliche Begleitung ist auf jeden Fall nötig.

Politik machen heißt Visionen zu entwickeln, denn alles andere ist nur Verwaltung.