Vielsagend Nichtssagend: Innenminister Jäger möchte nicht verraten, ob Reker-Attentäter ein V-Mann war

Messer

NRWs Innenminister Ralf Jäger möchte nicht beantworten, ob der Mann, der die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker am 17. Oktober mit einem Messer lebensgefährlich verletzt hatte, vom Verfassungsschutz als V-Mann geführt worden ist. Ich hatte ihn vier Tage nach der Tat in einer kleinen Anfrage danach befragt. Eine Führung als Informant oder V-Person durch den Verfassungsschutz NRW werde „aus Gründen des Geheimschutzes weder bestätigt noch verneint“, hieß es jetzt in der Antwort. Erkenntnisse über den Täter lägen beim Verfassungsschutz aus den 90er Jahren, sowie aus 2002 und 2008 jeweils im Zusammenhang mit Veranstaltungen der rechtsextremen Szene vor.

Ungereimtheiten im Lebenslauf und der Arbeitslosengeschichte des Attentäters hatten Spekulationen ausgelöst, ob eine „höhere Behörde“ eine „schützende Hand“ über den Täter halten würde.

Diese Antwort ist vielsagend nichtssagend. Sie sorgt nicht gerade dafür, den Verdacht zu zerstreuen, dass der Verfassungsschutz zuvor über diese Person und ihre Gefährlichkeit genau im Bilde war. Für eine fortgesetzte Geheimhaltung besteht kein Grund: Sollte er V-Person gewesen sein, müssen wir das erfahren, eine Verstrickung des Verfassungsschutzes in diesen Mordversuch muss Konsequenzen haben. Ein weiterer Einsatz des Attentäters als Informant in der Szene wäre ohnehin unvorstellbar. Und wenn Frank S. keine V-Person war, könnte der Minister diesen Verdacht leicht entkräften.

Die Verfassungsschutzbehörden stehen nach zahlreichen Affären, dem Versagen angesichts des NSU-Terrorismus und wegen indirekter Unterstützung der rechten Szene in der Kritik. Ihnen wird vorgeworfen, sich als auf dem rechten Auge blind gezeigt zu haben. Sollte auch der Reker-Attentäter im Vorfeld als Informant des Amtes tätig gewesen sein, wäre das ein neuer Tiefschlag für die Glaubwürdigkeit der Sicherheitsbehörden.

Die Antwort des Innenministers ist nicht ausreichend. Angesichts der Skandale in verschiedenen Verfassungsschutzämtern ist ein gesundes Misstrauen nicht unbegründet. Ich fordere Ralf Jäger auf, rückhaltlos für Klarheit zu sorgen, inwieweit seine Behörden mit dem Attentäter in Verbindung standen. Das Verdecken einer unbequemen Wahrheit rechtfertigt jedenfalls keine Geheimhaltung.

Die kleine Anfrage wurde trotz ihres Einreichens am 21. Oktober 2015 erst fünf Wochen später im Landtagssystem veröffentlicht – eine Verzögerung, für die es ebenfalls keine Erklärung gibt, und die bei diesen Dokumenten absolut unüblich ist.

Unter der Drucksachennummer 16/10321 ist die Anfrage veröffentlicht. Die Antwort des Innenministers wird am 6. Januar unter der Drucksachennummer 16/10628 erscheinen.

Unter anderem haben der Kölner Stadt-Anzeiger und Neues Deutschland berichtet.

2016-01-04 17_40_33-Original Antwort KA 4089.pdf - SumatraPDF