Der Begriff “Piraterie” ist offenbar zu positiv besetzt, findet die Präsidentin der International Actors Federation Agnete Haaland. Scheinbar denken die Menschen bei Piraterie eher an Johnny Depp als an die räuberischen Piraten vor Somalia. Für das illegale Kopieren von geschützten Werken wird daher nach einem neuen, drastischerem Begriff gesucht.
Dabei sei angemerkt, dass sich die Medienindustrie diesen Begriff selbst ausgedacht hat – in den Kampagnen, Urheberrechtsverletzungen als schwere Straftat darzustellen. Dabei ist selbst der zuvor gängige Begriff “Raubkopieren” schon ein Sprachmonster – den Opfern eines Raubes, also einem mit körperlicher Gewalt verbundenen Überfall, wird durch die Gleichsetzung dieser Tat mit dem Diebstahl eines geschützten Werkes Unrecht getan. Wer in den Lauf einer Waffe geblickt hat, dürfte für diese Art der Dramatisierung wenig Verständnis haben.
Durch diese Kampagnen hat die Industrie es geschafft, dass Urheberrechtsverletzungen ähnlich schwer mit Strafe bedroht werden wie ein tatsächlicher Raub. Tatsächlich ist es aus Strafgesichtspunkten sinnvoller, die gewünschte CD im Laden zu stehlen, als sie auf illegalem Weg zu kopieren – dies verdeutlicht bereits die in diesem Punkt herrschende Hysterie.
Es steht außer Frage, dass Urheberrechtsverstöße zurecht verboten sind, und ebenso berechtigt unter Strafe stehen. Doch tatsächlich werden solche Fälle nur sehr selten strafrechtlich, sondern in aller Regel zivilrechtlich abgewickelt – also als Schadenersatzverfahren zwischen dem Rechtsverletzer und dem Rechteinhaber.
Das tatsächliche Problem für die Industrie besteht in der hohen Anzahl von Kopien durch die massenhafte Verbreitung im Internet. Jedoch reagiert sie nicht mit entsprechenden Angeboten, die es den Nutzern erlauben würde, den de-facto-Standard des Filesharings auf legale Weise auszuüben – stattdessen versucht man, durch Medienkampagnen und Abmahnwellen Abschreckung zu verbreiten.
Genauso offensiv betreibt die Medienindustrie Lobbyismus und Politikerbeeinflussung – mündend in Gesetze, die die Rechte der Nutzer immer weiter einschränken. Und wo das nicht gelingt, wird dem Nutzer die Abwesenheit seiner Rechte suggeriert. Dies übrigens so erfolgreich, dass selbst der Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) – unwidersprochen! – in einem Interview vom November 2009 behauptet, es gäbe “kein Recht auf Privatkopie”. Damit liegt er nämlich falsch – dieses Recht gibt es sehr wohl, es findet sich in § 53 des Urheberrechtsgesetzes. Wir mögen zu seinen Gunsten annehmen, dass er das Gesetz tatsächlich nicht kennt, er wäre damit nicht alleine. Oder wussten Sie, dass Sie von Ihrer eigenen CD eine Kopie an einen Freund verschenken dürfen – ganz legal?
Im Übrigen zahlt man für dieses Recht sogenannte Urheberrechtsabgaben, zum Beispiel auf CD-Rohlinge (z.B. 19,7 Cent für eine CD-R/W oder 3,47 Euro für einen Blu Ray-Rohling), aber auch auf Drucker, Scanner, Brenner und PCs. Warum es nicht gelingen soll, mit dieser Art von Abgaben Downloads und Filesharing-Angebote zu legalisieren, erschließt sich mir nicht.
Aber zurück zu Frau Haaland, und ihrer Suche nach einem bösen Wort für die Internet-Piraten. Dummerweise gibt es bereits eine Bezeichnung für die unerlaubte Vervielfältigung geschützter Werke – sie lautet “Urheberrechtsverletzung”. Aber das klingt scheinbar nicht bösartig genug.