LANDTAG
NORDRHEIN-WESTFALEN
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Drucksache 16/8652 |
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12.05.2015 |
Antrag
der Fraktion der FDP
Einrichtung einer Enquete-Kommission "Zukunft von Handwerk und Mittelstand in Nordrhein-Westfalen gestalten – Qualifikation und Fachkräftenachwuchs für Handwerk 4.0 sichern, Chancen der Digitalisierung nutzen, Gründungskultur und Wettbewerbsfähigkeit stärken"
I. Ausgangslage
Handwerk und Mittelstand sind tragende Säulen der erfolgreichen Sozialen Marktwirtschaft. Ihre gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung ist immens. Die etwa 200.000 Handwerksbetriebe in Nordrhein-Westfalen erwirtschaften einen Umsatz von über 100 Mrd. Euro und sind mit ihren rund 1,1 Millionen Beschäftigten der größte Arbeitgeber im Land. Insgesamt ist der Mittelstand in Nordrhein-Westfalen mit seinen rund 765.000 kleinen und mittleren Unternehmen, bei denen 79 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und 82 Prozent der Auszubildenden tätig sind, das Rückgrat unserer Wirtschaft.
Darüber hinaus stellt die duale Ausbildung im Handwerk und im Mittelstand gemeinsam mit der darauf aufbauenden Qualifizierung einen wichtigen Weg zu Wohlstand sowie gesellschaftlichem Aufstieg und Ansehen dar. Zunächst bietet das Handwerk rund 85.000 jungen Menschen – deutlich über ein Viertel sämtlicher Azubis in Nordrhein-Westfalen – einen Ausbildungsplatz und damit die Chance auf einen ausgezeichneten Berufseinstieg. Handwerksgesellinnen und -gesellen sind gefragte Fachkräfte in sämtlichen Wirtschaftszweigen. Handwerksmeisterinnen und -meister führen Betriebe, sie nehmen herausgehobene Stellungen in mittelständischen Unternehmen ein, oder sie sind als hochqualifizierte, anerkannte und gutbezahlte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Industrie tätig.
Der demographische Wandel und zahlreiche politische Weichenstellungen stellen dieses Erfolgsmodell jedoch regelmäßig vor große Herausforderungen. So geht der Nachwuchs potentieller Fachkräfte für das Handwerk durch die niedrigen Geburtenraten bereits rein quantitativ zurück. Gleichzeitig steigt das Durchschnittsalter etwa der Eigentümerinnen und Eigentümer von Handwerksbetrieben kontinuierlich an. Ein ausreichender Zuzug ausländischer Fachkräfte findet nicht statt. Erschwerend hinzu tritt die zunehmende Konkurrenz um geeignete Fachkräfte – zwischen verschiedenen Ausbildungswegen, zwischen verschiedenen Unternehmen, zwischen Mittelstand und großen Unternehmen, zwischen Branchen, zwischen Staat und Privatwirtschaft und auch zwischen verschiedenen Städten und Regionen.
Diese Entwicklung wird dadurch verschärft, dass der öffentliche und politische Fokus in Nordrhein-Westfalen zunehmend auf der akademischen Ausbildung liegt. Wirtschaftsverbände und -kammern beklagen einen ungesunden Akademisierungstrend sowie eine Unwucht im Verhältnis der Förderung von akademischer und beruflicher Ausbildung. Dabei bietet das Handwerk vielen Schülerinnen und Schülern eine exzellente Berufsausbildung, ausgezeichnete Berufsperspektiven, Entwicklungschancen und Aufstiegsmöglichkeiten. Es sind der konkrete Praxisbezug, die persönliche Ansprache oder die Einbindung in einen Familienbetrieb, von denen viele Jugendliche in einer Ausbildung im Handwerk ihr Leben lang profitieren.
Auch wirtschaftspolitisch liegt der Fokus nicht ausreichend auf den Belangen des mittelständischen Handwerks. Der Megatrend der Digitalisierung wird im Bereich der Wirtschaft vorrangig unter dem Stichwort "Industrie 4.0" diskutiert. Diese zweifelsohne wichtige Entwicklung von Produktionsprozessen und Produkten in der Industrie verstellt den Blick auf die enormen Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung für das Handwerk. Denn auch dort – wie im gesamten Mittelstand – bieten sich durch "Handwerk 4.0" und die fortschreitende Digitalisierung erhebliche Wertschöpfungspotentiale, gleichzeitig müssen jedoch die dafür erforderlichen Weichenstellungen vorgenommen werden.
Hohe bürokratische und finanzielle Belastungen mittelständischer Betriebe in Nordrhein-Westfalen sind vor diesem Hintergrund kontraproduktiv. Auch Tendenzen auf europäischer Ebene, zunehmende Vereinheitlichungen kultureller, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Besonderheiten ohne messbaren Mehrwert für den gemeinsamen Binnenmarkt voranzutreiben, sind schädlich. Häufig laufen sie Gefahr, entweder zu noch mehr und komplizierterer Bürokratie zu führen. Oder sie bedrohen erfolgreiche Wirtschafts- und Ausbildungsmodelle wie das duale Ausbildungssystem und den Meisterbrief in Deutschland. Dabei tragen gerade diese erheblich zur robusten deutschen Wirtschaftsentwicklung sowie zu einem quantitativ und qualitativ hohen Beschäftigungsstand bei und eröffnen Chancen zum beruflichen und gesellschaftlichen Aufstieg.
II. Problembeschreibung
Die politischen Rahmenbedingungen für das Handwerk sind momentan nicht optimal gestaltet, um den aktuellen Problemstellungen entgegenzutreten. Die Auswirkungen machen sich in verschiedenen Bereichen bereits bemerkbar, wodurch im mittelständischen Handwerk in Nordrhein-Westfalen der Fachkräftenachwuchs erschwert und die Wettbewerbsfähigkeit bedroht ist.
So rechnete der Zentralverband des Deutschen Handwerks ZDH 2014 mit 15.000 nicht besetzten Ausbildungsplätzen allein im Handwerk. Im vergangenen Jahr blieben laut Angaben der Bundesagentur für Arbeit insgesamt über alle Branchen mehr als 37.000 Ausbildungsplätze unbesetzt, davon 5.300 in Nordrhein-Westfalen. Diesen stehen allerdings in großer Zahl junge Menschen gegenüber, die keinen Ausbildungsplatz finden. 2013 waren es rund 21.000, in Nordrhein-Westfalen 6.600. Beide Zahlen sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Perspektivisch wird sich dieses Problem verschärfen – nicht nur im Handwerk: Der IHK-Fachkräftemonitor NRW prognostiziert für das Jahr 2025 einen Fachkräfteengpass in Höhe von 462.000 Personen.
Gleichzeitig haben im vergangenen Jahr fast 12.000 junge Menschen nordrhein-westfälische allgemeinbildende Schulen mit nicht einmal einem Hauptschulabschluss verlassen. Darüber hinaus existieren nach wie vor Schulabgängerinnen und -abgänger, die trotz eines Abschlusses nicht ausbildungsreif sind. Es scheint demnach weiterhin Fehlstellungen im Bildungssystem Nordrhein-Westfalens zu geben, die einen reibungslosen Übergang von der Schule in die Ausbildung behindern. Individuelle Förderung, ein sinnvoll strukturiertes Übergangssystem und eine frühzeitige Berufs- und Studienorientierung können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, um auch schwächeren oder oftmals noch orientierungslosen Jugendlichen Qualifizierung und somit Zukunftschancen zu ermöglichen. Ansonsten droht, dass diese jungen Menschen in die Arbeitslosigkeit und somit Perspektivlosigkeit abdriften.
Die Zahl der Ausbildungsbetriebe sinkt seit 2009. Diese Entwicklung besteht insbesondere bei Klein- und Kleinstunternehmen. Ein Grund dafür sind auch steigende bürokratische Lasten, die Zeit und Ressourcen binden, welche gerade in kleinen Betrieben dringender z.B. für die Betreuung von Auszubildenden gebraucht würden. Ein mutiger Bürokratieabbau würde also nicht nur den Mittelstand insgesamt stärken. Er könnte auch einen Beitrag dazu leisten, dass wieder mehr Betriebe jungen Menschen die Chance bieten, eine Ausbildung zu absolvieren.
Schwierigkeiten im Bereich der Unternehmensnachfolge nehmen zu. Viele Eigentümerinnen und Eigentümer – insbesondere im Handwerk – stehen vor großen Problemen, selbst sehr erfolgreiche Betriebe an die nachfolgende Generation zu übergeben. Der demographische Wandel verschärft dieses Problem: Bei rund 25.000 Handwerksbetrieben in Nordrhein-Westfalen sind die Eigentümer mindestens 60 Jahre alt. Eine Welle anstehender Unternehmensübergaben oder schlimmstenfalls -aufgaben kommt auf uns zu. Vor diesem Hintergrund entwickelt sich das Thema Unternehmensnachfolge auch im Mittelstand insgesamt zu einem Leitthema der nächsten Jahre. So ist die Zahl der Existenzgründerinnen und -gründer, die an einer Unternehmensübernahme interessiert sind und sich entsprechenden Rat bei den Industrie- und Handelskammern suchen, mittlerweile unter die Zahl der Alt-Eigentümerinnen und Alt-Eigentümer, die eine Betriebsübergabe anstreben, gesunken.
Nach wie vor entscheiden sich zu wenige Frauen für eine handwerkliche Ausbildung. Gerade einmal 20 Prozent der Ausbildungsverträge im Handwerk werden in Nordrhein-Westfalen von Frauen abgeschlossen. Wird das traditionell ganz überwiegend von weiblichen Berufseinsteigern gewählte Friseurhandwerk mit seinem Frauen-Anteil von 90 Prozent herausgerechnet, liegt die Quote sogar noch darunter. Die Zahl ist darüber hinaus nach Angaben des Bundesinstituts für Berufsbildung seit 2009 sogar gesunken. Das ist schlecht für das Handwerk, aber auch für die Volkswirtschaft. Denn ein wesentlicher Faktor zur Bewältigung der massiven Herausforderungen, vor die uns die demographische Entwicklung stellt, ist die verstärkte Gewinnung von Frauen für den Arbeitsmarkt. Ohne sie wird der auf Deutschland zukommende Fachkräftemangel nicht zu bewältigen sein. Darüber hinaus wäre es für die gesamte Wirtschaft fahrlässig, in großen Teilen auf die herausragenden Qualifikationen und Fertigkeiten vieler Frauen zu verzichten.
Beim Zugang zu staatlicher Förderung von Innovation und Forschung schneiden Mittelstand und Handwerk schlecht ab. Viele Betriebe beklagen eine unausgewogene Verteilung der vorhandenen Ressourcen. So weist z.B. die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen darauf hin, dass zwar beinahe 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland zum Mittelstand gehören, dort allerdings nur 50 Prozent der staatlichen Mittel für industrielle Forschung landen. Der Rest kommt großen Unternehmen zugute. So werden viele Innovationsprozesse aus dem Mittelstand verlangsamt, die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe leidet langfristig.
Auch die Chancen, die sich Handwerk und Mittelstand durch die zunehmende Digitalisierung eröffnen, bleiben zu wenig beleuchtet. So erscheint das Stichwort "Handwerk" in der Digitalen Agenda der Bundesregierung gerade ein einziges Mal und das Stichwort "Mittelstand" lediglich viermal – auf 36 Seiten. Das Stichwort "Industrie" fällt dagegen 14 Mal. Dabei liegen gerade in der Digitalisierung im Handwerk erhebliche Effizienz- und Wachstumspotentiale.
Eine besondere Herausforderung stellt die Digitalisierung dabei für kleine und mittlere Unternehmen dar. In der vernetzten Wirtschaft steht jedes Unternehmen im globalen Wettbewerb von Innovationen, Geschäftsmodellen und betrieblichen Prozessen. Regionale Unternehmen müssen sich mit Konkurrenten über das Internet messen, Nordrhein-Westfalen mit sämtlichen Regionen der Welt um technologische Vorsprünge, die beste Infrastruktur, Fachkräfte und geeignete Rahmenbedingungen ringen. Noch sind letztere nicht optimal gestaltet.
Gleichzeitig muss die Sensibilität für notwendige Anpassungen an das digitale Zeitalter sowie die großen Chancen von "Handwerk 4.0" bei Betrieben und Unternehmerinnen und Unternehmern noch gestärkt werden. Denn durch eine stärkere Digitalisierung der Produktions- und Arbeitsabläufe sowie des Produktportfolios ergeben sich erhebliche Wachstumspotentiale. Parallel dazu müssen die massiven Umwälzungsprozesse, die von der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung etwa auf das Arbeitsleben der Menschen, die Sozialversicherungen, das Bildungssystem und die marktwirtschaftliche Ordnung insgesamt ausgehen, politisch begleitet und strukturiert werden.
Die etablierten Handwerksbetriebe in Nordrhein-Westfalen sowie ihre Selbstverwaltungsorgane müssen sich auch im eigenen Interesse auf diese Entwicklungen einstellen. Entwicklungen in anderen Dienstleistungsbranchen wie dem Hotel- oder dem Taxigewerbe zeigen, wie neue – häufig branchenfremde – Akteure und sogenannte disruptive Geschäftsmodelle erheblichen Druck auf bisher gestandene und erfolgreiche Unternehmen oder auf ganze Marktsegmente ausüben können. Wünschenswert wäre es daher, wenn möglichst viele Innovationsprozesse aus dem Handwerk selbst vorangetrieben werden und das Handwerk besonders stark von den Potentialen der Digitalisierung und Vernetzung profitiert.
Denn diese Potentiale sind gewaltig, wie etwa das Beispiel des 3D-Druckers zeigt. Dieser wird sowohl das dienstleistende als auch das produzierende Handwerk in den kommenden Jahren drastisch verändern. Das betrifft sämtliche Berufsbilder und sämtliche Branchen. Einher geht die Entwicklung jedoch auch mit einer zunehmenden Individualisierung von Kundenbedürfnissen und damit von Produkten und Dienstleistungen. Der 3D-Drucker etwa kann ein auf einen einzelnen Kunden individuell zugeschnittenes Produkt zu massenproduktionsähnlichen Kosten herstellen. Dadurch ergeben sich sehr große Chancen für etablierte Betriebe in Nordrhein-Westfalen. Denn diese können erstens auf ihren Kenntnissen und Erfahrungen aufbauen und sich so an die Spitze dieser Entwicklung setzen. Gleichzeitig kann dadurch sogar aus Kostengründen ins Ausland abgewanderte Produktion wieder zurückgewonnen werden.
Dafür müssen vor allem auch die politischen Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass in Handwerk und Mittelstand ausreichende Ressourcen vorhanden sind, die vor ihnen liegenden massiven Herausforderungen anzunehmen, notwendige Investitionen zu tätigen und sich die dafür grundlegenden Fertigkeiten und Qualifikationen anzueignen. Das gilt für Unternehmerinnen und Unternehmer genauso wie für Beschäftigte. Bürokratische Hürden, zu hohe finanzielle Belastungen durch den Staat, Angriffe auf die Substanz von Betrieben sowie eine nicht zeitgemäße Bildungspolitik sind dabei schädlich.
Grundlegend für die Nutzung der Chancen sowie Effizienz- und Wachstumspotentiale durch "Handwerk 4.0" ist darüber hinaus der Zugang zu einer flächendeckenden leistungsfähigen Infrastruktur. Das verlangt große Anstrengungen z.B. beim Ausbau des Breitbandnetzes. Momentan verfügen über 40 Prozent der Haushalte in ländlichen Regionen Nordrhein-Westfalens noch nicht einmal über einen Zugang zu mindestens 16 MBit/s, obwohl selbst diese Geschwindigkeit nach heutigen Maßstäben gerade einmal eine Grundversorgung darstellen würde. Handwerk und Mittelstand sind allerdings nicht nur in Großstädten verortet, sondern flächendeckend in allen Regionen Nordrhein-Westfalens. Somit droht, dass die Chancen von Digitalisierung und "Handwerk 4.0" von vielen Betrieben nicht genutzt werden können und diese bei der Entwicklung in die digitale, vernetzte Zukunft abgehängt werden.
III. Zielsetzung
Zur Erarbeitung von Impulsen zur Sicherung und Stärkung von Qualifikation und Fachkräftenachwuchs sowie Gründungskultur und Wettbewerbsfähigkeit in Handwerk und Mittelstand in Nordrhein-Westfalen soll eine Enquete-Kommission eingesetzt werden.
Diese soll die aktuelle Lage und die anstehenden Herausforderungen für das Handwerk in Nordrhein-Westfalen beschreiben und analysieren. Die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sollen dabei berücksichtigt und im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf Handwerk und Mittelstand untersucht werden.
Die Enquete-Kommission soll anhand verschiedener Fragenkomplexe für Handwerk und Mittelstand bestehende Probleme analysieren, anstehende Probleme, Chancen und Herausforderungen identifizieren sowie detaillierte und konkrete Handlungsempfehlungen erarbeiten.
IV. Fragenkomplexe
a) Handwerk 4.0, Wettbewerbsfähigkeit, Innovation
Wie werden sich das Handwerk, deren Produkte, Dienstleistungen und Prozesse durch die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung (Handwerk 4.0) verändern?
Welche Wachstumspotentiale sind mit dem Transformationsprozess zum Handwerk 4.0 verbunden und wie muss sich das Handwerk mit Blick auf seine Wettbewerbsfähigkeit auf diese Entwicklung vorbereiten?
Welche Rahmenbedingungen müssen von EU, Bund und dem Land in den Bereichen Steuern und Abgaben, Infrastruktur und Bürokratie angepasst werden, um die Digitalisierung in Mittelstand und Handwerk zu befördern und dabei ausreichende Spielräume für die notwendigen Investitionen für "Handwerk 4.0" zu ermöglichen?
Wie können die Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Gründung, die Finanzausstattung, die Wettbewerbsfähigkeit und die Unternehmensnachfolge von Handwerksbetrieben sowie im Mittelstand insgesamt verbessert werden?
Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um die zentrale Rolle des Handwerks und des Mittelstandes für eine erfolgreiche Energiewende und ihren Beitrag für einen nachhaltigen Ressourceneinsatz zu stärken?
Wie können Anreize für eine Stärkung von Forschung und Entwicklung in Mittelstand und Handwerk gesetzt werden?
b) Qualifikation, Ausbildung, Fachkräfte
Welche Veränderungen im Bildungssystem sind notwendig, um die Ausbildungsreife und Berufsorientierung von Schulabgängerinnen und Schulabgängern zu verbessern sowie in den Schulen verstärkt die für eine erfolgreiche Berufsbiographie junger Menschen in Mittelstand und Handwerk notwendigen Qualifikationen und Kompetenzen zu vermitteln?
Wie können die (berufs-) schulische sowie die handwerkseigene öffentliche Bildungsinfrastruktur einschließlich der Lehrerversorgung und die Kooperation zwischen Bildungseinrichtungen, Kammern bzw. Selbstverwaltungsorganen der Wirtschaft, Betrieben, dem Land, sowie weiteren potenziellen Kooperationspartnern verbessert werden?
Mit welchen Maßnahmen können die Attraktivität der dualen Ausbildung sowie einer Karriere in Mittelstand und Handwerk für Schulabgängerinnen und Schulabgänger sämtlicher Schulformen gesteigert werden?
Welche Anregungen und Umsetzungsmöglichkeiten zeigen andere Staaten mit vergleichbarem Bildungssystem (z. B. zur Kombination von dualer Ausbildung und Abitur oder zur Wertschätzung der höheren Berufsbildung) auf?
Wie können mehr Zuwanderinnen und Zuwanderer sowie mehr Frauen für eine Ausbildung und Beschäftigung im Handwerk gewonnen werden und wie können bereits vorhandene Qualifikationen etwa von Zuwandererinnen und Zuwanderern besser in das Aus- und Weiterbildungssystem oder in Handwerksbetriebe integriert werden?
Wie können das bewährte duale Ausbildungssystem – gerade auch im ländlichen Raum – sowie die Meisterausbildung bzw. der Meisterbrief insgesamt geschützt und gestärkt werden?
Auf welchen zusätzlichen Wegen und über welche neuen Zielgruppen lassen sich angesichts der demographischen Herausforderung sowie der fortschreitenden Wandlungsprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft ausreichend Betriebsnachfolgerinnen und -nachfolger, Fachkräfte sowie Auszubildende für Handwerk und Mittelstand rekrutieren?
V. Beschlussfassung
Der Landtag setzt mit Wirkung zum 01.06.2015 eine Enquete-Kommission nach § 61 der Geschäftsordnung des Landtags ein, in der die Fraktionen nach Maßgabe des § 61 Abs. 2 der Geschäftsordnung vertreten sind.
Die Enquete-Kommission soll die unter III. beschriebene Zielsetzung verfolgen und dabei die unter IV. genannten Fragenkomplexe besonders berücksichtigen.
Der Enquete-Kommission werden für die Dauer ihrer Tätigkeit sowie für ihre Vor- und Nacharbeiten bis zur Entscheidung des Parlaments jeweils eine Mitarbeiterin / ein Mitarbeiter des höheren und des gehobenen Dienstes sowie eine Schreibkraft zur Verfügung gestellt. Den Fraktionen werden die Kosten für eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter des höheren Dienstes und die Kosten in halber Höhe für eine Schreibkraft erstattet und entsprechende technische Ausstattungen und Büroräume zur Verfügung gestellt. Wahlweise ist eine Abrechnung des tatsächlich entstehenden Personalaufwandes oder die Gewährung eines Pauschbetrages je angefangenen Monat der Tätigkeit der Kommission möglich.
Die Enquete-Kommission kann Expertinnen und Experten anhören. Sie kann Forschungsaufträge erteilen und Studienfahrten bzw. Ortsbesichtigungen oder Projektforschungen durchführen. Die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen sind im Haushalt zu schaffen.
Christian Lindner
Christof Rasche
Ralph Bombis
Dietmar Brockes
und Fraktion