LANDTAG
NORDRHEIN-WESTFALEN
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Drucksache 16/11214 |
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23.02.2016 |
Antrag
des Abgeordneten Daniel Schwerd (fraktionslos)
Funkregulierung: Angriff auf freie Firmware stoppen, Freifunk und Verbraucherschutz bewahren!
I. Sachverhalt
Das Europäische Parlament und der Rat haben im vergangenen Jahr die Richtlinie 2014/53/EU verabschiedet, die am 13. Juni 2016 in Kraft treten soll. Demnach sollen WLAN-Funkanlagen technisch sicherstellen, dass nur zertifizierte Betriebssystemsoftware geladen werden kann. Da die Länder die Richtlinie in nationales Recht umsetzen müssen, aber keine näheren Bestimmungen seitens der EU existieren, ist in Europa ein Wildwuchs an Verboten zu erwarten. Da die Beweislast der Konformität bei den Herstellern liegt, ist damit zu rechnen, dass diese den Einsatz fremder Firmware pauschal sperren werden, um den Regularien Genüge zu tun.
Die US-amerikanische Regulierungsbehörde FCC plant eine gleichartige Einschränkung (Proceeding 15/170), die Kanada dann übernehmen würde. Darin werden die Hersteller aufgefordert, zu beschreiben, wie sie das Flashen der Betriebssystemsoftware mit alternativen Versionen wie „DD-WRT“ verhindern. TP-Link, ein führender Hersteller zahlreicher Routermodelle, die auch gerade in der Freifunk-Szene sehr weit verbreitet ist, hat bereits angekündigt, regional nur noch gesperrte Systeme zu vertreiben.
Normalerweise kümmern sich Hersteller um Aktualität, Funktionsumfang und Sicherheit ihrer Routermodelle durch regelmäßige Updates. Doch gibt es keine rechtliche Verpflichtung dazu, diesen Support über einen gewissen Zeitraum aufrecht zu erhalten – meist verlieren die Hersteller nach einiger Zeit das Interesse, aus der Produktion gegangene Systeme weiter zu warten, und konzentrieren sich lieber auf neue Modelle. Aufgrund verschlungener Importwege und White-Label-Produktion ist oft unklar, wer überhaupt Updates für ein Modell bereitstellt. Hersteller können insolvent gehen oder Produktionslinien komplett einstellen.
Freie Software wird hingegen oft noch viele Jahre weiterentwickelt. Auch Besitzer älterer Modelle können so in den Genuss von Sicherheitsupdates und Erweiterungen des Funktionsumfangs kommen. Freie Software verlängert die Lebensdauer von Systemen und erhöht das Sicherheitsniveau, da der Sourcecode transparent ist und Sicherheitslücken auch noch viele Jahre später geschlossen werden können. Aus Verbrauchersicht stellt freie Software einen enormen Mehrwert und Sicherheitsgewinn für die einmal gekauften Geräte dar. Gerade bei freier Software ist eine Überprüfung auf Funk-Konformität jederzeit möglich. Eine Regulierung bzw. ein Verbot alternativer Installationen benachteiligt die Besitzer der Geräte in unangemessener Weise.
Regional gesperrte Geräte behindern den Wettbewerb und den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr, sie sorgen für Marktsegmentierung und erhöhte Preise.
Freifunk-Installationen basieren auf dem Einsatz von freier Betriebssystemsoftware auf handelsüblichen, günstigen Routern. Für eine Vielzahl von neuen und alten Modellen ist eine Implementierung möglich. Damit wird kostengünstig ein freier Zugang zu freien Bürgernetzen ermöglicht, welches der Verbreitung von Bildung und Wissen, der Partizipation und Teilhabe unmittelbar nützt. Die Regulierung bzw. das Verbot alternativer Installationen auf Routern stellt die Existenz des Freifunks generell in Frage.
II. Der Landtag stellt fest:
1. Freie und alternative Betriebssystemsoftware stellt einen Gewinn für Nutzer und Verbraucher dar. Sie verbessert Funktionsumfang und Sicherheitsniveau der Geräte und verlängert deren Lebensdauer.
2. Der Zugang zu freien Bürgernetzen dient unmittelbar der Verbreitung von Bildung und Wissen, der Partizipation und der Teilhabe.
3. Ein Verbot alternativer Firmware bzw. eine technische Einschränkung der Verwendbarkeit alternativer Firmware bei WLAN-Funkgeräten wirkt Verbraucherinteressen entgegen und behindert den Ausbau und die Verbreitung von freien Bürgernetzen bis hin zur Unmöglichkeit.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
1. sich auf allen politischen Ebenen dafür einzusetzen, dass Verbraucher auch in Zukunft alternative Firmware auf ihren WLAN-Funkgeräten einsetzen dürfen und können;
2. sich auf allen politischen Ebenen dafür einzusetzen, dass die Richtlinie 2014/53/EU in diesem Sinne entschärft wird;
3. sich auf allen politischen Ebenen dafür einzusetzen, dass in der Umsetzung der Richtlinie 2014/53/EU in nationales Recht die Belange der Verbraucher und der freien Bürgernetze ausreichend berücksichtigt werden.
Daniel Schwerd