Diskriminierung: Warum ist Flüchtlingen der Zutritt zum Hallenbad in Bornheim verboten?

Hallenbad

Gegen einen Flüchtling einer Bornheimer Unterkunft wird wegen sexueller Belästigung ermittelt. Außerdem soll es verbale Übergriffe gegen Frauen im städtischen Hallenbad gegeben haben. Dies nahm der Erste Beigeordnete der Stadt Bornheim zum Anlass, ein Zutrittsverbot für alle erwachsenen männlichen Flüchtlinge zum städtischen Hallenbad durch die Stadt Bornheim aussprechen zu lassen. Dies berichtet der WDR.

Es ist vollkommen korrekt und nachvollziehbar, wenn Personen, die sich im Schwimmbad danebenbenehmen oder andere Badegäste belästigen, des Hauses verwiesen werden. Deswegen aber gleich sämtliche Flüchtlinge in Sippenhaft zu nehmen und für die Taten einzelner zur Verantwortung zu ziehen ist meines Erachtens nach diskriminierend und rassistisch. Das konterkariert jedes Bemühen um Integration und Inklusion. Ich fordere die Stadt Bornheim auf, diese Praxis umgehend zu beenden.

Zudem habe ich der Landesregierung heute einige Fragen zu dem Vorfall gestellt. Sie möge mir bitte beantworten:

  1. Auf welcher Rechtsgrundlage kann die Stadt Bornheim allen erwachsenen männlichen Flüchtlingen den Zutritt zum städtischen Hallenbad verweigern?
  2. Inwieweit handelt es sich bzw. handelt es sich nicht bei diesem Verbot um Diskriminierung?
  3. Inwieweit handelt es sich bzw. handelt es sich nicht bei diesem Verbot um Rassismus?
  4. Wie wirkt sich dieses Verbot nach Meinung der Landesregierung auf die Inklusions- und Integrationsbemühungen von geflüchteten Menschen aus?
  5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung gegenüber der Stadt Bornheim bzw. dem ersten Beigeordneten der Stadt, diese Angelegenheit betreffend?

Sobald die Anfrage veröffentlicht ist, werde ich sie hier verlinken. Auch über die Antworten und die weitere Entwicklung werde ich Euch auf dem Laufenden halten.

Innenminister Jäger macht Polizei in Köln verantwortlich. Fragen bleiben offen

hbf

Die Ereignisse der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof waren gestern Gegenstand einer Sondersitzung des Innenausschuss. In dieser hat Innenminister Jäger sowie führende Beamte seines Hauses einen Bericht erstattet. Verteilt wurde auch ein schriftlicher Bericht des Innenministeriums und einer des (ehemaligen) Polizeipräsidenten von Köln. Wir hatten diese Informationen also auch erst zu Beginn der Sitzung selbst.

Ich bin kein Mitglied des Ausschusses, habe als Gast beigewohnt. Ein Rederecht, wie ich zuvor beantragt hatte, um eigene Fragen an das Innenministerium stellen zu können, haben die Fraktionen von SPD, CDU, Grüne und FDP bei Enthaltung der Piraten zu Beginn der Sitzung abgelehnt. Diese Entscheidung sehe ich im Hinblick auf die Abgeordnetenrechte sehr kritisch.

Jägers Bericht und die vorgestellten Dokumente konnten nicht überzeugen. Er schiebt Schuld und Verantwortung recht deutlich der Kölner Polizeiführung zu: Diese habe angebotene Verstärkung nicht abgerufen. Zudem habe es Mängel in der behördeninternen Kommunikation gegeben, so dass zu keiner Zeit ein vollständiges Lagebild an einem Ort vorgelegen habe. Auch wurde der Dienstgrad des leitenden Beamten als zu gering eingestuft.

Die Verantwortung auf eine nachgeordnete Behörde in dieser Form abzuschieben ist schon ein starkes Stück. Darauf angesprochen brachte er den (hinkenden) Vergleich, dass auch die Gesundheitsministerin nicht selbst am Blinddarm operiert, gewissermaßen also für Fehler dabei nicht verantwortlich sei.

Die ganze Vorstellung hat nicht alle Fragen beantwortet, und zahlreiche neue Fragen aufgeworfen. Da ich diese in der Sitzung nicht stellen konnte, nutze ich nun das Instrument der kleinen Anfrage. Dabei gibt es soviele komplexe offene Fragen, dass ich bereits insgesamt 17 kleine Anfragen formuliert habe, jede mit 5 Unterfragen ausgestattet. Die ersten neun Anfragen sind bereits eingereicht, die übrigen werden noch bearbeitet. Ich werde sie an dieser Stelle wie gewohnt veröffentlichen.

Fragen bezüglich der politischen Konsequenzen sind dabei noch gar nicht enthalten.

Die Landesregierung hat zwischenzeitlich auch eine Unterrichtung für die nächste Plenarsitzung Ende Januar angekündigt. CDU und FDP wollen nicht so lange warten, sie beantragten eine Sondersitzung des Parlaments, die am Donnerstag, den 14.01. ab 10 Uhr stattfinden wird, so dass die Unterrichtung bereits da stattfinden soll.

Berichte sprechen deutliche Sprache: Polizeiführung hat Lage am Hauptbahnhof verharmlost

Polizei

Lageberichte von Polizeibeamten aus der Silvesternacht vom Hauptbahnhof in Köln werfen mehr Fragen auf als sie beantworten. Polizisten berichten in Einsatzberichten, die der Presse vorliegen, von chaotischen Zuständen, weinenden Frauen, denen die Wäsche vom Leibe gerissen war, zahlreichen Festnahmen und ausgebliebener Verstärkung.

Das deckt sich so gar nicht mit der ersten Pressemitteilung der Polizei, wo von einer „ausgelassenen“ und „friedlichen“ Silvesterfeier die Rede war, sowie den Folgeerklärungen des Kölner Polizeipräsidenten, wonach die Polizei erst im Laufe des Folgetages durch die Anzeigen der Gewaltopfer von den Geschehnissen erfahren habe.

Warum wurde die Lage zunächst verharmlost? Warum wurde trotz der vorliegenden Berichte behauptet, erst durch die Anzeigen vom Ausmaß der Straftaten erfahren zu haben? Warum wurde nicht bereits in der Nacht ausreichende Verstärkung bereitgestellt? Wenn man sich vor Augen hält, mit welchem Polizeiaufgebot Demonstranten im RWE-Tagebau begegnet wurde, muss man die Prinzipien der polizeilichen Einsatzplanung mal in Frage stellen.

Am 11. Januar befasst sich der Innenausschuss des Landtages in einer Sondersitzung mit den Vorkommnissen. Ich habe zu diesem Anlass eine Berichterstattung des Innenministers beantragt und ihn aufgefordert, sämtliche Einsatz- und Lageberichte der Silvesternacht vorzulegen. Ich will wissen, was die Polizei vor Ort schon gewusst hat, und ob tatsächlich keine Verstärkung zur Verfügung stand.

Die Polizei in Köln war nicht Herr der Lage – wie schon bei der ersten HoGeSa-Demonstration – und wir wurden darüber belogen. Das muss personelle Konsequenzen haben. Man arbeitet mit einer viel zu dünnen Personaldecke. In wirklichen Gefahrensituationen stehen viel zu wenig Beamte bereit. Da nützen dann auch Überwachungskameras und gute Ratschläge nichts.

Edit 19:05: Meine Kritik richtet sich gegen die Polizeiführung, nicht gegen die einzelnen Beamten vor Ort. Denen meine Hochachtung, sich an einem Feiertag mit einem gefährlichen Mob auseinanderzusetzen. Ich bin sicher, sie haben das ihnen mögliche getan. Sie waren offensichtlich vollkommen unterbesetzt.

Interview WDR 5 Westblick „War Reker-Attentäter V-Mann?“

radio

Heute hat mich die Moderatorin Edda Dammmüller für die Sendung „Westblick“ im Radiosender WDR 5 interviewt. Thema war die Kleine Anfrage, ob es sich bei dem Reker-Attentäter um einen V-Mann des Verfassungsschutzes gehandelt haben könnte, und die Nicht-Antwort unseres Innenministers darauf. Hier kann man das Interview nachhören:

Vielsagend Nichtssagend: Innenminister Jäger möchte nicht verraten, ob Reker-Attentäter ein V-Mann war

Messer

NRWs Innenminister Ralf Jäger möchte nicht beantworten, ob der Mann, der die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker am 17. Oktober mit einem Messer lebensgefährlich verletzt hatte, vom Verfassungsschutz als V-Mann geführt worden ist. Ich hatte ihn vier Tage nach der Tat in einer kleinen Anfrage danach befragt. Eine Führung als Informant oder V-Person durch den Verfassungsschutz NRW werde „aus Gründen des Geheimschutzes weder bestätigt noch verneint“, hieß es jetzt in der Antwort. Erkenntnisse über den Täter lägen beim Verfassungsschutz aus den 90er Jahren, sowie aus 2002 und 2008 jeweils im Zusammenhang mit Veranstaltungen der rechtsextremen Szene vor.

Ungereimtheiten im Lebenslauf und der Arbeitslosengeschichte des Attentäters hatten Spekulationen ausgelöst, ob eine „höhere Behörde“ eine „schützende Hand“ über den Täter halten würde.

Diese Antwort ist vielsagend nichtssagend. Sie sorgt nicht gerade dafür, den Verdacht zu zerstreuen, dass der Verfassungsschutz zuvor über diese Person und ihre Gefährlichkeit genau im Bilde war. Für eine fortgesetzte Geheimhaltung besteht kein Grund: Sollte er V-Person gewesen sein, müssen wir das erfahren, eine Verstrickung des Verfassungsschutzes in diesen Mordversuch muss Konsequenzen haben. Ein weiterer Einsatz des Attentäters als Informant in der Szene wäre ohnehin unvorstellbar. Und wenn Frank S. keine V-Person war, könnte der Minister diesen Verdacht leicht entkräften.

Die Verfassungsschutzbehörden stehen nach zahlreichen Affären, dem Versagen angesichts des NSU-Terrorismus und wegen indirekter Unterstützung der rechten Szene in der Kritik. Ihnen wird vorgeworfen, sich als auf dem rechten Auge blind gezeigt zu haben. Sollte auch der Reker-Attentäter im Vorfeld als Informant des Amtes tätig gewesen sein, wäre das ein neuer Tiefschlag für die Glaubwürdigkeit der Sicherheitsbehörden.

Die Antwort des Innenministers ist nicht ausreichend. Angesichts der Skandale in verschiedenen Verfassungsschutzämtern ist ein gesundes Misstrauen nicht unbegründet. Ich fordere Ralf Jäger auf, rückhaltlos für Klarheit zu sorgen, inwieweit seine Behörden mit dem Attentäter in Verbindung standen. Das Verdecken einer unbequemen Wahrheit rechtfertigt jedenfalls keine Geheimhaltung.

Die kleine Anfrage wurde trotz ihres Einreichens am 21. Oktober 2015 erst fünf Wochen später im Landtagssystem veröffentlicht – eine Verzögerung, für die es ebenfalls keine Erklärung gibt, und die bei diesen Dokumenten absolut unüblich ist.

Unter der Drucksachennummer 16/10321 ist die Anfrage veröffentlicht. Die Antwort des Innenministers wird am 6. Januar unter der Drucksachennummer 16/10628 erscheinen.

Unter anderem haben der Kölner Stadt-Anzeiger und Neues Deutschland berichtet.

2016-01-04 17_40_33-Original Antwort KA 4089.pdf - SumatraPDF

Lobbyeinfallstor Clearingstelle Mittelstand? Mehr Transparenz der Verfahren ist erforderlich

Fabrik
Die Clearingstelle Mittelstand wurde vor zwei Jahren eingerichtet, um Gesetzesvorhaben frühzeitig, vor der Kabinettsbefassung, auf Mittelstands- und Wirtschaftsverträglichkeit zu überprüfen. Ein Schwerpunkt soll auf den Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen liegen. Organisatorisch ist sie bei den Industrie- und Handelskammern angesiedelt, angehört werden in Clearingverfahren Kammern, Wirtschafts- und kommunale Spitzenverbände sowie der DGB.

Durch die außerordentlich frühe Einflussmöglichkeit, noch während der Erarbeitung im Ministerium und vor der Kabinettsbefassung, sowie durch die einseitige Besetzung der Interessengruppen besteht die Gefahr, dass Lobbyinteressen übergewichtet werden. Zudem sind in den Verbänden statt kleinen und mittleren Unternehmen auch oft gerade Großunternehmen einflussstark.

Ich habe das bereits mehrfach seit der Einführung der Clearingstelle Mittelstand kritisiert, zum Beispiel hier: Wirtschaftsminister setzt geheim tagendes Lobbygremium ein

Nachdem dieses Gremium nun schon etwas länger existiert, ist es an der Zeit, nach seiner Beeinflussung von Gesetzesvorhaben zu fragen. Daher habe ich die folgenden Fragen an die Landesregierung gerichtet:

  1. Welche Änderungen an den entsprechenden Gesetzesentwürfen/Referentenentwürfen wurden aufgrund von Feedback der Clearingstelle vorgenommen? Listen Sie für jedes Vorhaben die jeweils veränderten Textstellen auf, wie sie unmittelbar vor dem Clearingverfahren verfasst waren, gegenübergestellt den Versionen derselben Textstellen nach dem Clearingverfahren vor der jeweiligen weiteren Beratung, mit den jeweiligen Zeitpunkten. Unveränderte Textstellen müssen nicht aufgelistet werden.
  2. Auf welche Teile der Stellungnahmen der Clearingstelle bzw. einer der befragten Organisationen bezieht sich jede vorgenommene Veränderung? Markieren sie solche Textstellen, die aus Stellungnahmen wörtlich oder nahezu wörtlich entommen worden, gesondert.
  3. Welche dieser Veränderungen sind Anforderungen, die speziell zur Förderung kleiner Unternehmen und Einzelunternehmern vorgenommen worden sind?
  4. Welche dieser Veränderungen ist im folgenden Verfahren inhaltlich nicht mehr zurückgenommen und somit gültig geworden? Spätere redaktionelle Änderungen an diesen Veränderungen sind damit nicht gemeint.
  5. Wie wurde jeweils sichergestellt, dass andere Anforderungen, u.a. Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Verbraucherschutz und Arbeitnehmerschutz bei jeder dieser Veränderungen gleichwertig sichergestellt wurden.

Die kleine Anfrage wurde mit der Drucksachennummer 16/10535 veröffentlicht.

Rede „Rechtssicherheit für offene WLANs. Bund darf die Wünsche der Bundesländer bezüglich der Störerhaftung nicht ignorieren!“

Im Plenum vom 2. Dezember wurde mein Antrag: „Rechtssicherheit für offene WLANs. Bund darf die Wünsche der Bundesländer bezüglich der Störerhaftung nicht ignorieren!“ debattiert. Die Rede könnt Ihr hier nachsehen und nachlesen.

Daniel Schwerd (fraktionslos) Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Beim vergangenen Plenum lag bereits ein Antrag von mir zur Störerhaftung vor. Damals ging es darum, dass sich die Landesregierung bitte im Bundesrat für den Änderungsvorschlag einsetzen möge, den die zuständigen Ausschüsse des Bundesrates zum Telemediengesetz entwickelt hatten.

Sie werden sich erinnern: Die Bundesregierung hatte einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Störerhaftung bei offenen WLANs abwenden sollte. Die Bundesregierung hat dieses Ziel mit ihrem Entwurf jedenfalls deutlich verfehlt. Zwar haben Sie hier im Landtag meinen Antrag mehrheitlich abgelehnt. Aber egal! Die Begründung, den Antrag abzulehnen, weil man sowieso dafür sei, ist bereits entlarvend genug. Hauptsache, die Landesregierung verhält sich dem Antrag entsprechend! In diesem Zusammenhang sage ich auch vielen Dank an Herrn Minister Lersch-Mense für seine Rede und seine eindeutige Position im Bundesrat.

Leider sieht es jetzt aber so aus, als würde die Bundesregierung die Bedenken des Bundesrates ignorieren. Der Gesetzentwurf wurde nach einer sogenannten „eingehenden Prüfung“ der Bedenken des Bundesrates, die gerade einmal fünf Tage dauerte, zur weiteren Befassung im Bundesrat eingereicht. Die kritisierten Punkte der sinnfreien Belehrungspflicht der Nutzer eines Netzwerkes und der unklaren „angemessenen Sicherungsmaßnahmen“, was auch immer das sein soll, sind nach wie vor darin enthalten.

Es bleibt also dabei: Diese Bundesregierung steht der Verbreitung von freien Internetzugängen und offenen Bürgerdatennetzen im Wege. Sie gefährdet mit diesem Gesetz den Freifunk in unserem Land.

Deutschland ist in Europa Schlusslicht beim Internetausbau und bei freien Internetzugängen. Deutschland hat pro 10.000 Einwohner gerade einmal knapp zwei offene Hotspots. In Großbritannien sind es 28, in Südkorea mehr als 37 freie WLAN-Zugänge, gerechnet auf 10.000 Menschen. Selbst in vietnamesischen Fahrradtaxis kann man freie WLAN-Zugänge benutzen. Und hierzulande wird überlegt, wie man Nutzer belehren muss und wer wann zu haften hat!

Der Rest der Welt nutzt das freie Internet einfach. So etwas wie Störerhaftung gibt es nur in Deutschland. Die politischen Rahmenbedingungen sind hier von gestern. Es ist auch keine Besserung in Sicht. Wir werden abgehängt. Der Abstand wird sogar noch größer.

Meine Damen und Herren, jetzt ist es an den Ländern und damit auch an unserer nordrhein-westfälischen Landesregierung, die Notbremse zu ziehen. Das fordere ich in diesem Antrag.

Ich habe mit Regierungslob nicht gegeizt. Liebe SPD und liebes Bündnis 90/Die Grünen, springen Sie also über Ihren Schatten, und stimmen Sie dem Antrag zu, wenn Sie doch sowieso dafür sind. Damit senden wir dann ein Signal an den Bundestag, der sich mit dem Gesetzentwurf ja auch noch auseinanderzusetzen hat. Selbst die CDU hat sich das letzte Mal freundlich enthalten. Was will man denn noch mehr! – Vielen Dank.

Rede zu „Vectoring-Monopol der Deutschen Telekom verhindern!“

„Vectoring-Monopol der Deutschen Telekom verhindern!“ war das Thema der folgenden Rede. Hierzu lag ein Antrag der Piratenfraktion vor.

Daniel Schwerd (fraktionslos): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne und am Stream! Die Bundesnetzagentur hat angekündigt, die Pläne, die die Deutsche Telekom bezüglich Vectoring vorgelegt hat, weitestgehend zu billigen. Das halte ich für einen gefährlichen Irrweg.

Beim Vectoring geht es darum, aus den Kupferleitungen der letzten Meile einen kleinen Geschwindigkeitszuwachs herauszuquetschen. Dazu werden die Kupferkabel ausgehend von den rund 8.000 Hauptverteilern im Land so gebündelt und so aktiv aufeinander abgestimmt, dass die physikalischen Grenzwerte gewissermaßen ausgetrickst werden und man in der letzten Meile noch einmal etwa eine Verdoppelung der Geschwindigkeit erreichen kann.

Das erkauft man sich allerdings mit gravierenden Nachteilen: Diese Technologie ist aktiv. Das heißt, dass sie mit Rechenleistung und ständig erhöhtem Stromverbrauch erkauft werden muss. Vectoring ist also teurer und ökologisch nachteilig. Der Geschwindigkeitszuwachs steht nicht allen zugleich zur Verfügung. Der vorhandene Draht wird zwar besser ausgenutzt, aber insgesamt gewissermaßen nicht dicker.

Und vor allem: Die Bündelung muss aus technischen Gründen in einer Hand geschehen. Das will die Deutsche Telekom machen. Damit wird sie wieder zum Monopolisten. Dann haben wir wieder eine Bundespost. Das ist schlecht für Markt und Verbraucher. Es führt zu hohen Preisen und zum Innovationsstau.

Vectoring ist ein Irrweg: Er steht dem dringend notwendigen Ausbau durch Glasfaser im Weg; denn er bindet Kapazitäten und Finanzen auf sich. Der Marktdruck entfällt durch den Wegfall von Konkurrenz. Der Geschwindigkeitszuwachs wiederum ist so gering, dass die Kapazität schon bald erneut an ihre Grenzen stoßen wird. Nicht zuletzt ist Glasfaser aufgrund des geringeren Stromverbrauchs langfristig billiger. Durch geringeren Energieverbrauch wird sich das also von selbst bezahlt machen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch an den Klimaschutzplan erinnern. Wollten wir nicht neue stromsparende Technologien fördern und alte Stromfresser abstellen? Meine Damen und Herren, lassen Sie uns der Technologie der 90er-Jahre nicht auch noch gutes Geld in Form von Vectoring-Förderung hinterherwerfen! Glasfaser muss in jedes Haus. Nur das ist zukunftssicher.

Im Wirtschaftsausschuss hatten wir am 10. Juni 2015 eine Anhörung zum Thema „Vectoring“. Jörg Figura vom Verband kommunaler Unternehmen sagte da: „Vectoring im Nahbereich ist absolut schädlich für den Zieleausbau“

Dem ist im Grunde nichts hinzuzufügen.

Auf jeden Fall sollten wir den Bemühungen der Telekom, auf diese Weise wieder ein Monopol über die letzte Meile zu erlangen, einen Riegel vorschieben. – Herzlichen Dank.

Rede zur Resolution „Entschlossen und besonnen für die Freiheit und gegen den Terror“

Liebe Blogleser_innen,

im letzten Plenum durfte ich zu drei Themen eine Rede halten. Die erste Rede befasste sich mit der Resolution „Entschlossen und besonnen für die Freiheit und gegen den Terror“.

Daniel Schwerd (fraktionslos): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne und am Stream! Die Taten von Paris waren abscheulich. Die Täter sollen mit allen gebotenen Mitteln verfolgt und bestraft werden. Die Opfer betrauern wir zutiefst.

Doch dürfen wir uns von den Mördern nicht einschüchtern lassen, deswegen nicht unsere Freiheit einschränken und nicht unsere Bereitschaft verringern, Asyl zu gewähren. So habe ich diese Resolution der vier Fraktionen gelesen. Dieser Resolution kann ich mich daher auch inhaltlich voll anschließen.

(Beifall von der SPD, der CDU und den GRÜNEN)

Doch eine Sache kommt mir tatsächlich zu kurz: Die meisten Opfer von Terrorismus gibt es im Nahen Osten, im Irak, in Syrien, in Afghanistan oder in den Krisengebieten Nordafrikas. Sie dürfen nicht als Opfer zweiter Klasse angesehen werden. Wir müssen uns gegen den Terrorismus wenden, nicht nur, wenn er in Europa stattfindet. Die Getöteten in diesen Ländern sind nicht weniger wert als die im Westen. Daher danke ich den Piraten für ihre ergänzende Resolution.

Am Entstehen und an der Verbreitung von Terrorismus trägt leider auch der Westen Mitschuld. Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, soziale Ungleichheit zwischen Norden und Süden, geostrategische sowie wirtschaftspolitische Interessen als Grund für Krieg, einseitige Parteinahme gegen Kurden, nicht zuletzt der völkerrechtlich fragwürdige Irakfeldzug sowie die illegalen Drohnenangriffe durch die USA sind mit ursächlich dafür.

Die Serie an Kriegen im Nahen und Mittleren Osten hat die Situation bislang nur verschärft und verschlimmert. Leidtragende sind immer die Menschen vor Ort. Daher habe ich große Sorge vor einem weiteren Kriegseinsatz in Syrien. Aus großer Höhe Bomben auf ein Land zu werfen, wird den Terrorismus nicht besiegen. Das ist ein wenig so, als würden Sie mit der Bratpfanne im Restaurant nach einer Fliege werfen. Mit viel Glück treffen Sie sie, aber sehr viel wahrscheinlicher landet die Pfanne in einer Vitrine oder gleich am Kopf eines Gastes.

Meine Damen und Herren, wir müssen angesichts der vielen Menschen auf der Flucht Verantwortung für die Fluchtursachen übernehmen. Wir dürfen bei Völkermord und Vertreibung auch nicht einfach wegsehen. Das sind die wahren Gründe, warum wir uns für die Menschen in Syrien und gegen Daesh engagieren müssen.

Doch es darf keine nationalen Alleingänge geben, bei denen jedes Land überwiegend seine eigenen, meist wirtschaftlichen oder geostrategischen Interessen verfolgt. Wenn es einen militärischen Einsatz geben soll, dann nur mit internationalem Mandat, unter internationalem Kommando, mit einem klaren, vorher definierten Ziel und einem Plan, wie man das erreichen will. Einen weiteren, nicht enden wollenden militärischen Alptraum darf es nicht geben. – Herzlichen Dank.


Die anderen beiden Reden des Plenums vom 2. Dezember stelle ich in den nächsten Stunden online.